Zweifelhafte Kandidaten-Selektion: The Loyalty Test Envelope

Um die lange Bewerberliste für eine Stelle als Finanzmanager bei der serbischen Delta Genarali Versicherung zu kürzen, ging deren Agentur einen besonderen Weg: Sie verschickte die Einladung zum Vorstellungsgespräch in den berüchtigten blauen Briefen der serbischen Regierung. Diese Briefe müssen persönlich entgegengenommen und der Empfang schriftlich bestätigt werden. Da in diesen Briefen selten gute Nachrichten stecken und sie in den Zeiten des Jugoslawienkrieges als die gefürchteten Einberufungsbescheide bekannt wurden, sind diese Umschläge allgemein unbeliebt. Sich bei den Zustellungsversuchen dieser Briefe zu verleugnen, ist in Serbien verbreiteter Volkssport – ähnlich der deutschen Kooperationsbereitschaft mit der GEZ.

Da die Delta Generali aber nur die “ehrlichsten, loyalsten und gesetzestreusten” Bewerber berücksichtigen wollte, konnte sie die Kandidatenliste auf sieben Personen reduzieren – nur so viele hatten den blauen Brief tatsächlich angenommen und geöffnet:

“Ihre Entscheidung diesen Umschlag in Empfang zu nehmen und zu öffnen zeigt uns, dass Sie die nötige Integrität und Ehrlichkeit besitzen, ebenso wie die ethischen und moralischen Prinzipien, nach denen wir suchen, wenn wir zukünftige Kandidaten auswählen.”

(McCann)

Ok, auf den ersten Blick eine pfiffige Idee. Auf den zweiten Blick aber vor allem in zwei Punkten fragwürdig:

  1. Wenn ich nach Kandidaten mit Ehrlichkeit und hohen moralischen Prinzipien suche, ist dieser Weg wohl kaum der richtige. Schließlich beweist der neue Arbeitgeber bereits in der ersten Kontaktaufnahme die Bereitschaft seine (zukünftigen) Mitarbeiter zu täuschen. Diesen Vertrauensverlust muss er erst mal wieder ausbügeln.
  2. Auch wenn wir alle Emotionen außen vor lassen: Da werden einige gute Kandidaten durchs Raster gefallen sein. Was hat denn die (Ehr)furcht vor einem staatlichen Verwaltungsapparat mit Loyalität zu tun? Oder mit moralischen und ethischen Prinzipien die einem Unternehmen zu Gute kommen? Nun kann natürlich jedes Unternehmen selbst entscheiden, welchen Typus es gerne einstellen möchte, mich würden als Personaler jedenfalls eher die interessieren, die sich der Zustellung kreativ entzogen haben. 😉

Da gefällt mit der “Loyalitäts-Test” von Zappos schon besser: Die bieten jedem neuen Mitarbeiter 1000 Dollar, wenn er gleich wieder kündigt.

Pic: Charles McCain (CC BY 2.0)

Drei Prinzipien des Employer Brandings

Chris Ferdinandi, Autor des Blogs Renegade HR, sprach letzte Woche an der University of Rhode Island über Employer Branding im digitalen Zeitalter. Dabei stellte er drei Prinzipien heraus, die er in einer kurzen Broschüre veröffentlicht hat.

Wir haben die drei Punkte frei übersetzt und zusammengefasst. Die vollständigen Ausführungen finden Sie hier als .pdf unter Creative-Commons-Lizenz.

1. Sie brauchen kein Geld! (nur Zeit)

Provokant formuliert, schließlich ist Zeit eine der wertvollsten Ressourcen im Unternehmen. Aber im Vergleich zu Print, TV und den Unmengen an Promo-Schrott, der früher unter das Volk geworfen wurde, ist es doch sehr viel günstiger mit den Wunschkandidaten direkt über soziale Medien zu kommunizieren. Das kostet Zeit, kommt dafür aber auch an – wenn es richtig gemacht wird.

2. Nicht nur für “coole” Unternehmen!

In Ihren Büros stehen keine Kickertische und keine kreativen Sitzkissen in den Ecken? Der Kaffee heißt immer noch “Kaffee” und trägt keine italienischen Städtenamen? Und überhaupt ist Ihre Branche nicht unter den Trendberufen? Auch dann kann Ihr Unternehmen für viele der Traumarbeitgeber sein. Präsentieren sie sich ehrlich, benennen Sie ihre Stärken, stehen Sie zu Ihren Schwächen und differenzieren Sie sich so von Ihren Mitbewerben.

3. Ihre Mitarbeiter kontrollieren Ihr Image, nicht Sie!

Wenn sie Sorgen haben, ihre Mitarbeiter könnten schlecht über Ihr Unternehmen sprechen, dann versuchen Sie nicht, ihnen die Kommunikationsmittel zu verbieten. Sie werden es dennoch tun! Sie nutzen Facebook von zu hause aus, sie nutzen Ihre Smartphones, und sie sprechen nach Feierabend persönlich mit vielen Menschen, die nicht in Ihrem Unternehmen arbeiten. Sorgen Sie dafür, dass ihre Mitarbeiter sich bei Ihnen wohl fühlen und liefern sie positiven Gesprächsstoff. Dann brauchen Sie die Stimme Ihrer Belegschaft nicht weiter zu fürchten – ganz im Gegenteil.