In diesem Artikel:
Die Bundeswehr ist einer der größten Arbeitgeber Deutschlands. Dem aktuellen Ruf nach würde man diesen Arbeitgeber nicht unbedingt als innovativ bezeichnen. Bei meinen Recherchen für einen kürzlich verfassten Artikel zum Thema digitales Personalmarketing stieß ich überraschend auf mobile Karriere-Ads der Bundeswehr. Das hat mich neugierig gemacht. Nach dem Motto, wo Rauch ist, ist auch Feuer, wollte ich mal nachsehen, ob sich ein paar interessante Erkenntnisse gewinnen und Ideen ableiten lassen.
Der Karriere-Bereich der Bundeswehr “erstreckt” sich über drei Domains www.bundeswehr-karrire.de (Hauptseite), ziv.bundeswehr-karriere.de (zivile Karriere) und mil.bundeswehr-karriere.de (militärische Karriere). Laut SimilarWeb zieht die Hauptseite mit geschätzt ca. 190.000 monatlich die meisten Besucher an. Die militärische und die zivile Seite ziehen 150.000 bzw. 55.000 Besucher an, wobei ein erheblicher Teil davon jeweils über die Hauptseite zugeführt wird. Ich werde mich deshalb vor allem auf die Hauptseite konzentrieren (und die Besonderheiten der Unterseiten bei Bedarf explizit aufzeigen).
Die verweisenden Seiten (29,89%) und Suchmaschinen (47,52%) sind die mit Abstand die wichtigsten Besucher-Quellen. Im Bereich Suchmaschinen scheint mir die Bundeswehr professionell betreut zu werden (SEO). Die folgende Auswertung des SEO-Analyse-Tools Sistrix zeigt die stätig positive Entwicklung der Google-Sichtbarkeit der Bundeswehr-Karriere-Seite(n) in den letzten drei Jahren – auch wenn 2015 etwas volatiler ist.
Warum ist die Google-Sichtbarkeit gut? Weil sie sich positiv auf die Entwicklung der Zugriffszahlen über die Google-Suche auswirkt. Schauen wir uns die entsprechende Auswertung allein für die letzten 6 Monate an, sehen wir, dass sich der Wert von geschätzt 70.000 auf knapp 105.000 Besucher erhöht hat. Gut für die Bundeswehr.
Interessanterweise setzt die Bundeswehr zusätzlich auf Suchmaschinen-Marketing (SEM), sprich auf Google AdWords. Ca. 10% des Such-Traffics werden über bezahlte Suchergebnisse generiert. Im Mai hat die Hauptseite geschätzte 12.000 Besucher auf diesem Wege angezogen. Es wird im großen Stil geschaltet. Je nach Analyse-Tool kommt man auf ca. 200-360 aktive Anzeigen. Hier ein paar wenige Beispiele:
Kommen wir nun zu den verweisenden Seiten, der zweitwichtigsten Besucherquelle. Sie ist für etwa 55.000 Besucher der Hauptseite pro Monat verantwortlich. Es fällt auf, dass die Bundeswehr bei der Besetzung der offenen Vakanzen kaum auf Jobbörsen setzt. In der Top 20 der verweisenden Seiten finden sich kaum Jobbörsen, die mit jeweils unter 2% Anteil kumuliert nur wenige Tausend beitragen dürften.
Jetzt wird es interessant. Wie Ihr im ersten Chart (Traffic-Quellen) sehen könnt, bekommt die Bundeswehr auch ein paar %-Pünktchen über Social (3,30%) und Display Ads (1,19%). Für die Hauptseite bringen diese Quellen also gerade mal 9.000 Besucher pro Monat. Packt man da die Zahlen der zivilen und der militärische Unterseiten drauf, kommen wir vielleicht auf ca. 12.000. Nun immerhin, man ist auf den “neuen” Kanälen vertreten. Was passiert da im Detail?
In der Social-Auswertung für die letzten 6 Monate finde ich die wichtigsten Besucher-Quellen. Das sind Facebook (Fanpage sowie vermutlich Ads und Shares der Nutzer), DailyMotion, YouTube und gutefrage.net.
