Familienfreundliche Personalpolitik

Das Thema “Eltern im Unternehmen” ist nicht nur für einen Großteil der Arbeitnehmer:Innen relevant, sondern sollte auch von Arbeitgebern nicht vernachlässigt werden. In Zeiten des Fachkräftemangels sind Wettbewerbs-und Innovationsfähigkeit von Unternehmen gefährdet – lade dir zu diesem Thema gerne kostenlos die aktuelle Arbeitsmarktstudie 2023 meiner Kollegin Kathrin herunter.

Unternehmen müssen heute mehr denn je alle Möglichkeiten nutzen, um qualifiziertes Personal zu gewinnen, zu halten und zu fördern. Dazu gehören natürlich auch Eltern, die oft vor besonderen Herausforderungen stehen, wenn es darum geht, Kind und Karriere zu vereinbaren. Eltern sind eine wichtige Ressource für Arbeitgeber und es lohnt sich, sie im Unternehmen über den gesetzlichen Rahmen hinaus zu unterstützen. Warum das so ist und wie man Eltern von sich als passendem Arbeitgeber überzeugen kann, ist Thema dieses Blogbeitrags.

Warum eine familienfreundliche Personalpolitik eine sinnvolle Investition ist

Umsetzung familienbewusster Personalpolitik

Der gesetzliche Rahmen

Vertrauensvolle und positive Zusammenarbeit

Nachvollziehbare, faire Gehaltsmodelle und Aufstiegschancen

Flexible Arbeitszeiten und Rücksichtnahme bei Terminbestimmungen und Fortbildungen

Unterstützung im Alltag

Familienfreundliche Firmen: Maßnahmen in der Praxis

Stolpersteine, die Firmen umgehen sollten

Fazit

Warum eine familienfreundliche Personalpolitik eine sinnvolle Investition ist

Um es mal ganz deutlich zu sagen: Mitarbeiter:Innen, die ein akutes oder potenzielles Bedürfnis haben, ihre Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sie mit ihren familiären Verpflichtungen vereinbar sind, stellen einen großen Teil der Erwerbsbevölkerung dar. Es ist daher naheliegend, dass es in einem umkämpften Markt ein Wettbewerbsvorteil ist, diesen Mitarbeiter:Innen und Bewerber:Innen attraktive Bedingungen zu bieten.

Auch kann Flexibilität und Entgegenkommen auf Seiten des Arbeitgebers dazu beitragen, dass Eltern und insbesondere Mütter früher in den Beruf zurückkehren, statt zuhause zu bleiben. Noch bleibt ein Großteil der Mütter kleiner Kinder dem Arbeitsmarkt fern:

Quelle: destatis 

 

Im Bewerbungsprozess kann eine offensichtlich familienfreundliche Personalpolitik den Ausschlag geben, sich für ein Unternehmen zu entscheiden, das Remote-Arbeit und flexible Arbeitszeitmodelle anbietet. Je höher die Attraktivität eines Arbeitgebers, umso zügiger werden freie Stellen besetzt – schau dir dazu gern unseren Artikel zu Arbeitgeberattraktivität an.

Eine Unternehmenskultur, die die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihrer Familien berücksichtig, stärkt auch die Mitarbeiterbindung. Wenn Mitarbeiter:Innen das Gefühl haben, dass ihr Arbeitgeber ihre familiären Verpflichtungen unterstützt, führt dies zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation, was sich wiederum positiv auf die Produktivität und den Erfolg des Unternehmens auswirkt. Mütter und Väter sind dann eher geneigt, dem Unternehmen treu zu bleiben.

Auch wenn viele bei Eltern und insbesondere Müttern als Kolleg:Innen an eingeschränkte Arbeitskraft und Inflexibilität denken, sind ihre Soft-Skills und anderen Kompetenzen nicht von der Hand zu weisen: Multitasking, Organisationsfähigkeiten und Priorisierung von Aufgaben, um nur einige zu nennen. Zahlreiche Studien bestätigen das. Eltern bringen nicht nur wertvolle Erfahrungen, Kompetenzen und Perspektiven mit, sondern auch eine hohe Motivation, Flexibilität und Loyalität.  Aus persönlicher Erfahrung kann ich berichten, dass ich mich als Mutter nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen lasse und konzentrierter an meine Aufgaben herangehe. Das mir entgegengebrachte Vertrauen, in der verkürzt vorhandenen Zeit Verantwortung übernehmen zu können, oder auch die Möglichkeit, während der Schwangerschaft von zu Hause aus arbeiten zu können, noch bevor Remote-Arbeit flächendeckend eingeführt wurde, haben mich zusätzlich motiviert und meine Bindung zur Wollmilchsau gestärkt.

Umsetzung familienfreundlicher Personalpolitik

Der gesetzliche Rahmen: Das ist Pflicht

Gesetzliche Regelungen gibt es insbesondere rund um die ersten Lebensjahre des Kindes: das Mutterschutzgesetz, der Anspruch auf Elternzeit und Kinderbetreuungsgeld. Auch der gesetzliche Anspruch auf Teilzeitarbeit ist besonders für Eltern jüngerer Kinder relevant. Arbeitgeber sollten eine Atmosphäre schaffen, in der diese gesetzlichen Rahmenbedingungen selbstverständlich respektiert werden. Darüber hinaus gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich als familienfreundlicher Arbeitgeber zu positionieren.

Vertrauensvolle und positive Zusammenarbeit

Bevor es an die konkreten Benefits geht, ist eine Zusammenarbeit, die von gegenseitigem Verständnis geprägt ist, ein wichtiger Ausgangspunkt – natürlich nicht nur, aber auch für Eltern. Dazu passt mein einleitendes Beispiel der Arbeitserleichterung während der Schwangerschaft, also das individuelle Eingehen auf persönliche Bedürfnisse.

Ein anderes Beispiel wäre die Unterstützung im Team und durch die Geschäftsführung beim Wiedereinstieg nach der Elternzeit. Auch die Rücksichtnahme auf Familienferien zu Schul- oder Kitaschließzeiten sowie auf besondere Ereignisse sind sehr wichtig. Die Beratung bei der Organisation der Elternzeit kann ebenfalls sehr hilfreich sein.

Nachvollziehbare, faire Gehaltsmodelle und Aufstiegschancen

Frauen sind statistisch signifikant häufiger von Armut betroffen als Männer, insbesondere durch die noch immer ungleiche Verteilung von Care-Arbeit. Die Firma sollte ihr Bestes geben, Verdienstunterschiede auszugleichen, um zumindest in einigen Fällen den Teufelskreis zu durchbrechen, der zur ungerechten Verteilung der Elternzeit beiträgt und die Rolle der Mutter als Hausfrau manifestiert.

Nicht zu vernachlässigen ist auch die Möglichkeit der (Wieder)-Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung in Führungspositionen, wobei Jobsharing nur eine der Möglichkeiten darstellt.

Dies könnte u.a. auch Männer dazu ermutigen, einen größeren Teil der Care-Arbeit zu übernehmen und ohne Karriereeinbußen Arbeitsstunden zu reduzieren, und damit zu einer gerechteren Rollenverteilung beizutragen. Weibliche Vorbilder machen Chancengleichheit sichtbar und wirken motivierend auf andere Frauen.

Flexible Arbeitszeiten und Rücksichtnahme bei Terminbestimmungen und Fortbildungen

Unternehmen können ihren Beschäftigten die Möglichkeit bieten, ihre Arbeitszeit individuell zu gestalten und an ihre familiären Bedürfnisse anzupassen. Sie können auch Homeoffice und mobiles Arbeiten ermöglichen, um lange Anfahrtswege und Stress zu vermeiden. Flexible Arbeitszeiten und -orte können die Produktivität, Motivation und Zufriedenheit der Beschäftigten erhöhen, sowie die Fehlzeiten und die Fluktuation reduzieren.

Scheinbar banal, aber absolut nicht selbstverständlich ist es leider, Meetings, Fortbildungen oder Workshops auf den Vormittag zu legen und ggf. aufzuteilen. Zuletzt haben wir bei der Wollmilchsau intern einen Workshop auf zwei Vormittage aufgeteilt. Das war nicht nur gut für die Teilzeitkräfte, auch die anderen Beteiligten konnten so konzentrierter arbeiten.

Unterstützung im Alltag

  • Bezahlte Kindkranktage: Gerade in den ersten Kita-Jahren sind Kinder ständig krank und müssen zuhause betreut werden. Zwar übernimmt die gesetzliche Krankenkasse einen Teil des ausfallenden Lohns, dennoch bleibt ein finanzieller Verlust plus Aufwand durch die benötigte Krankschreibung des Kindes sowie die Beantragung der Erstattung. Gibt der Arbeitgeber den Vertrauensvorschuss und ermöglicht Eltern die Betreuung kranker Kinder, ohne die Krankenkassen einzubeziehen, bedeutet dies im Ernstfall eine riesige Erleichterung. Für den Arbeitgeber sind die Risiken aus meiner Erfahrung überschaubar – ich kenne keine Eltern, die das System ausnutzen. Im Gegenteil: Für mich persönlich führt das in mich gesetzte Vertrauen dazu, dass ich mich umso intensiver bemühe, die anfallenden Aufgaben trotz des ein oder anderen Fehltages gut und schnell zu erledigen.
  • Übernahme von Betreuungskosten/ Betreuungskostenzuschüsse: Je nach Bundesland ist die Betreuung in Kitas und ganz besonders der Kleinsten in Krippen extrem teuer.  So teuer, dass ein nicht unerheblicher Teil des Gehalts dafür draufgeht und sich negativ auf die Motivation, schnell wieder in den Beruf einsteigen zu wollen, auswirken kann. Eine Übernahme oder Bezuschussung kann motivierender sein als eine Gehaltserhöhung.
  • ◆ Betriebliche Kinderbetreuung/Aufbau eines Betreuungsnetzwerkes: Unternehmen können ihren Beschäftigten die Betreuung ihrer Kinder während der Arbeitszeit anbieten bzw. unterstützen. Dies gelingt zum Beispiel durch die Bereitstellung von Betriebskindergärten, die Vermittlung von Tagesmüttern oder die Bezuschussung von externen Betreuungsangeboten. Betriebliche Kinderbetreuung kann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern, die Erwerbsbeteiligung von Frauen fördern und die Bindung der Beschäftigten an das Unternehmen stärken. Die Wollmilchsau bietet Eltern die Möglichkeit, über eine Agentur einen Babysitter für zu Hause oder im Büro zu organisieren. Das hat mir schon die Teilnahme an ganztägigen Workshops und anderen Veranstaltungen ermöglicht, die nicht auf den Vormittag gelegt werden konnten, ermöglicht
  • Familienfreundliche Veranstaltungen und Unterstützung: Arbeitgeber können spezielle Veranstaltungen oder Programme für die Familien von Mitarbeiter:Innen organisieren, wie zum Beispiel Familientage, Ferienbetreuung für Kinder oder Eltern-Kind-Programme. Dies fördert ein familiäres Umfeld und stärkt das Gefühl der Unterstützung.

Familienfreundliche Firmen: Maßnahmen in der Praxis

Die Deutsche Bahn hat, wie viele große Unternehmen, verschiedene Programme zur Unterstützung der Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit implementiert. Dazu gehören flexible Arbeitszeitmodelle, Homeoffice-Möglichkeiten, Elternzeitregelungen und andere familienfreundliche Leistungen umfassen. Konkret gibt es ein Mentoring-Programm zur Unterstützung von Vätern, um ihnen mehr Familienzeit zu ermöglichen. Obwohl dies in einem Verkehrsunternehmen naturgemäß nicht für alle Mitarbeiter:Innen realistisch ist, bietet die Deutsche Bahn wo möglich flexibles Arbeiten an sowie betriebliche Kitas in mehreren Städten und Ferienbetreuung.

Auch das Krankenhaus Hannover wirbt mit Kooperationen mit Kitas und Kindernotbetreuung. Auch Teilzeitarbeit, Rücksichtnahme bei der Urlaubsplanung und weitere Vorteile für Mitarbeitende werden hervorgehoben.

XXXLLutz wirbt in einem Video für seine familienfreundlichen Maßnahmen und lässt dabei Mitarbeiter:Innen zu Wort kommen.

Ach Henkel hat kürzlich auf sich aufmerksam gemacht – dort gibt es neuerdings für Eltern eine voll bezahlte, achtwöchige Elternzeit nach der Geburt einen Kindes. Das ist in erster Linie für Väter und Partner:Innen der Mütter ein tolles Plus, sichert es doch die Chance einer gemeinsamen Zeit während des gesetzlich gesicherten Mutterschutzes. Ein solches Benefit ist auch ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung, weil es das Potenzial hat, eine gerechtere Verteilung der Care-Arbeit zu normalisieren.

Zertifizierungen für Firmen

Besonders familienfreundliche Unternehmen werden von der Bundesregierung mit dem “audit berufundfamilie”, gegründet von der Hertie-Stiftung, ausgezeichnet. Ausgezeichnete Arbeitgeber sind z.B. die Lechwerke-Gruppe und das UKE in Hamburg.

