Fachkräfte suchen nach Sicherheit – nicht nach Herausforderungen

Fachkräfte sind vor allem auf der Suche nach Sicherheit, wenn sie sich nach einem neuen Job umsehen. Hohes Gehalt, spannende Aufgaben oder gute Aufstiegschancen sind da erst mal nebensächlich. Das ergab zumindest die Studie “Employer Branding 2017” von meinestadt.de in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Kaiserslautern.

Befragt wurden über 2000 Fachkräfte mit Berufsausbildung im Juli 2017. Die Studie zeigt, dass Employer Branding bei den Teilnehmern keinen leichten Stand hat.

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Sicherheit schlägt überdurchschnittliche Bezahlung, Gutes Klima wichtiger als Aufstiegschancen

Für die befragten Fachkräfte hat neben der bereits erwähnten Sicherheit des Arbeitsplatzes auch die pünktliche Zahlung des Gehalts Priorität:

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Quelle: meinestadt.de – Employer Branding Studie 2017

Auch die Beziehung zu den Kollegen und der Standort des Jobs spielen eine Rolle. Nicht alle Fachkräfte sind bereit, für einen neuen Job umzuziehen oder zu pendeln.

Nur ein Fünftel der Befragten gab an, ein überdurchschnittliches Gehalt als “sehr wichtig” zu empfinden und auch mit guten Aufstiegschancen im Unternehmen lassen sich nur knapp 23% der Teilnehmer locken.

Entscheidend sind neben der Unternehmenskultur und der Beziehung zu den Kollegen auch das Verhältnis zu den Vorgesetzten: Anerkennung und Wertschätzung im Job bewerteten 36,2%  der Befragten als “sehr wichtig” und immerhin 49,5% als “wichtig”.

Wer handwerklich arbeitet, hat andere Anforderungen an den Job, als jemand, der seine Tage im Büro vor dem Rechner verbringt. Arbeitsschutz (ca. 38%) und gute Werkzeuge (auch ca. 38%) sind dadurch natürlich interessanter für manche Jobsuchende als der Obstkorb in der Küche oder Kicker-Tisch im Pausenraum.

Von wegen Bore-Out-Syndrom: Wo Langweile und Unterforderung anderswo, zum Beispiel im Verwaltungs- und Dienstleistungssektor, zu Depressionen und Stress führen können, ist der sichere Arbeitsplatz den Befragten so viel wichtiger, dass sie auch ohne “spannende Arbeitsinhalte” leben können – oder zumindest sind diese für die meisten der Teilnehmer zweitrangig. Nur 25,4% der Teilnehmer gaben an, diese inhaltlichen Herausforderungen als “sehr wichtig” zu empfinden.

Employer Branding erreicht die befragten Fachkräften kaum

Die in der Studie befragten Teilnehmer zeigen sich von gängigen Mitteln des modernen Employer Brandings eher unbeeindruckt. Viel mehr verlassen sie sich auf den eigenen persönlichen Eindruck vom Unternehmen und auf Erfahrungen aus dem eigenen Bekanntenkreis:

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Quelle: meinestadt.de – Employer Branding Studie 2017

Informationsangeboten im Internet stehen die Teilnehmer der Studie zwar nicht prinzipiell negativ gegenüber, doch vor allem die gut gestaltete Karriere-Webseite, die weithin als das “Aushängeschild” des Employer Brandings gilt, spielt bei der Bewertung des potenziellen neuen Arbeitgebers kaum eine Rolle. Nur 15,6% gaben an, dass diese ihnen “sehr wichtig” ist. Interessanter als der unternehmenseigene Internetauftritt sind für immerhin knapp ein Drittel der befragten Fachkräfte Arbeitgeber-Bewertungsplattformen wie zum Beispiel meinchef.de oder kununu.de.

Employer Branding für “Nicht-Akademiker”

Wir möchten an dieser Stelle kurz darauf hinweisen, dass der Ausdruck “Nicht-Akademiker” eine Formulierung der Verfasser der Studie ist. Eine pauschale Reduzierung aller Berufstätigen in Akademiker und “Nicht-Akademiker” ist eine Verallgemeinerung, die als Begriff nur wenig Mehrwert bietet. Trotzdem wollen wir Euch die weiteren Ergebnisse der Studie nicht vorenthalten.

So äußert der Geschäftsführer Georg Konjovic von meinestadt.de, dass die klassischen Mittel des Employer Brandings bei den Teilnehmern der Studie vorbei gehen würden:

[…] Die bislang verwendeten generischen Kommunikationsbausteine aus Karrierewebsites und Stellenanzeigen wurden für Akademiker entwickelt und gehen an Fachkräften mit Berufsausbildung völlig vorbei. Viel zu viele Unternehmen setzen immer noch auf den klassischen Karrierebegriff, wenn sie bei Fachkräften für ihr Unternehmen werben. Doch Altenpfleger oder LKW-Fahrer haben in der Regel kein Interesse daran, ‚Karriere‘ zu machen […]

Stattdessen sollten Unternehmen und Recruiter besser auf die “zielgruppenrelevanten Themen” wie Sicherheit des Arbeitsplatzes, Unternehmenskultur, Arbeitsschutz und die Möglichkeit, eigene Fähigkeiten einbringen zu können, eingehen.

Was aus der Studie leider nicht hervorgeht, sind die Branchen, in denen die Befragten beschäftigt sind. Fachkräfte mit einer Berufsausbildung können natürlich nicht einfach über einen Kamm geschert werden – es dürfte ja auch eigentlich klar sein, dass ein Arbeiter im Tiefbau andere Wünsche und Interessen als ein Krankenpfleger im Schichtdienst hat und ein Bankkauffrau nicht die gleichen Bedürfnisse wie eine Arbeitskraft im Einzelhandel hat.

