Wenn’s passt: Zugehörigkeit in deutschen Unternehmen

Hallo, Freunde einer topaktuellen Studie! Willkommen zum heutigen Post rund um die Themen Loyalität und Zugehörigkeit im Unternehmen. Wir fassen für Euch die Faktoren zusammen, die für die Mitarbeiterbindung von hoher Bedeutung sind. LinkedIn und YouGov haben auf dem Gebiet nachgeforscht und eine für Deutschland repräsentative Studie erstellt.

In den letzten Jahren haben Studien ergeben, dass deutsche Arbeitnehmer grundsätzlich ein gewisses Maß an Wechselbereitschaft zeigen – auch dann, wenn keine Unzufriedenheit am aktuellen Arbeitsplatz herrscht (2016 z.B. 52%). Bei Unternehmen dürften solche Zahlen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen werden. Loyalität und Vertrauen aber müssen verdient und gepflegt werden, schon klar. Rein monetäre Anreize halten längst nicht alle Arbeitnehmer an einem Arbeitsplatz, der nicht zu ihnen passt.

Diese Faktoren sorgen für ein Gefühl von Zugehörigkeit

Es darf (ein bisschen) aufgeatmet werden. Rund ein Fünftel der Arbeitnehmer verspürt wohl so etwas wie eine “tiefe Bindung” zum Arbeitgeber: 21% der Befragten gaben an, “perfekt” zu ihrem Unternehmen zu passen. Weitere 26% finden, sie und der Arbeitgeber geben ein “tolles Team” ab. Außerdem ist nicht jeder bereit, in ein Unternehmen zu wechseln, das kulturell schlechter passt – wenn überhaupt, dann muss sich in der Gehaltskategorie schon einiges tun:

Zugehörigkeit zum Unternehmen Infografik
Quelle: LinkedIn – Studie Wettbewerbsfaktor Zugehörigkeit

Ob sich die Mitarbeiter dann in so einem kulturell schlechter passenden Unternehmen dauerhaft wohlfühlen können (selbst bei zwei Drittel höherem Gehalt), steht auf einem anderen Blatt.

Doch jetzt zu den Faktoren, die bei den Befragten für Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber und einem Zugehörgkeitsgefühl sorgen:

Die Teilnehmer sind sich einig: Fairness ist ihnen am wichtigsten. Augen und Ohren aufgesperrt, liebe Unternehmen! Diesen klaren Sieger wählten mit 58% mehr als die Hälfte der Teilnehmer auf den 1. Platz der Faktoren, die für Zughörigkeitsgefühle sorgen. Grundsätzlich ist damit gemeint, dass “alle Mitarbeiter fair und gleich” zu behandeln sind.

Fairness ist natürlich ein weites und noch dazu subjektives Feld. Allerdings liegt der Faktor Transparenz (im Sinne von “offener und ehrlicher Kommunikation!) mit 16% auf Platz 2 – und man kann durchaus behaupten, dass diese Faktoren über einige Berührungspunkte verfügen.

Faktoren für Mitarbeiterzugehörigkeit
Quelle: LinkedIn – Studie Wettbewerbsfaktor Zugehörigkeit

Unterschiedliche Zielgruppen favorisieren unterschiedliche Aspekte von Fairness

Fairness hat verschiedene Seiten, die von unterschiedlichen Zielgruppen entsprechend bewertet werden. Für 46% der weiblichen Befragten ist es im Bezug auf den Faktor Fairness am wichtigstem, dass Männer und Frauen das gleiche Gehalt bekommen. Nur 28% der Männer wählten diesen Fairness-Aspekt auf Platz 1.

Themen wie Diversity (4%), klare Haltung von Unternehmen in Bezug auf gesellschaftliche Themen (2%) oder Investitionen in ein Corporate Social Responsibility-Programme (2%) zählen zu den weniger hoch platzierten Fairness-Aspekten. Ob solche einzelnen Aspekte für die Zugehörigkeit relevant sind, korreliert mit unterschiedlichen demografischen Richtwerten, wie etwa Alter und Berufserfahrung, Bildung oder Ausprägung von politischem Interesse.

