Recruiting zwischen Tradition und Innovation: Fachkräftemangel in der Holz- und Kunststoffverarbeitung

Behauptung: (Fast) jeder weiß, was Zimmerleute machen. (Fast) jeder weiß, was Automechaniker:innen machen. Frage: Was machen Verfahrensmechaniker:innen? Zumindest reparieren sie wohl keine „Verfahren“…

Bei der Berufsbezeichnung Verfahrensmechaniker:in für Kautschuk- und Kunststofftechnik bekommt man zumindest eine Ahnung von den Werkstoffen, so richtig klar wird das Berufsbild aber immer noch nicht. Holzverarbeitung ist ein sehr altes Handwerk, Kunststoffverarbeitung steckt im Vergleich dazu noch in den Kinderschuhen. Eines eint beide Branchen jedoch – wie so viele andere im Handwerk: Der Fachkräftemangel.

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Sinkende Arbeitslosen-Stellen-RelationUnternehmen befinden sich im Aufschwung 

Im letzten Jahr lag die Arbeitslosen-Stellen-Relation in der Holz- und Kunststoffverarbeitung bei 2,87. Rund 48.000 Arbeitslose kamen auf 16.737 offene Stellen. Eine Zahl, die erst knapp im Mangelbereich liegt. Dieses Jahr verschärfte sich die Situation, es sind 23.200 Stellen ausgeschrieben, bei einer sinkenden Zahl von Beschäftigungssuchenden (39.250). Damit sinkt auch die Arbeitslosen-Stellen-Relation auf 1,69.

In unserer aktuellen Arbeitsmarkt- und Online Recruiting Studie haben wir uns die Branchen der Holz- und Kunststoffverarbeitung genauer angeschaut und versuchen nun zu erklären, warum die Branchen – beide auf unterschiedliche Weise – große Probleme im Recruiting haben.

Beide Branchen befinden sich im Wandel. Holz ist ein nachhaltiger und nachwachsender Rohstoff. Es verändern sich Techniken und Formen der Bearbeitung, damit verändern sich auch Aufgaben und Verantwortungen.

Dennoch: Die Orientierung zu Nachhaltigkeit, bewusstem Ressourceneinsatz und Ökologie machen den Beruf für die jüngeren Generationen attraktiv. Seit jeher zählt das Gewerk des Zimmerers/der Zimmerin zu einem der gefragtesten bei den traditionellen Handwerksberufen. Dinge mit den eigenen Händen aufbauen, konstruieren – auch Abiturient:innen entscheiden sich immer häufiger für diesen Ausbildungsweg.

An Nachwuchs mangelt es zumindest im Gewerk der Zimmerleute also nicht, seit 2010 steigt die Zahl der jährlich abgeschlossenen Ausbildungsverträge sogar. 2020 waren es lt. Statista bereits knapp über 9.000. Dennoch ist das Berufsbild des Zimmerers/der Zimmerin nicht mehr nur ein Engpass-, sondern ein klares Mangelprofil, wie in der Grafik deutlich wird.

0,72 Arbeitslose kommen auf eine Stelle

Diese Entwicklung ist einerseits saisonal bedingt: Die Arbeitsmarktlage zeigt von Januar bis März jährlich jeweils deutlich mehr Arbeitslose als im restlichen Jahr. Andererseits erholen sich alle Segmente der Holzindustrie nach den negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie deutlich. Der Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) berichtet, dass Unternehmen in der Sägeindustrie und der Holzwerkstoffindustrie im baunahen Bereich der Holzindustrie, im Holzfertigbau und in der Holzverpackungsindustrie ihre aktuelle Geschäftslage positiv einschätzen. Auch die aktuelle Beurteilung der Geschäftslage in der Möbelindustrie falle vor dem Hintergrund der wieder anziehenden Möbelnachfrage im Inland und des guten Exportgeschäfts positiv aus.

Neue Branche – ähnliche Probleme

Auch im Bereich Kunststoff besteht ein ständiger Wandel. Themen wie Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Recycling sind in aller Munde. Der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV) mahnt: Aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage und dem sich abzeichnenden demografischen Wandel sei die Kunststoffindustrie dringend auf ausreichenden Fachkräftenachwuchs angewiesen.

Allerdings konnten im vergangenen Jahr nur 2.358 neue Ausbildungsverträge zum Verfahrensmechaniker/zur Verfahrensmechanikerin für Kunststoff- und Kautschuktechnik abgeschlossen werden – einem der wichtigsten Fachberufe. Der fehlende Nachwuchs überträgt sich somit auch auf den Rest der Branche: Mit einer Arbeitslose-Stellen-Relation von 1,68 ist dieses Berufsbild ebenfalls von einem Fachkräfteengpass geprägt, Tendenz steigend.