Dass Employer Branding aber nicht in leere Floskeln abdriften darf und Maßnahmen für das Personalmarketing zielgruppengerecht gestaltet werden sollten, sind trotzdem Aspekte, die Unternehmen und Personalverantwortliche beim Recruiting nicht vergessen dürfen.

Die hier verwendeten Informationen stammen aus einer Pressemitteilung von meinestadt.de.

Cultural Fit – Mehr als Kaffeesatzleserei?

Es gibt Neuigkeiten aus der Buzzword-Ecke. In der Studie “Recruiting mit Persönlichkeit” von StepStone geht es um das aktuelle Thema Cultural Fit. Zuletzt haben wir uns mit diesem Thema vor einem Jahr beschäftigt. In dem Artikel Cultural Fit durch Hellsehen haben wir beklagt, dass laut einer Studie viele Befragte damals angaben, mit dem Konzept des Cultural Fit zwar vertraut zu sein, aber die Beurteilung der kulturellen Passung der Kandidaten überwiegend ohne festgelegte Verfahren zu überprüfen (also vermutlich am ehesten anhand des berühmten Bauchgefühls).

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Für die neue Studie hat StepStone stolze 25.000 Fach- und Führungskräfte und immerhin 4000 Recruiter und Personalentscheider befragt. Die Ergebnisse fassen wir im heutigen Artikel für Euch zusammen und fragen uns: Cultural Fit – Kaffeesatz lesen oder seriöses Recruiting-Mittel?

Was die Kandidaten zum Cultural Fit sagen

97% der befragten Fachkräfte gaben an, dass ihnen Cultural Fit wichtig ist. Hierbei sind vor allem der Umgang mit Kollegen, Führungsstil, Kommunikationsstil, Personalpolitik und Transparenz für die Befragten relevant. Wirklich identifizieren mit der Unternehmenskultur des aktuellen Arbeitgebers können sich jedoch lediglich ein Drittel der Befragten (35,7%).

Ein erkennbarer Zusammenhang besteht zudem zwischen der Zufriedenheit im Job und dem Cultural Fit:

Cultural Fit und Zufriedenheit im Job
Quelle: StepStone – Recruiting mit Persönlichkeit

Die Grafik zeigt, dass besonders zwischen Unzufriedenheit im Job und einem mangelnden Cultural Fit eine Relation besteht. Da wundert es kaum, dass 56% der Befragten schon mal ihren Job verlassen haben, weil die Unternehmenskultur nicht zu ihnen gepasst hat (oder sie nicht zur Unternehmenskultur?). Ebenso glauben 69%, dass die Mitarbeiter und Teams zufriedener sind, wenn Unternehmen nicht nur den fachlichen Qualitäten hohe Bedeutung beimessen, sondern auch den Persönlichkeiten der Arbeitnehmer.

Für 93% der befragten Fachkräfte ist laut der Studie der Cultural Fit bei der Jobsuche ein wichtiger oder sehr wichtiger Aspekt. Nur 14% der Befragten sind bereit, ihren Anspruch an die Unternehmenskultur völlig zurückzustellen, solange das Gehalt stimmt. Eher kompromissbereit zeigen sich da schon deutlich mehr Kandidaten: 54% nehmen bei einem hohen Gehalt auch Abstriche bei der Unternehmenskultur in Kauf.

Wo wir aber schon bei der Jobsuche sind: Kandidaten suchen gezielt nach Informationen über die Unternehmenskultur, in Stellenanzeigen, auf der Karriere-Webseite oder bei beruflichen Netzwerken. Was sie dort erwartet, lässt allerdings zu wünschen übrig. Denn die meisten Unternehmen halten sich ziemlich bedeckt. Das geht schon bei den Stellenanzeigen los. Eine Untersuchung von Index Anzeigedaten und StepStone aller in Deutschland veröffentlichten Stellenanzeigen zwischen Juli 2016 und Juni 2017 ergab, dass die große Mehrheit der Unternehmen über Themen wie Wertschätzung, Kollegen, Hierarchie, Team und Arbeitsklima so gut wie nichts verrät.

Gewarnt sei auch, wer seine Kandidaten mit Floskeln abspeisen will. Hier ein paar Evergreens:

Wir vereinen hohe Leistungsorientierung und gelebte menschliche Werte

oder

Bei uns bekommen Sie beides: die Vorteile eines Großkonzerns und den Unternehmergeist eines Start-ups

Das kaufen die Kandidaten den Unternehmen nur sehr selten ab. Auch keine gute Idee: sich eine nicht zutreffende Employer Brand aus den Fingern saugen und Kandidaten im Bewerbungsgespräch täuschen. Immerhin 42,3% gaben an, dass ihnen sowas bereits einmal passiert sei – und weiteren 19,9% sogar mehrfach. Eigentlich sollte Recruitern und Personalentscheidern doch bewusst sein, dass sich eine erfundene Unternehmenskultur schon während des Onboardings in Wohlgefallen auflösen dürfte.

Dabei sind viele Kandidaten für echte Persönlichkeitstest (und hiermit sind zum Beispiel IT-gestützte Tests gemeint, nicht das Beurteilen des Kandidaten anhand des “aufmerksamen Lesens der Bewerbungsunterlagen” oder des Bauchgefühls) offen. Etwa 44% der Befragten gaben an, so einen Test im Bewerbungsgespräch sogar sehr gern machen zu wollen.

