Corona: Was macht der Arbeitsmarkt?

Ich spare mir die ausführliche Einleitung, was draußen gerade los ist und warum die Lage “etwas” unübersichtlich ist. Und ich möchte natürlich nicht auf irgendeinen “Corona Arbeitsmarkt” SEO-Zug aufspringen. Also kommen wir gleich zur Sache. Wir bei der Wollmilchsau versuchen uns einen Reim darauf zu machen, wie die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt zu interpretieren ist. Hin und wieder wollen wir unsere Erkenntnisse gerne teilen. Vielleicht sind sie für jemanden von Euch interessant.

Arbeitgeber vs. Arbeitnehmer

Auf der Angebotsseite (Arbeitgeber) herrscht aktuell eine ungewöhnliche Verunsicherung. Die Ausschläge auf dem Ifo Geschäftsklima Index sind beeindruckend. Corona Arbeitsmarkt: Grafik aus dem ifo Geschäftsklima Bericht Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft und für den Arbeitsmarkt. Die aktuelle Unsicherheit und die Maßnahmen, die direkt betroffene Unternehmen jetzt schon ergreifen (müssen), spiegelt sich wiederum sehr beeindruckend in der Hochkonjunktur des Themas “Kurzarbeit” oder “Arbeitslosengeld” bei Google Trends. Google Trends zum Thema Kurzarbeit Arbeitnehmer machen sich Sorgen und viele bereiten sich auf entsprechende Einschnitte vor.

Arbeitslosengeld

Wer Mitarbeiter in die Kurzarbeit schicken oder auf die Arbeitslosigkeit einstimmen muss, hat nicht unbedingt ein hohes Interesse an Recruiting-Maßnahmen, würde man vermuten. Corona Arbeitsmarkt: Stellenanzeige, Recruiting Personalbeschaffung im Vergleich Interessanterweise konnte ich bei keinem der Begriffe aus diesem Themenfeld entsprechend starke Ausschläge nach unten verzeichnen. Man kann für den Moment also nicht behaupten, dass das generelle Interesse am Thema Recruiting gesunken ist.

Wird noch gesucht?

Ok. Wie gehen wir bei der Analyse weiter vor? Das Faszinierende an der aktuellen Situation ist, dass die üblichen Anlaufstellen, die Bundesagentur für Arbeit (BA) und das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, in diesem dynamischen Umfeld zu langsam sind, um mit ihren Zahlen für Orientierung zu sorgen. Die Daten werden monatlich mit einer gewissen Verzögerung veröffentlicht. Für März weist die BA einen Rückgang der Arbeitslosigkeit und einen unveränderten Stellenbestand von ca. gemeldeten 690.000 Stellen aus. Der BA-X Index ist im März nur leicht um weitere 3 Punkte auf 113 gefallen. Alles gut also? Wir werden jetzt bis Ende April warten müssen, um von der BA zu erfahren, was aus ihrer Sicht tatsächlich passiert. Lasst uns gerne andere Quelle bemühen, die zeitlich näher am Geschehen sind. Da wäre z. B. die Anzahl der ausgeschrieben Jobs bei den großen Marktgewichten. Sagen wir mal, die auf der Seite kommunizierten Zahlen stimmen in etwa.

Ausgeschriebene Jobs bei Stepstone
Stand: 01.04.2020

Am 01.04.2020 waren 74.238 Jobs ausgewiesen.

Corona Arbeitsmarkt: Weniger Jobs bei StepStone
Stand: 01.03.2020

Am 01.03.2020 waren es noch 90.897. Das sind ca. -18%. Um ganz sauber zu sein, sollten wir noch möglichst saisonale Effekte isolieren. In der gleichen Zeit in 2019 gab es in dem gleichen Zeitraum einen Rückgang von 98.083 auf 91.823 (- 9,36%). Wir könnten also annehmen, dass der Rückgang hier im Zuge der Corona-Krise bei ca. mindestens 10% liegt. Auch wenn StepStone einen recht großen Jobbestand aufweist, ist es fraglich, ob dieser für den gesamten Markt repräsentativ ist. Aber sagen wir mal, StepStone bedient schwerpunktmäßig eher das höher qualifizierte Segment und liefert dafür einen Richtwert. Ein weiterer interessanter Indikator ist natürlich die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit. Die dort kommunizierte Stellenzahl ist zum Einen recht aktuell. Zum anderen deckt sie, als die größte Jobbörse in Deutschland, mehr Stellen ab, als die gemeldeten Stellen in der BA-Statistik.

