In diesem Artikel:
Der gestrige Tag fing mit einer hitzigen Diskussion in der Firma an.
Ich habe mich gefragt, warum “Internet-Software” nie (oder kaum) mit einem “Made in Germany” gekennzeichnet wird. Ich persönlich habe ausschließlich gute Assoziationen mit diesem Label. Und da wir selbst auch “Internet-Software” entwickeln, erschien es mir plötzlich überlegenswert, so etwas einzuführen. Quasi als Statement und Marketingmaßnahme gleichzeitig.
Das im Moment populäre “Made with Love in Cologne, Bavaria, Hamburg oder Gelsenkirchen” ist natürlich niedlich. Aber warum nicht gleich die ganze (Qualitäts-)Fahne zeigen, und wenn man überzeugt ist, gute Sachen zu machen, die dieses Label verdienen, diese auch entsprechend klar und deutlich kennzeichnen?
Überraschend war die ablehnende Haltung meiner Kollegen. Die Begründung: unser “Made in Germany” würde sich nun mal wesentlich besser auf Fahrrädern, Autos und sonstigem anfassbaren Ingenieurs-Zeugs machen, jedoch auf keinen Fall auf Internet-Software-Produkten. Deutschland sei nun mal kein Software- und schon gar nicht ein Internet-Leuchtturm.
Im Gegensatz zum Ingenieurswesen & Co. würden die neuen Technologien gesellschaftlich nicht unterstützt sondern eher behindert. Und jeder wüßte, dass hier deshalb höchstwahrscheinlich nichts Gutes entstehen könne. Also, im Bezug auf die Glaubwürdigkeit sei das “Internet made in Germany” ungefähr so wertvoll wie “Democracy made in North Korea”. Man würde sich also kaum einen Gefallen tun, darauf extra hinzuweisen. Ich war enttäuscht, fast schon beleidigt und wollte diese Sichtweise einfach nicht verstehen.
…Bis ich ein paar Stunden später ein Statement von ver.di zum Thema Crowdsourcing und Cloudworking gelesen habe. Jegliche Zweifel und Kommentare erübrigen sich. Here we go:
Am 19. Oktober trafen sich in Berlin Mitglieder von Betriebsratsgremien und Aufsichtsräten großer deutscher IT-Unternehmen um die beschäftigungspolitische Perspektive der Branche zu analysieren. Ergebnis des Austausches: Crowdsourcing und Cloudworking bergen gigantische Gefahren für Gesellschaft und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dabei geht es nicht nur um die massenhafte Vernichtung guter, sicherer und hochqualifizierter Arbeitsplätze und eine massive Verschlechterung von Arbeitsbedingungen. Durch sinkende Zuflüsse in die Sozialversicherungssysteme bei gleichzeitig steigenden Anforderungen und wegbrechende Steuereinnahmen werden wesentliche Säulen unseres Gemeinwesens gefährdet.
In einem gemeinsam unterzeichneten Berliner Cloudworking-Crowdsourcing-Papier fordern die Vertreter der Mitbestimmung auf, sich mit den gesellschaftlichen Konsequenzen von Crowdsourcing und Cloudworking auseinanderzusetzen. Dabei soll es Ziel sein, dass mit qualifizierter Arbeit auch in Zukunft existenzsichernde und wohlstandsaufbauende Einkommen in Deutschland und in jedem Land erzielt werden können und eine Daseinsvorsorge möglich bleiben muss.
Ich will mich wirklich nicht echauffieren, aber das hier ist eine echte Schande für den Standort Deutschland! Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.
Liebe ver.di und alle anderen “Internet Made in Germany” -Menschen ist Euch eigentlich nur annähernd bewusst, womit ihr euch da in euren “Das Ding namens Internet”- Sitzungen beschäftigt?! Und dass ihr selbst aufgrund Eurer Unwissenheit die wohl gigantischste Gefahr für Gesellschaft und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seid?!