[HTTP410] Totgesagte leben länger: Twitter wächst und wird Werbemarkt

Facebook hat Twitter als Synonym für Echzeitkommunikation und Web 2.0 weitestgehend aus den Schlagzeilen verdrängt. Wurde 2009 die grüne Revolution im Iran noch als “Twitter-Revolution” bezeichnet, so war es im Arabischen Frühling 2011 schon eine “Facebook-Revolution”. So neugierig viele auf Twitter waren, die Kurznachrichten in 140 Zeichen lösen noch heute bei vielen Unverständnis aus. Und nichts desto trotz wächst Twitter weiter. In Deutschland, wo fast alle sozialen Netzwerke Nutzer verlieren, ist Twitter weiter auf leichtem, aber stabilen Wachstumskurs. In den USA, wo Twitter eine sehr viel breitere Nutzerbasis hat, verzeichnet der Dienst sogar respektable Zuwächse – neben Facebook:

Twitter vs. Facebook

Gut fürs Geschäft?

Man könnte sagen, das Thema “Twitter in der Unternehmenskommunikation” ist erwachsen geworden. Oder gar weitestgehend verschwunden? Nur auf den ersten Blick. Viele Corporate-Accounts sind dort inzwischen sehr erfolgreich und haben aus den Fehlern der Anderen viel lernen können. Überlebt haben in erster Linie Publizierende. Aber auch eine Vielzahl an News- und Servicediensten laufen über Twitter extrem gut. Dennoch habe ich den Eindruck, dass sich der private Nutzer den Raum Twitter zurückerobert hat und dort auch nicht viel mehr zulässt als den vielzitierten “echten Mehrwert”. Bedeutet für Unternehmen nicht nur die Möglichkeit, durch eigene Auftritte zu überzeugen; auch die Rolle des Nutzers als Multiplikator sollte ernster genommen werden. Und zwar jenseits vom Retweet der eigenen Meldung.

Werbetreibende planen für 2012 jedefalls erhebliche Investitionen für Twitter: Von allen Social Networks steht Twitter sogar an zweiter Stelle, direkt nach Facebook. Immerhin 39% aller Agenturen wollen auf Twitter Kundenkontakte knüpfen und pflegen – mehr als bei YouTube:

Social Media Budgetverteilung

Ich für meinen Teil habe Twitter in den letzten Monaten auch wieder sehr lieb gewonnen und plane nicht nur, dort mehr Zeit zu verbringen, sondern auch selbst wieder aktiver zu werden. Das Gleiche gilt auch für unsere Coporate-Accounts.

Die Top 100 Unternehmen im Web 2.0 – Status Quo 2011

Nachdem schon 2009 und 2010 das Jahr für Social Media in Unternehmen war, wird 2011 nun aber endgültig DAS Jahr für…  Ihr wisst schon. 😉 Zeit für eine Bestandsaufnahme: Burson-Marsteller hat die Fortune Global Top 100 Unternehmen (im Folgenden “Unternehmen”) nach ihren Web 2.0 Aktivitäten befragt. Einige Ergebnisse sind überraschend, insbesondere die teilweise enormen Unterschiede zwischen den USA, Europa und Asien. Hier die wichtigsten Zahlen, die komplette Präsentation mit allen Details folgt im Anschluss.

  • 84% der Unternehmen weltweit nutzen mindestens eine Web 2.0 Plattform.
  • 25% feuern eine Breitseite aus Facebook, Twitter, Blog und YouTube. (In Europa 15%, in den USA und im asiatisch-pazifischen Raum jeweils über 30%.)

Twitter

  • Twitter ist mit 77% die meist genutzte Plattform (Tendenz weiterhin steigend!), obwohl Unternehmen mit Facebook Pages mehr Likes sammeln, als bei Twitter Follower.
  • Der Trend geht zum ZweitSechstaccount bei Twitter. (IBM hat derzeit 76 Corporate Twitter-Accounts.)
  • Unternehmen intensivieren zunehmend die Kommunikation mit Re-Tweets, @-Replies mit Follows.

Facebook

  • 61% der Unternehmen unterhalten mindestens eine Page.
  • Die durchschnittliche Zahl der Likes pro Page (88.000) hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt – weltweit betrachtet. Nur in Europa blieb sie fast auf dem Vorjahresniveau. Im Vergleich: +406% in Asien!
  • Nur 57% antworten auf Pinnwand-Posts der Fans. (72% in den USA, in Asien nur 28%.)

YouTube

  • 57% der Unternehmen haben einen YouTube-Kanal.
  • Durchschnittlich sammelten die Corporate-Videos 680.000 Views. In Asien über 1.8 Millionen, in Europa gerade mal 255.000.

Blogs

  • Nur 36% der Unternehmen leisten sich ein eigenes Blog
  • Auch hier werden die Inhalte im Schnitt auf 6.8 Blogs pro Unternehmen gefächert. (IBM glänzt hier wieder mit sagenhaften 86 Blogs!)

