Recruiting im Anlagen- und Maschinenbau: Unternehmen sorgen sich um Fachkräftemangel

Der Anlagen- und Maschinenbau gilt als größter Arbeitgeber und zweitgrößter Industriezweig Deutschlands. Insgesamt zählt diese Branche knapp 6.700 Unternehmen, in denen rund eine Million Menschen beschäftigt sind. Und doch ist der Mangel an entsprechend ausgebildeten Fachkräften hoch und zahlreiche Stellen, vor allem in der Produktion, bleiben unbesetzt.

Die Berufsbilder sind ebenso vielseitig wie die verschiedenen Fachbereiche der Branche: Techniker:innen, Mechaniker:innen, Ingenieur:innen und Mechatroniker:innen werden sowohl in der Agrartechnik, Fördertechnik, Robotik, Automation als auch im Sektor der Bau- und Verpackungsmaschinen gesucht. Und damit sind noch längst nicht alle Berufsbilder und Fachbereiche abgedeckt.

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Bis zu 0,5 Arbeitlose pro Stelle: Im Anlagen- und Maschinenbau bleibt das Recruiting kompliziert

International wird Deutschland aufgrund seiner mittelständischen Marktstruktur auch als Nation mit „Hidden Champions“ bezeichnet. Als heimliche Gewinner bezeichnet man mittelständische bis größere Unternehmen, die in ihrer Branche zwar Weltmarktführer, aber trotzdem weitestgehend unbekannt sind. Im Recruiting sind viele dieser Mittelständler wegen ihrer fehlenden Arbeitgeberbekanntheit zwar „hidden“, aber auf der Suche nach Bewerber:innen häufig keine Champions. Laut Mittelstandsbarometer 2021 kann ein Drittel aller Mittelständler im produzierenden Maschinen- und Anlagenbau aus Mangel an geeigneten Bewerber:innen ihre Stellen nicht besetzen.

In unserer aktuellen Online Recruiting Studie mit Schwerpunkt Maschinen – und Anlagenbau haben wir uns die Arbeitsmarktdaten der Branche etwas genauer angeschaut. Während die Bundesagentur für Arbeit für den Maschinenbau und die Betriebstechnik auf Expert:innen-Niveau (z.B. Ingenieur:innen Maschinenbau oder Verfahrenstechnik) eine recht erfreuliche Arbeitslosen-Stellen-Relation von 4,16 im Jahr 2020 angibt, gibt die Detailansicht der letzten 6 Monate im Jobspreader Marktdaten Checker ganz andere Einblicke: Die Marktdaten für „Ingenieur:innen für Verfahrenstechnik“ zeigen, dass in diesem Bereich lediglich 1,6 Arbeitslose auf eine Stelle kommen.

Noch härter trifft es Unternehmen auf der Suche nach Techniker:innen in der Fachrichtung Mechatronik: In den vergangenen sechs Monaten kamen im Durchschnitt 0,5 Arbeitslose auf eine Stelle.

Quelle: Jobspreader Marktdaten Checker

Und das, obwohl sich der gesamte Industriezweig immer noch fest im Corona-Würgegriff befindet.
Auch Ingenieur:innen im Bereich Automatisierungstechnik sind schwer zu finden. Die Arbeitslosen-Stellen-Relation liegt hier bei 0,8 und zeigt deutlich, in was für einer misslichen Lage sich nicht nur Mittelständler befinden dürften.

Doch warum ist es gerade im Anlagen- und Maschinenbau so schwierig, (qualifizierte) Fachkräfte zu finden?

Mangel an geeigneten Bewerber:innen durch Digitalisierung

In unserer Auswertung wird deutlich, dass vor allem Fachbereiche in der Automatisierung oder Mechatronik mit einem Bewerber:innen-Mangel zu kämpfen haben. Auch in der Produktion bleiben zahlreiche Stellen unbesetzt, da in den letzten Jahren die Digitalisierung Prozesse und sogar ganze Berufsfelder verändert hat. An der Schnittstelle zwischen IT und Ingenieurwesen entstehen zusätzlich neue Jobprofile – ebenso wie in den Bereichen Industrie 4.0, erneuerbare Energien, KI, autonomes Fahren und Robotik.