Das “Top-Arbeitgeber Zertifikat” wird vom “Top Employers Institute” vergeben. Diese Auszeichnung geht an Unternehmen, die sich durch exzellente Arbeitsbedingungen hervorheben, einschließlich Maßnahmen zur Förderung der Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit. So wurde beispielsweise der Targo Bank dieses Zertifikat verliehen.

Es gibt außerdem noch weitere regionale und branchenspezifische Auszeichnungen. Unternehmen, die sich als familienfreundlich positionieren möchten, können sich für solche Zertifikate bewerben oder sich in den entsprechenden Netzwerken engagieren.

Stolpersteine, die Firmen umgehen sollten

  • Mangelnde Kommunikation über familienfreundliche Maßnahmen und mangelndes Bewusstsein bei den Mitarbeiter:Innen. Es ist wichtig, dass aktiv über familienfreundliche Leistungen informiert wird.
  • Individuelle Bedürfnisse nicht berücksichtigen: Berücksichtige die Vielfalt der Bedürfnisse innerhalb der Belegschaft. Flexible Arbeitszeitmodelle, Teilzeitarbeit, Homeoffice und andere Maßnahmen sind sinnvoll, um den individuellen Anforderungen der Mitarbeitenden zu gerecht zu werden
  • Fehlende Unterstützung oder mangelndes Verständnis von Seiten der Führungsebene für familienfreundliche Maßnahmen. Führungskräfte müssen in die Umsetzung eingebunden und sensibilisiert werden. Schulungen können ihnen helfen, die Bedeutung des Themas richtig einzuordnen und die Umsetzung aktiv zu unterstützen
  • Unklare Richtlinien und Prozesse: Fehlen klare Richtlinien und Prozesse zur Umsetzung und Verwaltung von familienfreundlichen Maßnahmen, kann dies für Verwirrung sorgen. Klare Richtlinien, explizite Ansprechpartner:Innen und transparente Prozesse zur Beantragung und Verwaltung von Leistungen können hier Abhilfe schaffen.
  • Fehlende Integration in die Unternehmenskultur: Familienfreundliche Maßnahmen könnten als isolierte Programme wahrgenommen werden und nicht ausreichend in die Unternehmenskultur eingebettet sein. Die Integration familienfreundlicher Praktiken in die Unternehmenskultur ist sinnvoll, beispielsweise durch Betonung der Werte der Work-Life-Balance.

Fazit

Eine familienfreundliche Personalpolitik ist entscheidend für die Schaffung eines ausgewogenen Arbeitsumfelds, in dem Mitarbeiter:Innen beruflichen Verpflichtungen effektiv und motiviert nachkommen können. Unternehmen, die flexible Arbeitszeitmodelle, Unterstützung bei der Kinderbetreuung und klare Richtlinien zur Work-Life-Balance implementieren, tragen zu einer positiven Unternehmenskultur bei, sichern sich einen deutlichen Wettbewerbsvorteil bei der Bewerbersuche und binden ihre Mitarbeiter:Innen an das Unternehmen.

Zertifikate und eine klare Positionierung auf der Karriereseite können helfen, Bewerber:Innen von diesen Stärken zu überzeugen und für sich zu gewinnen. Familienfreundlichkeit ist ein wichtiges Puzzlestück einer effektiven Personalpolitik und nicht zuletzt auch ein Schritt in Richtung Gleichstellung der Geschlechter.

Mit Apfel im Mund zum Therapeuten? Welche Benefits für die Gesundheit am Arbeitsplatz wirklich wichtig sind.

Die Pandemie hat an der Maslowschen Bedürfnispyramide gerüttelt, wie der Zeigefinger am Pflaumenbaum beim berühmten Kinderspiel. Von Monat zu Monat purzelten immer mehr Menschen die Stufen hinunter – einige schneller und weiter als andere. Bis sogar in Deutschland einige Menschen ihre Grund- und Existenzbedürfnisse nicht mehr decken konnten. Und das in der westlichen Welt, die für die meisten aus Sicherheit und Überfluss bestand.  Soziale Bedürfnisse konnten eine lange Zeit nicht befriedigt werden, die Individualbedürfnisse rückten für viele ebenfalls in den Hintergrund und den meisten wurde spätestens jetzt klar: Gesundheit ist alles.

Im Zuge dieser Entwicklung sind sich viele Unternehmen der Bedeutung des Wohlbefindens und der physischen wie psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen noch stärker bewusst geworden. In den Personalabteilungen musste zwangsläufig „Human“ wieder größer geschrieben werden als „Resources“ und die Bedürfnisse der Individuen vors Kapital gestellt werden.

Die Entwicklung des Gesundheitsmanagements

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ – mit dieser Aussage wurde ich bei Unzufriedenheit am Ausbildungsplatz so manches Mal vertröstet. Im weiteren Verlauf ging es weiter mit „Das Leben ist kein Ponyhof“ oder „Du verdienst doch gutes Geld“.

Die 60er Generation (und älter) vertritt häufig immer noch die Auffassung, dass Arbeit vor allem eins sein muss: Sicher. Ein sicherer Arbeitsplatz und pünktliches Gehalt auf dem Konto gilt für die Generation meiner Eltern und Großeltern als einzige Kredos für einen guten Arbeitgeber. Natürlich gelten diese Punkte weiterhin als das Grundgerüst eines guten Jobs, den man lange ausüben möchte. Doch um Mitarbeiter:innen für sich zu gewinnen und langfristig an sich zu binden, bedarf es mittlerweile mehr Weitblick.

Erst seit den 80er Jahren ist das betriebliche Gesundheitsmanagement in Deutschland überhaupt ein Thema. Dieser sperrige Begriff bedeutet nichts anderes, als das Arbeitsumfeld sowie Strukturen und Prozesse eines Unternehmens gesundheitsförderlich zu gestalten. Die Gesundheit zu erhalten, ist zwar vor allem die Aufgabe eines jeden Einzelnen und doch sollten Unternehmen diese Verantwortung mittragen – denn immerhin arbeiten wir rund ein Drittel unserer kompletten Lebenszeit.

Zu dieser Verantwortung zählt nicht nur sowas wie das Angebot von Sportmöglichkeiten, ein Obstkorb oder die betriebliche Altersvorsorge, sondern immer häufiger sogenannte “Soft Skills”. Dazu gehören beispielsweise eine gute Atmosphäre am Arbeitsplatz, flache Hierarchien und faire Vorgesetzte, gute Kommunikation, eine Balance zwischen Arbeitszeit und Freizeit sowie Flexibilität der Arbeitszeit und des Arbeitsortes. Was nach einer Selbstverständlichkeit klingt, ist nur selten tatsächlich gegeben. Diese “Skills” im Unternehmen sollten nicht nur ein Köder für die Generation Y und X sein, sondern auch eine Investition in die schon vorhandenen Mitarbeiter:innen.

Also was bedeutet Gesundheit am Arbeitsplatz heute eigentlich? Ein Obstkorb und eine kostenlose Mitgliedschaft im Fitnesscenter sind natürlich super, aber sind Benefits dieser Art noch entscheidend?

Psychische Erkrankungen so hoch wie nie

Laut der DAK lag bereits im Jahr 2020 die Diagnose “Psychische Erkrankung” auf Platz 2 der Gründe für Fehltage. Nur Muskel-Skelett-Erkrankungen waren noch häufiger ein Grund, nicht arbeiten zu können. Darunter zählen auch Rückenschmerzen, die ebenfalls in einigen Fällen psychisch bedingt sein können. Die Dunkelziffer dürfte also noch etwas höher liegen als 17 Prozent. Die Entwicklung seit 2010 ist erschreckend: Die die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle im Jahr 2019 lag um 30,6 Prozent höher als noch im Jahr 2010.

Das mag zum einen daran liegen, dass psychische Erkrankungen mittlerweile besser diagnostiziert werden, Betroffene sich eher behandeln lassen und das Thema weniger stigmatisiert wird.

Neben zahlreichen anderen Faktoren führt auch eine erhöhte Arbeitsbelastung, die sich nicht mit dem Privatleben kombinieren lässt, immer häufiger zu Ausfällen. Karriere, Familienplanung und sogar die Pflege von Angehörigen fällt immer öfter in dieselbe Lebensphase.

Im Durchschnitt lag 2019 die durchschnittliche Krankheitsdauer aufgrund von psychischen Erkrankungen bei 35,4 Tagen. Natürlich wurzeln die Ursachen psychischer Erkrankungen nur selten in der Arbeit selber, es lässt sich jedoch auch als Arbeitgeber so einiges tun, um den Mitarbeiter:innen den Spagat zwischen Privat- und Arbeitsleben erheblich zu erleichtern.

(HIER STUDIE BKK – PENDELN IST KACKE FÜR PSYCHE)

Mitarbeitergesundheit während und nach einer Pandemie

Um Mitarbeiter:innen vor dem Virus zu schützen, wurden Maßnahmen ergriffen, die für Bürojobs in erster Linie Homeoffice bedeuteten. Immerhin arbeiten laut dem Industrieverband Büro und Arbeitswelt inzwischen zumindest zeitweise 71 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland an einem Bildschirm- und Büroarbeitsplatz.

Das führte dazu, dass im April 2020 27 Prozent der Beschäftigten in Deutschland von zu Hause arbeiteten, während der Anteil vor der Corona-Krise lediglich bei 4 Prozent lag. Im Januar 2021 waren es immerhin noch 24 Prozent.

Diese einschneidende Veränderung im Arbeitsalltag haben positive sowie negative Auswirkungen. Für einige bedeutet das flexible Arbeiten mehr Zeit mit ihrer Familie, weniger Reisezeit und sogar mehr Effektivität. Andere hingegen vermissen den Austausch, den normalen Arbeitsalltag und fühlen sich durchaus einsam und ausgegrenzt an ihrem privaten Arbeitslatz. Die aktuelle Krankenstands-Analyse der DAK zeigt allerdings deutlich, dass vor allem in digitalisierten Berufen, die in vielen Fällen die Möglichkeit zum Homeoffice und digitalem Arbeiten hatten, die Krankheitstage unterdurchschnittlich ausfielen.

Homeoffice und Flexibilität als Tool zur Mitarbeiterbindung

Einige Top-Unternehmen setzen bereits vieles daran, um die potenziellen emotionalen Auswirkungen der langen Homeoffice Periode, wie beispielsweise Einsamkeit und Ängste, zu erkennen und zu minimieren. Dabei ist die wichtigste Frage, die man den eigenen Mitarbeitern jetzt stellen kann: Wie möchtest Du arbeiten?
In einer Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey & Company wurde deutlich, dass sich Mitarbeiter:innen aktuell vor allem darüber Sorgen machen, wie es in Zukunft mit ihrem Arbeitsplatz und der Flexibilität weitergeht. Müssen sie fünfmal die Woche zurück ins Büro? Wird es Homeoffice-Tage geben? Oder können sie entscheiden, wie sie in Zukunft arbeiten wollen?

40 Prozent der Befragten gaben an, noch keinerlei Informationen von ihrem Arbeitgeber bezüglich der nächsten Schritte bekommen zu haben. 28 Prozent beschrieben die Informationen als vage. Das Ausbleiben einer klaren Kommunikation seitens des Arbeitgebers und die damit verbundene Unsicherheit führte bei 47 Prozent der befragten Arbeitnehmer:innen zu Ängsten am Arbeitsplatz.

Wer hätte gedacht, dass bereits klare Kommunikation so große Auswirkungen auf die Zufriedenheit und mentale Gesundheit der Mitarbeiter:innen hat?

 

Außen hui, innen pfui: Die Bedeutung von internem Employer Branding und 5 wertvolle Maßnahmen

Außen hui, innen pfui – ach, wie sehr ich mich freue, dass mir dieser altbackene, aber jetzt doch passende Spruch in Bezug auf (internes) Employer Branding eingefallen ist. Denn genau das ist es, was auf viele Unternehmen und ihre interne Employer Brand leider immer noch zutrifft. Wir zeigen in diesem Artikel fünf interne Employer Branding Maßnahmen, mit denen deine Mitarbeiter:innen wieder in den Fokus gesetzt werden.

Unterschied internes / externes Employer Branding

Definition & Ziele

5 Maßnahmen für internes Employer Branding

          Unternehmenswerte & Vision

          Arbeitsbedingungen & Vergütung

          Feedbackkultur & Kommunikation

          Teamwork & Zusammenarbeit

          Karrieremöglichkeiten & Personalentwicklung

Fazit: So bindest du deine Mitarbeiter:innen

Unterschied internes und externes Employer Branding

Eine Employer Brand entsteht aus dem Employer Branding. Employer Branding wiederum meint die Schaffung einer attraktiven Arbeitgebermarke bzw. die unternehmensstrategische Maßnahme zur Markenbildung.

