Was ist eigentlich eine faire Bezahlung?

Über Geld spricht man nicht, darüber scheint man sich hierzulande einig zu sein. Dementsprechend auch lieber nicht über das Gehalt. Das zeigt sich auch in Stellenausschreibungen: Bei fast keiner Vakanz wird direkt angegeben, was Bewerber:innen eigentlich finanziell erwartet – und das, obwohl Geld verdienen, seien wir mal ehrlich, in den meisten Fällen der Hauptantrieb für Erwerbsarbeit ist. Stattdessen wird häufig erwartet, dass der oder die Bewerber:in selbst eine Gehaltsvorstellung nennt. Arbeitnehmer:innen sind also mehr oder weniger auf sich gestellt, den Wert der eigenen Arbeit einzuschätzen.

Aber auch Personalabteilungen müssen, vor allem bei Jobs mit Mangelprofilen, wissen, wie die Konkurrenz zahlt und welche Gehälter üblich sind. Mittlerweile gibt es diverse Onlineportale, um Gehaltsvergleiche anzustellen. Und es gibt Tarifverträge, die offiziell regeln, wer wieviel verdient. Aber der Anteil an Unternehmen und Arbeitnehmer:innen mit Tarifbindung sinkt stetig und ist zudem branchenabhängig.

Was ist also eine faire Bezahlung? Wie wird diese bestimmt? Wo verdient man wieviel und ist es wirklich sinnvoll, in Regionen zu arbeiten, wo zwar die Gehälter hoch, aber die Lebenshaltungskosten noch höher sind? Wir geben einen Überblick in Daten.

STATUS QUO: WER VERDIENT WAS?

WIE HOCH IST MEIN BEDARF?

WO STEHE ICH IM VERGLEICH ZU ANDEREN?

FAZIT: SO SIEHT EINE FAIRE BEZAHLUNG AUS

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STATUS QUO: WER VERDIENT WAS?

Vollzeit-Beschäftigte in Deutschland verdienen laut Daten der Bundesagentur für Arbeit im Mittel 3.526 Euro in den westdeutschen und 2.827 Euro in den ostdeutschen Bundesländern. Es macht also einen Unterschied, wo man wohnt, wenn es um den Gehaltszettel geht.


Aber noch weitere Faktoren haben Einfluss: Etwa das Anforderungsniveau und das Geschlecht.
Bei Stellen mit Helfer:innen-Profil lag das mittlere monatliche Entgelt im vergangenen Jahr bei 2.334 Euro. Ein:e Expert:in verdient mit 5.566 Euro mehr als das Doppelte. Außerdem spielt das Geschlecht eine Rolle: Frauen verdienten 2019 im Mittel 3.117 Euro, Männer 3.560 Euro.

Faire Bezahlung – Infografik: Wer verdient was?

Aber auch die Branche hat großen Einfluss auf den Betrag im Geldbeutel. So gehören Beschäftigte in der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen mit durchschnittlich knapp 6.700 Euro monatlichem Bruttogehalt zu den Gutverdiener:innen, im Gastgewerbe sind die Gehälter mit nur 2.142 Euro im Durchschnitt sehr viel niedriger.

Infografik: Welche Branche verdient am besten?

Allerdings handelt es sich bei diesen Daten vom Statistischen Bundesamt um das arithmetische Mittel, das heißt, aus allen Gehaltsdaten wird die Summe gebildet und durch die Zahl der Beschäftigten geteilt. So „schlucken“ einige wenige sehr hohe Gehälter viele kleine. Die Daten der Bundesagentur für Arbeit geben hingegen den Median wieder, also den Mittelwert. Dabei handelt es sich um das Gehalt, bei dem genauso viele Beschäftigte weniger und genauso viele mehr verdienen, unabhängig von der tatsächlichen Höhe.