Pic: xxxtoff

RecruitFest 2010 in Boston – Warum Recruiting in den USA weiter ist

Im Schatten der großartigen Recruting-Konferenzen, die wir im Spätherbst 2010 hier Deutschland hatten, fand in Boston eine Zusammenkunft statt, die ebenfalls etwas Beachtung verdient: Das RecruitFest 2010. 😉

YouTube sei Dank, kann man den einzelnen Panels dieser Konferenz nachträglich beiwohnen. Ich finde es immer wieder erstaunlich und erfrischend, mit welcher Leichtigkeit in den USA HR-Themen behandelt werden. Das mag dem Europäer etwas zu enthusiastisch erscheinen, aber es kommen dabei sehr gute Gedanken zustande. Gedanken und Ideen, die man vielleicht nur erreichen kann, wenn man etwas mehr ‘Emotion’ zulässt? Und dass Emotion und Professionalität durchaus Hand in Hand gehen können, das beweist das RecruitFest wieder mal eindrucksvoll!

When Good Branding Goes Bad:

Dieses Panel soll nur als ein Beispiel für eine Diskussion dienen, die ich in dieser Form hierzulande vermisse. Dabei meine ich nicht mal nur die freiere und offenere Diskussionskultur, sondern auch die Art und Weise wie ein Thema behandelt wird, das in Deutschland in dieser Form auf der Tabuliste steht: Personal Branding. Die Persönlichkeit des einzelnen spielt hier eine sehr viel größere Rolle. (Wobei schon alleine Sarah Whites großartiger Buchtitel zum Personal Branding “I’m so Sarah” an der deutschen Sprache scheitert.) In Deutschland fehlt vielen Bewerbern der Mut, sich so zu präsentieren wie sie sind, und vielen Personalern der Wille, dies zu honorieren. Wie es hier deutlich wird: Nicht der Recruiter stellt die Regeln auf, sein Wunschkandidat tut es! Zumindest sollte es so sein.

Bei aller Gelassenheit kann man aber keinesfalls sagen, dass das Engagement der einzelnen Personaler für Ihre Firmen nicht dem hiesigen Standard entsprechen würde. Im Blickpunkt steht nur weniger, offene Stellen zu besetzen (also schlicht dafür zu sorgen, dass anfallende Arbeit erledigt wird) sondern durch neue Persönlichkeiten neuen Input zu liefern und das eigene Unternehmen weiter zu bringen; sich selbst dabei nicht ausgenommen.

Ich empfehle für den Feierabend, sich den einen oder anderen Beitrag des RecruitFests 2010 anzusehen – kurzweilige Denkanstöße garantiert.

Pic: ensh

Ein Job, sechs Nationen: Militär-Recruiting-Videos aus aller Welt

Der Beruf des Soldaten ist einer der ältesten der Welt. Jedoch stehen insbesondere die Armeen der großen Industrienationen vor einem gemeinsamen Problem: Es fehlt an Nachwuchs.

Im Zeitalter der Selbstbestimmung, des Wohlstandes und dem Bemühen um eine globale Verständigung sinkt das Interesse, für ein paar Monate (oder Jahre) hinter Kasernenzäunen zu verschwinden und womöglich noch in bewaffneten Konflikten eingesetzt zu werden. Umso intensiver die Bemühungen der Armeen, junge Männer und Frauen zum Dienst an der Waffe zu rekrutieren.

Wie bei anderen Employer Branding Kampagnen, spielt Bewegtbild eine große Rolle. Es sollen meist unbeachtete und persönliche Seiten des Militärdienstes gezeigt werden. Wie wichtig eine zielgruppengerechte Ansprache dabei ist, zeigt sich im Vergleich der Recruiting-Videos aus unterschiedlichen Nationen. Alle werben im Prinzip für den selben Job und sprechen die selbe Altersgruppe an: Nur ist der Hintergrund jeweils ein anderer.

1. Deutschland

Von der Pilotin bis zum Feldjäger im Personenschutz:  In Kombination mit Kampfmittel und Gesicht des Soldaten wird für “eine Karriere mit Zukunft” geworben.

2. Großbritannien

Eine Alltagssituation im Wechsel mit einer aufgebrachten Gruppe vor einem militärischen Checkpoint.  Hier werden die Herausforderungen und Potentiale der Persönlichkeit eines Offiziers hervorgehoben.

3. USA

Auch in den Recruiting-Videos der USA steht die Persönlichkeitsbildung oft im Vordergrund, wenn auch weniger der zwischenmenschliche Part. 😉

4. Russland

(Vorischt: Lautstärke!) In Russland wird der Militärdienst in seiner gesellschaftlichen Rolle präsentiert. In einer Reihe von Spots wird mit einer – nicht zuletzt finanziell – “besseren Zukunft” geworben. (1, 2, 3)

5. Schweden

Im Schweden der Neuzeit spielt Krieg kaum eine Rolle. Hier wird an das Gewissen des einzelnen Schweden appelliert: Nicht überall ist es so friedlich wie in Skandinavien!

6. Taiwan

Hier will man wohl schon bei den Jüngsten das Interesse wecken. (Und gleichzeitig den großen Nachbarn und Gegner China nicht unnötig provozieren?)

Kennen unsere Leser sehenswerte Clips, wie zum Beispiel das fragwürdige Video des österreichischen Bundesheeres? Weitere Hinweise in den Kommentaren sind herzlich willkommen!

Pic: The U.S. Army