Cultural Fit: Was ist mit den Recruitern, Personalentscheidern und die Unternehmensvertretern?

Tja, die Unternehmensvertreter. Die bestätigen eigentlich im Großen und Ganzen, was wir im Artikel Cultural Fit durch Hellsehen seinerzeit beschrieben haben.

Die Bedeutung von Cultural Fit schätzen die Befragten nämlich hoch ein. 96% finden das Thema generell wichtig und glauben, dass eine gute kulturelle Passung Vorteile für Unternehmen und Mitarbeiter bringt:

Cultural Fit im Employer Branding Vorteile
Quelle: Stepstone – Recruiting mit Persönlichkeit

Darüber hinaus gaben 93% an, dass Cultural Fit im Recruiting eine zentrale Rolle einnimmt – oder zumindest einnehmen könnte. Denn gleichzeitig verfügen nur 6 von 10 der Befragten über eine definierte Unternehmenskultur und lediglich 48% über eine Arbeitgebermarke. Aber immerhin sind diese Missstände bekannt. 4 von 10 Recruitern wünschen sich, dass die Unternehmenskultur besser nach außen kommuniziert wird.

Obwohl also – zumindest theoretisch – fast alle Befragten angaben, dass ihnen Cultural Fit wichtig ist, schlägt sich das in der Praxis nur verhalten nieder. Nur 65% gaben nämlich an, bei Neueinstellung gezielt auf Cultural Fit zu achten. Und die meisten Unternehmen stellen nach wie vor vorrangig nach “Formalqualifikation” ein, wie es in der Studie so schön heißt. Da hat sich doch ein Widerspruch eingeschlichen!

Die mangelnde Transparenz für die Kandidaten wird an diesem jedenfalls kaum etwas ändern. Nur 4 von 10 Unternehmen ermöglichen es ihren Bewerbern, sich vor einem Bewerbungsgespräch über die Unternehmenskultur zu informieren. Nur ein lausiges Viertel verwendet authentisches Fotomaterial bei der Recruiting-Kommunikation – und nur 40% bieten eine Führung durch die Räumlichkeiten des Unternehmens an. Zur Sprache kommt die Unternehmenskultur dann bei etwa 60% der Befragten während des Jobinterviews.

Und da wären wir auch wieder bei der Kaffeesatzleserei und dem Hellsehen angelangt. Auf die Frage, ob der Cultural Fit im Bewerbungsgespräch überprüft wird, antworten 59,3% mit “nein” oder “weiß nicht”. Systematische Verfahren oder Tools zur Überprüfung bleiben eine klare Ausnahme:  nur bei 8,1% der Befragten kommen sie regelmäßig zum Einsatz, bei 7,5% nur in sogenannten “Einzelfällen”.

Kaffeetassen weg, Tools anfordern!

So oder ähnlich könnte zumindest der Schlachtruf derjenigen Befragten lauten, die sich darüber im Klaren sind, dass Handlungsbedarf besteht, wenn sie den Cultural Fit denn tatsächlich so wichtig finden, wie sie angegeben haben. 43% der Befragten, in deren Unternehmen es noch keine geregelte Überprüfung gibt, wünschen sich systematische Tools. In Unternehmen, in denen mehr als die Hälfte der Mitarbeiter unzufrieden sind,  sind es sogar fast 60%.

Die Studie zeigt, dass sowohl die befragten Fach- und Führungskräfte als auch die Recruiter und Personalentscheider großes Interesse an dem Thema haben. Wer Cultural Fit ernsthaft in Recruitingprozesse einbinden möchte, dem sollte daran gelegen sein, seine Kandidaten schon vor dem Bewerbungsgespräch mit authentischen Informationen zu versorgen und sich für eine regelmäßige tool-gestützte Erfassung stark machen – und sich damit von Spekulationen, Hellsehen und Kaffeesatzleserei verabschieden.

Noch mehr zu diesem Thema gibt es in der Studie “Recruiting mit Persönlichkeit” von StepStone zu lesen, die Ihr hier zum Download findet.

Endlich mal vom Schreibtisch loseisen: Pausenkultur in deutschen Unternehmen

Ein kürzlich veröffentlichter Umfrage-Report von Jobware hat ergeben, dass 55% der Teilnehmer ihre Mittagspause am Schreibtisch verbringen. Sie essen also an ihrem üblichen Arbeitsplatz. Raus aus dem Trott des Arbeitsalltags? Eher nicht. Wer in der Kantine isst oder zum Imbiss geht, hat da schon bessere Chancen. 11% der Teilnehmer verzichten sogar ganz auf die Mittagspause. Anlass genug, sich mit dem Thema Pausenkultur zu beschäftigen.

Quelle: Jobware Umfrage-Report 2017 – Wir fragen. Personaler und Bewerber antworten.

Pausenkultur in Deutschland

Pausenkultur ist ein Teil der Unternehmenskultur. Und so wie Unternehmen in Strukturen, Arbeitsweisen und Bedingungen verschieden sind, unterscheiden sie sich auch in der Pausengestaltung.

Am 22.07. widmete Deutschlandfunk dem Thema eine Sendung. Experten wie Prof. R. Wieland, Leiter des Arbeitsbereiches Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Wuppertal und Kerstin Franke, die als Gesundheitsmanagerin Unternehmen in solchen Belangen berät, sprachen über die Herausforderungen des erfolgreichen Pause-Machens.