Beim Branchenvergleich kommt es natürlich auch auf die darin tätigen Berufe an. Aber selbst bei Berufen, die branchenübergreifend gebraucht werden, etwa Personalleiter:innen, Geschäftsführer:innen oder Systemadmins macht die Branche einen Unterschied und Beschäftigte können von einem Wechsel profitieren – oder eben im Gehalt absteigen, wie eine Untersuchung der Vergütungsplattform Compensation Partners zeigt.

Faire Bezahlung: Ein Branchenwechsel kann sich lohnen

Im Allgemeinen profitieren Beschäftigte außerdem davon, ob in ihrem Betrieb ein Tarifvertrag Anwendung findet. Laut Daten der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung liegen die Löhne und Gehälter mit Tarifbezahlung deutlich über denen ohne Tarif.

Faire Bezahlung: Tarifverträge

Allerdings geht der Trend seit Jahren dahin, dass immer weniger Unternehmen eine Tarifbindung haben. Das liegt auch daran, dass durch die Entwicklungen im Bereich Technologie ganze Branchen neu geschaffen wurden – und diese sind selten einem Tarif verpflichtet, während klassische gewerkschaftlich organisierte Branchen an Bedeutung verlieren.

WIE HOCH IST MEIN BEDARF?

Wenn es um das Einkommen und die damit zu begleichenden Lebenshaltungskosten geht, gibt es verschiedene Faustregeln. Wer zum Beispiel eine Mietwohnung sucht, hat vermutlich schonmal gehört, dass die Kaltmiete nicht mehr als ein Drittel des Nettogehalts ausmachen sollte. An anderer Stelle sind es 40 Prozent des Jahresbruttos.

Eine andere grobe Regel zur Aufteilung des Netto-Einkommens lautet: 50/30/20. Das heißt 50 Prozent des Gehalts sollen für Fixkosten wie Wohnen, Nahrungsmittel und Transportkosten eingerechnet werden. 30 Prozent stehen für die Freizeit zur Verfügung und 20 Prozent werden gespart. Die 50/30/20-Regel wird eigentlich als Faustregel angewendet, wenn Sparer:innen Rücklagen aufbauen möchten. Genauso gut kann man sie aber eben auch andersherum nutzen und sich seinen persönlichen Mindest-Gehaltsbedarf ausrechnen.

Infografik: 50-30-20-Regel

An dieser Stelle wird schon deutlich, dass nicht nur die Höhe des Gehalts eine Rolle spielt, sondern eben auch die weiteren Stellschrauben: Wenn der Preis für Wohnraum dort, wo ich lebe, besonders hoch ist, übersteigen meine Fixkosten schnell die 50 Prozent. Wie viel kann ich mir also noch leisten, wenn das lebensnotwendige abgezogen ist?

Eine Untersuchung der Onlineplattform Stepstone zeigt: Am Ende sind die Gewinner:innen beim Gehalt nicht unbedingt die, die viel verdienen, sondern diejenigen, die das beste Verhältnis bei den genannten Kriterien haben. Denn ein Gehaltszettel in zum Beispiel Hamburg oder München überzeugt zwar auf den ersten Blick, aber die hohen Lebenshaltungskosten sorgen dafür, dass Beschäftigten am Ende nicht viel bleibt, während andere Regionen zwar auf den ersten Blick nicht mit dem großen Geld winken, am Ende aber ein deutlich gefüllteres Sparschwein bieten.

 

Faire Bezahlung: Wie viel vom Einkommen übrig bleibt

WO STEHE ICH IM VERGLEICH ZU ANDEREN?

Bei fairer Bezahlung geht es aber nicht nur um den eigenen Bedarf, sondern auch um den Vergleich zu anderen. Da hierzulande in den meisten Fällen Bewerber:innen Gehaltsvorstellungen angeben, anstatt dass Unternehmen sagen, was sie zahlen wollen, bietet sich eine Vorrecherche auf beiden Seiten an. Das kann auch sinnvoll sein, wenn es in bestehenden Arbeitsverhältnissen um Gehaltserhöhungen geht. Dafür gibt es mittlerweile eine Fülle von Portalen, wir zeigen eine Auswahl:

– Einen guten Überblick zur Einschätzung einer spezifischen Stelle bietet der Gehaltsrechner des Statistischen Bundesamts (nicht-kommerziell).