Die digitale Transformation bringt große Veränderungen der Industrie- und Ingenieur-Jobs mit sich und lässt Aufgaben und Systeme komplexer werden. Die Ingenieurbranche wird in Zukunft vermehrt Expert:innen benötigen, die in vielen gesellschaftlichen Bereichen Prozesse digital planen, steuern und kontrollieren können. Zahlreichen Kandidat:innen fehlen hierfür allerdings noch die notwendigen Kenntnisse wie beispielsweise für die Datenanalyse oder Automatisierung, die zuvor für die jeweiligen Berufe keine große Rolle gespielt haben. Egal ob für die Planung, Herstellung oder Instandhaltung technischer Produkte und Prozesse: Bei vielen potenziellen Bewerber:innen besteht digitaler Upskilling-Bedarf.

Für Firmen wird es außerdem zunehmend wichtiger, junge Menschen so früh wie möglich für sich zu gewinnen, ans Unternehmen zu binden und ihnen die nötigen Anforderungen zu vermitteln. Doch auch das wird aktuell immer schwieriger: Wie wir in unserem letzten Artikel bereits thematisiert haben, warnt das Institut der deutschen Wirtschaft vor einem verschärften MINT-Fachkräfte-Engpass durch die Bildungsausfälle im Zusammenhang mit der Coronapandemie. Nicht nur die Qualität der Bildung habe in Schulen und Universitäten gelitten, sondern auch die Möglichkeit für Schüler:innen und Student:innen, praktische Erfahrung sammeln zu können. Zudem ist der Anteil ausländischer Studierender gesunken, die in den MINT-Fächern sonst einen hohen Anteil haben.

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Berechtigte Sorgen des Mittelstands auf der Suche nach Ingenieur:innen

Obwohl die Arbeitslosenzahlen in der Corona-Pandemie gestiegen sind, finden vor allem deutsche Mittelständler laut Mittelstandsbarometer keine ausreichend qualifizierten Bewerber:innen. 54 Prozent der befragten Unternehmen sehen die größte Gefahr der eigenen unternehmerischen Entwicklung darin, nicht genügend geeignete Bewerber:innen finden.

Der ausgeprägte Kandidat:innen Mangel ist für alle Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau ein Problem. Für unbekanntere, mittelständische Unternehmen allerdings ein ein ernsteres, als beispielsweise für Größen wie Siemens, thyssenkrupp oder Airbus. Während sich viele MINT-Absolvent:innen nach ihrem Abschluss vorrangig bei den Big Playern im Markt umschauen wollen, sind weltweit führende Firmen in der Verpackungs- oder Fördertechnik als interessante Arbeitgeber oft unbekannt. Um für potenzielle Bewerber:innen attraktiv zu werden, sollten Unternehmen in erster Linie darauf achten, sichtbar zu sein.

Reichweite erhöht die Sichtbarkeit und gibt unbekannteren Firmen die Chance, sich als ein Arbeitgeber zu präsentieren, der es durchaus mit den großen am Markt aufnehmen kann. In unserer Online Recruiting Studie mit Schwerpunkt Maschinen- und Anlagenbau haben wir 141 Unternehmen auf ihre Candidate Journey untersucht und festgestellt, dass hier durchaus noch Luft nach oben ist.

Candidate Journey bei über 140 Firmen: Luft nach oben

Um Kandidat:innen direkt von der allgemeinen Corporate Page auf die Karriereseite und die offenen Stellen zu locken, ist eine prominente Platzierung des Links “Karriere” oder “Jobs” direkt im Headermenü auf der Startseite empfehlenswert. In der Maschinenbau-Branche geben allerdings nur 69 Prozent der Firmen den Website-Besucher:innen die Chance, ohne langes Suchen direkt auf den Stellenangeboten zu landen.

