[HTTP410] Candidate Behavior Studie 2015 Review

CareerBuilder hat sich ordentlich Gedanken über die Bewerber gemacht. Analysiert, befragt, ausgewertet und nun den “2015 Candidate Behavior” Report rausgehauen. In dem Germany-PDF zum Herunterladen findet Ihr 57 Charts, kein Wort Erklärungstext, keine Angaben zur Stichprobe, Methodik usw. Ich schau mir das Ganze dennoch jetzt mal fix an und fasse die für mich interessantesten/auffälligsten Erkenntnisse zusammen. Vielleicht ist auch für Eich etwas dabei.

Auf “meiner” ersten Auswertung zu den Motiven der Jobsuche fällt sicherlich als erstes “GELD” auf. Das Einkommen wurde von mehr als 50% als Hauptmotivation für die Jobsuche angegeben. Ich finde allerdings eine andere Zahl wesentlich spannender und zwar die 6%, die sich aufgrund einer zufällig bemerkten Anzeige zur Jobsuche entschlossen haben. Daraus folgere ich:

  1. man kann passive Kandidaten mit einer Anzeige ansprechen
  2. das funktioniert wohl am besten, wenn man eine Anzeige möglichst vielen (passenden) passiven Kandidaten unter die Nase hält
  3. das kriegt man vermutlich ganz gut mit Kampagnen hin, die den Nutzer plattformübergreifend verfolgen bzw. auf Plattformen stattfinden, die nicht direkt mit der Jobsuche zu tun haben

Macht diese Interpretation für Euch Sinn? Schaut Euch dazu gerne den letzten Part des Bundeswehr-Posts von letzter Woche an.

job_search_motivation

Etwas schräg fällt aus meiner Sicht die Auswertung der verwendeten Ressourcen/Plattformen aus. Hier stehen Zeitungen (Print!) ganz oben, CarrerBuilder selbst ganz unten (sorry, Jobscout gehört ja auch dazu). Karriere-Webseiten, LinkedIn, Xing,  Facebook sind irgendwie auch dabei und gut verteilt. Die Tatsache, dass ausgewählte Jobbörsen einzeln, die Jobsuchmaschinen dagegen aggregiert dargestellt werden, erscheint ein wenig seltsam. Erfreulich dagegen ist, dass sie als Antwortoption überhaupt aufgenommen wurden und eine gute Position belegen. Weiterhin fehlen hier Suchmaschinen wie Google, die inzwischen fleißig für die Jobsuche verwendet werden.

Vermutlich wollte man hier die Befragten nicht irritieren, dann sie wahrscheinlich erst dank Google zu vielen der unten angeführten Quellen gelangt sind.

jobs_search_ressources_utilized

Ach, und bevor nun die Zeitungsverleger unter uns zu jubeln beginnen, muss ich leider eine weitere Statistik aus einer anderen Quellen bemühen. Trotz des sensationellen Abschneidens der Zeitungen in der vorliegenden Studie, über die sich Rupert Murdoch sicher gefreut hätte,  glaube ich persönlich nicht an eine Wiedergeburt des Mediums. Die Entwicklung der Auflagen und der Werbeeinnahmen marschiert unaufhaltsam Richtung Norden.

zaitungen_auflage_einnahmen

Im Rahmen ihrer Jobsuche durchlaufen die Suchenden bis zur Entscheidungsfindung mehrere Informations- und Kommunikationspunkte. Die folgende Auswertung kann als eine Art Gewichtung dieser Punkte bei diesem Prozess interpretiert werden. Was/wer wird häufig konsultiert und was eher selten. Interessant für mich persönlich sind die Grenzen des Intervalls.

