Kommentarfunktion im Blog: Immer noch zwingend notwendig?

Eine Sache, die mich in letzter Zeit immer wieder umtreibt: die Kommentarfunktion im Blog. Als Blogs begannen, für Unternehmen relevant zu werden, wurden diese immer ermahnt: “Ein Blog ohne Kommentarfunktion ist kein Blog!” Es gehe um Dialog, eine Feedbackmöglichkeit – darum, Kommunikation anzubieten. Der gesamte Kern dessen, was man sich damals unter Social Media vorstellte, wurde mehr oder weniger an der Kommentarfunktion festgemacht.

Ist das heute noch aktuell? Immer mehr Blogger deaktivieren ihre Kommentarfunktion. [1] [2] [3] – Die Gründe dafür sind unterschiedlich.

Technische und optische Gründe

Im Trend zu schlanken, inhaltsorientierten Webdesigns stören die Kommantarbereiche häufig. Eine Eingabemaske mit drei Feldern für E-Mail, Name und Kommentar ist oft komplexer, als es der ganze Rest des Blogs sein möchte. Die beliebte Alternative Disqus besticht durch ein sehr eigenwilliges und keineswegs schlichteres Design. Hier kann zwar auf zwei Eingabefelder verzichtet werden, aber auch nur, sofern man sich bei diesem Dienst registriert und eingeloggt hat. Die Facebook-Kommentarfunktion hat ein ähnliches Problem – abgesehen vom Umstand, dass man dort seinen Senf nur mit dem eigenen Facebook-Profil vollöffentlich abgeben kann. Auch nicht immer angenehm. Zudem verlangsamen diese Systeme die Ladezeiten, brauchen Wartung und sind oft einfach störend hässlich.

Kommentare machen Arbeit

Nicht alle Blogs haben so ein tolle Community wie wir. Viele Kommentarfelder werden für persönliche Grabenkämpfe missbraucht, die nichts mit dem angestrebten Sachdialog zu tun haben. Zudem bleiben die Themen Spam, Trolle und eine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Kommentare. Hier entsteht zusätzliche Arbeit, die ein Blogbetreiber durchaus in Frage stellen kann. Er kann eine eigene Dialogplattform anbieten, aber muss er sie unter allen Umständen betreiben? Ich glaube nein, denn:

Es gibt genug andere Ebenen für einen Austausch

Vor ein paar Jahren waren Kommentare fast der einzige Kanal, auf dem sich Ottonormalsurfer zu Inhalten äußern konnten. Umso schwerer wog die Entscheidung, keine Kommentare anzubieten. Es fühlte sich an wie: “Wir wollen mit Dir nicht reden. Wir wollen nicht mal wissen was Du dazu denkst”. Heute ist das anders. Jedes größere Unternehmen stellt heute viele Kommunikationsplattformen zur Verfügung. Und selbst wenn es keine unternehmenseigene Präsenz gibt: Viele Nutzer haben heute ihren eigenen Account bei Twitter, Facebook oder Google+ und können dort wunderbar Dinge zur Diskussion stellen oder sich an laufenden Diskussionen beteiligen. Ebenso spannend finde ich den Trend, eigene Blogartikel statt eines Kommentares zu verfassen. Schafft mehr Sorgfalt und zollt dem Autor einen gewissen Respekt.

Ich möchte keinesfalls GEGEN Kommentare auf Blogs reden. Sie sind grundsätzlich eine feine Sache und eine gute Gelegenheit, zusätzliche Feedback-Kanäle zu öffnen. Aber von dem alten Grundsatz, die Kommentare gehörten zum Blogartikel wie der Morgen zur Nacht, möchte ich Abstand gewinnen. Ein Blog kann sehr gut ohne Kommentarfeld auskommen. Es könnte sogar ein großartiges Tool sein, mit erstklassigem Content Nutzer zu Aktionen auf anderen Wunschkanälen anzuregen. Für dieses Blog aber erstmal kein Thema und ich freue mich natürlich über jede Kommentar-Meinung dazu! 🙂

[HTTP410] Egal ob “Freund” oder Fremder – Deutsche vertrauen kaum in Markenkommentare

Die zweite umfassende Studie “Digital Life” des Marktforschungsinstituts TNS Infratest, welche die Einstellungen und Verhaltensweisen von 72.000 Internet-Usern aus 60 verschiedenen Ländern im Alter von 16-65 Jahren erhoben hat, kam zu etlichen interessanten Resultaten. Einige Kernergebnisse sind hier in einem Video zusammengefasst:

Desweiteren kam die Digital Life Studie zu folgenden Ergebnissen:

  • 90 % der deutschen Onliner nutzen das Web für die Produktrecherche mit steigender Relevanz von Social Media
  • mehr als zwei Drittel suchen im Web nach Informationen zu einem im Fernsehen beworbenen Produkt
  • gut ein Drittel hat bereits per Smartphone während des Shoppens im Ladengeschäft online recherchiert, jedoch nur 13 Prozent der Waren werden mobil eingekauft
  • 85 % der Konsumenten recherchieren auf der Webseite der Marke, wenn das Interesse schon geweckt ist
  • 86 % der Konsumenten recherchieren dann auch auf Seiten, auf denen Dritte über Produkte schreiben und diese bewerten, wie z.B. soziale Netzwerke, Blogs, Microblogs wie Twitter, Konsumentenvideos (YouTube) und natürlich Review- und Preisvergleichsseiten

Warum kommentieren Konsumenten konkret eine Marke?