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Faire Arbeitsverträge hingegen finden bei 15% aller Teilnehmer Anklang – in der Studie wurde hierfür das Beispiel genannt, dass Unternehmen auf sachgrundlose Befristungen verzichten. Insgesamt 44% wählten diesen Aspekt auf Platz 1, 2 oder 3. Weniger wichtig hingegen sind Aspekte wie faire Top-Management-Gehälter: nur bei 8% sorgt dies ein Gefühl von Zugehörigkeit.

Zugehörigkeit als Wettbewerbsvorteil

Maßnahmen, die Zugehörigkeit fördern, brauchen die Investition von Zeit, Mühe und Geld. Aber, so betont es die Studie und die LinkedIn Direktorin für Talent Solutions im DACH-Raum Barabra Wittmann, sie werden mit der Loyalität der Mitarbeiter belohnt.

Heutzutage, wo unsere Arbeitswelt von so unterschiedlichen Einflüssen wie Fachkräfteengpässen und Cultural Fit mitbestimmt wird, sind treue Mitarbeiter, die die Werte und Ziele ihres Unternehmens teilen, unbezahlbar. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: 18% der Befragten schließen es aus, zu einem Unternehmen zu wechseln, das schlechter zu ihnen passt – egal, welches Gehalt ihnen geboten würde.

Der Artikel bezieht sich auf Vorab-Informationen von LinkedIn, die Studie “Wettbewerbsfaktor Zugehörigkeit” gibt es ab heute 8:00 Uhr zu finden.

Zweifelhafte Kandidaten-Selektion: The Loyalty Test Envelope

Um die lange Bewerberliste für eine Stelle als Finanzmanager bei der serbischen Delta Genarali Versicherung zu kürzen, ging deren Agentur einen besonderen Weg: Sie verschickte die Einladung zum Vorstellungsgespräch in den berüchtigten blauen Briefen der serbischen Regierung. Diese Briefe müssen persönlich entgegengenommen und der Empfang schriftlich bestätigt werden. Da in diesen Briefen selten gute Nachrichten stecken und sie in den Zeiten des Jugoslawienkrieges als die gefürchteten Einberufungsbescheide bekannt wurden, sind diese Umschläge allgemein unbeliebt. Sich bei den Zustellungsversuchen dieser Briefe zu verleugnen, ist in Serbien verbreiteter Volkssport – ähnlich der deutschen Kooperationsbereitschaft mit der GEZ.

Da die Delta Generali aber nur die “ehrlichsten, loyalsten und gesetzestreusten” Bewerber berücksichtigen wollte, konnte sie die Kandidatenliste auf sieben Personen reduzieren – nur so viele hatten den blauen Brief tatsächlich angenommen und geöffnet:

“Ihre Entscheidung diesen Umschlag in Empfang zu nehmen und zu öffnen zeigt uns, dass Sie die nötige Integrität und Ehrlichkeit besitzen, ebenso wie die ethischen und moralischen Prinzipien, nach denen wir suchen, wenn wir zukünftige Kandidaten auswählen.”

(McCann)

Ok, auf den ersten Blick eine pfiffige Idee. Auf den zweiten Blick aber vor allem in zwei Punkten fragwürdig:

  1. Wenn ich nach Kandidaten mit Ehrlichkeit und hohen moralischen Prinzipien suche, ist dieser Weg wohl kaum der richtige. Schließlich beweist der neue Arbeitgeber bereits in der ersten Kontaktaufnahme die Bereitschaft seine (zukünftigen) Mitarbeiter zu täuschen. Diesen Vertrauensverlust muss er erst mal wieder ausbügeln.
  2. Auch wenn wir alle Emotionen außen vor lassen: Da werden einige gute Kandidaten durchs Raster gefallen sein. Was hat denn die (Ehr)furcht vor einem staatlichen Verwaltungsapparat mit Loyalität zu tun? Oder mit moralischen und ethischen Prinzipien die einem Unternehmen zu Gute kommen? Nun kann natürlich jedes Unternehmen selbst entscheiden, welchen Typus es gerne einstellen möchte, mich würden als Personaler jedenfalls eher die interessieren, die sich der Zustellung kreativ entzogen haben. 😉

Da gefällt mit der “Loyalitäts-Test” von Zappos schon besser: Die bieten jedem neuen Mitarbeiter 1000 Dollar, wenn er gleich wieder kündigt.

Pic: Charles McCain (CC BY 2.0)