Einfach erklärt geht es darum, den potenziellen Bewerber:innen zu signalisieren: Unser Unternehmen bietet dir alles, was du von deinem Arbeitgeber erwartest. Gutes Employer Branding hilft außerdem, sich auf dem Markt zu positionieren und sich von den Wettbewerbern abzuheben. Ziel ist es, Unterschiede deutlich zu machen und so die passenden Kandidat:innen am Markt zu überzeugen. Mehr Informationen um das gesamte Thema Employer Branding findest du in unserem kostenlosen Whitepaper.

Internes vs. externes Employer Branding

Doch was ist mit den Mitarbeiter:innen, die bereits im Unternehmen tätig sind? Externes Employer Branding funktioniert nur, wenn es auch intern rund läuft. Wenn es im Unternehmen knirscht, dann kriegen das auch potenzielle Bewerber:innen mit und springen schnell wieder ab.

Vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels ist es wichtig, gute Arbeitnehmer:innen im Unternehmen zu halten und so die Fluktuation möglichst niedrig zu halten.

Definition: Was versteht man unter internem Employer Branding und was sind die Ziele?

Internes Employer Branding richtet sich nicht an potenzielle Arbeitnehmer:innen, sondern an bereits bestehende Mitarbeiter:innen, die sich durch gutes internes Employer Branding emotional an das Unternehmen binden. Die Identifikation mit dem Arbeitgeber wird im besten Fall gestärkt und der Arbeitgeber positioniert sich als „Employer of Choice“.

Es steigert die Mitarbeiterzufriedenheit und wirkt sich nicht nur positiv auf die Fluktuationsrate eines Arbeitgebers aus, sondern erhöht auch die Leistungsbereitschaft der Angestellten. Wenn das interne Employer Branding rund läuft, hat das Unternehmen sogar Vorteile gegenüber anderen Arbeitgebern: Erstens gibt es immer genug Leute, die für höhere Positionen infrage kommen. Und zweitens kann man nach außen damit werben, dass es bei einem guten Arbeitsklima und niedriger Fluktuation einfach viel angenehmer ist zu arbeiten.

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Fünf Maßnahmen für internes Employer Branding

In gewisser Weise unterscheidet sich das interne Employer Branding nicht stark vom regulären Employer Branding. Was die Bewerber:innen anspricht, ist für die Mitarbeiter:innen genauso interessant und andersherum. Interne Employer Branding Maßnahmen sind allerdings keine fancy Recruiting-Kampagnen, sondern zum Teil recht unglamouröse Hygienefaktoren.

Ein beschönigtes internes Bild fliegt auch wesentlich schneller auf, als wenn beim Außenauftritt mal hier und da etwas gemogelt wird. Hinzu kommt, dass Arbeitgeberbewertungsportale wie zum Beispiel Kununu oder Glassdoor sehr schnell aufdecken, ob die versprochenen Werte auch wirklich im Arbeitsalltag eingehalten werden.

Schauen wir uns mal an, welche Maßnahmen für ein erfolgreiches internes Employer Branding zur Mitarbeiterbindung unumgänglich sind.

1. Klar definierte Unternehmenswerte und Vision

Hier liegen internes und externes Employer Branding sehr dicht beisammen. Im gesamten Employer Branding-Prozess werden die im Unternehmen verankerten Werte sowie die Kernbotschaften des Arbeitgebers erarbeitet. Diese Werte sind nicht nur dafür da, um sie nach außen zu posaunen – sie müssen im Unternehmen gelebt werden. Wenn nur eine Handvoll ausgewählter Mitarbeiter:innen von deiner Strategie weiß, ist das ein schlechtes Zeichen.

Deine Angestellten sind wichtige und kostenlose Markenbotschafter:innen, die deine Arbeitgebermarke im besten Fall verbreiten. Kommuniziere deine Ziele und Werte auf allen Ebenen des Unternehmens und beziehe die Beschäftigten in jedem Fall mit ein.

Ein klares Bekenntnis zu den Unternehmenswerten und der Vision kann dazu beitragen, dass Mitarbeiter:innen sich mit dem Unternehmen stärker identifizieren und ein Gefühl der Verbundenheit und Zugehörigkeit entwickeln.

2. Gute Arbeitsbedingungen und angemessene Vergütung

Man sollte meinen, es sei selbstverständlich. Allerdings scheint es für den einen oder anderen Arbeitgeber immer noch eine Überraschung zu sein, dass Mitarbeiter:innen fair bezahlt werden möchten. In der gesamten Diskussion rund um den Fachkräftemangel taucht immer wieder die Behauptung auf, dieser würde gar nicht existieren – Firmen würden einfach nur zu wenig für ihr Personal zahlen wollen. Dagegen sprechen natürlich eine Vielzahl von Daten, doch ein Fünkchen Wahrheit steckt trotzdem in dieser Aussage: Die Bezahlung ist noch in vielen Berufen und bei diversen Arbeitgebern zu niedrig und nicht transparent.

Auch bedarf es eines angenehmen Arbeitsumfelds, das auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen abgestimmt ist. Dazu gehört auch die gute alte Work-Life-Balance und die Möglichkeit zum Home Office. Das bedeutet nicht, dass jedes Unternehmen uneingeschränkt Remote Work anbieten muss, dennoch sollte eine gewisse Anzahl an Home Office Tagen angeboten werden, wenn der Job es erlaubt. Für viele Mitarbeiter:innen ist das tägliche Erscheinen im Büro mittlerweile ein Kündigungsgrund und für Bewerber:innen ein Grund, sich für einen flexibleren Arbeitgeber zu entscheiden.

Wenn diese Hygienefaktoren nicht beachtet werden, kann noch so viel Geld in den restlichen Prozess gesteckt werden – die Employer Brand wird keinen Erfolg haben.

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3. Regelmäßige Feedback-Gespräche und klare Kommunikation

Regelmäßige Feedback-Gespräche zwischen Mitarbeiter:innen und Führungskräften können dazu beitragen, dass Mitarbeiter:innen sich gehört und geschätzt fühlen, was die Motivation und das Engagement positiv beeinflusst. Durch die Verbesserung der Kommunikation und durch das Etablieren offener Gespräche können eventuelle Probleme und Unzufriedenheit schneller aus dem Weg geräumt werden.

In Gesprächen sollten auch Entwicklungspotenziale besprochen werden: Durch das Kommunizieren klarer Erwartungen und das Setzen konkreter Ziele, fühlen sich Mitarbeiter:innen motiviert. Welche Karriereentwicklungen gibt es? Wo liegen die Stärken des Mitarbeitenden und wo vielleicht Schwächen, die verbessert werden können?

Diese Gespräche sind natürlich nicht nur hilfreich für den Arbeitnehmer, sondern auch für den Arbeitgeber. Wertschätzung und Motivation führen zu zufriedenen Mitarbeiter:innen und damit auch zu einer positiveren Arbeitskultur.

Apropos Feedback und offene Kommunikation: Auch abseits der persönlichen Gespräche sollte die interne Kommunikation offen und transparent sein. Unternehmensereignisse und Entwicklungen, die hinter verschlossenen Türen stattfinden, schüren in den meisten Fällen Verärgerung und Unsicherheit. Mitarbeiter:innen tragen das Unternehmen und sie wollen auch so behandelt werden und auf dem Laufenden bleiben.

4. Förderung von Teamwork und Zusammenarbeit

Vor allem in Zeiten von Remote-Work und vollen Terminkalendern sind die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen Mitarbeiter:innen besonders wichtig.

Immer häufiger fällt in diesem Zusammenhang vor allem in großen Konzernen der Begriff „Team Branding“. Dieser zielt darauf ab, ein gemeinsames Verständnis von Werten, Vision und Mission eines Teams zu schaffen und einheitlich nach innen und außen zu kommunizieren.

Mittlerweile tauchen auch immer mehr Anbieter auf, die Teambuilding-Maßnahmen und Events anbieten, um das Vertrauen und den Zusammenhalt der Mitglieder privat sowie im Arbeitskontext untereinander zu stärken. Ein erfolgreiches Team Branding kann dazu beitragen, die Zusammenarbeit und das Engagement innerhalb des Teams zu verbessern, die Identifikation mit dem Unternehmen oder der Organisation zu stärken und auch die externe Wahrnehmung des Teams zu verbessern.

Aber nicht nur innerhalb eines Teams, sondern auch im gesamten Unternehmen, soweit dies möglich ist. Vor allem in kleineren und mittelständischen Unternehmen ist ein gewisser Unternehmens-Zusammenhalt wichtig, um eine Verbundenheit und ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen. Mitarbeiterengagement-Programme zur Förderung der Bindung wie Team-Veranstaltungen, Mitarbeiterwettbewerbe oder Sozialprogramme können die Zufriedenheit deutlich erhöhen.

5. Karrieremöglichkeiten und Personalentwicklung

Mitarbeiter:innen möchten sich weiterentwickeln, ihre Fähigkeiten ausbauen und Kompetenzen erweitern. Unternehmen sollten Wert darauf legen, Karrieremöglichkeiten anzubieten und ihre Mitarbeiter:innen in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu unterstützen. Abgesehen von dem Aspekt der Mitarbeiterbindung, sind Unternehmen, die diese Möglichkeiten anbieten, in der Regel auch wettbewerbsfähiger. Sie können qualifizierte Mitarbeiter:innen anziehen und halten, die in der Lage sind, innovative Lösungen zu entwickeln und auf dem neusten Stand der Technologie und des Fachwissens zu bleiben.

Die Förderung von Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeitende sind also wichtig, um talentierte Kolleg:innen zu gewinnen und zu halten, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und ein positives Image und eine erfolgreiche Employer Brand aufzubauen.

Auch Arbeitsstrukturierungsmaßnahmen wie das Job Enlargement, die Job Rotation und das Job Enrichment können dazu beitragen, die Motivation der Arbeitnehmer:innen zu steigern und innerhalb des Unternehmens flexibler zu agieren.

Kommunikation Interne Employer Branding Maßnahmen Ziele
© Kaleidico / unsplash.com

Fazit: So bindest Du deine Mitarbeiter:innen

Wie du siehst, ist ein gutes und erfolgreiches Employer Branding zumindest auf dem Papier kein Hexenwerk. In der Umsetzung hätten sich viele Unternehmen vielleicht eher ein paar dreckige Quick Fixes gewünscht. Die führen aber sowohl im regulären als auch im internen Employer Branding nicht zu einem langfristig erfolgreichen Ergebnis. Nur durch das Umkrempeln der internen Strukturen bzw. der Implementierung dieser Maßnahmen können Firmen ein positives Arbeitsumfeld schaffen und das Engagement und die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden erhöhen. Das wiederum führt zu einer verstärkten Mitarbeiterbindung und einem allgemein effizienteren Employer Branding.

Freiwillige Kündigungswelle: Von Wirtschaftskrise zu Sinnkrise?

Corona, Kurzarbeit, Schließungen, demografischer Wandel, Krieg, Lieferengpässe und jetzt auch noch eine Kündigungswelle – ganz schön viel, was der Arbeitsmarkt da zu verkraften hat. Was wir und viele andere Expert:innen die letzten Jahre vor allem als bevorstehenden Fachkräftemangel angekündigt haben, hat sich in rasantem Tempo in einen allgemeinen Arbeitskräftemangel auf allen Ebenen verwandelt.

Vor allem Branchen, die zu Hochzeiten der Corona-Pandemie von Schließungen und Kurzarbeit betroffen waren, suchen händeringend nach geeignetem Personal. Doch neben Corona-Pandemie und demografischem Wandel gibt es angeblich auch noch einen weiteren Grund für das Verschwinden zahlreicher Arbeitskräfte: Die sogenannte „Great Resignation“. Die große „freiwillige“ Kündigungswelle, die in den USA bereits Anfang 2021 begann und in den Medien Wellen geschlagen hat. Doch gab es diesen “Big Quit” überhaupt und droht Deutschland ebenfalls eine Kündigungswelle?

1. “Great Resignation” in den USA: Woher kam die Kündigungswelle?

2. Unsicherheit in der Krise bringt Mitarbeiter:innen zum Umdenken

3. Woran erkenne ich, ob eine Kündigungswelle auf das Unternehmen zukommt?

4. Was kann ich als Arbeitgeber gegen eine Kündigungswelle tun?

“Great Resignation” in den USA: Woher kam die Kündigungswelle?

In Amerika führten verschiedene Gründe dazu, dass zwischen Januar 2021 und Februar 2022 insgesamt 57 Millionen Menschen ihren Job gekündigt haben. Das ist ein Anstieg von +25 Prozent im Vergleich zu einer ähnlichen Zeitspanne vor der Pandemie. Diese Zahlen und vor allem der Peak im November zeigen, dass es tatsächlich eine höhere Anzahl an freiwilligen Kündigungen gab.

