Eine gute Stellenanzeige (und was sie besser macht als Deine)

Gerade sehe ich bei Facebook einen Post: “Eine der besten Stellenanzeigen, die ich je gelesen habe.” Ich klicke auf den Link und finde tatsächlich eine großartige Anzeige. Ja, es handelt sich (natürlich) wieder um eine Tech-Stelle und ja, der Laden ist unkonventionell und daher nicht mit einem traditionellen Unternehmen zu vergleichen.

…ABER…

…das ist kein Grund, nicht mal genau jene Feinheiten herauszugreifen, die Inhalt und Struktur einer Stellenanzeige so besonders gut machen:

Bei uns laufen manche Dinge etwas anders – darüber solltest du dir im Klaren sein, und deshalb fällt diese Stellenbeschreibung auch etwas umfangreicher aus. Wie also ist es so, bei Uberspace.de zu arbeiten?

Auch wenn die Dinge nicht “etwas anders” laufen – genau das will ich als Bewerber wissen. Auf ein paar krude Zeilen Text habe ich wenig Lust, seitenweise perfekte PDFs zu schicken. Wenn sich aber der Arbeitgeber mit seiner Anzeige ein wenig Mühe gibt, fühle ich mich gleich respektiert und mit meiner (ebenfalls begrenzten) Zeit geachtet.

Einsatzort

Es gibt kein zentrales Büro.

(…) Auf der Haben-Seite steht insofern, dass du keinerlei Weg zur Arbeit hast. Die Kehrseite der Medaille ist, dass damit auch der sonst übliche Teeküchenschnack ausfällt, und machen wir uns nichts vor: Das kann einem schon durchaus fehlen. (…)

Sehr richtig. Für die einen ist es der absolute Traum, in Boxershorts zu arbeiten – für die anderen wäre das auf Dauer nichts. Ich hatte gerade wieder das Vergnügen, eine Woche zuhause arbeiten zu müssen und merkte mal wieder: Ich brauche die Teeküche und trage gerne Beinkleid. 😉

Arbeitszeiten und Kontrolle

Es gibt weder feste Arbeitszeiten noch ein festes Arbeitspensum.

(…) und eine “Kontrolle” der Arbeitszeit wäre ohnehin weder praktikabel noch auch nur im Ansatz wünschenswert. Wir können ja nicht auf der einen Seite jemandem einen root-Zugang in die Hände drücken und ihn mit potentiell sensiblen Daten hantieren lassen, während wir ihm auf der anderen Seite in Bezug auf seine Arbeitszeiten Misstrauen entgegenbringen. (…)

Sehr gut erkannt. Da drückt man Mitarbeitern Schlüssel, Rechte, Kunden, Daten, Geld und andere Verantwortungen in die Hand und lässt sie auf der anderen Seite Zeiten stempeln und bei einer 1-Tages-Grippe noch zum Arzt rennen, um gelbe Zettel zu holen. Bekannt aus der Kindererziehung:
– Elternteil: “Ich behandle Dich wie eine(n) Erwachsene(n), wenn du dich wie einer verhältst.”
– Kind: “Ich verhalte mich erwachsen, wenn ich so behandelt werde!”
Ich kenne keine Fälle, in denen sich das Kind nicht durchgesetzt hätte.

Work-Life-Balance

Wir verfolgen die strikte Strategie, dass die Arbeit sich deinen Lebensumständen anzupassen hat und nicht umgekehrt.

(…) Wir (…) versuchen, eher auf das große Ganze zu schauen und nicht so sehr auf “Heute warst du aber kaum da, ts ts!”. Jeder weiß, dass es bessere und schlechtere Zeiten gibt. Und sollten wirklich längerfristig die schlechteren Zeiten überwiegen, dann suchen wir das Gespräch. (…)

Auch hier wird mir ein Urvertrauen entgegengebracht, von dem sich mancher eine Scheibe abschneiden kann. Die Grundannahme, dass ich tatsächlich gerne arbeiten möchte und nicht nur eine Möglichkeit suche, einem Unternehmen möglichst viel Geld für möglichst wenig Leistung aus der Tasche zu ziehen, darf ich als Bewerber eigentlich erwarten – gezeigt bekomme ich das selten.

Arbeitsumgebung

Du bestimmst, wie dein Arbeitsplatz funktioniert.

(…) Wir bezahlen auch deine Reisekosten, wenn du beispielsweise zum LinuxTag, zur FrOSCon oder zur OpenRheinRuhr fahren willst. Wir schicken dort niemanden hin, der nicht will, aber wenn du Spaß an solchen Events hast, sind Fahrt, Hotel und Ticket so gut wie gebucht. Auch Fachzeitschriften oder Bücher gehen auf unsere Rechnung. (…)

Ein lohnende Investition für jedes Unternehmen! Und ein wahrer Segen für Mitarbeiter, die sich weiterentwickeln, besser werden und Leistung bringen wollen.