Screenshot von der Bundesagentur für Arbeit
Stand: 04.04.2020

Mit Stand vom 04.04.20 werden dort 1.26 Mio. offene Stellen geführt. Screenshot von der Bundesagentur für Arbeit Am 16.02.20 waren es noch 1.4 Mio. Das ist ein Rückgang von ca. 11%. (Die mögliche saisonale Schwankung bekomme ich hier leider nicht raus.) Zufall oder nicht, aber StepStone und die Jobbörse der BA signalisieren in etwa eine ähnliche Situation: Es gibt weniger Jobs auf dem Corona Arbeitsmarkt. Ich persönlich vermute, dass der Rückgang mit um die 10% sogar etwas zu positiv ausfällt. Meine Vermutung beruht darauf, dass das klassische Modell der Jobbörsen kein nachträgliches Stornieren der Anzeigen ermöglicht. Hat ein Unternehmen Anfang März Geld für StepStone Anzeigen ausgegeben, wird er das Geld bei einem Storno zu Mitte März vermutlich nicht zurückbekommen. Könnte sein, dass noch unentschlossene Unternehmen bereits bezahlte Anzeigen einfach mal noch ein paar Wochen laufen lassen. Absagen kann man ja immer noch. Dasselbe Motto könnte im Grunde auch für die kostenlosen Stellenanzeigen der BA gelten.

Kommen neue Jobs auf den Markt?

Weitere Einschätzungen des Marktes gibt es z. B. von der Index Gruppe. Hier geht es nicht um den Bestand, sondern um die Schaltungen von Anzeigen. Der Vergleich der ersten zwei Märzwochen in 2019 und 2020 ergibt einen Rückgang von -5,76% bei den Neuschaltungen (von 547.669 auf 516.142). Corona Arbeitsmarkt: Offene Jobs im Laufe der Monate Ein etwas negativeres Bild ergeben die Daten von Jobfeed (Textkernel). Demnach werden auf Karrierewebseiten, in Jobbörsen und in Zeitungen zuletzt knapp über 150.000 Jobs wöchentlich veröffentlicht. Im Februar waren das noch knapp unter 250.000 pro Woche. Die Daten können leider nicht mehr als 52 Wochen zurückverfolgt werden. Deswegen ist auch hier nicht ganz nachvollziehbar, wie stark saisonale Schwankungen zu berücksichtigen sind.

Corona Arbeitsmarkt: Wo wird gesucht und wo nicht mehr?

Ein paar weitere interessante Zahlen zu der Situation in einzelnen Branchen kommen von unserem Jobspreader Partner Adzuna. Sie haben für den Deutschen Markt einen ordentlichen Bestand von ca. 600.000 Jobs. Die Veränderungen des Bestands nach Branchen im März sahen bei ihnen so aus: In welchen Branchen gibt es mehr oder weniger Jobs? Die Analyse der Index Gruppe bzgl. der Neuschaltungen stößt im Jahresvergleich in den folgenden Branchen aktuell auf verstärkte Nachfrage. Jobs in verschiedenen Branchen

Zwischenfazit Angebotsseite (Arbeitgeber)

Bis hierhin sollten wir mitgenommen haben, dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt aus der Sicht des Recruitings nicht einheitlich ist. Einige Branchen hat es hart getroffen und das Recruiting zum Stillstand gebracht. Andere Branchen sind weitgehend stabil, rekrutieren nach Plan. Und einige sind unentschlossen und überlegen, wie viel sie jetzt riskieren sollten. Die Entscheidung ist für die/ den Einzelnen natürlich nicht einfach. Festzuhalten ist aber, dass in den Engpass– und Mangelberufen der letzten Jahre kaum Änderungen im Recruitingverhalten zu beobachten sind und der Wettbewerb zumindest angebotsseitig keineswegs einfacher geworden ist. Trotzdem dürfte bei den Arbeitnehmern teilweise eine höhere Wechselbereitschaft da sein, als in den letzten zwei Jahren, und die gilt es nun zu nutzen.

Was machen die Arbeitnehmer?