Kündigungswelle USA Statista

Trotzdem sollten diese Zahlen immer im Zusammenhang betrachtet werden: Wie man in der Grafik erkennen kann, stieg die durchschnittliche monatliche Kündigungsrate von 2010 bis 2019 kontinuierlich an. Dies ist ein längerfristiges Phänomen, das vermutlich viele aus ihrer eigenen Erfahrung heraus bestätigen: Während die Eltern und Großeltern ihrem Job und ihrem Unternehmen jahrzehntelang die Treue hielten, sind die nachfolgenden Generationen X, Y und Z wesentlich wechselwilliger. Und das ist mit Blick auf die Motivation, Entwicklung und Ideen ganz sicher nicht immer negativ zu betrachten.

Vor allem im Gastrogewerbe, aber auch in Positionen im Tourismus oder am Flughafen herrscht seit jeher eine hohe Arbeitnehmer-Fluktuation. Durch Schließungen, Kündigungen und Zeitarbeit verließen im Jahr 2020 zusätzlich viele Beschäftigte ihre Position oder sogar ihre Branche. Im Gegensatz zu den Jahren davor wurde allerdings diese Fluktuation während der Corona-Pandemie nicht mit Neueinstellungen aufgefangen. Dies führte in vielen Branchen zu einem erheblich größeren Defizit und dazu, dass wir an Flughäfen besonders lange warten müssen und in Hotels und Restaurants das Personal fehlt.

In den meisten Firmen sank 2020 die freiwillige Kündigungsrate allerdings aufgrund von Unsicherheiten und Corona-Stillstand – mehr Menschen hielten an ihrem Job fest und weniger Leute kündigten freiwillig. Als sich 2021 die Situation wieder etwas stabilisierte, kündigten nicht nur diejenigen, die sowieso gekündigt hätten, sondern gleichzeitig auch die, die es im Jahr 2020 nicht getan haben.

Unsicherheit in der Krise bringt Mitarbeiter:innen zum Umdenken

Auch wenn die Einordnung der Zahlen den Aufschrei der “Great Resignation” etwas relativieren, ist nicht von der Hand zu weisen, dass dennoch viele Menschen bereits gekündigt haben oder es zumindest planen. Kann man diese Fluktuation nicht rechtzeitig mit Einstellungen ausgleichen, werden diese Kündigungen zu einem Problem. Laut einer Befragung, die im Juni 2021 von Robert Half, einem Anbieter für Personalvermittlung und Talentlösungen, durchgeführt wurde, sind auch die Kündigungen in Deutschland gestiegen. Hierfür wurden 300 Manager:innen mit Personalverantwortung befragt. 21 Prozent der Unternehmen gaben an, dass es bei ihnen im Jahr 2021 mehr freiwillige Kündigungen gab als vor der Pandemie.

Eine noch höhere Anzahl an Mitarbeiter:innen spielten mit dem Gedanken, ihre aktuelle Stelle aufzugeben: 2021 war laut einer Umfrage des Gallup Engagement Index jede:r vierte Beschäftigte aufgrund von Unzufriedenheit im Job wechselwillig und auf dem Absprung. Insgesamt haben 42 Prozent der Befragten Wechselabsichten, allerdings erst in den nächsten drei Jahren.

Die Corona-Pandemie brachte zahlreiche Arbeitnehmer:innen in eine berufliche Krise. In erster Linie natürlich die Arbeitnehmer:innen, die ihren Job ungewollt verloren haben und dadurch in existenzielle Not geraten sind. Viele gingen auch in Kurzarbeit und spürten, wie unsicher ihr Job oder ihre Branche in Krisenzeiten ist.

Andere wiederum zweifelten an ihrem Arbeitgeber, weil sie trotz des Infektionsgeschehens kein Homeoffice machen durften oder insgesamt von mangelnden Sicherheitsvorkehrungen am Arbeitsplatz und der Reaktion ihres Unternehmens enttäuscht waren. Markt-Beobachter:innen vermuten außerdem, dass die vielen Todesfälle, Erkrankungen und die Rückbesinnung auf das Privatleben während der Pandemie viele Menschen dazu veranlasst haben, die Rolle der Arbeit in ihrem Leben zu überdenken und den Job ggf. zu wechseln.

All das führt zu latenter Wechselwilligkeit, die weniger emotionale Bindung und weniger Motivation im aktuellen Job mit sich bringt. Unternehmen werden so auf gefährliche Art und Weise anfällig für Störungen, ohne dass Mitarbeiter:innen bereits gegangen sind. Nach Schätzungen von Gallup kosten alleine die aktiv unmotivierten Arbeitnehmer:innen die deutsche Wirtschaft jährlich zwischen 96,1 und 113,0 Milliarden Euro.

Resignation: Frau schaut gelangweilt aus dem Bürofenster
© Johnny Cohen / Unsplash

Woran erkenne ich, ob eine Kündigungswelle auf das Unternehmen zukommt?

Es gibt Warnsignale, die es rechtzeitig zu bemerken gilt, denn eine Kündigung oder sogar eine Kündigungswelle kommt in den meisten Fällen nicht überraschend. Mit ein wenig Gespür und Aufmerksamkeit lassen sich einige Verhaltensweisen und Anzeichen, die auf eine Kündigung hindeuten, in der Belegschaft oder von einzelnen Mitarbeiter:innen, entdecken.

Das erste Aufbäumen und steigende Negativität

Die Diskussionen in der Belegschaft nehmen zu, Dinge werden wesentlich häufiger infrage gestellt und Sorgen oder Missmut geäußert. Wenn Fragen und Anliegen der Mitarbeiter:innen nicht ernst genommen werden und die Kommunikationskultur an diesem Punkt nicht gepflegt wird, werden Mitarbeitende sehr schnell unzufrieden. Nörgeleien und Negativität im Arbeitsumfeld sind nicht nur wegen der unzufriedenen Person ein Problem, sondern können sich auf die restlichen Kolleg:innen übertragen. Ist erst einmal schlechte Stimmung in einer Abteilung oder im Unternehmen angekommen, kann diese sehr schnell um sich greifen.

Steigende Fehlzeiten

Häufige oder längere Krankmeldungen, angepasste, verkürzte Arbeitszeiten können (natürlich nur, wenn keine ernste Krankheit oder persönliche Umstände dahinterstecken) darauf hindeuten, dass Mitarbeitende Motivationsschwierigkeiten haben, unzufrieden sind oder sich in der Zeit sogar schon Freiräume für Bewerbungen und Vorstellungsgespräche nehmen. Egal, um was es sich handelt: Kommunikation hilft auch hier. Fallen dir als Arbeitgeber Verhaltensveränderungen auf, solltest du in jedem Fall einen Blick drauf werfen und gegebenenfalls sogar anbieten, zu unterstützen.

Resignation und Stille

Ist an diesem Punkt noch nichts passiert, tritt in vielen Fällen erst einmal Resignation und Stille ein. Die Stimmung kippt und unmotivierte Arbeitnehmer:innen können nicht nur wirtschaftlich zu einem Problem werden. Möglicherweise befinden sich Kolleg:innen bereits kurz vorm Absprung. Findet auch diese Warnung kein Gehör bei den Verantwortlichen, kann der Frust nur noch schwer abgebaut werden.

Im schlimmsten Fall sehen Mitarbeiter:innen an diesem Punkt keinerlei Möglichkeiten, die aufgestauten Probleme durch Aussprache und Kommunikation aus der Welt zu schaffen und kündigen aus Frustration heraus.

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Was kann ich als Arbeitgeber gegen eine Kündigungswelle tun?

Ein großes Thema ist auch weiterhin das Homeoffice. Nur fünf Prozent der Menschen in Deutschland, die aktuell bereits im Homeoffice arbeiten, wollen wieder täglich ins Büro fahren. 35 Prozent der Deutschen gab an, sie wollten vollständig remote arbeiten, 23 Prozent der Befragten überwiegend. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter:innen Vollzeit ins Büro zurückholen wollen, werden langfristig auf dem angespannten Arbeitsmarkt nicht konkurrenzfähig bleiben. Talentierte Bewerber:innen können heutzutage mehrere Angebote einholen und werden zu dem Arbeitgeber wechseln, der ihre Vorstellungen von Arbeit teilt.

Das aktive Fördern von Mitarbeitenden ist ebenfalls ein Punkt, der Motivation im Arbeitsalltag fördert. Kolleg:innen mit Zielen sind dankbar für kooperative Mitarbeiterentwicklung und fühlen sich wahrgenommen und unterstützt.

Doch kommen wir zum ältesten Grund gegen eine Kündigung: Das Gehalt. Hohe Kündigungsraten sind vor allem in Niedriglohnbranchen ein großes Thema. Zu Zeiten der Inflation und Unsicherheiten wird ein höheres Gehalt nicht nur wichtiger, sondern zum Teil auch lebensnotwendig. Für einen Markt-Benchmark in Deutschland lohnt sich ein Blick in die Gehaltsdatenbank der Bundesagentur für Arbeit. Liegen die internen Gehälter ungefähr im Rahmen oder sollte man hier nochmal nachjustieren? Und kann es sich das Unternehmen vielleicht sogar leisten, noch eine Schippe drauf zu legen?

Die wirtschaftliche Lage, Inflation und Zukunftsängste mögen dafür sorgen, dass sich viele eigentlich unzufriedene Mitarbeiter:innen nicht für eine Kündigung entscheiden, sondern den sichereren Weg gehen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Kolleg:innen motiviert und zufrieden den Arbeitsalltag bestreiten. Trotz der aktuellen Lage müssen Arbeitgeber für die Zufriedenheit sorgen und sollten sich im Unternehmen mal umhören, wo es gerade Bedarf gibt und welche Unsicherheiten es eventuell gibt.

Gute Fachkräfte zu finden ist in der aktuellen Zeit besonders schwer. Die genannten Investitionen werden nicht nur die Mitarbeiterbindung verbessern und für weniger Unzufriedenheit sorgen, sondern auch neue Arbeitskräfte anziehen.

Mitarbeiterbenefits-Studie 2022: Diese Benefits werden im Recruiting wichtiger

Wie lassen sich Mitarbeiter:innen belohnen und an ein Unternehmen binden, welche Mitarbeiterbenefits nutzen Unternehmen hierzulande? Mit dieser Frage setzt sich seit 2015 die Belohnungsstudie von BONAGO auseinander, die gemeinsam mit der Hochschule Fresenius entwickelt und in diesem Jahr von uns unterstützt wurde. Gut 1.690 Personalverantwortliche und Geschäftsführer:innen in Deutschland gaben für die aktuelle Ausgabe zwischen November 2021 und März 2022 Antwort auf Fragen rund um ihre Benefit-Strategien.

Insgesamt 62 Prozent der Befragten finden demnach Zusatzleistungen zum Gehalt sinnvoll – 2017 waren es noch zehn Prozentpunkte weniger. Im Mittelpunkt stehen dabei Mitarbeiterbindung und -motivation.

Ziele von Mitarbeiterbenefits Umfrage
Quelle: Bonago Belohnungsstudie 2022

 

Benefits als Bestandteil von Employer Branding

Immer wichtiger werden Benefits aber auch als Bestandteil von Employer Branding und Recruiting. Ersteres nahm im Gegensatz zum Vorjahr um neun Prozent zu, die Mitarbeitergewinnung stieg gar um 28 Prozent. In Anbetracht von Fachkräftemangel und einem War for Talents in vielen Bereichen gewinnt das Thema an Bedeutung, denn Unternehmen müssen sich im Konkurrenzkampf um Beschäftigte von anderen Arbeitgebern abheben.

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Allerdings tun sich die Unternehmen noch schwer, die gewährten Benefits auch als Recruiting-Instrument zu nutzen. So gibt nicht einmal jede:r Zweite an, die Benefits über die Karriereseite zu kommunizieren. In Stellenanzeigen platzieren 58 Prozent der Befragten die gewährten Vorteile. So wird Potenzial verschenkt, mögliche Bewerber:innen vom Unternehmen zu überzeugen. Fünf Prozent der Unternehmen kommunizieren ihre Vorteile schlicht gar nicht, wie die Grafik zeigt.

 

Kommunikation von Mitarbeiterbenefits Umfrage
Quelle: Bonago Belohnungsstudie 2022

Bei den Anlässen, zu denen Unternehmen die Zusatzleistungen gewähren, handelt es sich oftmals um betriebliche oder persönliche: Das Mitarbeiterjubiläum liegt dabei auf Rang 1, gefolgt von der Geburt eines Kindes und der Hochzeit. Auf dem vierten Rang liegt wie im vergangenen Jahr die Zielerreichung. Zuwachs verbuchen konnten Programme, in denen Mitarbeiter:innen neue Mitarbeiter:innen werben.

Ebenfalls verändert haben sich einige Einzelmaßnahmen innerhalb der Benefit-Strategien. Durch die Coronapandemie ist das Homeoffice vom Benefit fast zur Normalität geworden, gleichzeitig hat das Dienstauto an Beliebtheit verloren, während Dienstfahrräder gefragter sind.

Budget für Mitarbeiterbenefits steigt

Insgesamt werden Benefits für Mitarbeiter:innen beliebter. So stieg der investierte Wert in den vergangenen Jahren kontinuierlich, wie aus der Mitarbeiterbenefits-Studie hervorgeht. Wurden 2018 im Schnitt 76 Euro pro Monat und Mitarbeiter:in investiert, waren es im vergangenen Jahr bereits 93 Euro.