Pausenkultur in Deutschland, da ist man sich einig, ist im Vergleich zu anderen Ländern wie etwa Japan oder Schweden in der Arbeitskultur nicht sonderlich tief verwurzelt.

Wer viel Pause macht, ist ein Schlappschwanz.

formuliert Prof. Wieland. Das ist natürlich überspitzt, zeigt aber die Tendenz, mit der die Pause in deutschen Unternehmen auch heute noch mitunter bewertet wird.

Dabei ist lange bekannt, dass regenerierte und gesunde Arbeitnehmer effektiver arbeiten. Unternehmen müssten also ein praktisches ökonomisches Interesse daran haben, dass ihre Mitarbeiter mal runter- oder rauskommen können. Und selbstverständlich gibt es sie, die Unternehmen, die sich um ihre Mitarbeiter kümmern und ganzheitliche Konzepte für deren Wohlbefinden erstellen. Pausengestaltung kann vielfältig sein. Ob sportlich oder entspannend, kollegial oder individuell, mit oder ohne Event-Charakter.

Trotzdem ergab eine Studie der Krankenkasse pronova BKK, dass nur 4 von 10 Mitarbeitern jeden Tag eine Mittags- oder Erholungspause machen. Ein Drittel der Angestellten verlässt den eigenen Arbeitsplatz den ganzen Arbeitstag lang überhaupt nicht.

Dafür kann es natürlich verschiedenste Gründe geben. Termin- und Zeitdruck und mangelnde Vorbilder zählen aber mit Sicherheit dazu. Doch selbst wenn eine Mittagspause gemacht wird, heißt das nicht, dass diese automatisch zur Erholung taugt. Am Schreibtisch vorm PC zu essen bietet Angestellten, die dort ohnehin den ganzen Tag verbringen, nur wenig Abwechslung.

Natürlich arbeiten nicht alle Deutschen in einem Büro oder haben den gleichen Zeitraum für eine Mittagspause zur Verfügung – wenn überhaupt. In Betrieben, in denen chronischer Personalmangel herrscht, wie etwa in Krankenhäusern, entfallen die (eigentlich ja gesetzlich vorgeschriebenen) Pausen häufig auch ganz.

Quelle: pronova BKK – Studie: Betriebliches Gesundheitsmanagement 2016

Die Rolle von Unternehmen und Führungskräften

Das plakative Zitat von Prof. Wieland soll auf ein grundlegendes Mentalitätsproblem aufmerksam machen. Denn irgendwann ist selbst der fleißigste und disziplinierteste Mitarbeiter erschöpft und die Konzentration lässt nach – was sich zwangsläufig auf die Qualität der Arbeit auswirkt. Mehr noch ist dies im Home Office der Fall.

Gesundheitsmanagerin K. Franke und Prof. Wieland sind sich einig: Pausenkultur ist Führungskultur. Die Vorbildfunktion von Vorgesetzten spielt eine besondere Rolle. Die Studie der pronova BKK zeigt aber: 78% der deutschen Arbeitnehmer sehen in ihren direkten Vorgesetzten kein Vorbild, wenn es um gesundheitsbewusstes Arbeiten geht. Doch nicht jeder kann sich davon frei machen, wenn die Vorgesetzten ein ungesundes Arbeitsverhalten vorleben.

Ist das soziale Umfeld Pausen gegenüber generell ungnädig eingestellt, lässt sich das nicht von einem Tag auf den anderen Tag ändern. Führungskräfte können aber mit einer Korrektur ihres eigenes Verhaltens mit gutem Beispiel vorangehen um eine größere Toleranz bei ihren Mitarbeiter zu schaffen. Pausenkultur kann nur dann funktionieren, wenn Arbeitnehmer das Gefühl haben, sich die Pause nehmen zu können, ohne dass sie schräg angeguckt werden.

Viele Unternehmen holen sich externe Anregungen zur Gestaltung ihres Gesundheitsmanagements. Angebote wie Massagen, Yoga, Atem- und Stimmübungen kommen aber nicht bei jedem Mitarbeiter gleichermaßen gut an. Fehlende Selbstbestimmung ist nur ein weiterer Faktor, der bei überlasteten Arbeitskräften zu mehr Frustration führen kann. Die Bedürfnisse sind eben verschieden.

Klar ist aber auch: Wer in der Pause nur 30 Minuten Zeit hat (oder noch weniger), der wird es kaum schaffen, in diesen 30 Minuten zu essen, Mittagsschlaf einzulegen, autogenes Training und vielleicht noch ein paar Übungen zur Entlastung der Wirbelsäule zu machen.

“Kosmetische” Pausen?

Prof. Wieland weist auch darauf hin, dass eine Pause, selbst dann wenn sie ordentlich gestaltet ist, keine grundlegenden Missstände im Unternehmen kitten kann. Schlechtes Betriebsklima, überquellende Terminkalender und sich häufende Überstunden zählen zu den strukturellen Problemen, die dazu führen können, dass Mitarbeiter ausgepowert und emotional und physisch belastet sind.

Wem am Wohlbefinden seiner Angestellten gelegen ist, muss also auch Ursachenforschung betreiben. Auf lange Sicht können manchmal (zum Beispiel im Falle der Krankenhäuser) nur umfassende Maßnahmen (wie Aufstockung des Personals) zu einer Verbesserung der Gesamtsituation führen. Trotzdem lohnt es sich, auch kurzfristig in Aktion zu treten, mit einem Auge darauf, was unmittelbar machbar ist.

