Addressable TV: Eine Einführung

Ich war vor ein paar Wochen auf der “dmexco” in Köln unterwegs. Sie lief diesmal parallel zur Zukunft Personal. Es ist recht spannend, mal unsere “Zukunft” mit der Gegenwart des Marketings zu vergleichen. Auf der Suche nach interessanten Trends, die irgendwann auch zur Gegenwart in unserem Bereich werden könnten, fiel mir diesmal insbesondere das Thema “Addressable TV” auf.

Per Definition bezeichnet Addressable TV die Möglichkeit, TV-Werbung selektiv auszustrahlen.

Beispiel: Es läuft ein wichtiges Fußballspiel im Fernsehen und wir wollen unsere Werbung während des Spiels einblenden lassen. Früher hätten wir einen Werbeplatz gekauft und unsere Werbung allen Zuschauern gezeigt, die gerade an der Glotze hängen. Frauen, Männern, Kindern, Senioren aus Hamburg, Berlin, Dortmund unabhängig vom Einkommen und anderen Merkmalen. Diese Vorgehensweise ist das Gegenteil von “selektiv”.

Heute bzw. morgen geht das anders. Wir können bestimmen, welche Eigenschaften die Zuschauer, die unsere Werbung zu sehen bekommen, aufweisen müssen. Mit anderen Worten, wir können festlegen, dass nur Frauen aus Hamburg zwischen 35-45 mit einem Einkommen von X bis Y unseren Werbespot angezeigt bekommen. Alle anderen bekommen nichts zu sehen oder eben die Werbung eines anderen Anbieters, die zu ihnen passt. Diese Vorgehensweise ist “selektiv”, führt zur Minimierung von Streuverlusten und logischerweise zur Steigerung des ROI. Genau das ist der Sinn von Addressable TV.

Die Vorteile von Addressable TV

Ohne die Sache gleich zu technisch zu machen, stellt Euch einfach Folgendes vor: Bei Wikipedia werden aktuell 126 deutschsprachige TV-Sender geführt, dazu gibt es noch einige Video-On-Demand Plattformen, Internet-TV Anbieter usw. In sehr naher Zukunft wird es möglich sein, klar definierte Zielgruppen auf diesen Kanälen mit visueller Werbung anzusprechen. Und das alles in Eigenregien vom Rechner aus. Ihr werdet gezielte TV-Werbung mit wenigen Klicks einkaufen können.

Wozu, werdet Ihr jetzt womöglich fragen. Nun, ich sehe hier natürlich interessante Optionen in Sachen Employer Branding auf uns zukommen. Vorausgesetzt Ihr teilt meine Sicht, dass Marketing und Personalmarketing bzw. Branding und Employer Branding nach und nach verschmelzen werden – Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich dann von alleine.

Auch wenn es heute noch übertrieben scheint, denke ich, dass TV-Werbung in Zukunft zunehmend zu unserem Personalmarketing-Instrumentarium gehören wird. Dank der neuen Technologien wird sie eben selektiver/effektiver, günstiger und einfacher buchbar werden. Warum sollte denn ein Hidden Champion während des besagten Fußballspiels nicht den 1000 potentiellen Azubis aus der kleinen Ortschaft, wo er ansässig ist, ein cooles Arbeitgeber-Video einblenden lassen?

Ich habe gerade diese komplexe Technologie nur leicht angeschnitten. Es ist mir auch bewusst, dass wir in der (HR-)Praxis noch recht weit von ihrem Einsatz entfernt sind. Beobachten wir doch gerade die sehr zähe und langsame Öffnung des Marktes gegenüber neuen Methoden. Haltet trotzdem die Augen offen! 

[HTTP410] Google Now is watching (with) you!

Stellt Euch bitte Folgendes vor: Ihr schaut Sonntagabend die neuste “Tatort”-Folge. Auf dem Bildschirm löst gerade Euer Lieblings-Kommissar ein Verbrechen auf. Euer Telefon und Tablet liegen griffbereit auf dem Sofa. Spaßeshalber macht Ihr Google auf und gebt z.B.”Kommissar” in die Suche ein. Was auch immer der Grund für Euer Interesse sein mag. Nun passiert dies: Ihr erhaltet von Google Such-Ergebnisse wie z.B. die genau Berufsbezeichnung des Kommissars aus der Serie, genaue Informationen zum üblichen Bildungsweg, der exakt zu diesem Beruf/zu dieser Position führt, offene Kommissariats-Stellen aus Eurer Region. Weiterhin wären Informationen zu den Gegenständen aus der aktuelle Szene, wie z.B. die genauen Details zum Fahrzeug und der Waffe des Kommissars, oder zu seinem Outfit und den Läden, wo Ihr Euch das alles gleich kaufen könnt, denkbar. Und zu guter Letzt werden auch noch ähnliche TV-Programme vorgeschlagen.

