Native Ads: Vom Werber geliebt, vom Nutzer gehasst

Online-Ads spielen in sozialen Netzwerken eine wachsende Rolle. Mal als klassisches Banner, immer häufiger jedoch adaptieren moderne Werbeformen die typischen Web 2.0-Elemente “Content” und “Social” und passen sich so perfekt an ihre Umgebung an: Native Ads. Sponsored Posts und Stories nutzen die Interaktionen des eigenen Facebook-Netzwerks mit der Marke und präsentieren diese dem Nutzer als Werbebotschaft, Twitter schiebt Promoted Posts in die eigene Timeline und auch auf YouTube verschwimmen die Grenzen zwischen User-Generated-Content (UGC) und Promo-Spots zusehends.

Das nervt viele Nutzer. Eine Untersuchung von MediaBrix zeigt, wie sehr sich Konsumenten von den unterschiedlichen Formen der Native Ads gestört und getäuscht fühlen:

  • 45% lehnen Twitters Promoted Posts ab.
  • 57% halten Sponsored Stories bei Facebook irreführend.
  • 61% empfinden Infomercials als täuschend.
  • Das gleiche halten 66% von Advertorials.
  • Mit 86% werden Video-Ads, die vorgeben (Netzwerk-)Content zu sein als die trügerischste Werbeform empfunden.

Pech gehabt – Kontakt ist Kontakt? Das Ganze bleibt leider nicht ohne Folgen: 85% geben an, diese Form des Video-Advertisings hätte keine oder negativen Einfluss auf die Wahrnehmung der betreffenden Marke zur Folge gehabt. 72% bei Facebooks Sponsored Stories, 62% bei den Promoted Posts.

Ich persönlich sehe das etwas entspannter, auch wenn ich die berufliche Brille absetze (oder es zumindest versuche). Ich arrangiere mich gut mit all der Werbung die mich umgibt, erkenne vermutlich auch sehr viel mehr als bezahlte Botschaft, als es der Durschnittsnutzer könnte. Dessen Verhältnis zu Werbung ist oft von Misstrauen geprägt, dementsprechend reagiert er dann auch etwas “überreizt”, sobald er etwas als solche erkennt. Aber es hilft nichts, er macht nun mal den Großteil aller Zielgruppen aus. Als Werber oder Unternehmen müssen wir den richtigen Weg finden, ihn anzusprechen. Also entweder wir verzichten auf native Werbung – oder sorgen dafür, dass der Nutzer sie nicht erkennt. Alles andere ist ähnlich plump wie Scripted Reality-Shows. Und wie ich mich bei diesen fühle, kann ich recht genau formulieren: Verarscht!

Pic: goldberg (CC BY-SA 2.0)

How-To: Geld verbrennen mit Promoted Posts

Am Montag veröffentlichten wir unsere Facebook Recruiting-Studie. Natürlich schrieben wir einen Artikel. Natürlich posteten wir diesen Artikel auf unserer Facebook-Fanpage: Natürlich wollten wir diese Gelegenheit nutzen, einmal die neuen Promoted Posts zu testen.

Wir stellten diesen Artikel also auf unsere Facebook-Page, klickten dort auf Hervorheben/Promote, wählten den Maximalbetrag von 240€, als Reichweite die Fans unserer Page und deren Freunde und waren gespannt auf das Ergebnis:

Heute, drei Tage später, hat der Promoted Facebook-Post über über 1100 Likes, der Blogartikel über 1300 Likes, womit wir sämtliche internen Facebook-Rekorde gebrochen haben. Das Dumme ist nur: ein Großteil dieser Interaktionen kommt aus der Türkei – und zwar keineswegs von türkischen Personalmarketern sondern vielmehr von Jugendlichen, weiblichen Fakeprofilen und verwunderten Durchschnittsusern (“WTF is this!?”). Was war passiert?

Nun, wir waren wohl etwas zu blauäugig. Da es über das Hervorheben-Dialogfeld keine weiteren Einstellungsmöglichkeiten gab, gingen wir einfach mal davon aus, dass Facebook hier schon alles “richtig” machen würde. Soll heißen, anderssprachige Länder nicht mit dem Post einer deutschen Fanpage beliefern. Dem ist nicht so. Facebook hat im Prinzip genau das getan, was wir gewünscht haben: den Post den Freunden unserer Fans angezeigt, ohne Rücksicht auf Verluste. Und da wir dabei anscheinend auf irgendeinen bot-ähnlichen Multiplikator mit Türkei-Verbindung getroffen sind, ging unser Post dort durch die Decke. Aber auch aus den USA, Brasilien und Rumänien haben wir vierstellige Zugriffszahlen.

Heute Morgen habe ich mit unserer Account-Managerin bei Facebook telefoniert und ihr bei dieser Gelegenheit den Fall geschildert. Auch sie hat bestätigt: Die Zielgruppe “Freunde von Verbindungen der Page” ist wörtlich zu nehmen, mit allen Konsequenzen die das haben kann. Ihr Tipp: Promoten nur innerhalb der eigenen Fanbase oder – wenn man darüber hinaus will – die einzelnen Posts über den Werbeanzeigenmanager promoten: Hier lassen sich nämlich konkrete Zielgruppen definieren.

Unsere Likes wachsen übrigens weiter. Der Spuk hat ein Ende. 🙂

Pic: Seney Photos (CC BY-SA 2.0)