Kündigungen sind im beruflichen Umfeld unumgänglich, das wissen Arbeitgeber, das wissen Arbeitnehmer. Aber wie kann im Falle der Kündigung kommuniziert werden, ohne, dass für den Kündigenden (der sowohl Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sein kann) und den Gekündigten bleibende Schäden zurückbleiben? Die Studie 2017 – So kündigt die Schweiz untersucht die Realität von Kündigungen und stellt die Frage, wo im Kündigungsprozess mehr füreinander getan werden kann.
Im Frühjahr 2017 haben knapp 600 Teilnehmer aus der Schweiz, sowohl Arbeitnehmer und Arbeitgeber, an der Studie teilgenommen.
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Zwei Seiten der Medaille
Die Macher der Studie wollen sich der Thematik von zwei Seiten nähern. Sie fragen nicht nur nach den Vorbereitungen, die Arbeitgeber vor einer Kündigung treffen, oder nach den Gründen, die Arbeitnehmer zur Kündigung von sich aus treiben. In der Studie wird auch explizit nach Emotionen gefragt – und das zu Recht, schließlich sind Kündigungen ein hochemotionales Unterfangen, auch wenn es gilt, die emotionale Komponente möglichst klein zu halten, bzw. “sachlich zu bleiben”.
Bevor die Studie also richtig los geht, wird danach gefragt, wie sich die Teilnehmer der Studie während des Kündigungsgesprächs fühlen.
- Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber gekündigt wurden, antworteten zum Beispiel so: gefasst, hintergangen, überrumpelt, niedergeschlagen, gut, ungerecht behandelt und vieles mehr
- Arbeitgeber, die Kündigungen ausgesprochen haben (Vorgesetzte und HR-Verantwortliche), antworteten zum Beispiel so: persönlich nicht gut, befreiend, betroffen, sicher und gut, sachlich, erleichtert, normal – es ist mein Job und vieles mehr
Kündigungen sind für alle Beteiligten, selbst für hochprofessionelle HR-Verantwortliche, eine fachliche und emotionale Herausforderung. Die Studie zeigt, dass etwa ein Viertel der Arbeitgeber durch sogenannte Copingsstrategien (Bewältigungsstrategien) versucht, besser mit der Situation umzugehen, indem sie vor sich selbst gerechtfertigt wird.
So schwanken viele Führungskräfte zwischen Belastung, Bivalenz (also gemischten Gefühlen, die besonders auf beruflicher und privater Ebene kollidieren) und auch Mitgefühl für betroffene Mitarbeiter.
Gute Kündigungen, schlechte Kündigungen? Was läuft, wo es hakt:
Die Studie fasst zusammen, was gut läuft und wo es noch Raum für Verbesserungen gibt. Positiv wird in der Studie unter anderem bewertet, dass:
- 85% der Führungskräfte, die Kündigungen durchführen müssen, sich auf dementsprechende Gespräche vorbereiten.
- 80% der Arbeitgeber offen mit dem betreffenden Mitarbeiter über die Gründe für die Kündigung sprechen.
- immerhin 11% der Arbeitnehmer, die von sich aus kündigen, dies langfristiger als nötig tun (hinsichtlich der Kündigungsfrist).
- mit 43% der Arbeitnehmer, die von sich aus kündigten, ein spezifisches Austrittsgespräch geführt wurde.
Dies alles sind Ergebnisse, die zeigen, dass Kündigungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ernst genommen und nicht lapidar gehandhabt werden. So sind Austrittsgepräche etwa für beide Parteien ein wichtiges Mittel der Reflexion, das auch bei der Verarbeitung der Kündigung hilfreich sein kann. Die Kündigung eines Arbeitnehmers, die früher als notwendig eingereicht wird, deutet laut der Studie auf ein besonders gutes und vertrauensvolles Arbeitsverhältnis hin.
