Seit 2006 beobachten wir die Entwicklung des Web 3D und testen mehr oder weniger regelmäßig die Interaktionsmöglichkeiten virtueller Welten. Im Herbst 2008 haben wir im Rahmen eines Wochenend-Videoprojektes den gesamten Personalberatungsprozess vom Kunden- bis zum Einstellungsgespräch in Second Life nachgebildet. Das Projekt diente dazu, herauszufinden, welche technischen Fortschritte noch erforderlich sind, um das Web 3D in der Praxis einsetzen zu können.
Angeregt durch den derzeitigen Entwicklungssprung im Bereich Augmented Reality, haben wir uns kürzlich wieder mit den Ergebnissen des Experiments befasst und endlich die Zeit gefunden, das Material zu einem interessanten und unterhaltsamen Film in webtauglicher Länge zusammen zu schneiden. Film ab.
Welchen Nutzen bringt das dreidimensionale Internet (WEB 3D/ Web 3.0) für die Personalberatung?
Dieser Frage gehen wir nun seit fast zwei Jahren experimentell auf den Grund. Die Liste der dabei durchgeführten Versuche wird immer länger. Sie umfasst u.a. virtuelle Anzeigenkampagnen, die Direktansprache von Kunden und Bewerbern sowie die Einbindung von Webinhalten (Stellenanzeigen, Blogs …).
Zugegeben, in den meisten Fällen wird es noch einige Zeit brauchen, bis Personalberater die vielfältigen Möglichkeiten wirtschaftlich sinnvoll einsetzen können. Was jedoch die Durchführung von Vorstellungsgesprächen in virtuellen Räumen angeht, sehen wir heute schon gute Möglichkeiten und entscheidenden Nutzen. Man denke an die Kosten- und Zeitersparnis, wenn ein Personalberater aus Hamburg Kandidaten aus anderen Gegenden Deutschlands oder aus dem Ausland im Rahmen der Vorauswahl in virtuellen Räumlichkeiten interviewt, anstatt sie auf eine Reise quer durch die Bundesrepublik zu schicken.
“Wozu…?!”, werden Sie entgegnen. “Das kann man doch auch mit einer Videokonferenz lösen!”. Sicher kann man das, vorausgesetzt, dass sowohl die Personalberatung, als auch der Kandidat über die notwendige und kostspielige technische Ausstattung verfügen. Als preisgünstige Alternative ist hier zwar auch eine Lösung mittels Webcam denkbar. Wenn allerdings mehrere Berater an dem Gespräch teilnehmen sollen, und man mit dem Kandidaten außerdem noch Unterlagen durchgehen oder Präsentationen ansehen möchte, wird es schwierig. Dabei lässt sich dieses Szenario in dreidimensionalen Internetumgebungen wie Second Life bereits mit den heutigen technischen Möglichkeiten ohne große finanzielle und zeitliche Investitionen relativ einfach umsetzen.
Ein berechtigter Einwand gegen virtuelle Vorstellungsgespräche, mit dem wir übrigens auch bei unserem letzten Vortrag bei der Handelskammer Hamburg konfrontiert wurden, ist die Befürchtung, dass die virtuellen Abbildungen der Gesprächsteilnehmer (Avatare) wegen der fehlenden Mimik keine “echte” Gesprächsatmosphäre aufkommen lassen. Weshalb virtuelle Vorstellungsgespräche auch keinen ernst zunehmenden Mehrwert böten.
Die Skepsis ist berechtigt, wenn man sein Urteil auf der Grundlage einer Momentaufnahme der technischen Möglichkeiten bildet und die technische Fortentwicklung außer acht läßt. Bedenkt man aber, dass Second Life-Nutzern noch im Juni 2007 nur der Chat zur Kommunikation zur Verfügung stand, wohingegen heute, gerade mal ein gutes Jahr später, jeder Second Life Nutzer dank VoIP (PC zu PC) problemlos ad hoc Telefonkonferenzen mit mehreren Teilnehmern einberufen kann, so ist Vertrauen in die technische Entwicklung durchaus erlaubt.
Zumal es auch für die Einwürfe bezüglich der fehlenden nonverbalen Kommunikation im WEB 3D bereits konkrete technische Lösungsansätze gibt. Die ersten Projekte im Bereich der Gesichtsanalyse und der Übertragung von Mimik und Gestik auf die virtuellen Abbilder (Avatare) laufen schon auf Hochtouren. So z.B. VR-WEAR SL mit einem modifizierten Second Life Client im Beta-Stadium.