Nicht jeder Internet-User ist auch ein aktiver Markenkommentator: Weltweit sind es im Schnitt 47% und in Deutschland 31%.  Für diese Gruppe spielen dann ganz unterschiedliche Gründe eine Rolle, um regelmäßig etwas mit Bezug zu bestimmten Marken zu schreiben. Am häufigsten werden Kommentare verfasst, um Tipps und Hilfestellungen rund um die Nutzung eines Produktes zu geben (Welt & Deutschland: 46%), gefolgt von dem Anliegen eine Marke zu “sharen” (Welt 31%; Deutschland 29%) und – weit abgeschlagen – der Absicht ein Lob zu formulieren (Welt 13%; Deutschland 15 %).  Immerhin, nach den vorliegenden Ergebnissen wird online mehr gelobt als getadelt (global: 10%; Deutschland 11%).

Wer “und wenn ja, wie viele” vertrauen den Markenkommentaren?

Besonders interessant finde ich die Statistiken der Studie zum Aspekt des Vertrauens in Bezug auf Markenkommetare. Insbesondere die jüngeren Altersgruppen setzen dabei ein hohes Maß an Vertrauen in die Empfehlungen von Freunden – interessanterweise aber fast genauso viel in die Empfehlungen von Personen, die sie nicht kennen. Je älter die Verbraucher werden, desto kritischer eingestellt sind sie gegenüber solchen Kommentaren – egal ob sie von ihren digitalen “Freunden” oder von einem Fremden auf der anderen Seite der Erde kommen.

Sehr spannend sind dabei auch die geographischen Unterschiede, die durch die “Digital-Life-Studie” belegt wurden. Hier jeweils Deutschland im Vergleich zu den Extrem- und Globalwerten:

Grafik: Vertrauen in die Kommentare von Freunden

Grafik: Vertrauen in die Kommentare von Fremden

Während in Deutschland im Schnitt nur 43% den Markenkommentaren ihrer “Freunde” trauen, sind es in Saudi Arabien ganze 87% – mehr als doppelt so viel. Der gleiche auffallende Unterschied besteht zwischen dem Vertrauen gegenüber den Kommentaren von Fremden – hier sind es 79% bei den saudi-arabischen Social-Networkern und 33% bei den deutschen.

Für diese Gegensätze können Gründe, wie z.B. die unterschiedlichen Mentalitäten oder die Angst einem viralen Marketingkonzept auf den Leim zu gehen (oder gar die Zensur wie in Saudi Arabien), eine Rolle spielen. Ich glaube es liegt u.a. daran, dass die Verbraucher in schnell wachsenden Märkten gegenüber Marken in sozialen Netzwerken viel offener eingestellt sind, als in den entwickelten wie z.B. in Deutschland,  wo sich nach Infratest auch 50% der Social Networker gestört fühlen, sobald Markenaktionen in sozialen Medien zu aufdringlich sind.

Was meint Ihr? Warum vertrauen wir nicht einmal unseren “Freunden” im Netz?

[HTTP410] Welche Inhalte bringen Facebook-Likes? Die “Like Log Study” von Yahoo!

Facebook lässt jeden die Anzahl der Likes, Kommentare und (Ex-)Shares nachvollziehen, die für einen Artikel bzw. auf einer URL abgegben wurden. Yury Lifshits hat mit seinem Team in den Yahoo!Labs 45 beliebte News-Seiten über drei Monate beobachtet und die Erkenntnisse in der Like Log Study ausgewertet.

Die Studie zeigt, welche Inhalte von den Lesern geliked werden, das Verhältnis von Seitenrufen und Facebook-Likes (auch viel gelesene Artikel werden nicht unbedingt bei Facebook geteilt) und gibt Handlungsempfehlungen zum erfolgreichen “Sammeln” von Facebook-Engagements mit den eigenen Artikeln. Hier eine kurze Zusammenfassung:

Die Rankings

Die New York Times sammelte in diesem Zeitraum die meisten Likes: durchschnittlich 2,3 Millionen pro Monat! Den erfolgreichsten Artikel hatte das Wall Streel Journal mit “Why Chinese Mothers Are Superior” – dieser erzielte alleine über 340.000 Facebook-Likes – bis jetzt.

Die Zahlen

Durchschnittlich bringen 1000 Pageviews etwa 10 Likes, über 80% der Likes kommen in den ersten 24h. Danach fällt die Rate extrem ab.
(Das ist natürlich eine Besonderheit von hochfrequenten News-Seiten, zu denen ich ein Blog wie TechCrunch auch zähle. Die Artikel rutschen schnell ‘nach unten’ weg, verlieren an Aktualität und sind dadurch tendenziell noch kurzlebiger, als anderer Online-Content.)

Die Trends

Stories mit den Inhalten: Facebook, Apple, Verizon, Groupon, Future und Infographics bringen viele Likes, insbesondere auf den Tech-Blogs; Artikel über Microsoft, Amazon, Samsung, Cloud Computing oder TV sind – obwohl reichlich vorhanden – nur unterdurchschnittlich viral.

Die Empfehlungen

  1. Zeit und Ressourcen in die Top-Stories stecken.
  2. Gute Stories nachhaltig bewerben, auch wenn sie nicht mehr topaktuell sind.
  3. Mittelmäßig erfolgreiche Artikel analysieren und verbessern.
  4. Mit System die aktuellen Themen und Wünsche analysieren.
  5. In Social Media Optimization investieren.

Mehr Informationen zur Studie in diesem Video oder natürlich auf der Seite der Yahoo Like Log Study selbst.