– Das Portal „Berufe auf einen Blick“ der Bundesagentur für Arbeit gibt einen Überblick zum gesamten Arbeitsmarkt mit der Möglichkeit zur Spezifizierung nach Branche und Berufsbild (nicht-kommerziell).

– Das Portal lohnspiegel.de der Hans-Böckler-Stiftung bietet verschiedene Informationen und Gehaltsvergleiche. Allerdings sind hier an manchen Stellen die Daten schon älter und darum nur bedingt vergleichbar mit dem aktuellen Gehalt. Beim Gehaltsvergleich mit eigenen Angaben zu Stelle und Stelleninhaber:in kommt allerdings eine fortlaufende Umfrage zum Einsatz. Als Teilnehmer:in werden die Angaben mit denen der anderen verglichen. Hier kann man auch prüfen, was zum Beispiel das Alter, Geschlecht oder der Wechsel in ein kleineres/größeres Unternehmen durchschnittlich für Auswirkungen hätte (nicht-kommerziell).

Gehalt.de ist eine Onlineplattform rund um alle Gehaltsthemen. Hier kann man sein Gehalt vergleichen (unter Angabe einer E-Mail-Adresse), bekommt aber auch eine Schätzung zur Höhe des Gehalts zu aktuell ausgeschriebenen Stellen (kommerziell).

FAZIT: SO SIEHT EINE FAIRE BEZAHLUNG AUS

Generell kann man sagen: Ein faires Gehalt ist ein angemessenes Gehalt und ein angemessenes Gehalt ist eines, das die Arbeitsbelastung und -leistung widerspiegelt, Ausbildung, Berufserfahrung und Spezialisierung mit einbezieht und die Lebenshaltungskosten und den weiteren Bedarf eines Beschäftigten abdeckt.

In der Praxis kommen weitere Faktoren hinzu, etwa das generelle Gehaltslevel in einer Branche oder in einer Region, Alter und Geschlecht. Diese Faktoren sind objektiv betrachtet nicht unbedingt fair, resultieren aber aus gewachsenen Strukturen und bilden zum Beispiel ab, wieviel Kapital in einer Branche steckt, wie Angebot und Nachfrage aussehen und welche Kriterien zur Bewertung einer Stelle herangezogen werden und nicht unbedingt nur die eigentliche Arbeitsbelastung oder -leistung der Berufe.

Grundsätzlich sind Gehaltsmodelle fairer, die nachvollziehbar sind, denn sie geben dem oder der Einzelnen die Möglichkeit einzuschätzen, was nötig ist, um das eigene Gehalt zu steigern, also ob es etwa sinnvoll ist, eine Weiterbildung zu machen, ob das Gehalt mit der Länge der Unternehmenszugehörigkeit steigt oder ob ein Wechsel nötig ist.

Um all das einschätzen zu können, sind Informationen unerlässlich, denn nur dann können Vergleiche angestellt werden, um einschätzen zu können: Werde ich fair bezahlt? Gleichzeitig ist es für Unternehmen wichtig zu wissen, wie Bewerber:innen und Beschäftigte im Vergleich verdienen. Der Jobspreader bietet dazu seit kurzem einen eigenen Gehaltschecker, um einschätzen zu können: Wie bezahlen wir im Vergleich?

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Webinar: Arbeitsmarkt und Recruiting in der Chemie- und Pharmaindustrie (Aufzeichnung vom 27.05.2021)

Webinar vom 27. Mai 2021 mit Steffen Ruf von Boehringer Ingelheim und Jan Kirchner

      • Wie sieht der Arbeitsmarkt für die verschiedenen Fachkräfte und Expert:innen in der Chemie- und Pharmabranche aus?
      • Ist die Branche im digitalen Wandel gut aufgestellt?
      • Wo gibt es Verbesserungsbedarf im Online Recruiting, falls viele Bewerber den digitalen Bewerbungsprozess abbrechen?
      • Aus der Recruiting-Praxis berichtet Steffen Ruf, Head of Recruiting Biberach bei Boehringer Ingelheim