Ein stärkerer Fokus auf gezieltes Ausbildungsmarketing kann hier ein großer Schritt in die richtige Richtung sein, denn mutmaßlich kennen viele Schulabgänger:innen neuere Berufsbilder noch gar nicht, können somit also auch nicht nach diesen suchen, geschweige denn, sich auf die offenen Stellen bewerben.

Schlusslicht im Online Recruiting

21 Prozent der Unternehmen lassen Bewerbungen ausschließlich per Mail zu

Neben dem Mangel an Fachkräften bzw. an Nachwuchs in beiden Branchen zeigen sich in der Untersuchung der Online-Auftritte von 139 Unternehmen im Bereich Holz- und Kunststoffverarbeitung jedoch weitere eklatante Mängel.

Diese können durchaus zu Problemen beim Recruiting führen: Gleich zu Beginn der Online Candidate Journey zeigt sich, dass nur 69 Prozent der Unternehmen einen Link zu ihren Karriereseiten im Headermenü führen. Dabei ist die Startseite häufig erster Anlaufpunkt von potenziellen Kandidat:innen. Im weiteren Verlauf der Journey zeigt sich die Mobiloptimierung auf einem soliden Stand, allerdings stürzt diese – wie in allen untersuchten Branchen – bei der Mobiloptimierung der Bewerbungsformulare stark ab.

Diese Entwicklung gipfelt in einem absoluten Negativrekord aller bisher untersuchten Branchen: Ganze 21 Prozent der Unternehmen bieten eine Bewerbung AUSSCHLIESSLICH per E-Mail an. Heutzutage und gerade auf der Suche nach Auszubildenden ein absolutes No-Go. Denn 53,5 Prozent der Generation Z präferieren laut einer 2020 von Monster in Zusammenarbeit mit den Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg durchgeführten Studie eine Bewerbung per Smartphone, recherchieren auch von unterwegs mit dem mobilen Endgerät (60,5 Prozent) oder nutzen Chatbots für kurzfristige Antworten (23,4 Prozent).

Und am Ende bleibt es dann doch unerheblich, ob es sich um einen sehr bekannten Traditionsberuf oder um einen neuen, vielleicht nicht selbsterklärenden Berufszweig handelt. Auf einem leergefegten Arbeitsmarkt hat das Unternehmen die Nase vorn, welches seine potenziellen Kandidat:innen auf den richtigen Kanälen findet, anspricht und ihnen eine möglichst reibungslose Candidate Journey bietet.

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Teenager wissen mit QR-Codes nichts anzufangen

QR-Codes werden gerne als Mittel des Mobile Marketings und Recruitings eingesetzt. Einmal wahrgenommen, mit dem Handy kurz eingescannt, rufen diese eine Webseite auf, speichern eine Information oder laden z.B. eine App herunter. Sie sind ideal, wenn es darum geht, ein Offline-Erlebnis direkt mit den passenden Online-Informationen zu ergänzen oder das Engagement der Teilnehmer in Netz zu “verlängern” – soweit die Theorie.

In der Praxis hapert es anscheinend bereits am ersten Punkt dieser Kette: der Wahrnehmung. Wie eine britische Studie zeigt, ist einem großen Teil der Teenager zwischen 11-18 (in Sachen Mobile, eine wichtige Gruppe von Early-Adoptern 😉 ) nicht wirklich nicht klar, was sie mit dieser Pixelbox anfangen sollen:

  • Gerade mal 43% erkannten den QR-Code als etwas, das mit einem Telefon gescannt und ausgelesen werden könnte, während 19% einem vorgelegten QR-Code überhaupt keinen Sinn zuordnen konnten.
  • Von diesen bezeichneten 33% den QR-Code als solchen. 22% dachten, es handle sich dabei um ein RFID-Tag, für 12% war es eine Infografik.
  • 8% der Mädchen nahmen an, es könnte sich um ein Magic Eye Picture handeln.
  • Entsprechend dieser Zahlen hatten nur 19% der Teenager einen QR-Code Reader in Gebrauch, von denen erklärten immerhin 77%  diesen als ein nützliches Tool.

Zurecht. Der QR-Code wird sich mittelfristig etablieren – es gibt für dieses Prinzip der optischen Mustererkennung keine wirkliche Alternative. Vermutlich muss die Verbreitung und vor allen Dingen die Nutzung von Smartphones noch etwas weiter in der Gesellschaft ankommen. Gerade das Prinzip, dass die Informationen der Offline- und Onlinewelt digital miteinander verbunden werden, ist für viele noch Neuland. In ein paar Jahren wird es normaler sein, z.B. in Geschäften mit dem Smartphone EAN-Codes einzuscannen und einen Online-Preisvergleich durchzuführen, mit Shazam Musiktitel zu erkennen oder mit Google Goggles Sudokus zu lösen.