Facebook-Fanpage ist klar, hat jeder schon mal gesehen. Coole Seite übrigens. Bild, Video und Text-Material reichen zurück bis in das Gründungsjahr 1956.
YouTube ist den meisten ein Begriff. Es ist eine Videoplattform. DailyMotion ist ebenfalls eine stark frequentierte Videoplattform, die mir bis jetzt allerdings noch nie aufgefallen ist. Die Detailanalyse bzgl. konkreter Maßnahmen auf diesen Plattformen ist kaum möglich. Es ist klar, dass Besucher von dort auf die Bundeswehrseiten kommen. Ob dies über die Beschreibungstexte der Videos, die Kommentare oder über die Werbeeinblendungen erfolgt, ist im Einzelfall nicht ganz nachvollziehbar. Jedenfalls ist die Bundeswehr auf beiden Plattformen selbständig oder dank Fans mit viel Material vertreten.
Auf der Plattform “Gutefrage” findet man einige für die Bundeswehr relevante Fragen der Nutzer zum Thema Karriere usw. Gut für die Bundeswehr, dass jemand dort ausführlich antwortet und fleißig Verlinkungen auf die Karriereseiten setzt. Unten seht Ihr zunächst eine Auswahl der Beiträge bei gutefrage.net und dann ein Antwortbeispiel.
Wie gesagt, es gibt einige von solchen Fällen. Einen Community-Experten bei gutefrage.net als Botschafter einzusetzen, ist eine gute Idee, wie ich finde. Gut fürs Image, gut für SEO, gut für Bewerber-Zugriffe.
Schauen wir uns zum Schluss noch die Aktivitäten im Bereich Display-Ads an. Auch hier macht die Bundeswehr mobil. In der folgenden Darstellung könnt Ihr sehen, dass neben Google Display Network eine paar andere Netzwerke zum Einsatz kommen. Das ist cool. Während für die meisten schon ein Google Display Network Sci-Fi ist, arbeitet die Bundeswehr z.B. mit Appnexus. Diese Ad-Plattform unterstützt auch das sogenannte Real-Time-Bidding-Verfahren (RTB). Hier ist die Bundeswehr ganz vorne mit dabei.
Außerdem zeigt das Bild, über welche Publisher-Plattformen die meisten Zugriffe kommen – sprich wo die Anzeigen der Bundeswehr platziert und mit Vorliebe angeklickt werden. Ein bunter Mix aus Shopping-, Travel-, News- und Entertainment-Seiten.
Zu guter Letzt noch ein Blick auf ein paar der aktuell aktiven Banner der Bundeswehr.
Hier können wir, denke ich, ein Fazit ziehen. In Sachen Online-Personalmarketing ist die Bundeswehr überraschend aktiv und setzt dabei auf mehrere Pferde. Kaum Jobbörsen dafür aber modernere Instrumente und Ansätze wie Suchmaschinenoptimierung, Display- und Search-Advertising, Video, Social sind dabei im Rennen. Als verbesserungsbedürftig empfinde ich lediglich die Gestaltung der Seiten. Ich bin sicher, dass da bald was passieren dürfte. Was die Methoden angeht, so denke ich, sollte die Bundeswehr auch Jobsuchmaschinenmarketing ausprobieren, wenn schon andere Performance-Modelle (Cost-per-Click) im Spiel sind.
Ich hoffe, Ihr fandet diesen kleinen Case interessant und habt vielleicht die eine oder andere Anregung mitgenommen. Überraschend ist für mich, dass ich eben in der Bundeswehr offenbar einen Vorreiter auf dem Gebiet Online-Personalmarketing entdeckt habe und nicht z.B. in der Reihe von Technologie-Unternehmen, die stets auf der Suche nach “Top-Talenten” sind und gleichzeitig theoretisch einen besseren Zugang zum Medium Internet haben sollten. Wie auch immer. Aus meiner Sicht 1:0 für die gute alte Bundeswehr im “War for Talents“. Oder was meint Ihr?
Wie immer lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen. Schickt gerne interessante Fallbeispiele. Und sollten wir mal Eure Karriere-Webseite und Aktivitäten unter die Lupe nehmen, sprecht uns gerne an.