 

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Webinar: Karrierewebseiten – Live-Analyse mit Henner und Jan (Aufzeichnung vom 20.05.2021)

Webinar vom 20. Mai 2021 mit Henner Knabenreich und Jan Kirchner

      • Warum ist die Karriereseite so wichtig für erfolgreiches Recruiting und wie sieht eine gute Karriereseite aus? Das erfahrt ihr in einer kurzen theoretischen Einleitung.
      • In der anschließenden Live-Analyse schaute sich Jan gemeinsam mit Henner Knabenreich von personalmarketing2null eine Auswahl der von euch eingereichten Karriereseiten an.
      • Gibt es Applaus oder einen harten Roast? Wir wollten nicht nur Best Practices!  Danke an alle. die eingereicht haben. Fortsetzung folgt…

     

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Webinar: Recruiting für Informations- und Kommunikationstechnik (Aufzeichnung vom 20.04.2021)

Webinar vom 20. April 2021 mit Jan Kirchner

      • Wie sieht der Arbeitsmarkt im Recruiting für Informations- und Kommunikationstechnik aus?
      • Wie stellen sich Unternehmen aus der ITK-Beratung online auf, um erfolgreich zu rekrutieren?
      • Wo liegen die besonderen Herausforderungen im Recruiting von IT-Beratern?

     

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Webinar: Recruiting in der IT-Beratung (Aufzeichnung vom 23.03.2021)

Webinar vom 23. März 2021 mit Jan Kirchner und Stefan Schaus, Manager Recruiting & HR Development, Scheer GmbH

      • Wie sieht der Arbeitsmarkt für IT-Berater und Consultants aus?
      • Wie stellen sich Unternehmen aus der IT-Beratung online auf, um erfolgreich zu rekrutieren?
      • Wo liegen die besonderen Herausforderungen im Recruiting von IT-Beratern?

     

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Webinar: Jobtitel – Theorie und Live-Analyse (Aufzeichnung vom 19.03.2021)

Webinar vom 19. März 2021 mit Jan Kirchner und Franziska Mehnert Welche Grundlagen aus dem Online Marketing lassen sich problemlos auf Jobtitel übertragen? Mit welchen kostenlosen Tools kannst Du die Qualität Deiner Stellentitel vor der Schaltung überprüfen und optimieren?

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Das typische m/w/d in Stellenanzeigen ist nicht mehr zeitgemäß: Ein Interview mit Alnatura

Alnatura entwickelt Bio-Produkte und betreibt eigene Bio-Supermärkte. Um gute Mitarbeiter*innen für ihre bundesweiten Super Natur Märkte, sowie für ihre Zentrale in Darmstadt und das Verteilzentrum in Lorsch zu finden, haben sie sich für den Jobspreader entschieden. Im Interview erzählt uns Özlem Hakli, Referentin Arbeitgebermarke, wo die besonderen Herausforderungen bei ihnen im Recruiting liegen, wieso sie auf Programmatic Job Advertising setzen und weshalb sie mittlerweile auf das typische m/w/d in ihren Stellenanzeigen verzichten. 

Interview mit Özlem Hakli von Alnatura

Özlem Hakli von Alnatura

Hallo Özlem, wir freuen uns sehr, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst.

Du bist Referentin Arbeitgebermarke bei Alnatura – der Name sollte mittlerweile ja fast jedem ein Begriff sein, aber magst Du vielleicht nochmal erklären, was genau Ihr macht und welche Rolle Du im Unternehmen einnimmst?

Alnatura entwickelt Bio-Produkte und betreibt eigene Bio-Supermärkte. Neben den 136 Alnatura Super Natur Märkten findet man Alnatura Produkte auch bei unseren zahlreichen Handelspartnern in 15 verschiedenen Ländern.

