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Qualität ist meistens wichtiger als Quantität. Diese Weisheit scheint zumindest in der Offline-Welt kaum jemand ernsthaft anzuzweifeln. In der schönen neuen, bunten Online-Welt müssen wir offenbar noch überzeugt werden, dass sie wirklich zutrifft. Anders lässt sich nämlich die Fixierung auf Klicks, Follower und Fans oft nicht erklären. In Ermangelung von allgemein anerkannten und erprobten Qualitätskriterien für Online- bzw. Social Media Auftritte ist es heute für die Mehrheit der Teilnehmer (Unternehmen) ein naheliegender Ausweg, sich auf harte Fakten, wie Menge bzw. Größe, zu konzentrieren und sie mit Qualität gleichzusetzen. Soweit mein persönlicher Eindruck.
Spannend zu bobachten ist es, mit welchen Mitteln dann versucht wird, das Rennen um die gesteckten “Qualitätsziele” zu machen. Eine im Ausland und inzwischen hierzulande gerne vorgeschlagene Methode zur Fanzahlsteigerung bei Facebook hat es mir in letzter Zeit besonders angetan – das sogenannte “Fan-Gating”.
Kurzdefinition von Fan-Gating: Der Nutzer wird gezwungen, Fan einer Fanpage zu werden, und erhält erst dann Zugang zu vermeintlich exklusiven Inhalten. Wird er nicht Fan, kann er mit der Fanpage praktisch nichts anfangen.
Vermutlich liegt die zunehmende Beliebtheit dieses Umgangs mit dem Nutzer daran, dass er gewisse Übereinstimmungen mit bewährten (offline) Denk- /Verhaltensmustern (z.B. “Eintritt nur für Clubmitglieder = alle wollen unbedingt rein” ) aufweist und deshalb als Methode so vertraut und zuverlässig scheint, ohne hinterfragt zu werden. Aber lassen wir die pseudopsychologischen Erkenntnisse. Für mich ist das unübertrieben mit das unsinnigste, was man einem potentiellen Facebook Fan antun kann.
Ich weiß nicht, wie Ihr auf Fan-Gates reagiert, aber ich mache Folgendes:
a) Wenn ich zufällig auf einer Seite lande und von einem Fan-Gate gezwungen werde, Fan zu werden, dann mache ich das aus Prinzip nicht.
b) Wenn ein cleverer Marketer mit der Aussicht auf ein interessantes Tutorial zunächst außerhalb Facebooks (z.B. Blog, Webseite usw.) mein Interesse ernsthaft geweckt hat und ich mir den ganzen (Klick-) Weg machen musste, nur um festzustellen, dass ich den versprochenen Content nicht einfach so bekomme, läuft es so: Ich werde Fan. Lösche eine Sekunde Später die entsprechende Statusmeldung mit dem Hinweis auf die Fanpage von meiner Wall. Hole mir den Content. “Entlike” die Fanpage wieder. Und noch viel schlimmer, ich merke sie mir…für immer.
Ich kann mir vorstellen, dass ich nicht der einzige bin, der so oder so ähnlich reagiert.
So läuft es heute einfach nicht mehr! Guter, offener und freier Content – das ist die Zauberformel von heute, um echtes Interesse bzw. Engagement zu generieren und echte Multiplikatoren anzulocken, was wiedrum zu mehr neuen echten Fans und Interaktionen führt. Möchte man als Fanpagebetreiber mit dieser Währung “bezahlt” werden, braucht es Arbeit und Zeit und keine Diskriminierungsmechanismen bzw. Vortäuschung von Exklusivität.
Gute Fanpages brauchen keine Fan-Gates. Ich bin sicher, dass die Facebooknutzer kurzfristig eine sehr ablehnende Haltung dieser Methode gegenüber entwickeln werden und empfehle, keine Zeit auf solche Experimente zu verschwenden. Auch wenn die zunächst steigenden Fanzahlen der betroffenen Fanpages in dem einen oder anderen Fall mir nicht gleich recht geben mögen (nicht alle machen sich die Mühe, aus Prinzip zu “entliken”), so wird es die Fanbeteiligung garantiert. Ich halte eine geringere Zahl von Fans, die tatsächlich aktiv sind, für zielführender als eine große Zahl passiver Fans.
Dazu ein Link Tip: Mit dem Tool Fangager lassen sich schon in der gratis Version Fan Engagement Analysen durchführen und die Kennzahlen mit anderen Wettbewerbern vergleichen.
Gibt’s da draußen noch mehr Fan-Gates Fans?