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Es ist ein Schock, wenn kulturelles Wissen in großem Maße verloren geht. Vor jetzt schon fast acht Jahren wurden große Teile der Anna-Amalia Bibliothek in Weimar Opfer der Flammen. Oder man denke an die Zerstörung der großen Bibliothek von Alexandria. Der unwiederbringliche Verlust von unschätzbar wertvollem Wissen über die Antike wird noch heute besonders von der Geschichtswissenschaft betrauert. Die Frage einer sicheren Langzeitarchivierung ist nicht erst durch den Brand der Anna-Amalia Bibliothek aufgekommen, sondern ist vor allem “brandaktuell” durch die fortschreitende Durchdringung unseres Lebens mit digitalen Daten für die bisher keine zuverlässigen Konzepte zur langfristigen Sicherung existieren. Ohne solche Konzepte besteht jedoch die reale Gefahr, diese Daten unwiederbringlich zu verlieren.
Der große Umschwung, den die Digitaltechnik mit sich brachte, besteht darin, dass die Verbindung von Information und Informationsträger aufgelöst ist. Es kommt zu einer Entmaterialisierung, einer Verflüssigung der Information, indem ihre Verbreitung nicht mehr an fassbare Informationsträger wie Papier und Film gebunden ist. Immer mehr Informationen von nachhaltig, kulturellem Wert liegen nur noch in digitaler Form vor. Seien es nun wissenschaftliche, wirtschaftliche, rechtliche oder anderweitig für die Kultur relevante Daten. Hinzu kommt, dass die Masse digitaler Daten stetig zunimmt und es bei vielen dieser Daten eine gesetzliche oder andere Verpflichtung zur Langzeitarchivierung gibt. Die Archivierung dient in diesem Fall dem Erhalt des kulturellen Erbes und so des kollektiven Gedächtnisses.
Digitale Medien sind jedoch auf den ersten Blick viel geeigneter für eine Archivierung als analoge: Bitströme lassen sich generell über längere Zeiträume ohne Informationsverlust aufbewahren und durch die rasant steigende Speicherkapazität und die fortwährende Miniaturisierung ist es möglich, eine große Anzahl von Daten Platz sparend zu speichern. Dabei ist es egal, ob es sich um Musik, Bilder, Texte, Animationen oder Filme handelt. Jede Information, die sich in den Binärcode übersetzen lässt, kann gespeichert werden und somit ergibt sich daraus eine attraktive, universell einsetzbare Basis für die Archivierung.
Die Probleme liegen woanders: Elektronische Datenträger sind für den Menschen nicht direkt lesbar. Sie benötigen ein geeignetes Abspielsystem, bestehend aus einer bestimmten Kombination aus Hard- und Software. Und hier liegt das Problem, denn schneller als die Datenträger altern diese Komponenten der Computersysteme. Bei der Archivierung von digitalen Daten muss also an zwei Punkten angesetzt werden. Einerseits bei den Datenträgern und andererseits bei der Abspielumgebung, in der die Daten interpretierbar bleiben.
Ein weiteres Problem sind technische Bedrohungen wie sie Hackerangriffe darstellen. Diese führen potentiell zu weit größeren Schäden als alle Bibliotheksbrände früherer Zeiten. Moderne Systeme können hier zwar Abhilfe schaffen, aber nur sofern sie richtig eingesetzt werden. Eine “Cloud” archiviert z.B. verlässlich, wenn sie als redundantes System aufgebaut ist, die Daten also an mehreren Stellen parallel gesichert und synchronisiert werden.
Meiner Meinung nach, sollte man sich jedoch eher über den Stellenwert der Archivierung selbst Gedanken machen. Im Zeitalter von “Big Data” wird der Wert der einzelnen Information verschwindend gering. Die Bewertung, die Verbindung und Interpretation der Datenströme stellt die Menschen vor viel größere Herausforderungen, als die Frage nach der Haltbarkeit einer einzelnen Datei.
Was meint Ihr, sollte der Fokus auf der Archivierung einzelner Daten liegen oder in der Aufklärung des digitalen Nebels?
Pic: springfeld (CC BY 2.0)