[HTTP410] Mitarbeiterbindung, New Tech Industrie und die Mär vom Obstkorb

Die Wollmilchsäue haben für Euch einen neuen Studien-Fisch an Land gezogen! Heute nehmen wir uns eine Untersuchung von Australiern für Amerikaner zur Brust. Aber keine Sorge, natürlich lässt sich das ein oder andere Ergebnis auch auf deutsche Unternehmen ummünzen.

Dabei geht es in der Studie “People Analytics from New Tech companies – New Tech Benchmark Report”, wie der Name schon sagt, nicht um irgendwelche x-beliebigen Firmen, sondern um die US-amerikanische Crème de la Crème: “New Tech(nology) Companies” nämlich. Und das sind solche, die sich mit Vorliebe im Silicon Valley ansiedeln, zu 100% digital schalten und walten und darauf ausgerichtet sind, neue Technologien zu schaffen, die die Welt in ihren Grundfesten erschüttern. Ihr merkt schon, hier ist nicht vom durchschnittlichen Berliner Start-Up die Rede, sondern von den zukünftig ganz Großen (no Offence, Berliner Start-Ups)!

Von diesen hat sich Culture Amp, ein australischer Betrieb mit dem Schwerpunkt auf Erstellung von Studien für Unternehmen, also 100 Firmen rausgefischt und 60.000 Arbeitnehmer befragt. Dabei handelt es sich um vorwiegend junge und stark wachsende Firmen, die durchschnittlich (immerhin) 500 Mitarbeiter haben, aber zu 90% weniger als 5 Jahre am Markt sind. Was sie jedoch im Kern ausmacht, so Culture Amp, ist ihr Geschäftsansatz.

“New Tech companies are disruptive at their hearts; internet-based or focused on creating bold new technologies.”

Die Studie zeigt, dass Angestellte der New Tech Industrie eine deutliche positivere Meinung von ihrem Unternehmen haben, als Mitarbeiter aus anderen Bereichen. Daraus ergeben sich weitere Unterschiede, etwa, dass New Tech Mitarbeiter eher geneigt sind, ihr Unternehmen als Arbeitgeber weiterzuempfehlen und auch eher bereit sind, uneingeschränkte Höchstleistungen zu erbringen.

Dreh- und Angelpunkt des Ganzen ist also die Mitarbeiterbindung. Aber Vorsicht: im Vergleich zum Vorjahr gibt es nämlich einen signifikanten Unterschied bei der Antwort auf die Frage, ob Arbeitnehmer sich auch in zwei Jahren noch beim selben Unternehmen sehen. Der Anteil derer, die diese Frage mit “Ja” beantworten, ist nämlich gesunken – Arbeitnehmermobilität wir hören dir trapsen!

Zu diesem Schluss kommen auch die Macher der Studie, die den Arbeitnehmern der New Tech Industrie einen wachsenden Glauben an sich selbst und ihre Fähigkeit, sich einen neuen tollen Job zu angeln, zusprechen. Im Klartext heißt das, der Kampf um die besten Mitarbeiter nimmt zu – und das ist mittlerweile auch bei eben diesen angekommen. Denn obwohl die meisten der New Tech Mitarbeiter weder aktiv noch passiv nach einem neuen Job Ausschau halten, fühlen sich immer weniger der Arbeitnehmer zur Treue für ihr aktuelles Unternehmen verpflichtet.

“New Tech employees may not be looking for another job right now, but they are not necessarily committed to staying with their company in the medium to long term.”

Was können die Unternehmen also tun, um diesem Trend entgegen zu wirken? Die Antwort findet sich in Gründen, die nicht nur die Macher des New Tech Business interessieren dürften. Denn laut Culture Amp sind es die folgenden Punkte, die vor allem eins machen: einen wirklichen Unterschied.

Gründe für Mitarbeiterbindung

Quelle: Culture Amp: new-tech-benchmark-2015

Platz 1 belegen die möglichen Entwicklungschancen im Unternehmen, gefolgt von dem Glauben an die Qualitäten der Führungspersonen. An dritter Stelle steht die effektive Verwendung der Ressourcen zur Verwirklichung der Unternehmensziele. Dazu passt auch, dass sich viele Mitarbeiter der New Tech Industrie wünschen, für eine Firma zu arbeiten, die versucht, etwas Positives in der Welt zu bewirken (soll heißen: “Engagement is linked with meaningful work”).

Platz 4 geht an den Klassiker der offenen und ehrlichen Kommunikation, die in beide Richtungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer funktioniert und Platz 5 umfasst die Fähigkeit der Führungspersonen, zu verdeutlichen, dass die Mitarbeiter entscheidend zum Erfolg des Unternehmens beitragen.

Zu den einzelnen Punkten führt Culture Amp noch weitere Details an. Entwicklungschancen, heißt es da zum Beispiel, müssen neu und kreativ gedacht werden, weg von hierarchischen Aufstiegsstrukturen, bei denen der einzige Weg nach oben führt. Stattdessen sollten auch Möglichkeiten wie interner Wechsel oder das Erlernen völlig neuer Fähigkeiten in Betracht gezogen werden. Arbeitnehmer empfänden es außerdem als unzureichend wenn ihnen Weiterentwicklung nur passiv zu Teil würde – im englischen Original: “It is unhealthy if employees feel that development is something that is just done or given to them”.

Interessant ist hier, dass in puncto Engagement nirgends von der berühmt-berüchtigten “Work-Life-Balance”, einem hippen Büro oder den viel beschworenen Benefits (Stichwort: Obstkorb) die Rede ist. Das soll keines Falls heißen, dass diese Dinge ohne Bedeutung sind. Frische Bananen sind großartig. Was sie aber leider nicht können, ist ein Unternehmen klar von einem anderen abzugrenzen.

Und die Moral von der Geschicht’? Natürlich ist uns klar, dass von uns und Euch wohl nur wenige zur New Tech Industrie zählen (und wenn doch, genießt das Wetter im Valley). Nichtsdestotrotz zeigt uns Culture Amp in dieser Studie einmal mehr, was auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Realität wird. Die Loyalität der Arbeitnehmer, wenn man es so rum betrachten möchte, schwindet. Anders rum: Mitarbeiter entwickeln sich fort von der Abhängigkeit von ihrem aktuellen Arbeitsplatz. Ein natürlicher Schritt in der Arbeits-Evolution?

Fest steht, jetzt sind die Unternehmen gefragt. Ganz gleich, ob sie sich um neue Mitarbeiter bemühen, oder ihre bereits angestellen halten wollen – Initiative wird ihnen gut zu Gesicht stehen.

Falls Euch interessiert, was die New Tech Unternehmen sonst noch umtreibt, zum Beispiel im Punkt “Weiterempfehlung”, so findet Ihr hier den gesamten New Tech Benchmark Report als PDF.