Verknüpfungen zur Google-Suche werden hergestellt

Dahinter steckt ein “einfaches” Prinzip. Google weiß, was Ihr Euch gerade im TV anguckt und versucht, diese Information mit Eurer Sucheingabe zu verknüpfen, um Euch möglichst schnell relevante Ergebnisse zur Verfügung zu stellen. Nach dem Motto: “Sag mir, was du guckst, und ich sage Dir, wer Du bist, was und wo Du essen willst, wo Du bald arbeiten könntest und wohin Deine nächste Reise geht.”

Das Google Patent

Klingt unwahrscheinlich?! Ist es aber nicht. Denn heute wurde ein entsprechendes Google Patent eingetragen, das genau dieses Prinzip beschreibt. Schaut mal her.

Google Now TV Search

In den Patent-Unterlagen finden sich mehrere detaillierte Darstellungen für Technik-Interessierte unter Euch. Science-Fiction ist das Ganze jedenfalls nicht. Google kann nämlich jetzt schon in Ansätzen nachvollziehen, was da auf dem TV-Gerät läuft, wie das folgende Video zum Einsatz von Google Now kurz demonstriert.

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Einsatzmöglichkeiten

Die Einsatzmöglichkeiten einer solchen Technologie sind natürlich vielfältig und interessant. Und mit der zunehmenden Verbreitung von internetfähigen TV-Geräten, Internet of Things und Pipapo kann man sich stundenlang ausmalen, was schon bald alles anders werden wird. Bei einer Sache kann man sich wohl sicher sein: Sobald man ein Elektrogerät anmacht, schaut jemand zu. Was haltet Ihr von der schönen neuen Welt und konkret von dem hier kurz vorgestellten Verfahren? Habt ihr gute Ideen, wie man das im Personalmarketing-Kontext einsetzen könnte?

“For a better working life” – XING positioniert sich neu

xing

Nachdem XING Anfang November schon seinen neuen Claim “For a better working life” präsentiert hat, haben die deutschen LinkedIn-Konkurrenten zum Jahreswechsel vier TV-Spots auf dem Weg gebracht, mit denen die Neuausrichtung weiter deutlich wird. Hier ist nicht mehr vom Netzwerk und seinen Funktionen die Rede, vielmehr springt XING auf den Zug der sich verändernden Arbeitswelt auf. Sicherlich ein kluger Schritt. Als digitales Rolodex funktioniert LinkedIn wegen seiner Internationlaität einfach besser, dieser Zug dürfte für XING (erstmal) abgefahren sein. Und dass es da irgendwo eine Art Facebook gibt auf dem mich nicht meine eigene Freunde vollquatschen, sondern selbständige Vertriebler und Coaches auf der ewigen Suche nach “Synergieffekten” und “Gelegenheiten” – diese Tatsache bringt niemanden zu XING, der es jetzt noch nicht ist. (geschweige denn macht ihn zu einem zahlenden Mitglied).

Also neue Mission: Die neue Arbeitswelt. Neuer Claim, die Einrichtung von Co-Working-Spaces in den großen Städten und nun auch vier Spots, die genau in diese Kerbe schlagen. XING als neuer Social Hub für die junge Working-Avantgarde… Was meint Ihr? Richtiger Weg? Erfolgsversprechend oder Verzweiflungstat?

Pic: Gideon (CC-BY 2.0)

Welcome To Miami: Deutsche Kandidatin für “Top Recruiter” gesucht!

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Unser TV-Scout Alex hatte ja im Sommer die US-Doku-Soap “Top Recruiter” aufgetan, bei der Recruiter in unterschiedlichen Wettbewerben gegeneinander antreten. Inzwischen läuft die zweite Staffel – wieder in Miami mit viel Pink, Türkis, Palmen, Cabrios und was sonst noch so zum “Sunshine State” Florida gehört. Wie man hört, ist die dritte Staffel bereits in der Planung und das “Top Recruiter”-Team schielt nach Deutschland. Chris LaVoie, Creator und Executive Producer der Serie wünscht sich ausdrücklich eine deutsche Kandidatin für die nächste Staffel und hat uns dazu einige Fragen beantwortet:

WMS: Recruitment – who or what brought you to this topic? Chris: One of the businesses that I own, for the past 15 years, has been in the advertisement/ marketing in the recruitment space. I have many friends within the space so I have learned and been inspired by them throughout the years.