Ich als Referentin Arbeitgebermarke bin zusammen mit meiner Kollegin für das Employer Branding und Mitarbeitermarketing zuständig. Unser Ziel ist es, Alnatura als das zu präsentieren und positionieren, was es ist: Ein attraktiver Arbeitgeber.

Damit uns das gelingt, optimieren wir stetig unsere Stellenausschreibungen, erweitern unsere Internetpräsenzen und sind für verschiedene Mitarbeitermarketing-Projekte zuständig. Wir entwickeln neue Gewinnungsstrategien, führen Zielgruppenanalysen durch und spüren neue Trends auf dem Bewerbermarkt auf. Außerdem bin ich bin im stetigen Kontakt mit den Führungskräften unserer bundesweiten Super Natur Märkte und berate und unterstütze sie bei der Mitarbeitergewinnung durch Onlineausschreibungen, Printanzeigen und Social Media Kampagnen.

Wo liegen die besonderen Herausforderungen bei Euch im Recruiting?

Unsere größte Herausforderung ist, dass wir eine Vielzahl an verschiedenen Zielgruppen haben, die wir ansprechen möchten. Wir suchen Lehrlinge, Studierende, Berufseinsteiger*innen und Berufserfahrene sowie Quereinsteiger*innen.

Wir suchen Mitarbeitende für unsere Super Natur Märkte in vielen Gebieten Deutschlands, aber auch für unsere Zentrale (Alnatura Campus in Darmstadt / Verteilzentrum in Lorsch). Wir bieten Jobs für Menschen aus den verschiedensten Branchen und in den unterschiedlichsten Lebensabschnitten – das macht es so spannend. Das bedeutet aber auch, dass wir unsere jeweilige Zielgruppe kennen, auf die verschiedenen Ansprachen achten und die Stellenanzeigen anpassen müssen.

Die regionalen Unterschiede bei der Suche nach Mitarbeitenden spielen auch eine wichtige Rolle: Einige Gebiete benötigen mehr Aufmerksamkeit als andere. Haben wir eine ausreichende Anzahl an Bewerber*innen generiert, müssen wir noch die geeignetsten und qualifiziertesten herausfiltern. Das ist manchmal wie die Nadel im Heuhaufen zu suchen.

Ihr nutzt nun bereits seit ungefähr fünf Monaten den Jobspreader – was genau hat Euch dazu gebracht, auf Programmatic Job Advertising zu setzen?

Wir wollten zum einen mehr Bewerbungen generieren und zum anderen den Prozess der Stellenausschreibungen automatisieren. Das war uns besonders wichtig, da unsere bundesweit 136 Super Natur Märkte eigenständig für ihre Mitarbeitergewinnung zuständig sind. Wir haben also nach einem Tool gesucht, das automatisch unsere Stellenanzeigen an die richtige Zielgruppe streut, ohne dass die Marktleitungen hierdurch mehr Arbeit oder Aufwand haben.

Hattet Ihr eine Vorstellung, wo die Reise mit dem Jobspreader hingehen soll? Gab es Ziele?

Ein Ziel von uns war, unsere Mitarbeitermarketing-Maßnahmen mit Kennzahlen analysieren zu können. Der Jobspreader hilft uns dabei zu verstehen, welche Vakanzen gut laufen und welche nicht. Wir wollten etwas Neueres wagen als das klassische Post&Pray Prinzip – wir wollten genau sehen, welche Vakanzen wie oft geklickt werden und dabei unser Budget voll im Blick behalten.

Welche Tools des Jobspreaders habt Ihr in den letzten Monaten besonders genutzt?

Alle Tools, die der Jobspreader anbietet, sind super nützlich und hilfreich für unsere Arbeit. Ganz besonders der JQX (Jobtitel Qualitäts Index) und der Jobtitel-Checker. Durch diese Tools haben wir alle unsere Stellentitel überarbeiten und anpassen können. Wir erhoffen uns, dass dadurch unsere Stellenanzeigen besser gefunden werden und noch mehr Menschen den Weg zu uns finden.