Zum Abschluss wollen wir uns natürlich anschauen, was eigentlich die Bewerber machen. Für diesen Teil haben wir unsere eigenen Zahlen aufgespart. Zum Hintergrund: unser Produkt Jobspreader generiert gezielt Bewerber-Reichweite und rechnet leistungsbasiert ab. Bewerber-Klicks sind unser Geschäft und dementsprechend sammeln und werten wir seit Jahren jeden Klick auf die von uns für unsere Kunden verbreiteten und promoteten Anzeigen aus. Auf Grundlage dieser Datenbasis können wir Veränderungen in der Nachfrage nach bestimmen Jobkategorien und/oder in bestimmten Regionen sehr schnell erfassen. Wir haben uns also gefragt, wie sich die aktuelle Situation auf die durchschnittliche Reichweite der Jobs in unterschiedlichen Kategorien auswirkt. Dazu verwenden wir intern die Größe “Clicks per Day per Job”. Die folgenden Auswertungen zeigen die relativen Veränderungen dieser Größe für unsere Basis-Kategorien und Bundesländer an. Welche Jobs wurden häufiger geklickt? Jobspreader: Welche Jobs wurden häufiger geklickt? Die Nachfrage nach Stellenangeboten hat nach unserer Einschätzung fast durchgehend teils sehr deutlich zugenommen. Die Ausnahme in unserer Daten bilden die Branchen Gastro und Automotive. Gastro erscheint mir im Augenblick logisch. Auch Automotive könnte man womöglich damit erklären, dass im Augenblick niemand wirklich dran glaubt, dort Chancen zu haben. Ansonsten präsentiert sich das Bild freundlich aus der Sicht der rekrutierenden Unternehmen. Und auch bei den Bundesländern ist die Veränderung zum Vorjahr nicht zu übersehen. Es zeigt sich also auch hier, dass der Arbeitsmarkt ein bisschen aus dem Dornröschenschlaf der vergangen Jahre erwacht und in Bewegung kommt. Wer diese Bewegung für sich nutzen kann, tut gut daran, es jetzt zu tun. Diese Analyse ist natürlich eine Momentaufnahme. Die Situation kann sich von Tag zu Tag verändern. Was auch immer uns kurz und mittelfristig erwartet, ich gehe nicht davon aus, dass der Arbeitsmarkt, wie wir ihn vor 4 Wochen kannten, erhebliche langfristige Veränderung erleben wird. Denn im Engpass-Bereich ist alleine aus demografischen Gründen nicht davon auszugehen, dass der aktuelle Schock allzu lange anhält. Wer heute langfristig denkt und die Möglichkeiten hat, sollte jetzt rekrutieren. Es gibt einiges zu gewinnen! An dieser Stelle sei mir abschließend noch etwas Eigenwerbung erlaubt. Unser Performance-Personalmarketing-Tool Jobspreader versorgt Unternehmen gezielt mit Bewerber-Reichweite. Aufgrund seiner Flexibilität und Datenorientiertheit und der leistungsbasierten Abrechnung ist es perfekt für das Recruiting in der derzeitigen Phase geeignet. Gerne stellen wir es Euch in einer Demo persönlich vor.

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Disclaimer: Die Zahlen in diesem Artikel sind zuletzt am Montag, 06.04.2020, überprüft worden und können sich seitdem geändert haben. 

[HTTP410] Sinn oder Unsinn: Credits und Bestenlisten bei einer Jobbörse?

Das sogenannte “next-generation Job Board” Jibe wurde aus der Beta-Phase entlassen und hat seinen Launch nun ein paar Tage hinter sich – TechCrunch berichtete. Auch wenn es sich zurzeit ausschließlich auf den US-amerikanischen Markt konzentriert, wollen wir diese Jobbörse hier vorstellen. Sie verfolgt einen Ansatz, den man aus vielen Online-Communities kennt, auf einer reinen Stellen-Plattform in dieser Form aber neu ist: Die Verknüpfung mit Social Media Profilen in Kombination mit einem Punkte-System als interne Währung.

Jibe: Funktionen und Idee

Jibe ist, anders als BranchOut, keine App.  Jibe zieht sich lediglich die berufsbezogenen Informationen aus Facebook und LinkedIn. Zusätzlich natürlich die persönlichen Kontakte und deren beruflichen Hintergrund. Denn diese sollen ggf. als Empfehlende tätig werden, sofern sie bei einer Firma arbeiten, bei der Sie sich bewerben wollen. Weitere Social-Network-Profile und Mailaccounts können zusätzlich eingebunden werden.