 

Investition in Benefits pro Mitarbeiter und Monat
Quelle: Bonago Belohnungsstudie 2022

Dabei sollten Unternehmen ihr Augenmerk auf individuelle Angebote legen. Wer gerade ins Berufsleben einsteigt, findet andere Benefits spannender als jemand, der oder die nur noch wenige Jahre arbeiten muss. Und nachfolgende Generationen legen insgesamt mehr Wert auf persönliche Freiheit, was Ort und Zeit der Arbeit angeht als etwa Prämien zum Jubiläum. Unternehmen können mit Benefits punkten, wenn sie wissen wie.

Talent Development: Man lernt nie aus

Fachkräftemangel, fehlender Nachwuchs, Digitalisierung – die Arbeitswelt steht vor großen Herausforderungen. Eine mögliche Lösung: Talent Development und Talent Management.

Bei LinkedIn machte kürzlich ein Bild die Runde, auf dem es hieß, dass wir bald nicht mehr von Arbeitslosen sprechen werden und damit Menschen ohne Job meinen, sondern von Arbeiterlosen und damit Unternehmen ohne Fachkräfte meinen.

Diese Prophezeiung ist nicht unbegründet: Der demografische Wandel geht langsam in die heiße Phase, weil die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer den Arbeitsmarkt verlassen und in Rente gehen. Übrig bleiben die jüngeren Generationen, die als Millennials und Generation Y oder Z bezeichnet werden und mit ihren Anforderungen an Arbeit für viele Personaler ein Buch mit sieben Siegeln bleiben.

Es wird also künftig immer schwieriger, geeignete Mitarbeiter:innen auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Die Anforderungen steigen nicht zuletzt wegen der Digitalisierung, aber auch wegen einer immer flexibler werdenden Arbeitswelt. Unternehmen sind dabei gut beraten, sich nicht darauf zu verlassen, immer die perfekt passende eierlegende Wollmilchsau (😊) per Stellenanzeige zu finden, sondern Mitarbeitende mit Potenzial zu identifizieren, weiterzuentwickeln und zu halten.

1. Talent Development vs. Talent Management: Was ist was?

2. How To: Welche Maßnahmen für Talent Development gib es?

3. Hohe Lernbereitschaft bei der jungen Generation

4. Stärkung des Teamzusammenhalts: Gemeinsam lernen

5. Fazit zu Talent Development: Menschen sind verschieden

Talent Development vs. Talent Management: Was ist was?

Wenn man vom Allgemeinen zum Speziellen geht, dann bedeutet Talent Management eine übergeordnete Strategie eines Unternehmens bezüglich Recruiting, Einstellung und Halten von qualifizierten Mitarbeitenden. Alle Planungen rund um das Thema gehören zum Talent Management. Eine Maßnahme kann etwa eine Talent Pipeline sein oder die Philosophie, Berufseinsteiger:innen einzustellen und weiterzubilden oder Stellen häufig intern zu besetzen.

Das Talent Development hingegen ist die spezifische Umsetzung an den einzelnen Mitarbeitenden: Es handelt sich um individuell zugeschnittene Maßnahmen, um vorhandene Talente weiterzuentwickeln. Es geht um lebenslanges Lernen und die Weiterentwicklung möglichst vieler Mitarbeitende direkt im Unternehmen in der Art und Weise, wie diese Personen es brauchen.

Das Talent Management schafft also die Rahmenbedingungen für das Talent Development. Beides zusammen sind all jene HR-Maßnahmen, die die Besetzung von wichtigen Positionen im Unternehmen langfristig sichern: vom Finden der richtigen Talente bis zur Weiterentwicklung von Mitarbeitende zu Expert:innen – strategisch und individuell. 

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How To: Welche Maßnahmen für Talent Development gib es?

Das Karrierenetzwerk LinkedIn untersucht jährlich, wie es um die Themen Lernen und Weiterentwicklung in Unternehmen steht. Die Studie aus dem vergangene Jahr zeigt: Wer sich intern weiterentwickeln kann, bleibt fast doppelt so lang. Aus dem LinkedIn Learning Workplace Report 2021  geht hervor, dass Mitarbeitende ohne interne Mobilität einem Unternehmen im Mittel 2,9 Jahre die Treue halten. Bei denjenigen mit interner Weiterentwicklung sind es im Schnitt 5,4 Jahre. Die Investition in Talent Management und Development lohnt sich also.

Die weltweit am häufigsten genutzten Maßnahmen zum Re- und Upskilling von Mitarbeitenden sind laut dem LinkedIn-Report zunächst einmal der Einsatz von speziellen People Managern, die sich hauptsächlich darum kümmern, wie Mitarbeitende lernen und ihre Skills weiterentwickeln. Außerdem ist es wichtig, überhaupt die Lücken zu identifizieren.

 Talent Development LinkedIn Maßnahmen
Talent Development LinkedIn Maßnahmen

Es lassen sich insgesamt verschiedene Bereiche identifizieren, unter anderem sind das Wissensmanagement, Mobilitätsprogramme innerhalb des Unternehmens und Up- und Reskilling von Mitarbeiter:innen. Dabei rücken verschiedene Bereiche immer weiter in den Mittelpunkt. Laut dem LinkedIn Report für 2022 sind das in Deutschland, Österreich und der Schweiz vor allem Programme zu Führung in einer sich wandelnden Arbeitswelt und Förderung digitaler Kompetenzen.

Linkedin Report zu geplanten Weiterbildungsprogrammen
Quelle: LinkedIn Workplace Learning Report 2022

Wissensmanagement: Wissen sammeln und zugänglich machen

Beim Wissensmanagement gilt es, das Wissen einzelner Mitarbeiter:innen im Unternehmen zu sammeln, verfügbar zu machen und systematisch an andere weiterzugeben. Das kann über spezielle Plattformen geschehen oder über regelmäßigen Wissensaustausch innerhalb der Teams in eigens dafür genutzten Terminen.

Mobilitätsprogramme: Bleibt mobil!

Wer suchet, der findet und das vielleicht am besten in den eigenen Reihen: Mobilitätsprogramme ermöglichen Mitarbeiter:innen berufliche Veränderungen ohne das Unternehmen zu wechseln – und zwar nicht nur in Form der klassischen Karriereleiter, sondern auch als eine Art Quereinstieg im selben Unternehmen. Wer sich beispielsweise in einen internen Talentpool eintragen lässt oder Mentoring-Programme wahrnimmt, kann sich inhouse weiterentwickeln, Positionen wechseln oder seinen Arbeitsbereich erweitern.

Reskilling und Upskilling

Beim Upskilling werden bereits vorhandene Fähigkeiten und Kenntnisse vertieft und erreichen so ein neues Level. beim Reskilling werden komplett neue Skills erlernt, um so möglicherweise auf eine andere Stelle zu wechseln oder den eigenen Job auszubauen.

Für beide Prozesse ist agiles Arbeiten besonders geeignet, weil durch die Organisation der Arbeit fehlende Qualifikationen gut bemerkt werden können. Denn das Erkennen der Lücke ist ja eigentlich der erste Schritt hin zum Talent Development. 

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Hohe Lernbereitschaft bei der jungen Generation

Beim Thema Weiterbildung und Weiterentwicklung haben Unternehmen weltweit vor allem bei den jüngeren Generationen gute Chancen. Der LinkedIn Report 2021 zeigt grob die Richtung: je jünger, desto wissenshungriger.

Linkedin Report zu Talent Development verschiedener Generationen
LinkedIn Workplace Learning Report 2021

So sind besonders die Jungen bereit, sich neues Wissen anzueignen, um sich im Unternehmen weiterzuentwickeln. Dabei ist ihnen besonders der technische Wandel bewusst, sodass vor allem Tech-Wissen gefragt ist. Bei den älteren Generationen sind es eher Soft Skills, wie die Grafik zeigt. 

Stärkung des Teamzusammenhalts: Gemeinsam lernen

Seit Corona arbeitet ein Großteil der Menschen im Home Office. Teammember und Führungskräfte sehen sich nur noch selten persönlich und dieser Trend wird sich verfestigen, weil schon jetzt längst nicht mehr alle Angestellten denselben Wohnort haben. Gemeinsames Lernen kann dann eine Möglichkeit sein, das Teamgefüge zu stärken. Dabei können sich entweder Teams gemeinsam ein Thema suchen, das sie sich aneignen wollen oder Mitarbeiter:innen mit bestimmten Fähigkeiten geben diese weiter – sei es fachliche oder private Skills. 

Fazit zu Talent Development: Menschen sind verschieden

Beim Talent Development geht es am Ende auch darum, zu verstehen, was die Menschen antreibt – denn Motivation ist ein wichtiger Schlüssel zur Weiterentwicklung. Wer braucht was, um sich zu entwickeln, wen erreiche ich wie?

DIE einzelne und für alle passende Maßnahme gibt es dabei nicht, weil es auch nicht DEN oder DIE eine Mitarbeiter:in gibt. Und die Generationen unterschieden sich, was den Fokus bei der Weiterentwicklung angeht. Laut des LinkedIn-Reports 2021 zeigt sich etwa bei der Generation Z die zunehmende Vermischung von Beruflichem und Privatem: 83 Prozent sagen, sie wollen ihre Skills erweitern, um in ihrer aktuellen Rolle im Unternehmen besser zu performen. 73 Prozent geben aber ebenfalls an, sie wollen ein Thema, das sie persönlich interessiert, weiterentwickeln.

Dementsprechend gehören Empathie und Menschenkenntnis ebenso zu den Werkzeugen der Talententwicklung, wie belohnende Aspekte. Und ein belohnender Aspekt ist eben auch schon, dass sich Menschen anerkannt, gesehen und wertgeschätzt fühlen in dem, was sie in ihrer Persönlichkeit und ihren Talenten ausmacht. Erkenne also, wen du vor dir hast und was die Person antreibt und du wirst höchstwahrscheinlich den Willen eines und einer jeden finden, sich weiterzuentwickeln.

 

Vier-Tage-Woche: Wie viel Arbeit brauchen wir?

In Island sind knapp 200.000 Menschen berufstätig. Mehr als 2.500 von ihnen, also über ein Prozent, nahmen seit 2015 an einer mehrteiligen Studie teil: Verkürzte Arbeitszeit bei gleichem Gehalt. Die Teilnehmer:innen reduzierten ihre Wochenarbeitszeit von 40 auf 36 oder 35 Stunden und arbeiteten eine Vier-Tage-Woche.

Eine erste Auswertung des Experiments fällt durchweg positiv aus – die Leistung und Produktivität blieb gleich oder hat sich sogar verbessert. Vor allem stieg aber das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen, sie hatten mehr Zeit für ihr Privatleben, waren weniger gestresst und erkrankten seltener an einem Burnout. Die Ergebnisse der Studie hatten bereits Folgen: 86 Prozent der Isländer:innen haben durch Verhandlungen der Gewerkschaften und Verbände mit Arbeitgebern zwischen 2019 und 2021 nun das Recht auf dauerhaft verkürzte Arbeitszeiten.

Wie sieht es hierzulande aus? Wie viel arbeiten die Beschäftigten in Deutschland? Wie viel wollen sie arbeiten? Und wer soll das alles bezahlen?

1. IST-Zustand: Wie viel arbeiten wir?

2. Wunsch und Wirklichkeit von Arbeitszeit

3. Was kürzere Arbeitszeiten bringen

4. Welche Modelle gibt es?

5. Arbeitszeitreduzierung: Wer soll das alles bezahlen?

6. Fazit

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IST-Zustand: Wie viel arbeiten wir?

John Maynard Keynes, der berühmte britische Ökonom, sagte eine Zukunft voraus, in der der Wohlstand so groß ist, dass wir nur mehr 15 Stunden pro Woche arbeiten müssten. Das war im Jahr 1930. Knapp 100 Jahre später sind wir davon noch weit entfernt. Die Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten im Durchschnitt 34,8 Stunden pro Woche – im europäischen Vergleich ist das zumindest auf dem Papier unterdurchschnittlich. Allerdings fließen in diese Zahl von Eurostat auch alle Beschäftigten ab 15 Jahren mit ein, die mindestens eine Stunde pro Woche gegen Lohn oder Entgelt arbeiten.

Vier-Tage-Woche: Infografik - Durchschnittlich geleistete Erwerbsarbeitszeit in den EU-Ländern

Dass die Deutschen also unterdurchschnittlich abschneiden, liegt an Mini- und Teilzeitjobs und nicht daran, dass man sich hierzulande schon mehrheitlich von der 40-Stunden-Woche verabschiedet hätte. Geringer sind die Werte etwa in Dänemark oder den Niederlanden, wo ebenfalls die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten sehr hoch ist.

Das Gesamtarbeitsvolumen steigt hierzulande dagegen seit Jahren, wie aus Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervorgeht.