Laut diesem Report ist die Karriere-Webseite die mit Abstand wichtigste bzw. die am häufigsten konsultierte Ressource bei der Entscheidungsfindung. Unternehmensbewertungsprotale, fast etwas überraschend für mich, spielen auf den ersten Blick eine eher geringere Rolle. Wobei die Zahl 0.8 hier wohl bedeutet, dass etwa 80% aller Befragten bei ihrer Jobsuche mindestens ein Mal ein solches Portal aufsuchen. Habe ich Recht? Dann relativiert sich die Schwäche.

Die Jobbörsen habe ich übrigens einfach mal so markiert,…um den Abstand zu den Webseiten zu verdeutlichen.

Irgendwie seltsam, dass in diesem Chart nun keine Zeitungen mehr auftauchen. Irgendjemand eine Erklärung?

job_search_ressources

Mobile ist natürlich ein wichtiges Thema. Wie CareerBuilder herausgefunden hat, bewerben sich einige tatsächlich auf mobilen Geräten. Immerhin 14% der befragten. Interessant sind die Angaben zu den Gründen, sich nicht mobil zu bewerben. Die drei grün markierten Gründe lassen sich übrigens durch eine entsprechende Gestaltung der Karriere-Webseite bzw. des Bewerbungsprozesses ausschließen.

mobile_apply

Jetzt kommt die Bombe. Auf die Frage, wie sich eine nicht mobil-optimierte Seite auf die Wahrnehmung des Unternehmens auswirkt, antworten 6% mit “eher positiv” und “sehr positiv”. Liebe Leute, auch als großer Freund von mobil-optimierten Seiten kann ich mit den Ergebnissen insgesamt leben. Aber wer wurde hier befragt?! Bitte glaubt diesen verlorenen Seelen nicht.

mobile_bombe

An dieser Stelle mache ich Schluss und überlasse die weitere Analyse jedem selbst. Der Report erinnert mich zunehmend an einen meiner ersten Schülerjobs in der Marktforschung, als ich die vielen Fragebögen vor dem heimischen TV schön selbst ausgefüllt habe. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass hier “504 WORKERS IN GERMANY” von einem Marktforschungsinstitut (Inavero) befragt wurden.

Nichts für Ungut CareerBuilder, dieses Werk hält leider nicht das, was es auf den ersten Blick verspricht. Und das nicht aufgrund  der Ergebnisse, die mir hier und da nicht in den Kram passen, sondern aufgrund der fehlenden “Liebe zum Detail”.  An manchen Stellen gibt es durchaus interessante Impulse, die durch die Ungenauigkeit und Unschlüssigkeit an anderen leider verwässert werden.

Für mich persönlich bleibt hier meine erste Beobachtung bzgl. passiver Kandidaten noch die interessanteste. Zum Thema Karriere-Webseite, mobile Bewerbung etc. verweise ich lieber auf die die Candidate Experience Studie 2014 von Christoph Athanas von metaHR und Prof. Peter M. Wald.

[HTTP410] Wer sucht wie, wo und warum: Die “Job Seeker Nation Study” 2014

Once again: Jobvite erstellt auch 2014 wieder eine Studie zur mobilen Jobsuche. Natürlich stehen auch diesmal die sozialen Netzwerke wie Facebook und LinkedIn im Vordergrund, und auch auf deren Mobile-Verhalten wird ein genauerer Blick geworfen: “Eine maßgebliche Studie der sozialen, mobilen Arbeitssuchenden” heißt das dann bei Jobvite. Natürlich sind viele Zahlen wieder sehr isoliert auf die USA zu beziehen, aber scheuen wir uns doch mal jene Faktoren an, die weniger vom dortigen Arbeitsmarkt und anderen Lebensumständen geprägt sind. Dennoch sollte man alles ein wenig mit der Europa-Brille filtern. Soll heißen: Twitter hat hier nicht den Stellenwert, LinkedIn kann sich ohne XING als Platzhirsch auf dem Markt der Business-Netzwerke fühlen und bis heute hängt auch Facebook hier etwas hinterher. Als Trend-Analyse taugt die Studie aber allemal. (Zum Download hier, unten von Slideshare eingebunden)

Die spannendsten Zahlen der Studie zur mobilen Jobsuche:

40% haben in Zuge ihrer Jobsuche Social-Media-Profile bearbeitet.