Probleme gibt es in den Bereichen, wo die Wahrnehmung von Arbeitgebern und Arbeitnehmer subjektiv auseinander driften. Besonders beim Thema Fairness scheiden sich die Geister. Denn während 95% der Arbeitgeber, die eine Kündigung aussprechen, meinen, dass der Ablauf der Kündigung fair verlaufen ist, teilen nur 32% der Gekündigten diese Ansicht. Laut der Studie beeinflussen vor allem die Faktoren der “prozessualen Fairness, der Transparenz des Prozesses und der Vorhersehbarkeit” die “Wahrnehmung der Kontrollierbarkeit”. Die drohende Empfindung eines Kontrollverlusts hat auch Auswirkungen auf die Akzeptanz der kommenden Veränderungen und löst Ängste und Stress aus.
Der emotionale Faktor
Die Ergebnisse zeigen, dass auf Seite der Arbeitgeber und HR-Verantwortlichen, die Kündigungen aussprechen, die Unterbindung oder Kontrolle des Zeigens von Emotionen als wichtig empfunden wird. 29% der Befragten geben als “Tipp” für die nächste Kündigung an, Gefühle am besten ganz weg zu lassen. 9% erwähnen explizit, dass sie ihre Emotionen beim Kündigungsgespräch unter Kontrolle halten und stolz darauf sind.
Hier begibt man sich natürlich in das komplexe Feld des menschlichen Empfinden. Wenn Mitarbeitern im Kündigungsgespräch mit offen zur Schau gestelltem Mitgefühl oder – um das andere Ende des Spektrums zu nennen – etwa mit Wut oder Enttäuschung begegnet wird, kann sich dies für den Gekündigten zu einem tief einschneidenden Erlebnis entwickeln. Gleichzeitig jedoch verweist die Studie darauf, dass Arbeitnehmer sich mehr Einfühlsamkeit wünschen und nicht das Gefühl, “abgefertigt” oder “kalt” behandelt zu werden. Sie sehnen sich, so die Studie, vor allem nach Wertschätzung.
Über 50% der befragten Arbeitnehmer gaben an, ihre Kündigung als gar nicht wertschätzend bis wenig wertschätzend empfunden zu haben. Einer der Faktoren, die am stärksten zur Empfindung mangelnder Wertschätzung beitragen, ist die sofortige Freistellung gekündigter Mitarbeiter. Sofortige Freistellung, bei der Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz innerhalb kürzester Zeit räumen müssen, führt laut der Studie nicht nur zur großen Belastung aller Betroffener, sondern kann ein regelrechter Schock sein.
Um diesen Effekt abzumindern, bietet es sich an, den gekündigten Mitarbeitern ein Mitspracherecht beim weiteren Verlauf des Kündigungsprozesses einzuräumen. Dies steht im engen Zusammenhang des Empfinden von Kontrolle.
Auswirkungen von Kündigungen auf die Arbeitgebermarke
Gerade wenn ein Mitarbeiter von sich aus kündigt, kann eine entsprechende Reaktion des betreffenden Unternehmen die Bestätigung einer positiven Arbeitgebermarke sein. Gleichzeitig wird eine Trennung zwischen Unternehmen und Mitarbeiter und der dazugehörige Prozess häufig von negativen Emotionen und starker Belastung begleitet. Die Studie zeigt, dass vor allem im Bereich der Wertschätzung Maßnahmen ergriffen werden können, die das Empfinden von Stress und Kontrollverlust abmindern können. Kündigungsgespräche bleiben ein Drahtseilakt, selbst wenn sich Arbeitgeber um Sachlichkeit und Transparenz bemühen.
Das Spektrum der subjektiven Wahrnehmung der Menschen macht in dieser Ausnahmesituation eine einheitliche Musterlösung utopisch. Eine faire und wertschätzende Kündigung kann aber trotzdem ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur sein und strahlt auf das Employer Branding aus.
Die Studie enthält noch weitere Einblicke in die schweizerische Kündigungskultur, zum Beispiel zum Thema Kündingungsgründe, Arbeitszeugnis oder Austrittsgespräch. Die Studie zum Download findet Ihr bei Interesse hier.