Wie kam es dazu, dass Ihr Euch gegen das typische „m/w/d“ in Euren Jobtiteln entschieden habt und stattdessen jetzt mit einem Sternchen arbeitet?

Uns ist die gendergerechte Sprache sehr wichtig. Wir haben auch gemerkt, dass das klassische m/w/d in unseren Titeln den Lesefluss gestört hat. Zudem haben sich dadurch unsere Stellentitel verlängert. Sind die Stellentitel zu lang, werden sie von Google abgeschnitten. Sind sie allerdings zu kurz, fehlen wichtige Schlagworte, um gefunden zu werden. Wir haben nach einer Alternative gesucht, um unsere Stellentitel „cleaner“ werden zu lassen und gleichzeitig alle Geschlechteridentitäten anzusprechen. Auch hierbei hat uns der JQX vom Jobspreader sehr geholfen.
Der Genderstern war zu Anfang noch ungewohnt, da viele diese Art der gendergerechten Ansprache nicht kannten. Wir sind uns aber sicher, dass sich das in den kommenden Jahren immer weiter verändern wird. Mittlerweile wurde der Genderstern auch im Duden aufgenommen und ist damit nun auch offiziell anerkannt.

Wie soll es von hier aus weitergehen und welche Ziele stehen als nächstes an?

Wir expandieren deutschlandweit und haben uns im nächsten Jahr bis zu 20 Märkte vorgenommen, die wir eröffnen möchten. Dafür brauchen wir besonders eins: qualifizierte Mitarbeitende – sowohl in den Märkten als auch in unserer Zentrale. Aufgrund dieser starken Expansion benötigen wir immer mehr automatisierte Tools und Prozesse, um die Gewinnung neuer Kolleg*innen zu vereinfachen. Wir möchten stärker in Richtung Social Media Recruiting gehen und sind immer auf der Suche nach innovativen und effizienten Tools, die uns bei der Mitarbeitergewinnung unterstützen.

Danke für das Gespräch, liebe Özlem und weiterhin viel Erfolg!

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Smart HRM: Chancen und Risiken digitaler Tools im Personalbereich

Prof. Christian Gärtner hat mit „Smart HRM“ das erste umfassende Fachbuch geschrieben, das in der Tiefe die Auswirkungen neuer Technologien auf die HR-Arbeit auslotet. Entlang der Linie Künstliche Intelligenz, Analytics & Automatisierung klärt er über Grundbegriffe und Konzepte auf und vermisst deren Auswirkungen auf die HR-Arbeit anhand praktischer Einsatzszenarien.

Egal ob im Personalmarketing, dem Performance Management, der Personalentwicklung, -planung oder -bindung: Die Liste der digitalen Tools für Analytics und Automatisierung ist lang. Was geht bereits und was geht noch nicht? Während zahlreiche Personalmarketer immer noch von Künstlicher Intelligenz reden, als wäre es Zauberei, fasst Gärtner in „Smart HRM“ sachlich zusammen, was sich hinter all diesen Schlüsselbegriffe verbirgt. Anhand zahlreicher Beispiele veranschaulicht Gärtner die Chancen von Algorithmen, Big Data und Machine Learning. Gleichzeitig wirft er die Frage auf, welche Risiken sie bergen. Anstatt verallgemeinernde Globalurteile über die Sinnhaftigkeit von digitalen Tools in der Personalarbeit zu fällen, befasst Gärtner sich mit den Tools in verschiedenen Einsatzbereichen. Durch diese Detailanalysen ist es möglich, einigen Antworten ein Stück näher zu kommen.

Können Maschinen besser und billiger arbeiten als Menschen?

Eine Frage, die in Diskussionen zum Thema Automatisierung und künstliche Intelligenz nicht nur in Personalabteilungen immer wieder auftaucht, ist die Frage nach der Ersetzbarkeit des Menschen. Arbeiten Maschinen präziser und billiger als Arbeitskräfte aus Fleisch und Blut? Bereits bei dieser Frage müsste einem auffallen, dass sie nicht ohne einen Blick auf das Einsatzgebiet zu beantworten ist.