VRW – SL Viewer mod – 0.99 beta 1 public release
Wir haben diese Technologie vor dem Hintergrund der obigen Überlegungen getestet. Der professionelle Einsatz ist im Moment noch nicht möglich, ist aber lediglich eine Frage der Zeit.
Wer einen Blick in die etwas weiter entfernte Zukunft der Koexistenz bzw. Verschmelzung von realen und virtuellen Räumen und deren Nutzen für die Personalberatung wagen möchte, sollte sich mit dem Begriff “Augmented Reality (AR)” auseinandersetzen. Das Forschungsprojekt “AR Second Life” des Georgia Institute of Technology (Atlanta) und der Ludwig-Maximilian Universität (München) führt in diesem Bereich beeindruckende Experimente durch. Dies wird besonders in der zweiten Hälfte des folgenden Videos deutlich, schauen Sie sich das Video also unbedingt bis zum Ende an.
Fazit: Kombiniert man die beiden geschilderten Entwicklungen gedanklich miteinander, wird klar, dass es in wenigen Jahren nicht nur möglich sein wird, einen virtuellen Gesprächspartner anhand der exakt übertragenen Mimik und Gestik, wie in einem realen Vorstellungsgespräch zu beurteilen. Vielmehr werden Personalberater und Unternehmen in der Lage sein, ein quasi persönliches Interview in den eigenen (realen) Räumen durchzuführen, ohne den Kandidaten in der Realität persönlich zu treffen.
Wie kürzlich hier im Blog angekündigt, fand gestern bei der Handelskammer Hamburg der Vortrag “Virtuelle Welten – Von Second Life zum Web 3D” statt.
Als Referenten waren Hanno Tietgens (Büro X), Frank Boerger (TÜV Nord), Dr. Axel von dem Bussche (Taylor Wessing) und die Wollmilchsau eingeladen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Claudia Sye, zuständig für Medien, IT & Design im Geschäftsbereich Innovation der Handelskammer.
Zu Beginn gab Hanno Tietgens eine Einführung in das Thema virtuelle Welten, in der er insbesondere die Entwicklungen und Perspektiven beleuchtete und verschiedene Hamburger 3D-Projekte in Second Life und anderen Welten schilderte.
Anschließend stellte Frank Boerger die Second Life Aktivitäten des TÜV Nord vor. Er führte das Publikum in einem Live-“Rundflug” durch die virtuellen Konferenzräume und das Auditorium bevor er zur weiteren Veranschaulichung den Videomitschnitt einer kürzlich durchgeführten virtuellen Konferenz von TÜV-Mitarbeitern aus acht Ländern zeigte.
Den dritten Teil bildete unser Vortrag, den wir nach einer kurzen Schilderung unserer bisherigen Experimente und Erfahrungen diesmal als Fragerunde gestaltet haben. An dieser Stelle möchte ich mich beim Publikum für die rege Beteiligung und die durchweg konstruktiven Fragen bedanken.
Den Abschluß bildete ein von Dr. von dem Bussche vorgetragener Überblick über die rechtlichen Aspekte einer virtuellen Präsenz. In sehr unterhaltsamer Art behandelte er verschiedene privatrechtliche und strafrechtliche Themen, und klärte das Publikum über die rechtliche Wirksamkeit amerikanischer Nutzungsbedingungen für deutsche Nutzer auf.
Beim Aprés im Anschluß wurden dann noch angeregte Gespräche und Diskussionen zur Zukunftsträchtigkeit virtueller Welten geführt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Veranstaltung den einen oder anderen Vorbehalt bzgl. der ausschließlichen Spaß-Orientierung von 3D-Welten abbauen konnte. Und obwohl viele Teilnehmer in Bezug auf einen persönlichen Einstieg vorerst zurückhaltend bleiben, war die Kernerkenntnis des Abends: das Web 3D wird kommen.
Falls Sie zu den Besuchern oder Referenten des Vortrags gehören, schreiben Sie bitte einen Kommentar mit Ihren Eindrücken und Ihrer persönlichen Meinung. Gerne beantworten wir Ihnen auch Fragen zum Thema, die offen geblieben oder erst im Nachklang des Vortrags entstanden sind.
Hinweis: Die Veröffentlichung unseres gestern angekündigten Films zur Veranschaulichung der geschäftlichen Nutzungsmöglichkeiten von Second Life ist für Januar geplant, genauere Informationen finden Sie dann hier im Blog. Wenn Sie per Email informiert werden möchten, schicken Sie uns bitte eine kurze Mail an info[at]atenta.de.
