Gestern abend haben Jan und ich im Rahmen der Jahressitzung der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V. (VEEK) an einem Vortrag von Herrn Dr. Michael Otto, Otto (GmbH & Co KG), teilgenommen. Es ging um das Thema “Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie”.
Unter Nachhaltigkeit versteht man in diesem Zusammenhang die Unterordnung des Strebens nach kurzfristigem Shareholdervalue dem Ziel der Aufrechterhaltung bzw. Etablierung bestimmer Umwelt- und Sozialstandards. Oder einfach gesagt – ein Unternehmen, ob groß oder klein, kann Gutens tun, oder zumindest nichts Böses, und dabei dennoch (oder gerade deswegen langfristig) Geld verdienen.
In der Praxis reichen z.B. die entsprechenden Aktivität des Otto-Konzerns von der sukzessiven Überarbeitung des Sortiments im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit der Materialien bis hin zur Durchsetzung der Einhaltung von Mindestlöhnen und Arbeitszeitregelungen durch Lieferanten im In- und Ausland, um nur ganz wenige zu nennen.
Doch auch in den eigenen vier Wänden läßt sich offenbar Nachhaltigkeit praktizieren, z.B. in Form eines Gesundheitsmanagementssystems für die eigenen Mitarbeieter und einer Initiative zur Analyse von Arbeitsplätzen auf Ihre besondere Eignung für ältere Arbeitnehmer. In Zeiten des demographischen Wandels eine nicht nur sozial sondern vor allem auch wirtschaftlich sinnvolle Geschichte.
Warum erzähle ich das überhaupt?! Ganz einfach. Während des Vortrags ist mir klar geworden, dass mir nichts von alldem löblichen Treiben des Otto-Konzerens bekannt war. Nun, das Sozial Media Volk ist eher dafür bekannt, mal einen KIK oder einen Jack Wolfskin für Ihre Fehltritte begeistert durch den Kakao zu ziehen :-). Zum massenhaften medienwirksamen in den Himmel loben von positiven (Unternehmens-)Beispielen kommt es meines Wissens in der Regel nie. Oder liege ich da falsch?!
Mit anderen Worten, ein Unternehmen muss noch selbst dafür sorgen, dass die guten Ansätze und Taten von der Öffentlichkeit nachhaltig registriert werden. Hilfreich kann dies nicht nur im Bereich Kundengewinnung und -bindung sondern auch beim Aufbau eines positiven Arbeitgeberimage werden. Vor allem der zweite Punkt wird meiner Meinung nach weitestgehend vernachläßigt.
Otto ist in den vergangenen Monaten durch Fortschrittlichkeit und Experimentierfreudigkeit im Bereich Recruiting und Personalmarketing besonders positiv aufgefallen. Doch die positiven Errungenschaften des Unternehmens im Umwelt- und Sozialbereich sind in diesem Rahmen nicht wirklich durchgekommen. Verlorenes Potential, wie ich finde. Einige auf der Otto Webseite versteckte Textschnipsel mit allgemeinen Weltverbesserungsaussagen zähle ich hier mal nicht mit.
Wenn in Ihrem Unternehmen ernsthaft höhere Ziele vefolgt werden, gibt es keinen Grund, das zu verschweigen. Es macht einfach mehr Spaß, für jemanden zu arbeiten, der nicht auf Kinaderarbeit setzt, sondern diese Art von Ausbeutung aktiv und erfolgreich bekämpft. Ich finde nichts Verwerfliches daran, (ich nenne das mal) den enthischen Wettbewerbsvorteil im Rahmen der Mitarbeitergewinnung und -bindung aggressiver deutlicher einzusetzen. Damit meine ich z.B., neben der nackten Philosophie und Wunschdenken tatsächliche aktuelle Erfolge in die Kommunikationspolitik aufzunehmen. Was meinen Sie?