[HTTP410] Die Zukunft der Suche

Marcus Tandler, ausgewiesener SEO-Experte und der Macher von OnPage.org, dem Tool für Webseiten-Optimierung, hielt am 20. September bei TEDx München einen Vortrag unter dem Titel “The future of search”. In kaum mehr als 15 Minuten schafft es Marcus, einen Bogen von der Entstehung der Web-Suche über ihre Gegenwart bis in ihre Zukunft zu schlagen. Ein interessanter, umfassender und leicht verständlich Crash-Kurs. Ich lege das folgende Video all denjenigen ans Herz, die glauben, dass die Suche nach Informationen, Daten, Menschen, was auch immer, eine immer größere Rolle in unserem Alltag, in unserer Gesellschaft spielt. Sich zu verbildlichen, wie und warum die “Suche” funktioniert, heißt letztendlich zu verstehen, wie man selbst etwas findet und wie man andere etwas finden lässt. Und geht es nicht genau darum auch im Bereich Personal-“Suche”?

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Eine ziemlich coole Zukunftsvision von Marcus, die mir persönlich sehr gefällt, ist die Vorstellung, dass man ein historisches Ereignis aus der Perspektive unterschiedlicher Menschen verfolgen könnte (16:20). Stellt Euch vor, alle Teilnehmer eines Events tragen Google Glasses und ihr könnt sie auf einer Karte auf Eurem Telefon, Tablet, Desktop oder in Euren eigenen Glasses abwechselnd auswählen und die Geschehnisse mit ihrem jeweiligen Blick verfolgen. Ich fände das super. Das bringt mich gleich auf eine Idee für unseren Bereich. Stellt Euch vor, es ist möglich, Bewerbern echte Ad-hoc Live-Eindrücke aus dem Unternehmen zu gewähren – aus unterschiedlichsten Perspektiven. Ich stelle mir vor, ich laufe in der Mittagspause durch die Hamburger Innenstadt. Vor einigen Gebäuden erhalte ich automatisch zu mir passende Stellenangebote der dort ansässigen Firmen und kann mich gleich visuell durch die Unternehmen durchklicken. Oder es ist jemand da, der für mich bzw. “mit mir” durch das Unternehmen sprintet und mir die möglichen zukünftigen Kollegen vorstellt. Wie wäre das? Falls Ihr Euch für das Thema Suche begeistern könnt, möchte ich bei dieser Gelegenheit an zwei meiner älteren Posts zu dem Thema erinnern (Yandex.Atom: Personalisiertes Web und Context is King: Finden ohne zu suchen).

Semantic Web: Konkrete Utopie oder nur heiße Luft?

MoinMoin, ich bin Kristian und seit Anfang April Trainee bei atenta. Vorher habe ich Geschichte, Philosophie und Soziologie studiert und gehöre wohl zu den letzten “Mohikanern”, die noch einen Magisterabschluss machen durften. Und jetzt der erste Artikel für die Wollmilchsau: Über was soll ich denn bloß etwas schreiben? Bei der Recherche stolperte ich über ein Thema, das zwar nicht ganz neu, aber immer noch brandaktuell ist: Die Entwicklung des Semantic Webs. Oh, wie wäre mir diese Neuerung des World Wide Webs beim Studium hilfreich gewesen, indem sie nützliche von unnützlichen Informationen getrennt und mir konkrete Antworten auf meine Fragen geliefert hätte. Doch worum geht es dabei eigentlich genau?

Man sucht eine Möglichkeit, die Informationen im Internet individuell und nach den Ansprüchen der Nutzer automatisch zusammenstellen zu lassen. Denn es reicht heute scheinbar nicht mehr aus, über Suchmaschinen nur Ergebnisse angezeigt zu bekommen, deren Relevanz durch die Anzahl der Querverweise und Keyworddichte ermittelt wurden – und die dann noch durch den persönlichen Filter (“was genau suche ich eigentlich”) bewertet und reduziert werden müssen, um an wirklich relevante Ergebnisse zu gelangen.

Die „konkrete Utopie“ (Ernst Bloch) des Semantic Webs ist es nun, dass die Suchmaschine bzw. der Computer genau weiß, was der jeweilige Nutzer wissen möchte. Ein erster Ansatz ist dabei, dass Inhalte durch Verschlagwortung mit sogenannten Ontologien für Maschinen lesbar, auswertbar und somit wieder verwendbar werden. Dadurch würde auch das Verknüpfen von Wissen aus verschiedensten Quellen erleichtert und es wäre z.B. wesentlich einfacher Mashups für bestimmte Kontexte zu erstellen.

Das World Wide Web Consortium (W3C), welches sich mit der Standardisierung von Techniken im Internet beschäftigt, hat inzwischen mehrere Basisoperationen wie die Ontologiesprachen RDF(S) und OWL entwickelt, um die in menschlicher Sprache formulierte Informationen im Internet mit einer klaren Beschreibung ihrer Bedeutung zu verknüpfen, damit sie auch von Computern „begriffen“ oder zumindest verwendet werden können. Im Klartext: Durch dieses “Begreifen” der Informationen wäre es zum Beispiel möglich, dass Suchmaschinen auf eine Frage nicht nur eine Ansammlung von Links bereitstellen, sondern eine präzise Antwort geben können.

In Unternehmen besteht die Herausforderung, eine große Menge von unterschiedlichsten Informationen zu strukturieren, zu filtern und miteinander in Beziehung zu bringen. Hier liegt das Potential des sogenannten “Web 3.0” in der Möglichkeit eines effizienten Wissensmanagements zur Bewältigung von komplexen, wissensbasierten Problemstellungen. Zudem könnte diese Technologie genutzt werden, um die interne und externe Kommunikation effizienter zu gestalten und so z.B. zu einer Verbesserung der Qualitätssicherung und des Kundenservices führen. Im privaten Bereich könnten die “semantischen Technologien” uns z.B. mit exakt personalisierten Kontextinformationen zum aktuellen Standort versorgen und so das Smartphone (und damit die Google Glasses) wirklich “smart” machen.

Auch wenn die Entwicklung des Semantic Webs nie dazu führen wird, dass Maschinen in irgendetwas wirklich eine Bedeutung sehen können, glaube ich, dass semantische Verknüpfungen in Zukunft beim Umgang mit nutzerbezogenen Informationen unumgänglich sein werden.

Was meint Ihr? Ist das Semantic Web ein geniales Unterfangen oder eine fixe Idee, an die sich irgendwann niemand mehr erinnert?

Pic: Chis P. Jobling (CC BY-SA 2.0)