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Recruitainment – Eine Bewerbung darf auch Spaß machen

Recruitainment bezeichnet die spielerische Art der Personalgewinnung. Beispiel 1: Vorselektion durch die “Engineer Challenge” Hier ein Beispiel für ein Recruiting-Game, das anscheinend ernsthaft vorselektieren soll. Zumindest weckt der Titel den Ehrgeiz der Bewerber, indem er suggeriert, dass dieses Spiel wirklich schwer zu schaffen sei: “The Most Serious Game Ever” war ein Recruitainment-Angebot der französischen Bahngesellschaft SNCF mit freundlicher Unterstützung […]

Recruitainment bezeichnet die spielerische Art der Personalgewinnung.

Beispiel 1: Vorselektion durch die “Engineer Challenge”

Hier ein Beispiel für ein Recruiting-Game, das anscheinend ernsthaft vorselektieren soll. Zumindest weckt der Titel den Ehrgeiz der Bewerber, indem er suggeriert, dass dieses Spiel wirklich schwer zu schaffen sei: “The Most Serious Game Ever” war ein Recruitainment-Angebot der französischen Bahngesellschaft SNCF mit freundlicher Unterstützung von TBWA Paris.

Natürlich hat die bloße Existenz dieses Spiels schon eine große Werbewirkung: Es schafft Aufmerksamkeit und das Bewusstsein, dass die SNCF Interesse an Ingenieuren hat – unabhängig davon, ob die Nutzer die Spielziele erreichen oder nicht. Aber dennoch haben es sich einige SpielerInnen zu Herzen genommen und sich in das Spiel reingefuchst.

Mit folgendem Ergebnis:

  • Von etwa 5000 Teilnehmern…
  • …schafften es gerade mal 17 das Spiel durchzuspielen…
  • …wovon wiederum 10 einen Job bei SNCF bekamen.
  • (Vom Wachstum an Bewerbungen um 37.500% mal ganz zu schweigen.)

Wirklich toll gemacht. Das Spiel ist sauber durchdacht und nach allen Regeln der Kunst gestaltet und programmiert. Die Grafiken sind sparsamer und einfacher als es bei aktuellen Entertainment-Titeln der Fall wäre, aber sie sind hochmodern und stylish – nicht nur ein Recruiting-Abguss der Game-Technologie von vor fünf oder gar zehn Jahren. Der Multi-Device-Zugriff ist super und an eine sinnvolle (!) LinkedIn-Verbindung wurde auch gedacht. SNCF, ça me plaît!

Beispiel 2: Ingenieure per Bausatz rekruitieren

Der einzige beim Cannes Lions International Festival of Creativity geehrte Case, an den ich mich akut erinnern kann, ist das “Air Force Radio” von George Patterson Y&R. Um begabte Ingenieure für die australische Air Force zu gewinnen, gab man dortigen Studenten eine Knobelaufgabe zu lösen:

  • An den Unis wurden Bastelsets für ein Radio verteilt, die alle wesentlichen Bauelemente enthielten – nur keine Anleitung, wie die einzelnen Teile zusammenzubauen wären.
  • Die Studenten, die sich erfolgreich durch das Bastelset gefaltet, geklebt, geschraubt und gelötet hatten, bekamen das Ding zum Laufen…
  • … und empfingen einen voreingestellten Kanal, auf dem die weiteren Anweisungen in Dauerschleife liefen.
  • Im letzten Schritt konnte man sich dann auf einer Website, mit einem im Spot verratenen Code registrieren und wurde als “bevorzugter Kandidat” in den Pool der zukünftigen Air-Force-Schrauber aufgenommen.

Ich finde den Ansatz grundsätzlich spannend, Kandidaten über Aufgaben oder Rätsel zu aktivieren. Anders als beim Vermarkten von schnelllebigen Produkten oder Dienstleitungen hat man beim Recruiting oder auch bei den Kampagnen aus dem öffentlichen Sektor immer einen anderen Ansatzpunkt: Der Werbetreibende möchte den Menschen hier nicht eine weitere Alternative zu einem bekannten Konsumprodukt anbieten, wodurch sich viel einfacher Wettbewerbs- oder Rätsel-Elemente einbauen lassen. Hier wird eine langfristige Partnerschaft oder ein emotionales Engagement angestrebt; das kann ruhig mal etwas komplizierter sein und den ein oder anderen “Abspringer” kann man hier auch in Kauf nehmen. Natürlich nur, sofern die Hürde gewollt ist. Wenn ich meine Kandidaten aufgrund einer miserablen Nutzerführung verliere, kann das nicht mehr schöngeredet werden.