Vier-Tage-Woche: Infografik - Arbeitsvolumen in Deutschland

In einer Studie des Europäischen Gewerkschaftsinstitut heißt es: „Es lässt sich bisher festhalten, dass die Arbeitszeit in Europa in erster Linie aufgrund des steigenden Anteils der Teilzeitbeschäftigung kürzer wird. Diese Teilzeitbeschäftigung ist zuallererst frauendominiert, in den unteren Bereichen der Karriereleiter angesiedelt, hat wenige berufliche Aufstiegsmöglichkeiten und zeigt einen überproportionalen Anteil an flexiblen Arbeitsverträgen.“

Zwar arbeiten Frauen also heute mehrheitlich, allerdings ist jede zweite in Teilzeit tätig, bei den Männern ist es nur rund jeder neunte. Damit sind die Frauen dem keynesianischen Traum zwar zeitlich näher – nur der Wohlstand stimmt eben nicht.

Vier-Tage-Woche: Infografik zum Beschäftigungsumfang in Deutschland

Wer in Vollzeit tätig ist, arbeitet als Mann im Durchschnitt 41,5 Stunden, bei Frauen sind es 39,9 Stunden – im Vergleich zum Jahr 1991 hat sich also kaum etwas getan in punkto Arbeitszeit, wie die Grafik zeigt.

Vier-Tage-Woche: Infografik zur durchschnittlich geleisteten Wochenarbeitszeit

Doch während also die wöchentliche Arbeitszeit bei vollem Gehalt etwa gleich bleibt, wird unser Arbeitsleben laut Eurostat immer länger. Eine 15-jährige Person hatte im Jahr 2011 durchschnittlich 37,4 Jahre Arbeit vor sich. Im Jahr 2020 sind es bereits 39,1 Jahre ihres Lebens, die sie der Arbeit widmen wird – Tendenz steigend. Denn wir werden immer älter, während die Zahl der Jüngeren abnimmt, die den Ruheständler:innen ihren Lebensabend finanzieren könnten.

Vier-Tage-Woche: Infografik zur Dauer des Arbeitslebens

WUNSCH UND WIRKLICHKEIT VON ARBEITSZEIT

Wir arbeiten also viel und perspektivisch müssen wir das auch immer länger, weil wir älter werden. Den Acht-Stunden-Arbeitstag gibt es seit etwas mehr als 100 Jahren, allerdings lange an sechs Tagen pro Woche. Der Deutsche Gewerkschaftsbund warb ab 1956 mit dem Slogan „Samstags gehört Vati mir“ für die Einführung der Fünf-Tage- bzw. 40-Stundenwoche, also in einer Zeit, als ein Hauptverdiener für eine ganze Familie arbeitete.

In der klassischen Kleinfamilie sind heute meist beide Elternteile berufstätig und müssen es finanziell auch sein. Je Familie wird also neben Haus- und Fürsorgearbeit mehr Erwerbsarbeit geleistet, statt sich sowohl die 40-Stunden-Arbeitswoche als auch die Zuhause anfallende Arbeit aufzuteilen. Und dieses Mehr an Arbeit zeigt sich womöglich auch in der Zunahme von Stress und psychischen und körperlichen Erkrankungen der Erwerbstätigen.

Vier-Tage-Woche: Infografik zu Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen

In einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) gibt jede:r zweite Befragte:r an, die Arbeitszeit gerne verkürzen zu wollen, trotz Gehaltseinbußen. Im Durchschnitt möchten die Befragten neun Stunden pro Woche weniger arbeiten. Weitere 39 Prozent sind zufrieden und 12 Prozent wollen verlängern, durchschnittlich um acht Stunden. Gefragt nach ihrer favorisierten Arbeitszeit gibt fast jede zweite Frau an, zwischen 20 und 34 Stunden arbeiten zu wollen. Bei den Männern sind es 40 bis 47 Stunden, gefolgt von 35 bis 39 Stunden. Auch hier spiegelt sich also die hohe Teilzeitquote der Frauen und die Vollzeittätigkeit von Männern wider.

Vier-Tage-Woche: Infografik zu gewünschten wöchentlichen Arbeitszeiten

Wer angibt, mehr arbeiten zu wollen, will im Grunde mehr Geld verdienen und nicht unbedingt mehr Zeit mit Erwerbsarbeit verbringen. So sind es vor allem Beschäftigte im Niedriglohnbereich, die diesem Wunsch zustimmen. Wer finanziell abgesichert ist, hat eher den Wunsch, seine Arbeit zu verringern, wie eine andere Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd) zeigt. Demnach sind unter denjenigen mit Wunsch nach Arbeitszeitverlängerung überdurchschnittlich viele Frauen und der Bruttostundenlohn liegt deutlich unter dem der Befragten mit Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung.

Vier-Tage-Woche: Infografik zu Merkmalen der Befragten zu Arbeitszeitwünschen

Was kürzere Arbeitszeiten bringen

Eine Abkehr von der 40-Stundennorm hat einige deutliche Vorteile: Es stellt eine Möglichkeit dar, sich an gesellschaftliche Veränderungen anzupassen, etwa den demografischen Wandel, ist aber auch ein Instrument für mehr Gerechtigkeit.

KÜRZERE ARBEITSZEITEN ALS BEITRAG ZUR GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT

Nach wie vor verbringen Frauen mehr Zeit mit Fürsorge- und Hausarbeit – Zeit, die ihnen fehlt, um Erwerbsarbeit zu leisten, weshalb der Frauenanteil in Teilzeitjobs hoch ist. Eine Absenkung der Arbeitszeit hin zu einem Modell mit 30 oder 35 Wochenstunden als Vollzeit würde also die Erwerbsarbeit von Frauen aufwerten und zumindest theoretisch mehr Lebenszeit von Männern für Fürsorge- und Hausarbeit zur Verfügung stellen. Außerdem würde sich die Schere bei der Altersarmut verringern, weil Frauen mehr in die Rentenkasse einzahlen könnten. Wer den Gender Pay Gap angehen will, kommt an dieser Stellschraube kaum vorbei.

ALTERSGERECHTES ARBEITSLEBEN

Wer immer länger arbeitsfähig bleiben soll, muss frühzeitig dafür sorgen, dass er oder sie das auch möglichst lange bleibt. Wenn ein Arbeitsleben immer länger dauert, sollten also die Rahmenbedingungen der Erwerbstätigkeit so gestaltet sein, dass Körper und Geist möglichst gesund bleiben. Dafür sind kürzere Arbeitszeiten unerlässlich. Ohne eine umfassende Neugestaltung der Arbeitszeit ist eine Ausdehnung der Lebensarbeitszeit nicht wirklich möglich, so eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

AUFWERTUNG VON TÄTIGKEITEN

Eine Arbeitszeitreduzierung bei gleichem Gehalt in gutbezahlten Akademikerjobs würde auch schlechter bezahlte Teilzeitjobs aufwerten, weil sie näher an Vollzeitjobs rücken würden. Insofern ist Arbeitszeitreduzierung ein wichtiges politisches Instrument für mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem stellt die Arbeitszeitverkürzung (bei gleichem Gehalt) eine Möglichkeit dar, die zunehmend ungleich verteilten Unternehmensgewinne weiterzugeben – in Freizeit, nicht in Geld.

KLIMASCHUTZ DURCH ARBEITSZEITREDUZIERUNG?

Die Klimakrise zeigt einmal mehr, dass das grenzenlose Wachstum unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems nicht möglich ist. Eine Reduzierung der Arbeitszeit und damit eine Fokusverschiebung von maximaler Produktivität hin zu mehr Freizeit, kann Klima und Ressourcen schonen, indem Menschen anders konsumieren, weil sie mehr Zeit haben und der Ressourcenverbrauch durch Arbeit gedrosselt wird. Wer mehr Zeit hat, kann zum Beispiel anders reisen, anders Nahrung zubereiten, mehr Zeit aufwenden, um Dinge zu reparieren, statt neu zu kaufen und mehr Zeit in demokratische Diskurse oder gesellschaftliches Engagement investieren. Das setzt aber einen anderen Fokus im Denken aller voraus.

VIER-TAGE-WOCHE, FÜNF-STUNDEN-TAG: WELCHE MODELLE GIBT ES?

Grundsätzlich kann sich eine geringere Arbeitszeit auf unterschiedliche Zeiträume beziehen:

Kürzerer Arbeitstag: Zum Beispiel Sechs- oder sogar nur Fünf-Stunden-Tage. Das eine wurde in einem Pilotprojekt in einem schwedischen Krankenhaus getestet, das andere von einer Bielefelder Agentur.

Kürzere Arbeitswoche: Der eingangs erwähnte Versuch in Island hatte eine Vier-Tage-Woche als Ergebnis, mit vier längeren Arbeitstagen und einem zusätzlichen Tag Wochenende. Dieses Modell eignet sich besonders, wenn nur wenig Zeit reduziert wird, aber das Pensum etwa gleich bleibt.

Kürzerer Arbeitsmonat: z.B. drei Wochen Arbeitszeit an je sechs Tagen, dann eine Woche frei oder ähnliche Konstrukte, bei denen sich jeweils Arbeit und freie Zeit in Intervallen abwechseln.

Kürzeres Arbeitsjahr oder anders gesagt: Mehr Urlaubstage zur freien Verfügung, was für längere Erholungsphasen sorgt, aber auch Familien mit Kindern eine bessere Betreuung in den Ferien ermöglicht.

Kürzeres Arbeitsleben: Wird erreicht durch früheren Rentenbeginn oder berufliche Auszeiten wie z.B. Sabbaticals. Aufgrund steigender Lebenserwartung scheint dieses Konzept eher nicht geeignet, weil der Trend dahingeht, dass wir länger arbeiten müssen.

Welche Form der Arbeitszeitverkürzung geeignet ist, ist von individuellen Lebenssituationen, aber auch von der Branche und Art der Arbeit abhängig und die Modelle haben ihre jeweils eigenen Vor- und Nachteile. So sind zusätzliche Urlaubstage für Familien mit schulpflichtigen Kindern möglicherweise sinnvoll, während Menschen mit Fernbeziehung das lange Wochenende vorziehen und wieder andere lieber früh in Rente gehen wollen. Kürzere Arbeitstage wiederum schaffen mehr Zeit für den Alltag mit Haus- und Sorgearbeit und Freizeit.

ARBEITSZEITREDUZIERUNG: WER SOLL DAS BEZAHLEN?

Weniger arbeiten ist schön und gut, allerdings muss eine Reduzierung der Arbeitszeit finanziert werden. Dabei gibt es drei Akteure, die direkt am Arbeitsverhältnis beteiligt sind. Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in sind die beiden direkten Vertragspartner:innen, der dritte Akteur ist der Staat. Dementsprechend können die Kosten im Grunde an diese drei Stellen adressiert werden – oder an niemanden.

DIE ARBEITNEHMER:INNEN ZAHLEN

Im simpelsten Fall tragen allein die Arbeitnehmer:innen die Kosten für die Verkürzung der Zeit, indem ihre Gehälter im Verhältnis zur Arbeitszeit sinken. Das ist aktuell der Fall bei Teilzeitarbeit und kann zu erheblicher finanzieller Belastung führen, vor allem im Niedriglohnbereich.

Ein anderer Fall ist die Verkürzung der Arbeitszeit ohne Gehaltsverlust, aber mit Verdichtung der Arbeitszeit, was zu gesundheitlichen Belastungen führen kann. Eine weitere Variante, die ebenfalls zulasten der Gesundheit der Erwerbstätigen gehen kann, ist die Verkürzung mit gleichzeitiger Flexibilisierung der Arbeitszeit, also etwa wenn die Laufzeiten von Maschinen ausgeweitet oder Öffnungszeiten angepasst werden. Dadurch wird weder Produktivität noch Gewinn von Unternehmen angetastet und für die Arbeitnehmer:innen sinkt die Zeit, die für Erwerbsarbeit aufgewendet wird, etwa auf 6-Stundenschichten. Allerdings rutschen Beschäftigte eben in eine Art Schichtarbeit, die die Vereinbarkeit von Freizeit und Familie mit der Arbeit beeinflussen und ebenfalls zu gesundheitlicher Belastung führen kann.

Eine weitere Variante ist die Vereinbarung eines Lohnstopps, Gehälter werden also über einen bestimmten längeren Zeitraum eingefroren und nicht weiter angepasst, während die Arbeitszeit aber sinkt.

DIE ARBEITGEBER ZAHLEN

Zahlen Arbeitgeber die Zeitverkürzung, bleiben die Gehälter konstant, obwohl weniger Zeit für die Erwerbsarbeit aufgewendet wird. Das kann zu niedrigeren Gewinnen oder niedrigerer Produktion oder aber zu höheren Preisen führen. Je preissensibler ein Markt ist, desto gravierender die Folgen. Sinkt die Wettbewerbsfähigkeit zu stark, kann es etwa zu Verlagerung des Produktionsstandorts oder einer Begrenzung künftiger Investitionen kommen.