Die Pause muss nicht zwangsläufig zum Event werden, damit sie zur Mitarbeiterbindung beiträgt

2015 räumte der Otto Konzern mit seinem Konzept “inspirierende Mittagspause” einen Human Resources-Excellence-Award ab. Ob Poetry Slam, Konzert oder Lesung – die kulturellen und unterhaltsamen Pausen finden bei den Mitarbeitern große Zustimmung.

Bei einer internen Umfrage sagten fast 85 Prozent der Veranstaltungsbesucher, dass der ‚Culture Club‘ zu einer positiven und inspirierenden Unternehmenskultur beiträgt.

heißt es dazu im Newsroom des Otto Konzerns. Solche Maßnahmen wirken nach innen und außen – sowohl im Hinblick auf die Stimmung der Mitarbeiter als auch als Beitrag zur hippen Employer Brand.

Doch es muss nicht unbedingt gleich ein Privatkonzert sein, damit Angestellte mehr von ihrer Pause haben. Es geht auch bescheidender: häufig ist der Wunsch nach einer Küche und ansprechenden Aufenthaltsräumen zu vernehmen, in denen Mitarbeiter Essen nicht nur aufwärmen, sondern auch frisch zubereiten und die Mittagspause (wenn gewollt) gemeinsam verbringen können.

Und wer das Glück hat an einem so schönen Ort wie der Hamburger Alster zu arbeiten (so wie wir), der sollte in Erwägung ziehen, nach dem Essen öfter mal einen kleinen Spaziergang einzulegen.

Was sind Eure Erfahrungen im Bezug auf die Pausenkultur in Unternehmen?

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Mitarbeiter als Markenbotschafter – auch für die Arbeitgebermarke?

Im heutigen Artikel geht es um Mitarbeiter als Markenbotschafter. Dabei denken wir natürlich nicht nur an Unternehmensmarken, sondern auch an die Arbeitgebermarke. Vorher aber kurz zu den Basics:

Was sind Mitarbeiter als Markenbotschafter?

Als Markenbotschafter gelten grundsätzlich Personen, die die Markenbotschaft eines Unternehmens nach außen hin vertreten, sie erlebbar machen und sie mit einer beliebigen Menge von Empfängern teilen. Den Unterschied zu einem allgemeinen Werbeträger macht also aus, dass nicht ein einzelnes Produkt oder eine Dienstleistung, sondern die Marke des Unternehmens (und somit alles, wofür es stehen möchte) beworben wird. Eine Markenbotschaft kann sich aus Werten, Zielen und Emotionen zusammensetzten und verkörpert offenkundig das Image, das sich ein Unternehmen für seine Marke wünscht. In unseren digitalen Zeiten sind die Zielgruppen der Markenbotschafter vermehrt online in den sozialen Medien zu finden.

Aber um Markenbotschaften zu transportieren muss man kein Influencer, Sportler oder Schauspieler mit einer gigantischen Fangemeinde sein. Auch “gewöhnliche” Mitarbeiter taugen zum Markenbotschafter – oder sind es viel mehr automatisch, wenn es nach Dr. Karsten Kilian geht. 2012 schrieb er in einem Artikel für die Absatzwirtschaft:

Jeder Mitarbeiter agiert stets als Markenbotschafter, wenn auch mit unterschiedlich großer Reichweite. Unternehmen nehmen lediglich Einfluss darauf, ob der einzelne Mitarbeiter als positiver oder negativer Multiplikator der Marke auftritt beziehungsweise ob aus Markensicht ungeeignete Bewerber eingestellt oder aktuelle Mitarbeiter, die dem Außenauftritt der Marke schaden, weiter im Unternehmen beschäftigt werden.

Und hier wären wir auch schon automatisch beim Employer Branding – denn Mitarbeiter erleben die Unternehmen, für die sie arbeiten, logischerweise vorrangig als Arbeitgeber. Die Erfahrungen, die sie hier machen, tragen die Mitarbeiter in die Welt. Nicht zwangsläufig öffentlich via Social Media, aber doch zumindest in den eigenen Bekanntenkreis.

In diesem Artikel des UPLOAD Magazins wurden 20 Beispiele über Mitarbeiter als Markenbotschafter gesammelt, die bei Facebook vertreten sind. Hier nur zwei Beispiele:

Quelle: UPLOAD Magazin – 20 inspirierende Beispiele für Markenbotschafter auf Facebook

Ähnlich wie bei Dr. Kilian scheint hier Konsens darüber zu herrschen, dass quasi jeder Mitarbeiter (der seinen Arbeitsplatz öffentlich angibt) in den sozialen Netzwerken seine Marke vertritt.

Marke ist nicht gleich Arbeitgebermarke

Wenn es nun aber darum geht, ob Mitarbeiter das Gleiche für das Employer Branding tun können (oder wollen) wie für die Marke, muss zunächst grundsätzlich festgehalten werden: Eine Markenbotschaft und eine Arbeitgebermarkenbotschaft sind vielleicht Geschwister, aber keine Zwillinge.

Ja, einprägsam und unkompliziert und vor allem authentisch sollen beide sein. Aber im Gegensatz zu einer Produktmarke kann eine Arbeitgebermarke im übertragenen Sinne nicht wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert werden. Sie ist ein Organismus, der aus dem vielschichtigen Miteinander der Unternehmenskultur, der Werte und der Ziele wächst. Wenn Unternehmen sich von ihren Arbeitnehmern wünschen, dass sie die Employer Brand in die Außenwelt kommunizieren, müssen sie drei Dinge beachten:

  1. Sie müssen ihre Employer Brand kennen. Diese ersinnt man nicht mal eben an einem Nachmittag am Konferenztisch. Sie entsteht durch einen Schaffungsprozess, an dem die Arbeitnehmer beteiligt werden müssen.
  2. Sie müssen Sorge dafür tragen, dass auch die Mitarbeiter die Arbeitgebermarke kennen.
  3. Sie müssen damit rechnen, dass nicht jeder Mitarbeiter ein (Arbeitgeber-)Markenbotschafter sein möchte. Nur in einer perfekten Welt leben und lieben alle Arbeitnehmer ihr Unternehmen und das, wofür es steht.