WMS: You’re now producing the next season of Top Recruiter. Is this the first time the series leaves the US for casting? Chris: We did go abroad for season 2 and will do it again for season 3. We believe that maintaining a global perspective on the show has taken it from good to awesome!

WMS: What feedback did you get there? Chris: The feedback we’ve received from everyone here and abroad has been truly remarkable. I have not heard one single negative thought about this global perspective on Top Recruiter. We live in a much smaller world than our previous generations and we mustn’t ignore that!

WMS: Why Germany? Do you have any special expectations in German recruitment agents? Chris: We aim to have Germany’s professionals represented in our own little “recruitment olympics,” know of any? If so, send them over to www.toprecruiter.tv we will commence our audition screening very soon.

WMS: Are there remarkable differences? Chris: There is in fact a very remarkable difference between season 1 and season 2. That difference is immensely attributed to the global representation on season 2 that was not in season 1. Everything from life in the mansion, to behind the scenes, to communication styles to the very approach to recruitment was different because we had representatives from different nationality backgrounds. What we truly found amazing was the love and respect that was a direct product from having worked together. We just made the world a little smaller yet, at least for these cast members. We all found life long friends… that is undeniably remarkable- and it was all because of this show.

Warum es ausgerechnet eine deutsche Kandidatin sein soll, wissen wir zwar immer noch nicht, aber er scheint es ernst zu meinen! 😉 Also Mesdames, wer seine German-Recruiting-Skills in Miami vor der Kamera unter Beweis stellen möchte, möge sich hier für die kommende Staffel bewerben! Viel Erfolg, wir werden einschalten! 🙂 Und wer sich mal anschauen möchte, was ihn bzw. sie erwartet:

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  Pic: Top Recruiter (C)

Recruiting Reality Show

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Es gibt heutzutage vermutlich für alles Mögliche eine Reality Show im TV oder Web. Die Arbeitswelt ist da keine Ausnahme. Mit Formaten, wie Undercover Boss oder The Apprentice (hierzulande als Big Boss bekannt), wurde bereits versucht, den Arbeitsort bzw. die Karriere als ein Abenteuer voller Spannungsbögen, Skandale und Intrigen darzustellen. Die Beurteilung des Erfolgs und der Sinnhaftigkeit sei jedem selbst überlassen. Dass der Alltag eines Personaler (Recruiters bzw. Headhunters) offenbar auch genügend Stoff für’s mediale Ausschlachten bietet, hätte ich allerdings wirklich nicht vermutet. Bis heute.

Unsere amerikanischen Freuende, die Meister der TV-/Web-TV-Unterhaltung, haben’s tatsächlich geschafft. “Top Recruiter. The Competition. Miami.”  heißt die Recruiting Web-TV Reality Show, die bereits letztes Jahr angelaufen ist. (Irgendwie völlig an uns vorbei gegangen.).

Fünf Top-Recruiter mit verschiednen Schwerpunkten  “battlen” sich in unterschiedlichen “Competitions”. Ziel der Show, nach meiner Interpretation einiger Presse-Berichte: eine Bühne für den coolen Berufszweig, Einblicke in dessen Methoden (Old School vs. New School – Social Media und so) und vor allem Unterstützung für die vielen Opfer der Wirtschaftskrise durch anschauliche Praxis der Personalauswahl und -Beurteilung. Für die Formulierung der Aufgaben für den Wettbewerb wurden übrigens ausgewiesene Experten der Branche involviert.

Abgefahren! Begleitet von einer Facebook-Community mit 42 Tsd. Fans, einem YouTube Channel mit 1.8 Mio Views, einiger Presse, einer guten Webseite und mit einer zweiten Staffel, die bereits im Herbst fertig sein soll, ist das eine echt ernste und professionelle Geschichte.

Are You Ready? Unten kommt der Trailer und die erste Folge. Die erste Staffel mit zehn Folgen gibt’s komplett auf toprecruiter.tv unter “Episodes”.

 

Folge 1: “Are You a Hunter or A Farmer. I say, I’m a Hunter!”