Nach dem Medien-Hype im vergangenen Jahr ist es jenseits der Fachforen und Fan-Communities ruhig um das Thema Virtuelle Welten und dessen prominentesten Vertreter Second Life geworden. Das Web 3D ist jedoch ausschließlich journalistisch in der Versenkung verschwunden, und entwickelt sich abseits des öffentlichen Interesses kontinuierlich weiter. Eine sehr positive Entwicklung, denn mit dem von der Presse herbei geschriebenen kometenhaften Anstieg des öffentlichen Interesses, konnte die Entwicklung der technischen Infrastruktur nicht Schritt halten. Doch der Ansturm und die daran gekoppelten Erwartungen hatten auch ihr Gutes, denn sie haben viel Entwicklungspotential aufgezeigt. Die Beteiligten haben das erkannt, und die vergangenen Monate für die technische und inhaltliche Weiterentwicklung genutzt, und das virtuelle Ganze einen beeindruckenden Schritt voran gebracht.
Inzwischen zeichnet sich ab, wozu das Web 3D in der Lage ist, und was es uns jetzt und in Zukunft ermöglichen kann. Neben den Erstanmeldungen steigen auch die Zahlen der regelmäßig aktiven Nutzer. Im Laufe einer Woche bewegen sich ca. eine halbe Million Menschen/ Avatare in der virtuellen Welt. Die durchschnittliche Anzahl von Second Life Nutzern, die gleichzeitig online sind, liegt zwischen sechzig und siebzig tausend. Second Life ist auf dem Weg die erste virtuelle globale (Groß)Stadt zu werden. Das Handelsvolumen der SL-Wirtschaft beträgt im Schnitt ca. eine Millionen US-Dollar am Tag und erreicht damit den selben Stand wie zu Zeiten des Booms im letzten Jahr, Tendenz steigend.
Aber nicht nur die Nutzerzahlen und das Handelsvolumen, auch die (technischen) Möglichkeiten innerhalb von Second Life haben sich weiterentwickelt. So ist das Zusammenwachsen von Inhalten aus Web 1.0 und Web 2.0 zum Web 3D inzwischen deutlich sichtbar zu erkennen. Neben dem klassischen Chat und dem Voicechat als Grundlage der Kommunikation, haben die Nutzer die Möglichkeit (Powerpoint) Präsentationen,Webseiten, Blogs, (youtube-) Videos, Radioprogramme und Podcasts in Ihre Web 3D Repräsentanzen einzubinden. Unternehmen und Institutionen können folglich alle denkbaren Medienformate zur Vermittlung ihrer Inhalte einsetzen, unabhängig davon, ob es sich dabei um Wissen, Produktpräsentationen oder um Kunst und Unterhaltung handelt.
Diese Entwicklung ist ein Grund für Unternehmen und öffentlichen Institutionen, sich tiefergehend mit dem Thema zu beschäftigen. Die Materie mag zwar Einigen nach wie vor etwas visionär erscheinen, wer aber versäumt, sich rechtzeitig damit auseinander zusetzen, riskiert bei einer der komplexesten und zukunftsträchtigsten Entwicklungen des Internets den Anschluss zu verlieren. Nur wer rechtzeitig dabei ist, hat die Möglichkeit, das Nutzerverhalten und die bestehenden Möglichkeiten zu erkunden und seine Beobachtungen und Erfahrungen in Strategien umzusetzen.
Nachdem wir als Pioniere der virtuellen Personalberatung bereits an der ersten Hamburger Vortragsreihe zum Thema “Virtuelle Welten – Von Second Life zum Web 3D” mitgewirkt haben, beteiligen wir uns auf Wunsch der Handelskammer Hamburg auch dieses Jahr wieder daran. Unser Beitrag zielt darauf ab, am Beispiel der Personalberatung die Möglichkeiten aufzuzeigen, die dreidimensionale Internetumgebungen für Unternehmen bieten. Hierzu möchten wir alle Interessierten Leser herzlich einladen. Die Teilnahme ist kostenfrei, und erfordert auf Grund der begrenzten Anzahl von Plätzen sowie der erfahrungsgemäß hohen Nachfrage lediglich eine vorherige Anmeldung. Den Programm-Flyer mit Anmeldeformular gibt’s hier zum Download.