Es lohnt sich für Unternehmen, wenn die Mitarbeiter ihre Employer Brand kennen und verbreiten. In einer Studie, die Monster 2016 veröffentlichte, gaben 28% von 1000 Top-Unternehmen in Deutschland an, zu Recruiting-Zwecken gern auf sogenannte “Mitarbeiterempfehlungsprogramme” zurückzugreifen, bei denen Beschäftigte offene Stellen an ihre eigenen Netzwerke weitertragen. 6 von 10 Unternehmen glauben laut der Studie nämlich, dass empfohlene Mitarbeiter besser zur Unternehmenskultur passen.

Unternehmenskultur who?

Aber vielleicht erinnert sich noch jemand an unseren Artikel aus dem vergangenen Jahr, in dem es um eine internationale Studie aus dem Hause Korn Ferry ging? In dem Artikel bescheinigten wir den befragten HR-Leadern Nachholbedarf bei der eigenen Unternehmenskultur. Zur Erinnerung:

Quelle: Korn Ferry – Real World Leadership – Create an engaging culture for greater impact.

Die Zahlen sprechen für sich. Nur 35% der internationalen Führungskräfte trauen ihren Mitarbeitern zu, die Unternehmenskultur “richtig” verständlich machen zu können. Aber wen wundert es, wenn 75% der Führungskräfte sich selbst nicht so richtig mit der Unternehmenskultur identifizieren können? Die Studienergebnisse sind von 2015. Wir hoffen, dass das Bewusstsein für die Bedeutung verwandter Themen wie (Arbeitgeber-)Markenbotschafter, Employer Branding und Unternehmenskultur gestiegen ist.

Unser Fazit: Mitarbeiter als Markenbotschafter einzusetzen vermittelt vor allem Authentizität. Deshalb können sie auch als Botschafter für die Arbeitgebermarke eine wichtige Rolle spielen. Das dies aber nicht von allein passiert, dürfte klar sein. Nur wer als Mitarbeiter die Employer Brand kennt (und sich mit ihr identifiziert), wird diese auch schlüssig kommunizieren.

Manager: Nachholbedarf bei der eigenen Unternehmenskultur

Wir hoffen Ihr alle hattet ein frohes Osterfest! Aber jetzt: Back to Business. Nach dem quälend etwas langen Post von letzter Woche machen wir es heute kürzer. Versprochen!

Es geht – Überraschung – um eine Studie: diesmal aus dem Hause Korn Ferry, der größten internationalen Executive-Search und Talent-Search Firma weltweit. In Real World Leadership – Create an engaging culture for greater impact dreht sich alles um die richtige Unternehmenskultur. Befragt wurden 7500 Führungskräfte aus 107 Ländern, von denen ein Drittel in einer Management-Position ist, der Rest stammt aus dem Bereich HR.

Andere Ergebnisse der Studie Real World Leadership, die nach Schwerpunkten aufgeschlüsselt ist, gibt es zum Beispiel im Teil Develop leaders who can drive real change. Darin wird deutlich, dass gute Führung kein Selbstläufer ist und derzeit einiges an Handlungsbedarf besteht – vor allem in den Bereichen Veränderung und Innovation. Aber auch der Schwerpunkt Culture offenbart einiges an Verbesserungsmöglichkeiten.

Wirklich gute Neuigkeiten halten wir also nicht bereit. Trotzdem zählen die meisten der Befragten die Aufgabe “driving cultural change” (also unternehmenskulturelle Veränderungen voranzutreiben) zu einer ihrer drei Top-Management-Prioritäten.

Real World Leadership Grafik 1

Quelle: Korn Ferry Institute – Real World Leadership – Develop leaders who can drive real change

Klingt doch jetzt gar nicht so übel? Von wegen! Denn gerade mal 29% der Befragten bescheinigen einer stimmigen Unternehmenskultur auch das Vermögen, eine Leistungssteigerung für das Unternehmen bedeuten zu können.

Und es kommt noch dicker – denn obwohl als wichtige Priorität aufgeführt, findet sich Kulturentwicklung nur zu schlappen 16% in den tatsächlichen Zielsetzungen der Führungsetagen wieder.

Mathias Kesting, Senior Partner im Bereich Leadership & Talent Development bei Korn Ferry, dazu:

“Selbstverständlich ist es wichtig, dass eine gute Unternehmenskultur zu einer angemessen Arbeitsatmosphäre und kollegialem Miteinander führt. Dies darf jedoch kein Selbstzweck sein, wenn Kultur bei Top-Management, Aufsichtsgremien und Eigentümer nicht unter “ferner liefen” behandelt werden soll. Eine gute Arbeitsatmosphäre soll natürlich unmittelbar zu einer größeren Leistungs- und Innovationsfähigkeit des gesamten Unternehmens führen. Sonst wird ihr Potenzial verschenkt.”