Beispiel 3: Recruitainment im härtesten Assessment-Center der Welt

Als im Zuge der NSA-Affäre auch die Überwachung von Online-Spielen thematisiert wurde, war ich persönlich alles andere als überrascht. Schließlich haben wir es hier mit so komplexen Digitalwelten zu tun, dass ganze Generationen von Spielern darin versinken und ihr “Real Life” völlig vernachlässigen können. (Übertrieben ausgedrückt, natürlich hat ein Großteil der Spieler und Spielerinnen ein geregeltes Leben und ihr Spielverhalten absolut unter Kontrolle.) Dennoch muss jedem klar sein, dass hier eine Menge Kommunikation über Chat, Mail und Stimme abläuft – und dass hierbei nicht nur über das Spiel gesprochen wird: Familie, Politik und Beruf sind Themen, die bei längeren Sessions allesamt auf den Tisch kommen.

Mehr noch: Man löst gemeinsam vielschichtige Aufgaben. In Teams. Mit Spezialisten und Führungskräften. Da erscheint diese Recruitainment-Kampagne absolut schlüssig. Yossi Lubaton, CEO der Agentur BBR Saatchi&Saatchi in Israel suchte 2013 Top-Entwickler mit einer guten Reaktionszeit, kreativem Denken und Teamfähigkeit. Und um diese Softskills zu testen, ließ er die Anwärter eine harte Aufgabe lösen. Mit ihm gemeinsam auf einem der gefährlichsten Schlachtfelder: In Diablo 3.

 

Grundeigenschaften von Online-Gamern

Gruppenbildung ist in Online-Spielen meist Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten. Spieler spezialisieren sich und bilden so selbstorganisierte Teams von Fachkräften. In den so gemeinsam erlebten Abenteuern gibt es unglaublich viele Möglichkeiten, seine Mitspieler und deren besonderen Eigenschaften aus Recruiter-Sicht kennen zu lernen:

  • Nehmen Spieler Führungspositionen ein, wenn es notwendig ist? Lassen sie sich führen, wenn es notwendig ist?
  • Verhält sich der Spieler seiner Profession entsprechend? Bringt sich die schwach gerüstete Heilerin dauernd selbst in unnötige Gefahr und muss von den Mitspielern gerettet werden? Oder weiß sie, wo ihre Stärke liegt: Etwas abseits vom Kampfgeschehen mit Überblick auf den gesundheitlichen Zustand ihrer Gefährten?
  • Wie verhält sich ein Spieler beim Verteilen der Beute? Behält er alles für sich, um es auf dem Markt zu verkaufen, oder erkennt er, dass Item XY für seinen Mitspieler von Gebrauch ist und gibt es diesem weiter?
  • Ist der Spieler zuverlässig? Bekommt er Beruf, Familie und das Spiel unter einen Hut? Wenn nicht: wer leidet darunter?
  • Und last but not least: Ist der Spieler konfliktfähig und wie löst er Unstimmigkeiten?

Was meint Ihr: Wer hier den Überblick behält, der kommt auch bei engen Deadlines nicht aus dem Takt?

Beispiel 4: Entwickler mit Tüftel-Aufgaben locken

Das Software-Unternehmen Parse lädt potenzielle Arbeitnehmer ein, sich über seine API zu bewerben. Was zunächst aussieht wie eine zusätzliche Hürde, ist näher betrachtet ein interessanter und geschickter Schritt, eine neue Zielgruppe von Entwicklern zu gewinnen, die dem JSON-Code mächtig sind. Alles, was für die Bewerbung erforderlich ist, sind seine eigenen Daten als JSON, mit gesetzten Content-Type als application/json an Parse zu schicken. Sozusagen ein kleiner Bonus für den Bewerber, womit er punkten kann.

Recruitainment für Entwickler - Die API-Bewerbung appeliert ans Tüftler-Gen.

Auch wenn diese Aufgabe kein wirklicher Auswahltest sein soll, so spricht sie dennoch das “Tüftler-Gen” im Entwickler an. Und genauso funktioniert Recruitainment: Finde heraus, was Deine Wunschbewerber gerne tun und biete ihnen die Möglichkeit, genau diese Vorlieben in ihrer Bewerbung zum Wettbewerbsvorteil zu machen. Eine Win-Win-Situation.

Veröffentlicht am 17.05.2024

Asif Shaikh

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