Automatisierung ist nicht gleich Automatisierung und kann auf unterschiedlichen Stufen agieren. Automatisierte Personalauswahlentscheidungen sollen beispielsweise Vorurteile und Diskriminierungen vermeiden, um eine faire Auswahl zu treffen. Doch bei persönlich geprägten Entscheidungen kommen immer wieder Zweifel auf, ob Maschinen wirklich unabhängiger und vorurteilsfreier entscheiden können. Was es bereits für Möglichkeiten gibt und unter welchen Bedingungen diese Art der Automatisierung funktionieren kann, erklärt Gärtner mit geschärftem Blick.

Programmatic Job Advertising als hilfreiche Automatisierung

Wie groß der Mehrwert einer eingesetzten Automatisierung im Vergleich zum Aufwand ist, muss für jeden Einsatzbereich bewertet und entschieden werden. Bei einer gewissen Anzahl an offenen Stellen bietet der automatische Einkauf von Werbeflächen für Stellenanzeigen einen deutlichen Mehrwert, da die Umsetzung irgendwann händisch nicht mehr durchzuführen ist. Auch auf diese Möglichkeiten geht Christian Gärtner am Beispiel des Jobspreaders genauer ein.

Smart HRM: Buchcover

Smart HRM: Interview mit Prof. Christian Gärtner

Dein Buch trägt den Titel Smart HRM. Wie wird HRM smart?

«Smart» bedeutet zunächst intelligent oder clever. Und zu einer intelligenten Problemlösung gehört auch das Benutzen von Hilfsmitteln, also Tools, heutzutage eben oft digitaler Tools. Also müssen Personaler lernen, wie sie digitale Tools einsetzen können und was deren Schwächen sind, um letztlich gute Antworten auf komplexe Probleme finden zu können. Das geht los bei der Frage, welche Bewerber man einstellen sollte, weil sie die größten Chancen auf späteren Erfolg im Job haben. Es geht weiter über Entscheidungen, welche Personen in einem Team am besten zusammenarbeiten können oder welche am meisten voneinander lernen können. Bis hin zur Vorhersage, welche Mitarbeiter wahrscheinlich kündigen und ob unter ihnen Schlüsselpersonen oder High Performer sind. All diese Probleme kann man auch ohne Tools lösen, das ist aber nicht immer intelligent.

«Smart HRM» meint aber auch raffiniert, gerissen und scharfsinnig. Das erinnert daran, dass beim Einsatz von Tools immer Interessen eine Rolle spielen. Deshalb ist bei der Lösung komplexer Probleme immer auch Kreativität, Empathie, Mut und auch Chuzpe gefragt – alles Merkmale, die Tools oder Maschinen bisher nicht verwirklichen können. Deshalb lobe ich Tools nicht pauschal in den Himmel, aber ich verurteile die Tools auch nicht.

Welche digitalen Tools für die Personalarbeit und fürs Recruiting sind Deiner Meinung nach die wirklich innovativen Lösungen?

Um von einer innovativen Lösung zu sprechen, sollte diese neu und nützlich sein, also einigermaßen gut funktionieren. Dazu zählen vor allem text- und sprachbasierte Analyse- und Automatisierungstools, angefangen bei Sentiment-Analysen des Arbeitgeberimages oder Recruitingprozesses, über Chatbots für den Erstkontakt mit Kandidaten oder bei der Trainingsauswahl bis hin zu textbasierten Skill-Suchen für den Personaleinsatz. Das ist nicht ganz neu, aber nützlich, wobei sich der tatsächliche Nutzen erst in der konkreten Anwendung vor Ort zeigt. Aber es sieht so aus, als würde „Conversational HR“ mehr und mehr in der Praxis ankommen.