Link zur Karriereseite Maschinenbau Anlagenbau

Auch die Mobiloptimierung der Karriereseiten, Jobbörsen, Stellenanzeigen und Bewerbungsformulare ist ein wichtiger Teil auf der Suche nach mehr Bewerber:innen. Durch den Wandel der Mediennutzung sind immer mehr Jobsuchende mit ihrem Smartphone unterwegs. Ganz besonders ärgerlich sind nicht mobiloptimierte Stellenanzeigen, wenn zuvor Werbung über Soziale Medien geschaltet wurden: Instagram, TikTok, YouTube oder Facebook werden zum Großteil über Smartphones genutzt. Wer im Internet auf der Suche nach Kandidat:innen ist, sollte auch auf das Internet vorbereitet sein – und das findet heute hauptsächlich auf den Smartphones statt.

Allerdings bieten nur 52 Prozent der untersuchten Unternehmen die Möglichkeit, über ein gut nutzbares mobiles Formular Bewerbungen abzuschicken. 27 Prozent der Firmen zwingen die interessierten Kandidat:innen sogar dazu, für das Abschicken ihrer Daten oder Unterlagen einen Account anzulegen. Insbesondere bei Mangelberufen wie Ingenieur:innen und Techniker:innen ist es fahrlässig, diesen Prozess zu erschweren.

Egal ob Mittelständler, Hidden Champion oder Weltmarktführer: Wer auf einem abgegrasten Markt auf der Suche nach guten Bewerber:innen ist, sollte in seiner Candidate Journey für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Was auf dem Arbeitsmarkt los ist und wie Du Deine Karriereseite hierauf besser vorbereitest, erklären wir Dir in unserer aktuellen Studie:

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Klimaschutz und Digitalisierung gehen Hand in Hand Richtung MINT-Fachkräftemangel

Die deutsche Wirtschaft steht mit dem Abklingen der Corona-Pandemie weiterhin vor zwei großen Herausforderungen: Klimaschutz und Digitalisierung. Beide Bereiche bedingen sich, wie aus dem aktuellen MINT-Frühjahrsreport des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervorgeht – und befeuern gemeinsam den MINT-Fachkräftemangel. Die Unternehmen rechnen laut der Studie vor allem im Bereich IT mit einem noch höheren Bedarf an qualifizierten Beschäftigten, nicht zuletzt, weil der Bereich Künstliche Intelligenz für den Klimaschutz einen großen Beitrag leisten kann.

Aktuell liegt die Zahl der zu besetzenden Stellen laut IW im gesamten MINT-Bereich bei rund 360.000, während knapp 230.000 Personen auf der Suche nach einem MINT-Job arbeitslos gemeldet waren – bleiben gut 131.000 Stellen, die allein rein rechnerisch nicht besetzt werden können. Werden dann noch die “qualifikatorischen Mismatches” herausgerechnet, gab es im April 2021 für gut 145.000 Stellen keine geeigneten Kandidat:innen. Vom Anforderungslevel her fehlten vor allem Expert:innen (72.000), gefolgt von Facharbeiter:innen (60.200) und 13.000 Spezialist:innen (inklusive Meister- und Technikerberufe). Die größten Lücken zeigen sich in Energie-/Elektroberufen mit 48.200 unbesetzten Stellen, in den Bauberufen sind 31.000 Stellen unbesetzt und in den IT-Berufen 29.000.

WO FACHKRÄFTE FÜR DEN KLIMASCHUTZ GEBRAUCHT WERDEN

Auch eine Studie der Grünen im Bundestag sieht den Klimaschutz als Jobmotor – erst einmal nicht verkehrt für den deutschen Arbeitsmarkt. Zwischen 2015 und 2050 werden die notwendigen Investitionen für eine klimaneutrale Wirtschaft demzufolge auf 2.150 Milliarden Euro geschätzt.

