Social Media wird fester Bestandteil der Unternehmenskultur. Die Rede ist hierbei allerdings nicht nur von PR-Kampagnen und neuen Formen der Unternehmenskommunikation, vielmehr reicht Social Media auch in die tägliche Arbeitswelt des einzelnen Mitarbeiters hinein: Über acht Millionen Deutsche sind inzwischen bei Facebook aktiv, und der durchschnittliche Facebook-Nutzer verbringt dort täglich(!) 55 Minuten. Man kann sich also vorstellen, dass sich bei diesen Zahlen mancher Chef die Augen reibt, auch wenn der im Hintergrund geöffnete Tab vermutlich mitgezählt wurde.
Wie also damit umgehen? Den Gebrauch sozialer Medien im Büro zu untersagen, ist mindestens die zweitschlechteste aller Lösungen. Damit würde man den Zugang zu den eigenen Kontakten, aktuellsten Informationen und nicht zuletzt auch Inspirationen einschränken. Langfristig würde die Qualität der Arbeit darunter leiden. Ein genereller Persilschein ist andererseits auch nicht der beste Weg.
Man fragt sich zurecht: Ist ein Sachbearbeiter, dessen Aufgabe darin besteht, möglichst konzentriert Zahlen in Tabellen zu bewegen, auf externe Kontakte und Inspiration angewiesen? Nicht unbedingt. Aber auch dieser lebt im Jahre 2010 und beobachtet, wie Lebens- und Arbeitswelten miteinander verschmelzen. Auch dieser möchte sich zum Beispiel mit Bekannten oder Freunden, die zwei Straßen weiter arbeiten, zum Mittagessen verabreden – und das nicht per Mail. Er möchte an dem Facebook-Thread teilnehmen und sagen können, dass er die Currywurst nicht mehr sehen kann und zur Abwechslung den Asiaten vorschlagen. Banalitäten auf den ersten Blick. Selbstverständlichkeiten auf den zweiten.
Doch auch wenn soziale Netzwerke nur nach Feierabend genutzt werden: Auch hier mischen sich Berufsalltag und Freizeit. Wie also damit umgehen? Da plötzlich jeder Mitarbeiter ein potentielles Millionenpublikum hat, wachsen bei den Unternehmen Ängste. Was, wenn plötzlich aus dem Nähkästchen geplaudert, Interna geleakt, oder die Presseabteilung ausgehebelt wird? Dabei ist meistens noch nicht einmal böser Wille im Spiel.
Der Angestellte, der mit Begeisterung über ein neues Produkt in der Pipeline erzählt, kann genauso Schaden anrichten, wie ein anderer, der meint sich und seinem Unternehmen einen Gefallen zu tun, indem er über einen Konkurrenten herzieht. Der Horrorszenarien sind viele – Richtlinien zum bewussten Umgang mit Social Media daher Pflicht für jedes Unternehmen.
Diskutiert wird das Thema in einschlägigen Blogs und Magazinen schon länger. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hat sich die Mühe gemacht, die Vorschläge zu filtern und einige universelle Richtlinien für Social Media Guidelines zu benennen.
Es ist zu hoffen, dass durch die offene Diskussion der Gefahren keine zusätzlichen Sorgen geschürt werden. Unternehmen müssen erkennen, dass weder die Vogel-Strauß-Politik, noch der erhobene Zeigefinger zum Ziel führen, nämlich die eigenen Mitarbeiter mit einem kreativen und verantwortungsbewussten Umgang mit sozialen Medien im Netz vertraut zu machen. Aber auch der Mitarbeiter ist hier gefordert. Er darf ein Reglement nicht als Einschränkung oder Maulkorb verstehen. Es geht auch nicht darum, ihn nicht eine Stimme des Unternehmens sein zu lassen, er darf nur nicht als Unternehmenssprecher missverstanden werden.
Daimler hat es vorgemacht. Das Daimler-Blog lässt Mitarbeiter zu Wort kommen und zwar schon seit Oktober 2007. “„One-Voice-Policy“ und Corporate Blogging können jedoch durchaus parallel stattfinden.”, heißt es da. Und weiter: ” Dieses Blog wird in erster Linie von Daimler-Mitarbeitern geschrieben. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen des Konzerns. Was die Autoren auf dem Daimler-Blog veröffentlichen entspricht ihrer persönlichen Meinung und nicht unbedingt der offiziellen Unternehmensmeinung.”
Realisiert wurde dieses durch die, meiner Meinung nach, vorbildlichen Blogging-Policies von Daimler. Auch wenn sich diese nur auf die Veröffentlichung auf dem Daimler-Blog selbst beziehen, so geben sie doch schon die wichtigsten Hinweise auf den grundsätzlichen Umgang mit Social Media in Verbindung mit seinem Arbeitgeber.
Um auch die Kehrseite der Medaille zu zeigen, ohne hier jemanden bestimmtes an den Pranger zu stellen: Gerne erinnern wir uns an den langen Weg von “Abteilung X” bis zu ihrem ersten Tweet im Namen der “Beispielfirma”: Wenn Unternehmen twittern.
Es gilt also mal wieder, die goldene Mitte zu finden. Das BVDW-Paper ist hierfür ein sehr guter Ansatz. Und wie es schon Generationen von Eltern besser wussten: Regeln schaffen Freiheiten!