Von Hard Skills und Soft Skills: Zukunftsaussichten

Es wird schon länger gemunkelt, aber jetzt ist es amtlich: Die Bedeutung von Soft Skills im Berufsleben wird in Zukunft weiter steigen – das zumindest ist die Quintessenz einer neuen repräsentativen Studie von LinkedIn zum Thema Hard Skills und Soft Skills.

LinkedIn hat 305 Personalentscheider und Vorstände in Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern in Deutschland befragt, welche Hard Skills und welche Soft Skills sie heute und in der nahen Zukunft (nämlich in zehn Jahren) für relevant halten – und welche Skills womöglich die wichtigeren sein werden.

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Hard Skills

Zur Erinnerung: Wer von Hard Skills spricht, meint allgemein die beruflichen Fähigkeiten, die erlernt und nachweisbar sind. Zum Beispiel durch hübsche Zertifikate aller Art, Urkunden, Universitätsabschlüsse oder einen Meisterbrief. Sozusagen harte Fakten auf Papier, wenn man so möchte.

Weder Hard noch Soft Skills bleiben von der Digitalisierung unberührt. Und auch wenn sich gerade im digitalen Bereich die nützlichen Fähigkeiten schnell wandeln können, gibt es gewisse Fixpunkte, die auch in zehn Jahren noch wichtig sein werden. Für die Befragten zählen aktuell Datenanalyse/Dateninterpretationsfähigkeit und das Wissensmanagement zu den wichtigsten Hard Skills. Knapp 88% der Teilnehmer gaben an die Datenanalyse und -interpretationsfähigkeit als „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“ zu bewerten. Wissensmanagement finden zur Zeit immerhin 82% der Teilnehmer “sehr wichtig” oder “eher wichtig”. Daran ändert sich auch in naher Zukunft wenig, abgesehen davon, dass das Wissensmanagement die Datenanalyse und -interpretationsfähigkeit an Bedeutung sogar noch übertrifft.

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Quelle: LinkedIn-Studie – Soft Skills dominieren die Berufswelt der Zukunft

Auch anderen Hard Skills werden für die Zukunft mehr Bedeutung zu gewiesen. So steigt für die Teilnehmer die Bedeutung der Unternehmensführung von 50% auf 73%. Ebenfalls positiv entwickelt sich die allgemeine Digitalkompetenz: finden diese zur Zeit nur 53% (!) “sehr wichtig” oder “eher wichtig”, sind es in Zukunft immerhin fast 70%. Auch Kenntnisse im Bereich Programmierung werden beliebter, sie steigen von 32% auf 48%.

So viel zu den Fähigkeiten, die als mess- und nachweisbar gelten.

Soft Skills

Soft Skills, das hat man ja häufiger schon mal irgendwo gehört, sind für die Karriere super wichtig. Mit Soft Skills sind alle Fähigkeiten eines Menschen gemeint, die im Bereich der Sozialkompetenz verortet werden, zum Beispiel Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Empathie und eigentlich auch alles andere, was einen angenehmen Mitmenschen und Mitarbeiter so ausmacht.

Das große Problem an der Sache mit den Soft Skills ist natürlich, dass sie den Menschen oft nicht gleich an der Nasenspitze anzusehen sind – und selbst im ausführlichsten Bewerbungsgespräch gelingt es selten, jemanden wirklich zu durchschauen. Überprüfen lassen sich Soft Skills aber unter anderem in Assessment-Center-Übungen, doch letztendlich ist es eine Frage von längerer und möglichst objektiver Beobachtung, ob bestimmte Fähigkeit aus dem Soft Skill Bereich in der Persönlichkeit eines Menschen verankert sind.

Die Studie von LinkedIn ergab nun folgendes:

  1. Die Soft Skills gewinnen im Vergleich zu den Hard Skills stärker an Bedeutung.
  2. Die Soft Skills, die heute nachgefragt sind und die, die in zehn Jahren von den Befragten als “sehr wichtig” oder “eher wichtig” bewertet werden, verändern sich recht deutlich.
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Quelle: LinkedIn-Studie: Soft Skills dominieren die Berufswelt der Zukunft

Ein Blick auf die Grafik zeigt, dass sich die Prioritäten der Befragten enorm verändern werden. Während die Liste aktuell von Kritikfähigkeit (76%), Entscheidungsfähigkeit (74%) und Verhandlungsführung (73%) angeführt sind, verlieren vor allem Kritik- und Entscheidungsfähigkeit ihre Spitzenpositionen. Auf der Überholspur befinden sich laut dieser Studie die funktionsübergreifenden Kompetenzen – von aktuell 67% auf 82% in zehn Jahren. Hat mein Mathe-Lehrer auch immer gesagt: Transfer-Aufgaben sind die wichtigsten.

Die Mitarbeiterführung verzeichnet einen Zuwachs von 70% auf knapp 76% und auch die interkulturelle Kompetenz wird wichtiger, von aktuell 67% auf 75%. Ein großer Verlierer ist die Kreativität, die mit einem Minus von 8% vom Durchschnitt zum Schlusslicht wird.