MINT - Infografik zu Klimaschutzinvestitionen

Dabei entsteht ein Bedarf von knapp 800.000 Arbeitskräften bis ins Jahr 2035 – und das vor allem in den Bereichen, in denen schon jetzt ein Fachkräftemangel herrscht (Warum es schon jetzt schwer ist, IT-Stellen zu besetzen, haben wir bereits beleuchtet).

So geben im MINT-Frühjahresreport vor allem die großen Unternehmen an, in Zukunft mit einem steigenden Bedarf an MINT-Fachkräften zu rechnen, um klimafreundliche Technologien und Produkte zu entwickeln – vor allem im Bereich IT.

MINT - Infografik Fachkräftebedarf Klimaschutz

DIGITALISIERUNG KANN KLIMA SCHÜTZEN

Der Branchenverband Bitkom hat in einer Studie geschätzt, wie groß das Einsparpotenzial bei klimaschädlichen Emissionen durch den Einsatz digitaler Technologien ist: Im Jahr 2030 beläuft sich die Zahl auf 102 bis 151 Megatonnen CO₂e – je nach Schnelligkeit der Digitalisierung. Dabei entfällt das größte Potenzial auf Fertigung und Mobilität, gefolgt von den Anwendungsbereichen Energie und Gebäude.

MINT - Infografik zum technologischen Potenzial für den Klimawandel

VOR ALLEM KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IST GEFRAGT

Beim Einsatz von Technologien zum Schutz des Klimas kann vor allem Künstliche Intelligenz (KI) eine Rolle spielen. Laut MINT-Frühjahrsreport suchen die Unternehmen am häufigsten Beschäftigte mit Kompetenzen in den Bereichen Machine Learning, Big Data und Programmieren. Die gefragtesten Abschlüsse kommen dabei aus den Fachrichtungen (Wirtschafts-)Informatik und Mathematik, wie eine Auswertung von knapp 12.000 KI-Stellenanzeigen im ersten Quartal 2020 zeigt.

MINT - Infografik zu künstlicher Intelligenz

WOHER SOLLEN DIE FACHKRÄFTE KOMMEN?

Die große Frage bleibt: Woher sollen die MINT-Fachkräfte kommen? Das Institut der deutschen Wirtschaft warnt vor einem verschärften MINT-Fachkräfte-Engpass durch die Bildungsausfälle im Zusammenhang mit der Coronapandemie. Nicht nur die Qualität der Bildung habe in Schulen und Universitäten gelitten, sondern auch die Möglichkeit für Schüler:innen und Student:innen, praktische Erfahrung zu sammeln. Zudem ist der Anteil ausländischer Studierender gesunken, die in den MINT-Fächern sonst einen hohen Anteil haben.

Doch auch schon ohne Corona steht dem deutschen Arbeitsmarkt durch den demografischen Wandel der Abgang der so genannten Babyboomer bevor – der geburtenstärksten Generation. Diese Lücke im Arbeitsmarkt kann nur geschlossen werden, wenn frühzeitig in Bildung und Digitalisierung investiert wird. Das IW fordert, die digitale Infrastruktur auszubauen und zur Unterstützung von Lehrkräften, Lernsoftware zu entwickeln und IT-Administrationsstellen an Schulen zu schaffen. Zudem sollte die Vermittlung digitaler Kompetenzen einen größeren Stellenwert in der Bildung bekommen und dementsprechend auch IT als Schulfach eingeführt werden.

Der MINT-Bereich birgt außerdem ein hohes Potenzial bei weiblichen Fachkräften (Dem Thema Frauen in der IT haben wir uns bereits gewidmet). Das IW fordert dementsprechend klischeefreie Studien- und Berufsorientierung und eine Stärkung von Feedbacksystemen und Mentor:innenprogrammen. Außerdem muss die qualifizierte Zuwanderung gestärkt werden, damit der Klimaschutz schlussendlich nicht an mangelnden Fachkräften scheitert.

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