 

Es natürlich alles etwas sehr amerikanisch 🙂 Aber irgendwie ist die Sache doch zumindest ein wenig beneidenswert. Jemand interessiert sich für Personaler…! Hand aufs Herz, etwas mehr Glanz und Gloria würde doch der als grau, konservativ und langweilig verschrienen Personalerseele hierzulande ganz gut tun.

Wie findet Ihr das? Wäre so ein Format (irgendwann) in Deutschland vorstellbar? Wünscht Ihr Euch als Personaler mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit?

Red Bull: Content-Marketing auf höchstem Niveau

Inhalte und deren gekonnte Vermittlung sind das Wesen jeder (Unternehmens)kommunikation. Und dass sich diese von der möglichst breiten Streuung einfacher Botschaften zum Erzählen komplexer Geschichten wandelt, hat Jan gerade kürzlich beschrieben. Beispielhaft für diese Wandlung: Red Bull.

“Red Bull verleiht Flügel!” Diesen Slogan und eine Serie sympathischer Werbecartoons – viel mehr brauchte es in den frühen 90er Jahren nicht, um den Red Bull Energy Drink erfolgreich am Markt zu platzieren. Das sieht heute anders aus: Red Bull ist eine Marke, die eine Vielzahl von Sport-, Fun- und Lifestyle-Veranstaltungen organisiert und selbst vermarktet. Das Getränk selbst spielt im Marketing kaum eine Rolle. Jeder kennt es und mit einem Marktanteil von 70% muss es sich auch nicht groß gegen andere Konkurrenten durchsetzen. Wichtig ist, dass Verbraucher die Marke Red Bull (im wahrsten Sinne des Wortes) “auf dem Schirm” behalten.

Zu diesem Zweck wurde 2007 das Red Bull Media House gegründet, das heute millionenschwere Medienproduktionen in Eigenregie umsetzt. Vorbei also die Zeiten, in denen das Unternehmen von Presse- und Fernsehproduktionen abhängig war. Eigene Inhalte werden für Print, TV, Mobile und Digitalverwertung aufbereitet, selbst ein Musiknetzwerk haben die Österreicher ins Leben gerufen. Medienpartner und andere Publisher können die vorproduzierten Inhalte abrufen und verbreiten – und damit die Red Bull-Markenbotschaft.

“The Red Bull Media House is the centre of the global Red Bull media network across all relevant media channels and products. It offers a unique variety of media content in lifestyle, fun and sports. Furthermore, it holds business opportunities (…) and provides you, as a media partner, with fresh and innovative media content.”

Mit The Art Of Flight wurde 2011 gar ein kommerziell vertriebener Snowboard-Film als Werbeträger entworfen. Um nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Portfolio zu bringen: Red Bull veranstaltet Motocross-, Snowboard- und AirRace-Meisterschaften. Selbst ein Papierflugzeug-Contest wird wirkungsvoll in Szene gesetzt. Nächstes Großprojekt: Red Bull will mit einem Fallschirmsprung aus der Stratosphäre den Weltrekord brechen:

Auf die Flugszenen müssen die TV-Sender noch warten, bis der Hauptsprung absolviert wurde. Perfekte Choreographie!

Nicht zuletzt unterhält Red Bull mit Red Bull Racing und Toro Rosso zwei Formel 1-Rennställe und stellt mit Sebastian Vettel den amtierenden Weltmeister. Dieser begrüßt uns auch auf der Red Bull-Startseite mit einem eigenen Blogartikel zum Saisonauftakt am vergangenen Wochenende. Hier wird, wie auf allen anderen Online-Auftritten das Content-Konzept voll durchgezogen: Videos, Artikel und Inhalte aus den zahlreichen Social Networks bieten das Bild einer hochprofessionellen Medienseite, nur ein paar vereinzelte Red Bull-Dosen erinnern hier noch an das Kerngeschäft der Österreicher.

Auch eine Frage von Zeitmanagement: Online-Video vs TV

Eine neue Studie der European Interactive Advertising Association (EIAA) kommt zu dem Ergebnis, dass 30% der Internetnutzer regelmäßig Bewegtbildangebote online konsumieren – durchschnittlich 13,8 Stunden wöchentlich. Damit verbringen sie mehr Zeit bei TV-On-Demand, YouTube und mit sonstigen Angeboten als vor dem Fernseher. Die gute alte Flimmerkiste hat im Zeitmanagement der deutschen Onliner deutlich weniger Platz und läuft im Schnitt nur noch 12,2 Stunden pro Woche. Da Bewegtbild allerdings sowohl beim Employer Branding als auch im modernen Recruiting eine immer größere Rolle spielt, sollten sich Unternehmen bewusst machen, hier Zeuge einer echten Zeitenwende zu sein: Das Karrierevideo von McDonalds ist eindeutig als TV-Advertising konzipiert und hat kein virales Potential im Netz.