Für 41% der Befragten besteht der Hauptzweck einer guten Unternehmenskultur aber schlicht darin, eine adäquate Arbeitsatmosphäre und ein kollegiales Miteinander zu schaffen. Ganz im Sinne von Mathias Kesting zeigt diese Einschätzung von Unternehmensseite her ein ums andere Mal, dass das Potenzial von Unternehmenskultur/Employer Branding noch immer unterschätzt wird.

Überraschend ist das aber nicht. In einer 2014 veröffentlichten Studie von Korn Ferry gab nur ca. ein Drittel der damals befragten Unternehmen an, dass ihre Unternehmenskultur auch zur aktuellen Geschäftsstrategie passt. Auch die aktuelle Studie bestätigt diesen Missstand: 75% der Befragten können sich selbst nicht vollkommen mit ihrer Unternehmenskultur identifizieren.

Es liegt natürlich auf der Hand, dass das auf kommunikativer Ebene nur schief gehen kann. Das zeigt sich schon bei der Einschätzung der Befragten zu der Fähigkeit ihrer Mitarbeiter, die Unternehmenskultur wirklich nach außen tragen zu können:

Real World Leadership Grafik 2

Quelle: Korn Ferry Institute – Real World Leadership – Create an engaging culture for greater impact

Verwunderlich ist das kaum. Mathias Kesting erklärt:

“Unternehmen funktionieren hierarchisch. Und so denken viele Firmenchefs nach wie vor, sie könnten ihrer Organisation eine Kultur aufzwingen. Doch dem ist nicht so. Es ist wichtig, dass Führungskräfte und Mitarbeiter gemeinsam eine Kultur entwickeln, die wirklich zu ihnen genauso wie zu ihren geschäftlichen Zielen passt. Die Geschäftsführung sollte dies moderieren und als gutes Beispiel voran gehen. Kultur ist aber ähnlich wie Veränderung: Wird sie auf den unteren Ebenen nicht akzeptiert, findet sie nicht statt. Und führt eher dazu, dass Unternehmen weniger leistungsfähig sind als zuvor.”

Andersherum verhält es sich logischer Weise ähnlich. Wenn nicht einmal die Chefetage 100% hinter den eigenen Werten steht, wie soll sich deren Bedeutung dann Mitarbeitern auf den unteren Ebenen erschließen? Das sollte Geschäftsführern auf der ganzen Welt zu Denken geben.

Es soll ja manchmal vorkommen, dass Unternehmen über ihre kurzfristigen Ziele die langfristigen aus den Augen verlieren und natürlich ist das Schaffen oder die Veränderung einer Unternehmenskultur ein langwieriger Prozess. Dennoch sollten sie nicht vergessen, dass die passende Unternehmenskultur viel mehr kann, als ein kollegiales Miteinander zu kreieren.

Unternehmenskultur und Change

Gerade hat sich das Wollmilchsau-Team (mit Ausnahme von mir) zu einem internen Employer Branding Workshoptag eingeschlossen, da flattert mir der Hays-Report zur Unternehmenskultur in die Inbox. Durchgeführt hat ihn das Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) und teilgenommen haben 532 Entscheider aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Etwas detaillierter clustert sich die Teilnehmerstruktur wie folgt:

Teilnehmerstruktur des Unternehmenskultur-Reports
Quelle: Hays Report 2016

Die wichtigsten Handlungsfelder 2016 sind in der Gesamtbetrachtung die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur (41%), die Mitarbeiterbindung (38%), die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit (34%) der Mitarbeiter und den Ausbau der Führung im Unternehmen. Weitere Change-Themen sind u.a. die Flexibilisierung von Arbeitsstrukturen, Work-Life-Balance, Talent Management, Demografie, Mitarbeitergewinnung und Digitale Transformation.

Top-HR-Themen 2016
Quelle: Hays Report 2016

Bemerkenswert ist die Auswertung der Themenbewertung nach der Position im Unternehmen sowie dem Standort des Unternehmens. Denn die Flexibilisierung der Arbeitsstrukturen und die Etablierung einer Work-Life-Balance werden von den befragten Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung für sehr viel wichtiger erachtet als von den Führungskräften. Das mag einem natürlich erscheinen und Führungskräfte zu einem Schmunzeln verführen, bekommt aber mit Blick auf die Bedeutung der Mitarbeiterbindung imho ein deutlich größeres Gewicht, als es zuerst erscheint.

Besonders deutlich zeigt sich das bei der Work-Life-Balance, die für 42% der Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung ein Top-Drei-Thema ist, aber nur für 22% der befragten Geschäftsführer und 13% der Führungskräfte aus dem HR-Bereich. Angesichts dieser Zahlen frage ich mich, inwieweit sich Führungskräfte über den Einfluss von Work-Life-Balance (und flexiblen Arbeitsstrukturen) als Maßnahme zur Mitarbeiterbindung im Klaren sind?

Interessante Unterschiede zeigen sich auch innerhalb der DACH-Region. Unsere Nachbarn in der Schweiz und in Österreich räumen der Mitarbeiterbindung mit je 45% nämlich ein höheres Gewicht ein als wir Deutschen (32 %). Da ich diesen Unterschied in der Bewertung nicht an der Arbeitsmarktsituation der Länder festmachen kann, sind unsere Nachbarn damit in einer zentralen Führungsfrage wohl schon weiter als wir.

Auch die befragten HR-Manager scheinen sich derartige Fragen zu stellen, denn ihnen ist der Ausbau der Führung im Unternehmen sehr viel wichtiger (49%) als den Führungskräften aus den Fachabteilungen (26%) und den Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung (27%).