Soweit so gut. Der Bewerber bekommt also ein Profil, aktualisiert durch Daten aus LinkedIn und Facebook. Er hat damit Zugriff auf eine Art Pinnwand-Stream mit Jobangeboten. Dieser Stream ist allerdings nicht nach Aktualität oder nach Übereinstimmung mit dem eigenen Profil sortiert, sondern nach Anzahl der Aufrufe und Saves der einzelnen Angebote. Einschränkungen kann der Suchende manuell vornehmen, indem er bestimmte Suchkategorien ausschließt, oder einen Begriff in das Suchfeld eingibt.

Doch auch jene Ergebnislisten sind wiederum nach Popularität sortiert. Jobs als “Mickey Mouse” hätten so also durchaus eine Chance, vor anderen Jobangeboten zu ranken, sofern sie nur genug Neugierige anlocken… Einen Versuch wäre das schon fast einmal wert. Kosten würde einen das als Arbeitgeber nichts, denn das Einstellen von Jobangeboten ist kostenlos – für das Ansehen und Ansprechen eines Profils werden allerdings 15$ je Kandidat fällig. Sollte eine Anzeige also viele gute Rückläufe generieren, wird es teuer.

Zur Kasse bitte!

Doch auch der Jobsuchende muss in die Tasche greifen: Das Bewerben auf eine freie Stelle kostet ihn 50 “Credits”. Diese Credits lassen sich verdienen, indem der Bewerber Freunde zu der Plattform einlädt, auf der Plattform kommuniziert, sein Profil updatet oder sich einfach welche kauft: 100 Credits für 5$, 500 Credits für 10$ etc.. Man muss fairerweise dazusagen: Ein eingeladener Freund ist Jibe immerhin 200 Credits wert, wenn er die Einladung dann auch noch annimmt weitere 200 – damit wären schon acht Bewerbungen möglich. Doch der Spaß geht noch weiter: Wer es schafft, so attraktiv dazustehen, dass er möglichst viele Unternehmen dazu bringt, für das “Unlocken” seines Profils 15$ hinzublättern, der erscheint in einer speziellen Bestenliste.

Sind Belohnungssysteme auf Job-Portalen sinnvoll?

Wer sich nun fragt, ob er noch bei einem Jobportal oder schon eher bei einem Bowsergame gelandet ist, der kann mir gerne Gesellschaft leisten. Wenn ich auf Jobsuche bin, dann habe ich keine Lust dazu, zunächst einige meiner Kontakte dazu verwenden bzw. einladen zu müssen, um überhaupt eine einzige Bewerbung abzuschicken, denn jeder Spieler Jobsuchende startet mit einem leeren Credit-Konto.

Und wenn ich als Unternehmen die Balance finden muss, zwischen attraktiver Stellenanzeige (= viele Klicks und gute Position in den Suchergebnissen) und hohem Anforderungsprofil (= nur wenige, ernst gemeinte Bewerbungen und geringere Kosten bei der Bewerberauswahl), dann würde ich mich auch schnellstens nach einer Alternative umsehen. Dieses Problem besteht genauso bei klassischen Tausend-Kontakt-Preisen oder Cost-per-Click-Modellen, doch Jibe schafft es hier, die Mankos beider Systeme zu vereinen.

Der Ansatz von Jibe ist zweifelsfrei innovativ und auf den ersten Blick technisch sauber umgesetzt. Wir glauben aber weiterhin: Jobsuche, Mitarbeiterempfehlungen, Pflege und Aufbau von Online-Profilen, Bewerbungen – all das kann nur auf freiwilliger Basis geschehen, indem die existierenden Kontakte und Dynamiken online abgebildet und aufgegriffen werden. Der Wusch einen neuen Mitarbeiter zu finden, bzw. der Wunsch für ein Unternehmen zu arbeiten, sollte der Motivation genug sein, ohne über Belohn- und Bezahlsysteme neue Anreize schaffen zu müssen. Wer gegen Geld ein entsprechendes Mehr an Leistung möchte, der soll dieses auch bekommen. Aber bitte durch einen offenen und klaren Preis zur uneingeschränkten Nutzung. Diesen Anspruch haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen. Zurecht.

