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Jeder hat es schon mal erlebt: Arbeitsfrust. Klar, manchmal hat man auch einfach nur einen schlechten Tag. Umso häufiger sind es aber Faktoren, die direkt mit der Arbeitsorganisation verknüpft sind, die einem die Freude am Arbeiten vermiesen. In einer aktuellen Studie von Dr. Nico Rose, der sich als “Sinnput-Geber” bezeichnet und in den Bereichen HR und Führung berät, geht er der Frage nach, was bei den Deutschen fernab von schlechten Tagen für Arbeitsfrust sorgt.
Dafür hat er mehr als 900 Personen befragt, die in verschiedenen Funktionen und Branchen arbeiten. Da etwas mehr Männer als Frauen befragt wurden und der überwiegende Teil der Stichprobe ein abgeschlossenes Studium hinter sich hat, ist die Studie nicht repräsentativ, aber weil es vorrangig um subjektive Wahrnehmungen geht, bleiben die Ergebnisse spannend.
Die Ergebnisse der Studie sind in fünf Gruppen gegliedert:
• Zunächst, in schwarz gekennzeichnet, sind da Faktoren, bei denen es um Strukturen und Ressourcen geht
• die roten Ergebnisse drehen sich um Themen der (wahrgenommenen) Führung
• in türkiser Farbe sind Faktoren der Vergütungssituation und der Karriereperspektiven gekennzeichnet
• Grau zeigt Ergebnisse rund um die Arbeitsbelastung
• und in Lila werden Faktoren dargestellt, bei denen es um die psychologische Bewertung der Arbeitssituation und die Sinnwahrnehmung geht
• als zusätzliche sechste Gruppe gibt es vier gemusterte Faktoren, die ohne Gruppenzugehörigkeit für sich stehen
Arbeitsfrust: Das sind die Faktoren
Platz 1 und 7 zählen zu den Faktoren, bei denen es um Ressourcen und Strukturen geht. Ressourcenmangel auf Platz 1 ist selbsterklärend: Wer viel erreichen will, stößt ohne adäquate Mittel rasch an eine Grenze – andererseits, wie Nico Rose es auch erwähnt, gibt es hier auch keine Limit nach oben. Mehr geht immer.
Überbordende Bürokratie, das ist jedem klar, der Kafka in der Schule lesen musste, ist ein Gräuel für viele deutsche Arbeitnehmer. Besonders Großkonzerne stehen oft in dem Ruf, mit ihren fest verankerten Strukturen und unverständlichen Regeln (à la “Das haben wir hier schon immer so gemacht.”) vor lauter Bürokratie regelrecht verkrustet zu sein. Wer dort mit innovativen Vorschlägen um die Ecke kommt und vorerst abgeschmettert wird, wird wohl zunächst frustriert zurückbleiben.
Drei Plätze unter den Top-10 nehmen Faktoren im Bereich der Vergütung und Karriereperspektiven ein. Es ist eine Binsenweisheit, die sich immer wieder bewahrheitet: Geld allein vermag nur wenige Arbeitnehmer glücklich zu machen. Und auch diese Studie zeigt es wieder: Unzufriedenheit mit dem aktuellen Gehalt belegt nur den sechsten Platz unter den Arbeitsfrust-Erzeugern. Als deutlich belastender empfinden die Teilnehmer dafür mangelnde Karriereoptionen – sie belegen Platz 2. In diesem Zusammenhang steht auch Platz 8, wenn auf lange Sicht keine positiven Gehaltsentwicklungen in Reichweite scheinen.
Was Arbeitgebern besonders sauer aufstoßen dürfte (oder zumindest sollte) sind die zahlreichen Faktoren, die mit schlechter Führung zusammenhängen. Ganze fünfmal haben es solche Themen in die Top-Ten geschafft. Zum einen mangelt es vielen an Vertrauen in die Top-Ebene, aber auch bei direkten Vorgesetzten gibt es offenbar Probleme. Zum anderen fehlt es vielen Befragten an Feedback – sowohl konstruktivem, um sich zu verbessern, als auch an positivem, Stichwort Wertschätzung. Außerdem empfinden viele Teilnehmer wohl mangelhafte Unterstützung im Punkt Weiterbildung (Platz 10).
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Nicht zu unterschätzen: die Bedeutung von Sinnhaftigkeit der Arbeit und Cultural Fit
Abseits der zehn größten Störfaktoren wartet die Studie noch mit anderen interessanten Ergebnissen auf, zum Beispiel zum Thema Arbeitsbelastung. Hier zeigt sich: Es ist eher die Unterforderung mit den eigenen Aufgaben, die bei den Teilnehmern Arbeitsfrust auslöst, als Überforderung. Statt Burn-out droht demnach so manchen Beschäftigten ein Bore-out. Trotzdem bleiben auch (unbezahlte) Überstunden ein leidliches Thema für manche Befragten.
Erfreulich hingegen ist, dass die meisten Befragten ihre Arbeit als sinnstiftend empfinden. So haben die meisten Interesse an ihrer Arbeit und nur wenige erleben sie als sinnfrei (Plätze 29 und 30). Schon etwas trüber sind da die Einblicke in die kulturelle Passung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Plätze 19 und 20). Stimmt die Unternehmenskultur nicht mit den eigenen Werten überein, gibt es nur eine beschränkte Aussicht auf eine lange und glückliche Zusammenarbeit.
Trotzdem wird Cultural Fit noch häufig belächelt. Zusammen mit dem Employer Branding, etwa auf der Online-Karriereseite, braucht es hier die authentische Kommunikation nach innen und außen, um passende Bewerber zu finden und neue Mitarbeiter zu halten.
Immerhin glaubt der überwiegende Teil der Befragten, dass ihr Unternehmen einen positiven Beitrag in der Welt bewirken kann und auch, dass die eigene Arbeit dabei eine Rolle spielt (Plätze 27 und 28).
Bessere Aussichten für Führungskräfte & Top- und Flopbranchen
Wenig überraschend ergab die Studie ebenfalls, dass es bei Führungskräften insgesamt weniger Gründe für Arbeitsfrust gibt. Vor allem bei denen in der Grafik in Lila gekennzeichneten Faktoren, die die psychologische Bewertung der Arbeitssituation zeigen, geht es den Arbeitnehmern in Führungspositionen besser.
Unterschiede bei den Ergebnissen zeigen sich auch zwischen den verschiedenen Branchen: Während sich Teilnehmer aus den Branchen Strategie, Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb in Bereichen wie Gehaltszufriedenheit und psychologischen Bewertungen positiv hervor getan haben, sieht es in den Branchen Marketing, Logistik und Produktion sowie Finanzen/Controlling/Recht eher düster aus.
Was die Branchen(un-)zufriedenheit wiederum mit Führungskräften zu tun hat, welche Faktoren bei der jeweiligen Branche besonders für Frust bei der Arbeit sorgen und welche in der Studie untersuchten Faktoren sich besonders stark auf die Wechselabsichten von Arbeitnehmern auswirken, könnt Ihr in der Studie selbst nachlesen.
Alle Ergebnisse gibt es hier zum Download.