Unter den HR-Verantwortlichen scheint also bereits ein Bewußtsein dafür zu bestehen, das die Unternehmenskultur der zentrale Schlüssel für die Bewältigung der vor uns liegenden Change-Themen (hier: Mitarbeiterbindung, Beschäftigungsfähigkeit, Demografie, Mitarbeitergewinnung, Digitalisierung) ist.

Oder wie die Autoren schreiben: “Die Unternehmenskultur ist das zentrale Wertefundament und bildet die Basis für den unternehmerischen Erfolg”. Als entscheidend für die Unternehmenskultur sehen die Befragten die Aspekte Kommunikation (34%), Führung (26%) und Veränderungsbereitschaft (25%). Geringeren Einfluss messen sie Transparenz (10%) und Teilhabe/ Partizipation (4%) bei. Diese Aspekte bekommen wir auch in unseren Employer Branding Projekten immer wieder bestätigt.

Und obwohl Kommunikation und Führung als HR-Themen selbstverständlich sind, gibt es in der Bewertung ihrer Ausprägung in den Unternehmen große Unterschiede.

HR- und Führungskräfte bewerten Kommunikation und Führung schlechter als die Unternehmensleitung.
Quelle: Hays Report 2016

In vielen Unternehmen gibt es also bezüglich der Bewertung der eigenen Kommunikations- und Führungsqualitäten noch jede Menge internen Diskussionsbedarf. Eine nachhaltige Veränderung ihres Unternehmens gelingt aber nur denen, die ihre Mitarbeiter mitnehmen und die Unternehmenskultur an die gewünschten Veränderungen anpassen. Die Bedeutung von Veränderungswillen und Veränderungsbereitschaft kann dabei gar nicht genug betont werden. Denn ohne die Bereitschaft der Führungskräfte zu organisationaler Selbstreflektion und echtem Wandel findet kein nachhaltiger Change statt. Und ebenso wenig ist ohne die Bereitschaft zur Kulturveränderung eine nachhaltige und starke Arbeitgebermarke zu haben, die das Unternehmen zukünftig mit den Mitarbeitern versorgt, die es zur Bewältigung des Wandels braucht. Und gerade an diesem Punkt hakt es in den Unternehmen gewaltig.

Veränderungsbereitschaft ist in vielen Unternehmenskulturen zu gering ausgeprägt
Quelle: Hays Report 2016

Im Detail hakt es bei der Veränderungsbereitschaft vor allem in folgenden Bereichen.

Massnahmen Veränderungsbereitschaft
Quelle: Hays Report 2016

Mit Blick auf meine eigenen Erfahrungen kann ich hier leider keinen einzigen Punkt entkräften. Die Hays-Studie bietet Euch noch detailliertere  Einblicke in den Change-Bedarf in Führung, Kommunikation und Transparenz im Unternehmen. In diesem Sinne: Packen wir’s an!

Das HR BarCamp – Die erste Unkonferenz für Personaler

Ein BarCamp ist, so Wikipedia, “eine offene Tagung, deren Ablauf und Inhalte von den Teilnehmern im Tagungsverlauf selber entwickelt werden.” Und genau das soll am 17.02.2012 in Berlin passieren, wenn Christoph Athanas und Jannis Tsalikis das erste HR-BarCamp eröffnen. Und es wird Zeit!

Der Legende nach gründete Tim O´Reilly die erste Veranstaltung dieser Art, nachdem ihm auffiel, dass die produktivsten Phasen bei Konferenzen die Kaffeepausen waren. Anfangs noch seinem persönlichen Freundeskreis vorbehalten, fand bald das erste, offne BarCamp in Kalifornien statt. Die offene Struktur eines BarCamps ermöglicht eine sehr viel freiere Auseinandersetzung mit einem Thema. So werden die einzelnen Vorträge, Workshops oder Diskussionen im Vorfeld von allen Mitgliedern gemeinsam abgestimmt. Zudem sind diese auch ausdrücklich aufgefordert, selbst eigene Beiträge vorzuschlagen. Jeder BarCamp-Teilnehmer ist also Gast, Zuhörer, Modarator, und Sprecher zugleich – wenn er es möchte.

Dass gerade der HR-Szene eine solche Unkonfrenz sehr zupass kommt, dachte ich sofort, als von der Idee hörte. Austauschbedarf besteht, vermutlich noch sehr viel mehr als in den Branchen, in denden BarCamps bereits länger angekommen sind. Beispielsweise sind die Arbeiten von IT und Marketing offen und jedermann zugänglich; so stehen die Ergebnisse und Produkte per se in der Diskussuion. Die Arbeit von Personalabteilungen findet meist sehr viel weniger Öffentlichkeit. Dabei besteht großes Interesse an einem Austausch, immer mehr Personaler aus den unterschiedlichsten Bereichen vernetzen sich und werden zum Beispiel in sozialen Netzwerken aktiv. Nur logisch, diesem Drang nach Austausch auch ein Offline-Ventil zu geben.

Nun mag man sich denken, bis zum 17.02.2012 hätten wir alle noch viel Zeit. Falsch! Wir müssen uns in der XING-Gruppe anmelden und beginnen, in den Foren diesen Tag so zu gestalten, wie wir ihn gerne hätten. Das Themenfeld geht grob von der Personalbeschaffung, über die Personalentwicklung zur Mitarbeiterbindung und Unternehmenskultur. Desweiteren müssen wir die Seite zum HR-BarCamp im Auge behalten und aufpassen, dass wir keine neuen Infos verpassen. Weiteres dort und natürlich zu gegebener Zeit auch hier.