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Es ist Werbung, die nur angesehen wird, wenn es denn sein muss. Das Karrierevideo baut auf den Überraschungseffekt: “Ach sieh mal, selbst bei McDonalds kann man ja richtig Karriere machen und sogar Geld verdienen.”. McDonals umgeht sein unattraktives Arbeitgeber-Image, indem sie sich in die Werbepausen drücken. Nur mit einem Senderwechsel könnte der Zuschauer jetzt ausweichen. Dieses klassische TV-Publikum wird jedoch immer weniger und man wird sich fragen müssen, ob man die gewünschte Zielgruppe noch vor dem Fernseher erreicht. Als ich damals meinen Walkman gegen meinen ersten mp3-Player eingetauscht habe, (vom Discman war ich nie überzeugt und habe auch nie einen besessen) hat sich damit auch mein mobiles Musik-Konsumverhalten grundlegend geändert. Neu war nicht, dass ich nun statt einer 90min Kassette plötzlich 20 ganze Alben dabei hatte. Es war die Tatsache, dass ich früher manchmal Lieder erst nach dem fünften Hören für mich entdeckt hatte. Vorspulen war mühsam, da ertrug ich lieber die 3 Minuten und freute mich auf den nächsten Song. Mit dem Resultat, dass ich manche dieser Songs sehr lieb gewonnen habe und sich die Favoritenlisten mancher Alben mit der Zeit umkehrten. Heute bekommen solche Songs keine zweite Chance, ein Klick und ich bin beim nächsten Lied – drei Klicks und ich bin beim nächsten Album. Und dieses “sich festsehen”, das “bei einem Sender hängenbleiben” ist ein Aspekt des Fernsehens, den ich online vermisse nicht erlebe. Ich lande nicht zufällig bei Kunst & Krempel und ertappe mich plötzlich 20 Minuten später dabei, wie ich enttäuscht darüber bin, dass nun schon die letzte historische Kaffeemühle vorgestellt wurde. Fernsehen bietet einen Informationsquerschnitt, wie es das Internet nur schwer bieten kann. Dort filtert der user seine Quellen vor, wählt, ob der Masse umso sorgfältiger aus und lernt, irrelevantes gar nicht mehr wahrzunehmen. Das ist effektives Zeitmanagement und sorgt für eine spezialisierte Wahrnehmung und Verarbeitung von Information. Zufallsfunde und spannende Entdeckungen macht man so immer seltener. Sollen über Bewegtbild professionelle oder berufsbezogene Inhalte kommuniziert und eine bestimmt Zielgruppe erreicht werden, steht man inzwischen vor der Herausforderung, dass die Konsum-Entscheidung heute aktiv gefällt wird. Man sieht ein Video kaum noch zufällig. Entweder man findet es selbst und entscheidet sich gerade jetzt die Zeit aufzubringen, es auch zu sehen, oder man bekommt es im persönlichen Netzwerk empfohlen – sprich man wird aufgefordert, die Zeit zu investieren, indem Lohnendes in Aussicht gestellt wird. Umso wichtiger wird es also für Unternehmen, Videos direkt zu den gewünschten Rezipienten zu bringen:

“Für Werbetreibende sind diese Zahlen ein Beleg dafür, dass Online Video-Advertising kein reines Trend-Thema mehr ist. Zu Recht hat Online Video-Advertising bei vielen Unternehmen inzwischen seinen festen Platz in den Mediaplänen” Alison Fennah, Executive Director der EIAA

Hierzu müssen die Netzwerkstrukturen der Adressaten analysiert werden, das Video muss an die Zielgruppe angepasst sein. Denn während eine misslungene Homepage zum Beispiel im schlimmsten Fall einen gelangweilten oder belustigten Besucher zurück lässt, so ist der Konsument eines schlechten Clips eher enttäuscht oder gar zornig. Zurecht: Er investiert weit mehr Zeit, kann nicht im Voraus absehen, was ihn erwartet, und ob die relevante Information noch irgendwann kommt. Also harrt er aus, erträgt die Ladezeit und schaut bis zum Schluss. Gnade dem Clip und dessen Schöpfer, wenn er dann immer noch nicht zufrieden gestellt wurde!