DER STAAT ZAHLT FÜR VERKÜRZTE ARBEITSZEITEN

Wenn sich der Staat an der Arbeitszeitverkürzung beteiligt, kann das in Form von niedrigeren Sozialbeiträgen für die Arbeitnehmer:innen sein, sodass zwar der vom Arbeitgeber gezahlte Bruttolohn sinkt, bei den Erwerbstätigen aber derselbe Nettolohn ankommt. Oder die Sozialbeiträge für Arbeitgeber sinken, sodass die Nettolöhne gleichbleiben. Bei dieser Variante würde auch die Wahrscheinlichkeit von Neueinstellungen steigen. Wenn diese nicht im ausreichenden Maß erfolgen, sinkt allerdings die finanzielle Basis der Sozialversicherung.

UND WENN NIEMAND ZAHLEN MUSS?

Der beste Fall wäre, dass niemand zahlt und auch das ist möglich. Etwa, wenn durch die Verringerung der Arbeitszeit die Erholungszeiten der Arbeitnehmer:innen verlängert werden und diese produktiver und ausgeruhter sind, sodass Fehlerquoten und Unfallrisiko sinken. Außerdem fallen Fehlzeiten, Stress und Krankheit geringer aus. Weniger Arbeitszeit bedeutet außerdem nicht zwangsläufig weniger geleistete Arbeit, wenn zeitgleich Prozesse angepasst und effizienter gearbeitet werden kann.

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FAZIT

Arbeitszeitverkürzung ist ein wichtiges politisches Instrument für die Verteilung von Arbeit innerhalb einer Volkswirtschaft. Aber sie ist auch mit Vorsicht zu genießen und für Beschäftigte nur dann sinnvoll, wenn sie durch zusätzliches Personal und Zeitsouveränität der Beschäftigten ausgeglichen wird und für den Arbeitsmarkt nützlich, wenn sie Arbeitsplätze schafft. Kurze Arbeitszeiten bringen wenig, wenn sie nicht planbar sind oder aber sich die Arbeit so sehr verdichtet, dass zusätzlicher Stress entsteht. Das erhöht für Unternehmen nur Krankenstand und Fehlerquote.

UNTERNEHMEN KÖNNEN PROFITIEREN

Auf Unternehmensebene lassen sich Arbeitszeitverkürzungen realisieren, wenn gemeinsam mit den Beschäftigten Modelle ausgehandelt werden, die der Vereinbarkeit von Freizeit und Familie mit Erwerbsarbeit dienen. Gleichzeitig können Kompromisse für die Gehälter ausgehandelt werden. Aber selbst ohne Anpassung der Gehälter können Unternehmen von einer Verkürzung profitieren: Erholte Mitarbeiter:innen sind seltener krank, machen weniger Fehler und sind motivierter. Außerdem können sich Unternehmen vor allem bei den jetzt auf den Arbeitsmarkt drängenden Generationen positionieren, indem das Schlagwort „Work-Life-Balance“ wirklich ernst genommen wird und nicht bloß die Möglichkeit meint, die Mittagspause variabel zu legen.

WAS HAT CORONA VERÄNDERT?

In Anbetracht dessen, dass durch Corona viele Beschäftigte ihrem Arbeitgeber durch Home Office Platz in ihrem Zuhause einräumen und während ihrer Arbeitszeit anfallende Nebenkosten zahlen, während gleichzeitig das regelmäßige Socializen mit Kolleg:innen wegfällt, wäre Arbeitszeitverkürzung eine logische Konsequenz.
Auf staatlicher Ebene ist eine Orientierung hin zu kürzeren Arbeitszeiten ein wichtiger Schritt, um die Weichen zu stellen für mehr Gleichberechtigung und um mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Die Kurzarbeit während Corona hat gezeigt, dass kürzere Arbeitszeiten Jobs erhalten können, warum sollten auf einem ähnlichen Weg nicht auch neue Arbeitsverhältnisse geschaffen werden.

ZEIT FÜR VERÄNDERUNG

Seit gut 50 Jahren arbeiten wir in der Regel 40 Stunden an fünf Tagen die Woche. Mittlerweile sind Frauen in nahezu gleicher Zahl wie Männer auf dem Arbeitsmarkt vertreten, die insgesamt geleistete Arbeitszeit steigt. Mit der Erfindung des Computers und dem Aufkommen des Internets haben wir eine neue Kulturtechnik gelernt und in unser Arbeitsleben integriert, Informationen sind viel schneller verfügbar, müssen aber auch in viel größerer Masse von uns verarbeitet werden. Wir haben eine Pandemie durchlebt, die die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt hat und wir wissen, dass unser Wirtschaftssystem eine Gefahr für unser Ökosystem und künftige Generationen ist. Vielleicht ist es Zeit, mal wieder an den Rahmenbedingungen unserer Arbeit zu schrauben und statt mehr Konsum und Wachstum mehr Freizeit und Zeitsouveränität für die Menschen einzuführen.

 

 

(Wenn) Arbeit nervt: Auslöser für Arbeitsfrust in Deutschland

Jeder hat es schon mal erlebt: Arbeitsfrust. Klar, manchmal hat man auch einfach nur einen schlechten Tag. Umso häufiger sind es aber Faktoren, die direkt mit der Arbeitsorganisation verknüpft sind, die einem die Freude am Arbeiten vermiesen. In einer aktuellen Studie von Dr. Nico Rose, der sich als “Sinnput-Geber” bezeichnet und in den Bereichen HR und Führung berät, geht er der Frage nach, was bei den Deutschen fernab von schlechten Tagen für Arbeitsfrust sorgt.

Dafür hat er mehr als 900 Personen befragt, die in verschiedenen Funktionen und Branchen arbeiten. Da etwas mehr Männer als Frauen befragt wurden und der überwiegende Teil der Stichprobe ein abgeschlossenes Studium hinter sich hat, ist die Studie nicht repräsentativ, aber weil es vorrangig um subjektive Wahrnehmungen geht, bleiben die Ergebnisse spannend.

Die Ergebnisse der Studie sind in fünf Gruppen gegliedert:

• Zunächst, in schwarz gekennzeichnet, sind da Faktoren, bei denen es um Strukturen und Ressourcen geht
• die roten Ergebnisse drehen sich um Themen der (wahrgenommenen) Führung
• in türkiser Farbe sind Faktoren der Vergütungssituation und der Karriereperspektiven gekennzeichnet
Grau zeigt Ergebnisse rund um die Arbeitsbelastung
• und in Lila werden Faktoren dargestellt, bei denen es um die psychologische Bewertung der Arbeitssituation und die Sinnwahrnehmung geht
• als zusätzliche sechste Gruppe gibt es vier gemusterte Faktoren, die ohne Gruppenzugehörigkeit für sich stehen

Arbeitsfrust: Das sind die Faktoren

Arbeit nervt: Wo entsteht Arbeitsfrust?
Quelle: Dr. Nico Rose – Arbeitsfrust vs. Arbeitslust: Was den Deutschen die Arbeitsfreude vermiest

Platz 1 und 7 zählen zu den Faktoren, bei denen es um Ressourcen und Strukturen geht. Ressourcenmangel auf Platz 1 ist selbsterklärend: Wer viel erreichen will, stößt ohne adäquate Mittel rasch an eine Grenze – andererseits, wie Nico Rose es auch erwähnt, gibt es hier auch keine Limit nach oben. Mehr geht immer.

Überbordende Bürokratie, das ist jedem klar, der Kafka in der Schule lesen musste, ist ein Gräuel für viele deutsche Arbeitnehmer. Besonders Großkonzerne stehen oft in dem Ruf, mit ihren fest verankerten Strukturen und unverständlichen Regeln (à la “Das haben wir hier schon immer so gemacht.”) vor lauter Bürokratie regelrecht verkrustet zu sein. Wer dort mit innovativen Vorschlägen um die Ecke kommt und vorerst abgeschmettert wird, wird wohl zunächst frustriert zurückbleiben.

Drei Plätze unter den Top-10 nehmen Faktoren im Bereich der Vergütung und Karriereperspektiven ein. Es ist eine Binsenweisheit, die sich immer wieder bewahrheitet: Geld allein vermag nur wenige Arbeitnehmer glücklich zu machen. Und auch diese Studie zeigt es wieder: Unzufriedenheit mit dem aktuellen Gehalt belegt nur den sechsten Platz unter den Arbeitsfrust-Erzeugern. Als deutlich belastender empfinden die Teilnehmer dafür mangelnde Karriereoptionen – sie belegen Platz 2. In diesem Zusammenhang steht auch Platz 8, wenn auf lange Sicht keine positiven Gehaltsentwicklungen in Reichweite scheinen.

Was Arbeitgebern besonders sauer aufstoßen dürfte (oder zumindest sollte) sind die zahlreichen Faktoren, die mit schlechter Führung zusammenhängen. Ganze fünfmal haben es solche Themen in die Top-Ten geschafft. Zum einen mangelt es vielen an Vertrauen in die Top-Ebene, aber auch bei direkten Vorgesetzten gibt es offenbar Probleme. Zum anderen fehlt es vielen Befragten an Feedback – sowohl konstruktivem, um sich zu verbessern, als auch an positivem, Stichwort Wertschätzung. Außerdem empfinden viele Teilnehmer wohl mangelhafte Unterstützung im Punkt Weiterbildung (Platz 10).

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Nicht zu unterschätzen: die Bedeutung von Sinnhaftigkeit der Arbeit und Cultural Fit

Abseits der zehn größten Störfaktoren wartet die Studie noch mit anderen interessanten Ergebnissen auf, zum Beispiel zum Thema Arbeitsbelastung. Hier zeigt sich: Es ist eher die Unterforderung mit den eigenen Aufgaben, die bei den Teilnehmern Arbeitsfrust auslöst, als Überforderung. Statt Burn-out droht demnach so manchen Beschäftigten ein Bore-out. Trotzdem bleiben auch (unbezahlte) Überstunden ein leidliches Thema für manche Befragten.

Erfreulich hingegen ist, dass die meisten Befragten ihre Arbeit als sinnstiftend empfinden. So haben die meisten Interesse an ihrer Arbeit und nur wenige erleben sie als sinnfrei (Plätze 29 und 30). Schon etwas trüber sind da die Einblicke in die kulturelle Passung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Plätze 19 und 20). Stimmt die Unternehmenskultur nicht mit den eigenen Werten überein, gibt es nur eine beschränkte Aussicht auf eine lange und glückliche Zusammenarbeit.

Trotzdem wird Cultural Fit noch häufig belächelt. Zusammen mit dem Employer Branding, etwa auf der Online-Karriereseite, braucht es hier die authentische Kommunikation nach innen und außen, um passende Bewerber zu finden und neue Mitarbeiter zu halten.

Immerhin glaubt der überwiegende Teil der Befragten, dass ihr Unternehmen einen positiven Beitrag in der Welt bewirken kann und auch, dass die eigene Arbeit dabei eine Rolle spielt (Plätze 27 und 28).

Bessere Aussichten für Führungskräfte & Top- und Flopbranchen

Wenig überraschend ergab die Studie ebenfalls, dass es bei Führungskräften insgesamt weniger Gründe für Arbeitsfrust gibt. Vor allem bei denen in der Grafik in Lila gekennzeichneten Faktoren, die die psychologische Bewertung der Arbeitssituation zeigen, geht es den Arbeitnehmern in Führungspositionen besser.

Unterschiede bei den Ergebnissen zeigen sich auch zwischen den verschiedenen Branchen: Während sich Teilnehmer aus den Branchen Strategie, Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb in Bereichen wie Gehaltszufriedenheit und psychologischen Bewertungen positiv hervor getan haben, sieht es in den Branchen Marketing, Logistik und Produktion sowie Finanzen/Controlling/Recht eher düster aus.

Was die Branchen(un-)zufriedenheit wiederum mit Führungskräften zu tun hat, welche Faktoren bei der jeweiligen Branche besonders für Frust bei der Arbeit sorgen und welche in der Studie untersuchten Faktoren sich besonders stark auf die Wechselabsichten von Arbeitnehmern auswirken, könnt Ihr in der Studie selbst nachlesen.

Alle Ergebnisse gibt es hier zum Download.

Wenn’s passt: Zugehörigkeit in deutschen Unternehmen

Hallo, Freunde einer topaktuellen Studie! Willkommen zum heutigen Post rund um die Themen Loyalität und Zugehörigkeit im Unternehmen. Wir fassen für Euch die Faktoren zusammen, die für die Mitarbeiterbindung von hoher Bedeutung sind. LinkedIn und YouGov haben auf dem Gebiet nachgeforscht und eine für Deutschland repräsentative Studie erstellt.

In den letzten Jahren haben Studien ergeben, dass deutsche Arbeitnehmer grundsätzlich ein gewisses Maß an Wechselbereitschaft zeigen – auch dann, wenn keine Unzufriedenheit am aktuellen Arbeitsplatz herrscht (2016 z.B. 52%). Bei Unternehmen dürften solche Zahlen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen werden. Loyalität und Vertrauen aber müssen verdient und gepflegt werden, schon klar. Rein monetäre Anreize halten längst nicht alle Arbeitnehmer an einem Arbeitsplatz, der nicht zu ihnen passt.