17% haben gewisse Inhalte gelöscht, 12% haben Tags von Fotos entfernt, die ihr Profil mit bestimmten Fotos verbinden. 17% haben sogar Profile komplett gelöscht. Die Tatsache, dass Recruiter zumindest einen kurzen Blick auf den öffentlichen Online-Auftritt einer Person werfen könnten hat sich anscheinend herumgesprochen, aber die Zahlen und deren Verhältnis zueinander lassen einen recht vernünftigen Umgang mit dieser “Gefahr” vermuten. Manche machen sich nochmal extra hübsch, andere verwehren sich dagegen und ziehen sich (vorübergehend) komplett zurück. Beides kann sinnvoll sein.

94% der Recruiter suchen auf LinkedIn, obwohl dort nur 36% der Jobsuchenden aktiv sind.

Diese sind woanders: 83% suchen bei Facebook, 40% bei Twitter und mit 37% ist sogar Google Plus noch einen Hauch beliebter als LinkedIn. Facebook ist hingegen nur für 65% der Arbeitgeber interessant, Twitter für 55% und Google Plus nur 18%.

43% haben schon heute mobil nach Jobs gesucht oder Kontakt zu möglichen Arbeitgebern aufgenommen.

Unter den 18-29jährigen sind es schon 51%, unter denen, die Jobs häufig wechseln (alle 1-5 Jahre) sind es sogar 64%. Interessant auch, wo mobil nach Jobs gesucht wird: 16% beim Warten auf den Bus, 16% im Restaurant, 7% auf der Toilette und 13% suchen im Büro bzw. bei ihrem aktuellen Job via Smartphone den nächsten. Second Screen bekommt hier eine ganz neue Bedeutung: es ist im Büro nämlich der Screen, den die Firma nicht unter Kontrolle hat.

27% erwarten, sich auch auch mobil bewerben zu können. 

Hieß es vor ein zwei Jahren noch auf Konferenzen “Niemand bewirbt sich im Bus”, sieht das heute schon ein wenig anders aus. 37% der GenY-Jobsucher erwarten eine mobil optimierte Karriereseite. 55% wollen sich alle Stellenangebote ohne Registrierung ansehen können. 11% erwarten eine einfache Online-Bewerbung via LinkedIn. Soweit unser selektiver Auszug, das Ansehen der gesamten Studie empfehle ich wie jedes Jahr. Hier werden nochmal weitere Zusammenhänge zwischen den Zahlen und der allgemeinen Entwicklung deutlich. Und auch wenn der europäische Arbeitsmarkt ein traditionell anderer ist, viele der Implikationen die in den USA die Arbeitswelt verändern zählen auch hier in D-A-CH.

Bei Klick wird dieses Video von den YouTube Servern geladen. Details siehe Datenschutzerklärung.

Herausforderung Marketing: Die IBM CMO-Study 2011

Die C-Level Studien von IBM lohnen sich immer zu lesen. Vor allen Dingen, weil sie nicht nur mit Zahlen um sich werfen, sondern eine qualitative Befragung durchführen. So auch bei der diesjährigen CMO-Studie, bei der 1700 internationale Chief Marketing Officers nach ihren derzeit größten Herausforderungen befragt wurden. Die Top-4 sind:

  • Datenexplosion
  • Social Media
  • Wachsende Zahl von Kommunikationskanälen und -geräten
  • Änderungen im Verbraucherverhalten

Im Prinzip hängen diese vier Punkte so eng zusammen, dass sie als ein Problem angegangen werden können/müssen. Die Entwicklung des Internets als zentrales Kommunikationsmittel mit sozialen Attributen führt selbstverständlich zu einer Änderung im Verbraucherverhalten. Der Verbraucher ist besser informiert, unabhängiger und trifft auf dieser Grundlage ausgewogenere Entscheidungen.