Weniger sexy, aber recht nützlich sind digitale Tools aus dem Bereich Robotic Process Automation. Damit können nicht nur Kosten eingespart werden, sondern auch die Qualität des Prozesses erhöhen, weil er schneller und fehlerfrei durchgeführt werden kann. Klassische RPA-Anwendungsfälle sind so etwas wie Emails automatisch versenden, Personaldaten aus dem Recruiting-System ins HR-Stammsystem übernehmen oder Reports erstellen und verteilen. Nicht zu vergessen sind natürlich Anwendungen zur Optimierung des Job Advertisings – da habt ihr ja mehr Insights als ich.

Müssen Personaler mehr IT und Statistik-Kenntnisse aufbauen, braucht es gar eine neue Art von Personaler?

Diejenigen Personaler, die sich als innovativ und zukunftsgestaltend positionieren möchte, kommen wohl nicht um den Aufbau solcher Kompetenzen herum. Schließlich ist der Einsatz digitaler Tools mittlerweile keine Frage mehr des „Ob“, sondern des „Wo“ und „Wie“. Aber deswegen müssen nicht alle Personaler zu Data Scientists werden. Einerseits, weil es dafür eben Spezialisten geben wird. Andererseits, weil digitale Tools den „human touch“ der Personalarbeit nicht ersetzen oder überflüssig machen werden. Es wird nur in Zukunft anteilig weniger People-People in der Personalabteilung geben und die Data- & Technology-People werden mehr werden.

Wo haben digitale Tools in der Personalarbeit ihre Grenzen? Was sollten eher Maschinen und was eher Menschen übernehmen?

Immer dann, wenn sich Situationen sehr oft und entscheidend ändern, wenn bei der Problemlösung Kreativität, Empathie, Fingerspitzengefühl, Mut und Macht gefragt sind oder wenn wichtige Werte wie Selbstbestimmung oder gar Leib und Leben auf dem Spiel stehen. Das wären dann weniger technisch-sachliche und viel mehr rechtlich-ethische Grenzen. Nicht alles, was technisch möglich und ökonomisch erwünscht ist, sollte und darf auch umgesetzt werden.

Über diese allgemeinen Punkte hinaus, habe ich immer wieder eines festgestellt: Pauschalaussagen über die Sinnhaftigkeit von digitalen Tools in der Personalarbeit sind sinnlos. Es macht nun mal einen großen Unterschied, ob man Empfehlungsalgorithmen dazu einsetzt, Mitarbeitern passende Lerninhalte vorzuschlagen oder Bewerber zur Einstellung zu empfehlen. Es führt also kein Weg daran vorbei, sich eingehend mit den konkreten Tools für das eigene Problem zu befassen. Die werden auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, sodass es immer um eine Abwägung geht: Wer bietet mehr Vor- als Nachteile: Mensch oder Maschine oder eine Kombination aus beiden?

Datensammlungen, Algorithmen, automatisierte Entscheidungssysteme und dergleichen erzeugen oft Widerstände und Ängste. Wie kann HR solche Ängste aus dem Weg räumen?

Angst entsteht ja, weil man sich durch etwas Unbekanntes eingeengt oder bedroht fühlt. Gerade bei den Begriffen Algorithmic Decision Making oder KI und Machine Learning ist oft nicht klar, was damit gemeint ist. Wenn man aber darüber aufklärt und auch sagt, was man mit den entsprechenden Tools machen kann und was nicht, dann lässt sich das Unbekannte besser begreifen und wenn man etwas um Griff hat, schwindet auch die Angst davor.

Allerdings sind Aufklärung und Weiterbildung nur zwei Bausteine, denn nur zu Verstehen genügt nicht, wenn es gegen die eigenen Interessen, Werte oder Ziele geht. Oder wenn der Widerstand sachlich begründet ist, weil die Daten, die man eigentlich bräuchte, nicht vorliegen, oder die Tools für das jeweilige Unternehmen zu teuer oder zu wenig nützlich sind. Die Aufgabe von HR ist dann nicht, die Widerstände aus dem Weg zu räumen, sondern die Grenzen der einzelnen Verfahren und Tools vorher klar benennen zu können. Deswegen habe ich in Smart HRM ja auch in jedem Kapitel diese Grenzen erläutert.

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