Diese Faktoren sorgen für ein Gefühl von Zugehörigkeit

Es darf (ein bisschen) aufgeatmet werden. Rund ein Fünftel der Arbeitnehmer verspürt wohl so etwas wie eine “tiefe Bindung” zum Arbeitgeber: 21% der Befragten gaben an, “perfekt” zu ihrem Unternehmen zu passen. Weitere 26% finden, sie und der Arbeitgeber geben ein “tolles Team” ab. Außerdem ist nicht jeder bereit, in ein Unternehmen zu wechseln, das kulturell schlechter passt – wenn überhaupt, dann muss sich in der Gehaltskategorie schon einiges tun:

Zugehörigkeit zum Unternehmen Infografik
Quelle: LinkedIn – Studie Wettbewerbsfaktor Zugehörigkeit

Ob sich die Mitarbeiter dann in so einem kulturell schlechter passenden Unternehmen dauerhaft wohlfühlen können (selbst bei zwei Drittel höherem Gehalt), steht auf einem anderen Blatt.

Doch jetzt zu den Faktoren, die bei den Befragten für Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber und einem Zugehörgkeitsgefühl sorgen:

Die Teilnehmer sind sich einig: Fairness ist ihnen am wichtigsten. Augen und Ohren aufgesperrt, liebe Unternehmen! Diesen klaren Sieger wählten mit 58% mehr als die Hälfte der Teilnehmer auf den 1. Platz der Faktoren, die für Zughörigkeitsgefühle sorgen. Grundsätzlich ist damit gemeint, dass “alle Mitarbeiter fair und gleich” zu behandeln sind.

Fairness ist natürlich ein weites und noch dazu subjektives Feld. Allerdings liegt der Faktor Transparenz (im Sinne von “offener und ehrlicher Kommunikation!) mit 16% auf Platz 2 – und man kann durchaus behaupten, dass diese Faktoren über einige Berührungspunkte verfügen.

Faktoren für Mitarbeiterzugehörigkeit
Quelle: LinkedIn – Studie Wettbewerbsfaktor Zugehörigkeit

Unterschiedliche Zielgruppen favorisieren unterschiedliche Aspekte von Fairness

Fairness hat verschiedene Seiten, die von unterschiedlichen Zielgruppen entsprechend bewertet werden. Für 46% der weiblichen Befragten ist es im Bezug auf den Faktor Fairness am wichtigstem, dass Männer und Frauen das gleiche Gehalt bekommen. Nur 28% der Männer wählten diesen Fairness-Aspekt auf Platz 1.

Themen wie Diversity (4%), klare Haltung von Unternehmen in Bezug auf gesellschaftliche Themen (2%) oder Investitionen in ein Corporate Social Responsibility-Programme (2%) zählen zu den weniger hoch platzierten Fairness-Aspekten. Ob solche einzelnen Aspekte für die Zugehörigkeit relevant sind, korreliert mit unterschiedlichen demografischen Richtwerten, wie etwa Alter und Berufserfahrung, Bildung oder Ausprägung von politischem Interesse.

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Faire Arbeitsverträge hingegen finden bei 15% aller Teilnehmer Anklang – in der Studie wurde hierfür das Beispiel genannt, dass Unternehmen auf sachgrundlose Befristungen verzichten. Insgesamt 44% wählten diesen Aspekt auf Platz 1, 2 oder 3. Weniger wichtig hingegen sind Aspekte wie faire Top-Management-Gehälter: nur bei 8% sorgt dies ein Gefühl von Zugehörigkeit.

Zugehörigkeit als Wettbewerbsvorteil

Maßnahmen, die Zugehörigkeit fördern, brauchen die Investition von Zeit, Mühe und Geld. Aber, so betont es die Studie und die LinkedIn Direktorin für Talent Solutions im DACH-Raum Barabra Wittmann, sie werden mit der Loyalität der Mitarbeiter belohnt.

Heutzutage, wo unsere Arbeitswelt von so unterschiedlichen Einflüssen wie Fachkräfteengpässen und Cultural Fit mitbestimmt wird, sind treue Mitarbeiter, die die Werte und Ziele ihres Unternehmens teilen, unbezahlbar. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: 18% der Befragten schließen es aus, zu einem Unternehmen zu wechseln, das schlechter zu ihnen passt – egal, welches Gehalt ihnen geboten würde.

Der Artikel bezieht sich auf Vorab-Informationen von LinkedIn, die Studie “Wettbewerbsfaktor Zugehörigkeit” gibt es ab heute 8:00 Uhr zu finden.

Endlich mal vom Schreibtisch loseisen: Pausenkultur in deutschen Unternehmen

Ein kürzlich veröffentlichter Umfrage-Report von Jobware hat ergeben, dass 55% der Teilnehmer ihre Mittagspause am Schreibtisch verbringen. Sie essen also an ihrem üblichen Arbeitsplatz. Raus aus dem Trott des Arbeitsalltags? Eher nicht. Wer in der Kantine isst oder zum Imbiss geht, hat da schon bessere Chancen. 11% der Teilnehmer verzichten sogar ganz auf die Mittagspause. Anlass genug, sich mit dem Thema Pausenkultur zu beschäftigen.

Quelle: Jobware Umfrage-Report 2017 – Wir fragen. Personaler und Bewerber antworten.

Pausenkultur in Deutschland

Pausenkultur ist ein Teil der Unternehmenskultur. Und so wie Unternehmen in Strukturen, Arbeitsweisen und Bedingungen verschieden sind, unterscheiden sie sich auch in der Pausengestaltung.

Am 22.07. widmete Deutschlandfunk dem Thema eine Sendung. Experten wie Prof. R. Wieland, Leiter des Arbeitsbereiches Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Wuppertal und Kerstin Franke, die als Gesundheitsmanagerin Unternehmen in solchen Belangen berät, sprachen über die Herausforderungen des erfolgreichen Pause-Machens.

Pausenkultur in Deutschland, da ist man sich einig, ist im Vergleich zu anderen Ländern wie etwa Japan oder Schweden in der Arbeitskultur nicht sonderlich tief verwurzelt.

Wer viel Pause macht, ist ein Schlappschwanz.

formuliert Prof. Wieland. Das ist natürlich überspitzt, zeigt aber die Tendenz, mit der die Pause in deutschen Unternehmen auch heute noch mitunter bewertet wird.

Dabei ist lange bekannt, dass regenerierte und gesunde Arbeitnehmer effektiver arbeiten. Unternehmen müssten also ein praktisches ökonomisches Interesse daran haben, dass ihre Mitarbeiter mal runter- oder rauskommen können. Und selbstverständlich gibt es sie, die Unternehmen, die sich um ihre Mitarbeiter kümmern und ganzheitliche Konzepte für deren Wohlbefinden erstellen. Pausengestaltung kann vielfältig sein. Ob sportlich oder entspannend, kollegial oder individuell, mit oder ohne Event-Charakter.

Trotzdem ergab eine Studie der Krankenkasse pronova BKK, dass nur 4 von 10 Mitarbeitern jeden Tag eine Mittags- oder Erholungspause machen. Ein Drittel der Angestellten verlässt den eigenen Arbeitsplatz den ganzen Arbeitstag lang überhaupt nicht.

Dafür kann es natürlich verschiedenste Gründe geben. Termin- und Zeitdruck und mangelnde Vorbilder zählen aber mit Sicherheit dazu. Doch selbst wenn eine Mittagspause gemacht wird, heißt das nicht, dass diese automatisch zur Erholung taugt. Am Schreibtisch vorm PC zu essen bietet Angestellten, die dort ohnehin den ganzen Tag verbringen, nur wenig Abwechslung.

Natürlich arbeiten nicht alle Deutschen in einem Büro oder haben den gleichen Zeitraum für eine Mittagspause zur Verfügung – wenn überhaupt. In Betrieben, in denen chronischer Personalmangel herrscht, wie etwa in Krankenhäusern, entfallen die (eigentlich ja gesetzlich vorgeschriebenen) Pausen häufig auch ganz.

Quelle: pronova BKK – Studie: Betriebliches Gesundheitsmanagement 2016

Die Rolle von Unternehmen und Führungskräften

Das plakative Zitat von Prof. Wieland soll auf ein grundlegendes Mentalitätsproblem aufmerksam machen. Denn irgendwann ist selbst der fleißigste und disziplinierteste Mitarbeiter erschöpft und die Konzentration lässt nach – was sich zwangsläufig auf die Qualität der Arbeit auswirkt. Mehr noch ist dies im Home Office der Fall.

Gesundheitsmanagerin K. Franke und Prof. Wieland sind sich einig: Pausenkultur ist Führungskultur. Die Vorbildfunktion von Vorgesetzten spielt eine besondere Rolle. Die Studie der pronova BKK zeigt aber: 78% der deutschen Arbeitnehmer sehen in ihren direkten Vorgesetzten kein Vorbild, wenn es um gesundheitsbewusstes Arbeiten geht. Doch nicht jeder kann sich davon frei machen, wenn die Vorgesetzten ein ungesundes Arbeitsverhalten vorleben.

Ist das soziale Umfeld Pausen gegenüber generell ungnädig eingestellt, lässt sich das nicht von einem Tag auf den anderen Tag ändern. Führungskräfte können aber mit einer Korrektur ihres eigenes Verhaltens mit gutem Beispiel vorangehen um eine größere Toleranz bei ihren Mitarbeiter zu schaffen. Pausenkultur kann nur dann funktionieren, wenn Arbeitnehmer das Gefühl haben, sich die Pause nehmen zu können, ohne dass sie schräg angeguckt werden.

Viele Unternehmen holen sich externe Anregungen zur Gestaltung ihres Gesundheitsmanagements. Angebote wie Massagen, Yoga, Atem- und Stimmübungen kommen aber nicht bei jedem Mitarbeiter gleichermaßen gut an. Fehlende Selbstbestimmung ist nur ein weiterer Faktor, der bei überlasteten Arbeitskräften zu mehr Frustration führen kann. Die Bedürfnisse sind eben verschieden.

Klar ist aber auch: Wer in der Pause nur 30 Minuten Zeit hat (oder noch weniger), der wird es kaum schaffen, in diesen 30 Minuten zu essen, Mittagsschlaf einzulegen, autogenes Training und vielleicht noch ein paar Übungen zur Entlastung der Wirbelsäule zu machen.

“Kosmetische” Pausen?

Prof. Wieland weist auch darauf hin, dass eine Pause, selbst dann wenn sie ordentlich gestaltet ist, keine grundlegenden Missstände im Unternehmen kitten kann. Schlechtes Betriebsklima, überquellende Terminkalender und sich häufende Überstunden zählen zu den strukturellen Problemen, die dazu führen können, dass Mitarbeiter ausgepowert und emotional und physisch belastet sind.

Wem am Wohlbefinden seiner Angestellten gelegen ist, muss also auch Ursachenforschung betreiben. Auf lange Sicht können manchmal (zum Beispiel im Falle der Krankenhäuser) nur umfassende Maßnahmen (wie Aufstockung des Personals) zu einer Verbesserung der Gesamtsituation führen. Trotzdem lohnt es sich, auch kurzfristig in Aktion zu treten, mit einem Auge darauf, was unmittelbar machbar ist.

Die Pause muss nicht zwangsläufig zum Event werden, damit sie zur Mitarbeiterbindung beiträgt

2015 räumte der Otto Konzern mit seinem Konzept “inspirierende Mittagspause” einen Human Resources-Excellence-Award ab. Ob Poetry Slam, Konzert oder Lesung – die kulturellen und unterhaltsamen Pausen finden bei den Mitarbeitern große Zustimmung.

Bei einer internen Umfrage sagten fast 85 Prozent der Veranstaltungsbesucher, dass der ‚Culture Club‘ zu einer positiven und inspirierenden Unternehmenskultur beiträgt.

heißt es dazu im Newsroom des Otto Konzerns. Solche Maßnahmen wirken nach innen und außen – sowohl im Hinblick auf die Stimmung der Mitarbeiter als auch als Beitrag zur hippen Employer Brand.

Doch es muss nicht unbedingt gleich ein Privatkonzert sein, damit Angestellte mehr von ihrer Pause haben. Es geht auch bescheidender: häufig ist der Wunsch nach einer Küche und ansprechenden Aufenthaltsräumen zu vernehmen, in denen Mitarbeiter Essen nicht nur aufwärmen, sondern auch frisch zubereiten und die Mittagspause (wenn gewollt) gemeinsam verbringen können.

Und wer das Glück hat an einem so schönen Ort wie der Hamburger Alster zu arbeiten (so wie wir), der sollte in Erwägung ziehen, nach dem Essen öfter mal einen kleinen Spaziergang einzulegen.

Was sind Eure Erfahrungen im Bezug auf die Pausenkultur in Unternehmen?

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