Die Datenexplosion an erster Stelle ist dabei eher Symptom als Ursache. Wobei sie bei der Gewinnung von Informationen natürlich auch als singuläres Problem auftreten kann. Interessant zu sehen, wie sich ein Großteil noch auf die traditionellen Informationen verlässt.

Einen sehr interessanten Teilaspekt möchte ich noch herausgreifen: Die Rolle des CMO im Unternehmen, und wie entscheidend seine Einflussnahme auf den Marketing-ROI sind. Fertige Produkte vor die Nase gesetzt zu bekommen, die man nun irgendwie ins Volk kloppen soll, ist ein (oft wiederkehrender) Alptraum jeder Marketingabteilung. Also: Das Marketing gehört fest zur Produktentwicklung!

Aber das war nur ein kleiner Ausschnitt und noch lange nicht alles: Die Studie bekommt man nach kurzer Registrierung hier. Ich empfehle, etwas zu Zeit nehmen und sich einmal durchzuschmökern – es lohnt sich!

Pic: chefranden (CC BY 2.0)

Millennials – Eine Generation hat Angst

Aus dem Hause initiative kommt eine neue Studie über das, was derzeit als Generation Y bezeichnet wird. Weltweit wurden 7.500 junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren unter die Lupe genommen und nach ihren persönlichen und gesellschaftlichen Hintergründen befragt.

Auf den ersten Blick sind die Ergebnisse sind die üblichen: Man lebt digitalisiert, ist vernetzt, kommuniziert und interagiert weltweit mit anderen – auch und insbesondere wird der Rat anderer Nutzer und Freunde eingeholt, wenn es um (Konsum-)Entscheidungen jeglicher Art geht.

Ein Punkt aus der Studie sticht jedoch besonders heraus: Die Generation Y hat Angst. Angst um ihre Zukunft: 85% der Befragten sorgen sich um die wirtschaftliche Lage im Allgemeinen und 94% haben Angst um ihre persönliche wirtschaftliche und berufliche Zukunft. Über 50% sind direkt von der Wirtschaftskrise betroffen, haben zum Beispiel ihren Job verloren oder mussten Ausbildungen und Schulen abbrechen, weil diese nicht weiter finanziert werden konnten. In Großbritannien sind 18% der 18-24jährigen als NEETs (not in employment, education or training) eingestuft. Viele sehen das wirtschaftliche Klima, Wohlstand, Bildung und sogar die Sicherheit in Folge der Rezension ernsthaft bedroht. 52% haben konkrete Ängste ihre monatlichen Rechnungen nicht begleichen zu können, 48% sorgen sich sogar um die ihre gesundheitliche Absicherung – das ist für Menschen in diesem Alter bemerkenswert!

Diese Ängste sind berechtigt und zeigen sich als ein Effekt der globalen Vernetzung: Nie waren junge Erwachsene so gut und so breit informiert wie heute. Nachrichten werden weltweit in persönlichen Netzwerken verbreitet, man bildet sich eigene Urteile und nutzt die Kraft dieser Netzwerke wiederum, um selbst aktiv zu werden.

So formiert sich z.B. binnen weniger Tage eine globale Unterstützungsbewegung rund um Wikileaks, hunderttausende unterzeichnen eine Petition und weltweit werden DDoS-Attacken selbst aus Kinderzimmern organisiert, um Webseiten von Unternehmen lahmzulegen, die Wikileaks ihre Unterstützung versagt haben.

Es ist Zeit, anzuerkennen, dass diese Generation nicht in einer digitalen Passivität vor sich hin vegetiert. Sie ist extrem gut informiert, hat konkrete, benennbare und berechtigte Sorgen, und sie koordiniert sich und fordert ihre Rechte ein. Diese Generation will und muss ernst genommen werden – mehr als das bei den vorangegangenen notwendig war.

Pic: robinsoncaruso