BranchOut – KillerApp oder Karriere-Luftschloss?

Als vor ein paar Tagen BranchOut am Online-Horizont erschien, fragten wir uns sofort, was denn eigentlich aus InSide Job geworden ist. So wie es aussieht: nicht viel. BranchOut kommt nun in einer Zeit, in der Facebook weiter arriviert ist und, bei aller Kritik im Detail, auch etwas seriöser geworden ist. Das Konzept hat sich allerdings kaum verbessert. Eine App sammelt Business-Daten Ihrer Freunde und – sofern diese die Applikation ebenfalls verwenden – auch die Ihrer Freundes-Freunde, und so weiter. Das Ganze wird garniert mit Kontaktfunktionen und der Möglichkeit dem Nutzer Werbung Jobangebote zu schicken.

Bei Klick wird dieses Video von den YouTube Servern geladen. Details siehe Datenschutzerklärung.

Sowohl im JOBlog, als auch in der Karrierebibel werden der App goldene Zeiten prophezeit. Ich bin da nicht ganz so optimistisch, obwohl wir die letzten wären,  die sagen würden, Facebook ließe sich nicht als Business-Netzwerk nutzen. Doch Facebook ist immer noch ein privates Netzwerk, ein Großteil der Kontakte sind privater Natur, ein Großteil der Konversationen ebenfalls. Ein Grundpfeiler des Konzeptes von BranchOut ist es aber, dass Freunde und Kontakte ihre konkreten (Ex-)Arbeitgeber bei Facebook angeben und dabei idealerweise noch selbst Nutzer der Applikation sind. Sind sie das nicht, kann BranchOut wenig mehr, als dem Nutzer mitzuteilen, in welchen Unternehmen die direkten Freunde arbeiten – und dafür brauche ich keine App. Aber nehmen wir mal an, BranchOut hätte sich soweit etabliert. So schön sich das Konzept in der Realität anhört, wie könnte das in der Praxis laufen? Soll ich den Freund eines Freundes anschreiben und sagen: “Hey, ich bin auf Jobsuche – leg doch bitte mal ein gutes Wort für mich ein! Wir haben uns doch letztes Jahr mal beim Grillen getroffen…”? Facebook ist ideal, wenn es darum geht, die klassische Mitarbeiter-Empfehlung in soziale Online-Netzwerke zu tragen. Aber online wie offline – das Vertrauen und die persönliche Beziehung ist es, die zu einer Empfehlung führen und dieser ihren Wert gibt. Nicht eine zufällige Bekanntschaft über mehrere Ecken, die nur dann aktiviert wird, wenn man sie braucht. Natürlich können Unternehmen auch Jobangebote über die App verteilen, personalisiert dank Interessenprofil und Abgleich mit der Freundesliste. Freie Stellen aus Facebook heraus zu besetzen ist eine gute Idee, genauso wie die, Facebook als einfachen Weg der persönlichen Ansprache unter Freunden zu nutzen. Ob es sich in absehbarer Zeit aber durchsetzen wird, gerade Facebook als den Marktplatz zu nutzen, auf dem man seine Work-History und den Arbeitgeber veröffentlicht, um neue Kontakte zu knüpfen, wage ich zu bezweifeln. Der durchschnittliche Facebook-Nutzer hat immer noch etwa 130 Freunde – und nicht, weil er nicht mehr Kontakte knüpfen könnte, sondern weil er seinen Facebook-Freundeskreis bewusst und “exklusiv” gestaltet (HR-Profis sind oft Kontaktmonster und hier nicht der richtige Maßstab für Facebook-Usage). Ich habe mir BranchOut installiert, die App läuft auf den ersten Blick gut und ist erfrischend radikal was den Umgang mit persönlichen Daten angeht. Soviel habe ich noch nie einer Facebook-App erlaubt! Da ich bis jetzt der einzige bin, der sie installiert hat, habe ich aber noch nichts erfahren, dass ich nicht schon wusste. Wirklich spannend wird die Sache dann, wenn sich Facebook selbst des Themas annehmen wird und Business-Profile, Employee-Pages oder dergleichen anbieten würde. Die Einstiegshürden wären ungleich niedriger, die Akzeptanz vermutlich sehr viel höher.