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Bei welchen Fähigkeiten wächst die Nachfrage in den kommenden 10 Jahren prozentual am stärksten? Quelle: LinkedIn-Studie: Soft Skills dominieren die Berufswelt der Zukunft

Insgesamt zeigt sich aber, dass es vor allem kommunikative Fähigkeiten sind, die an Bedeutung zulegen. Gesprächs- und Verhandlungsführung, Mitarbeiterführung, interkulturelle Kompetenz und Präsentieren & öffentliches Sprechen sind allesamt Fähigkeiten, die ohne eine gewisse Stärke im Kommunizieren nur schwer vorstellbar sind. Angesichts der Globalisierung zählen laut der Studie vermehrt auch “interkulturelles Feingefühl” und Kommunikation “über Sprachgrenzen hinweg”.

Der Balanceakt

Die Erkenntnisse aus der Studie sind eigentlich keine bahnbrechenden Neuigkeiten. Darüber, wie wichtig soziale Kompetenz und Kommunikationen sind, vor allem in den Führungsetagen, haben wir schon viele Male gesprochen. Trotzdem bleibt immer ein fader Beigeschmack, wenn über solche Themen gesprochen wird. Alle wissen, dass sie wichtig sind, alle wissen, dass ohne richtige Kommunikation das Berufsleben (und das Privatleben sowieso) nur wenig Freude macht.

Und trotzdem, allein die sprachliche Komponente “weich/soft”, das ist in meinen Ohren negativ konnotiert. Wie Softie eben, Waschlappen, Warmduscher. Aber wisst Ihr was? Lieber im Büro neben jemanden sitzen, der morgens warm geduscht hat, statt neben dem Kollegen, der zwar schon um 6:00 Uhr da war um sein Projekt als erster fertig zu machen und noch dazu den Kaffee leer, aber sich dafür selten die Zähne putzt und nie Bescheid sagt, dass der blöde Kaffee leer ist.

Ihr versteht was ich sagen will. Es ist irgendwie eine banale Erkenntnis, aber das eine ohne das andere ist eben nur eine Hälfte.

Die LinkedIn-Studie: Soft Skills dominieren die Berufswelt der Zukunft erscheint am 13.09.2017. Die vorliegenden Informationen stammen aus einer Pressemitteilung.

[HTTP410] Generation Y führen? Chefs in der Bredouille

“Flache Hierarchien”, “Mitspracherecht” und ein “offener, dialogorientierter Führungsstil” – das will der Arbeitnehmer von heute. So zumindest der Eindruck, den unzählige GenY-Studien vermitteln. Dass die Anforderungen an die Führungskraft aber noch sehr viel komplexer sind, zeigt eine aktuelle Studie von Hays:

Gute die Hälfte aller Befragten wünscht sich den Chef als Coach und Mentor, also als arrivierte Fachkraft, die der eigenen Arbeit mit Rat und Tat zur Seite stehen und gleichzeitig mit Fingerspitzengefühl und wohl dosierter Strenge Top-Leistungen abrufen kann. Gleichzeitig soll er auch Leader sein, ohne aber diktatorisch “von oben” die Arbeit zu delegieren. In die Rolle des fachlichen Beraters soll der Chef dann für ein Drittel der Befragten auch noch schlüpfen, ebenso soll er Seelentröster sein und sich auch vertrauensvoll den privaten Problemen widmen. Für 16% soll er gar zum echten Freund werden, für 10% dann wieder reiner Arbeitsverteiler.

Anforderungen an die Rolle der Führungskraft

Die Anforderungen an die Persönlichkeit sind fast noch komplexer als die an die Rolle des GenY-Vorgesetzten:

Anforderungen an die Persönlichkeit der Führungskraft

Nun mal ehrlich: Wie viele Leute soll es geben, die diese kombinierten Anforderungen halbwegs erfüllen? Klar, es gibt die geborenen Teamleader, die jede Mannschaft zu Bestleistungen führen können, aber das sind dann eben oft reine Führungskräfte – ohne den fachlichen Background. In den meisten Unternehmen sind Vorgesetzte “nur” weisungsbefugte Arbeiter mit ihren ganz eigenen Aufgaben und Problemen. Die werden ja nicht Chef, weil die auf Mitarbeiterführung stehen, sondern weil sie ein Team brauchen, das ihnen zuarbeitet – ein Team, das funktioniert.

Ich glaube hier werden ein wenig die möglichen Schattenseiten unserer neuen, selbstbestimmten und -verwirklichten Arbeitswelt sichtbar: Teamfähigkeit heißt “Ich kann alles mit jedem – auf gleicher Ebene”, aber nicht mehr: “Ich kann mich auch mit Autoritäten arrangieren, deren Sozialkompetenz nicht die beste ist”. Und das ist häufig der Fall, gerade bei KMUs. Chefs sind dort über die Arbeit in ihre Rolle gerutscht, selten über deren Softskills. Toll, wenn sich eine Firma reine Kommunikatoren für diese Positionen leisten kann, es ist leider oft nicht die Realität. Liebe GenY: Ihr werdet noch viele knurrige Knochenbeißer oder nerdige Fachidioten als Vorgesetzte haben: Eure Sozialkompetenz muss hier ausgleichen und abfedern, das ist auch eine Eurer Stärken!