Stellenbeschreibung

[Eine Stellenbeschreibung in ganzen Sätzen und deutscher Sprache]

Ein Stellenbeschreibung gehört in jede Anzeige, auch in diese. Sie beschreibt, was der Bewerber an Jobs zu erwarten hat und wie der Arbeitgeber sie gerne erledigt haben möchte. Sie verzichtet auf Abkürzungen und eine Sprache die sagt: “Das hier zu verstehen, ist der erste Einstellungstest”

Gehalt

Nach der langen Vorrede die harten Fakten: Wir alle haben jeweils mit einem Einstiegsgehalt von rund 1.800 bis 2.400 Euro brutto monatlich begonnen. (…)

Die Information, die sich selten in der Anzeige findet und oft noch nicht mal im ersten Gespräch aufgerufen wird: Geld. Ein absolut lächerliches Versteckspiel in meinen Augen. (Das viele leider mitspielen, weil es alle anderen spielen). Das Gehalt spielt eine wichtige Rolle, schon alleine deshalb, weil ein Jobwechsel eine Lebensumstellung ist, die finanziert und überbrückt werden muss. Diese Frage am Schluss zu klären, hat wenig mit guten Manieren oder Taktik zu tun, sondern ist einfach nur schlechtes Management.

Anforderungen

Es gibt eine Reihe von möglichen Pluspunkten, die du bei einer Bewerbung sammeln kannst. Keiner davon ist in irgendeiner Form Bedingung, aber da jeder eine Wunschliste hat, hier ist unsere (…)

Ehrlich, sympatisch, genau auf den Punkt. Es gibt Kandidaten, die passen auf dem Papier überhaupt nicht, aber umso perfekter auf den leeren Stuhl.

Bewerbung

(…) Bitte mach dir aber nicht mehr als eine Viertelstunde Aufwand damit – das meinen wir ganz ernst. (…) Mit »extraviel Mühe geben« kannst du insofern nicht punkten; es ist kein Problem, sich mit einer schnell zusammengeschriebenen, aber eben überzeugenden Mail hochgradig interessant für uns zu machen. (…)

Spart allen Beteiligten Zeit. “Haben sie auch das gute Zeugnis in Anhang F, Seite 2 gesehen?” – Nein hat der Recruiter nicht, weil ihm schon dein Anschreiben nicht gefallen hat. Warum also der ganze Krampf?

Weitersagen

Der Job ist nichts für dich, aber du kennst da jemanden..? Dann verweise ihn oder sie doch gerne auf diese Seite.

Tun wir gerne nochmal: Auch wenn die Bewerbungsfrist schon abgelaufen ist.

Also: Für viele Unternehmen ist das reine Utopie. Doch vielleicht lässt sich der ein oder andere Punkt bei der Struktur einer Stellenanzeige mittelfristig ein klein wenig umgestalten. Eines kann ich nämlich versprechen: Dieser kleine Laden schnappt gerade einem großen Konzern einen guten Linux-/Sysadmin weg.

[HTTP410] Stellenbeschreibung abschaffen! Die Zukunft der Stellenanzeige.

Stellenbeschreibungen sind nutzlos und sollten abgeschafft werden! Dafür gibt es mehrere gute Gründe:

  1. Sie sind viel zu lang. Das ist eine Tatsache. Vor allem, wenn man an die mobilen Nutzer denkt.
  2. Sie spiegeln selten die Realität wieder. Weder im Bezug auf die Stelle noch im Bezug auf die Darstellung des Unternehmens.
  3. Keiner liest sie wirklich durch. Sonst müssten Personaler nicht Berge unpassender Bewerbungen durchwühlen.

Diese, wie ich finde, treffende Überlegung vertreten die US Recruiting-Experten Jim Stroud und David Martin. Ihrer Meinung nach liegt die Lösung der erwähnten Probleme nicht in der Optimierung der üblichen Stellenanzeige, sondern in ihrer Neuerfindung. Dabei sollten in erster Linie die Vorlieben der mobilen Nutzer und die Möglichkeiten der mobilen Geräte berücksichtigt werden.

Das Konsumieren von Informationen auf mobilen Geräten ist schnell, einfach, intuitiv und im Optimalfall nicht langweilig. Und ob es einigen gefällt oder nicht – alles, was nicht so funktioniert, wird von der Mehrheit der Online-Nutzer, ob mobil oder nicht mobil, zunehmend abgelehnt.

Im Bezug auf die Gestaltung von Stellenanzeigen könnte z.B. die Kombination von absoluten Schlüsselinformationen mit Video- bzw. Bild Material in mobil-optimierter Form die naheliegendste und schon heute problemlos umsetzbare Alternative sein.

Denkt man weiter in die Zukunft, sind noch mehr Verbesserungen für die Jobsuchenden drin.  Zum Beispiel bessere und schnellere Einschätzung und Vergleichbarkeit der Jobangebote durch standardisierte Verschlagwortung. Oder eine sehr weit gehende inhaltliche Vereinfachung oder Schaffung von Jobs auf der Grundlage von Bewerber-Wünschen.

  1. Unternehmen: “Wir möchten hier zum Mars fliegen. Wer kann uns helfen?”
  2. Bewerber: “Mein Traumjob – weit Reisen, dorthin, wo es keine Touristen gibt! Hier ist mein LinkedIn-, XING- oder Facebook-Profil.”
  3. Recruiter: “Wenn das kein Kandidat für den ersten bemannten Testflug ist?!”

Verschlagwortung: Rakete, Weltall, Reisebereitschaft 🙂

Wir selbst sind noch nicht ganz so weit, machen uns aber seit 2012 ernsthafte Gedanken über die Verbesserung der Stellenanzeige und werden die Erkenntnisse mit Sicherheit bereits in diesem Jahr in unsere Arbeit einfließen lassen. Mit der vereinfachten Stellenanzeige auf unserer eigenen Firmenseite haben wir zumindest jetzt schon gute Erfahrungen gemacht – ca. 70% passende Bewerbungen und eine Bewerberin wurde eingestellt.

Was haltet ihr von diesem Thema? Ist die klassischen Stellenanzeige schon bald Geschichte?