Das Institut der deutschen Wirtschaft hat über die letzten vier Jahre die Fachkräfteversorgung in 619 Berufsgattungen analysiert. Die Ergebnisse zeigen einmal mehr auf, dass Fachkräfteengpässe in einer ganzen Reihe von Berufen eine dauerhafte Herausforderung für Unternehmen sind. Was die Studie neben Ihrer breiten Datengrundlage (Statistik der Agentur für Arbeit) interessant macht, ist ihr Fokus auf die Geschlechterverteilung des Arbeitskräftepools in Engpassberufen.
Zur Erinnerung: Von einem Fachkräfteengpass sprechen Statistiker dann, wenn auf eine gemeldete offene Stelle weniger als zwei arbeitslos gemeldete Fachkräfte kommen. Das liegt daran, dass der Agentur für Arbeit nur die Hälfte aller offenen Stellen gemeldet werden. Ein starker Engpass liegt vor, wenn die Zahl der Arbeitslosen für den (theoretischen) Fall der Meldung aller offenen Stellen nicht ausreicht, um sie zu besetzen. Dieser starke Engpass ist die statistische Definition des Fachkräftemangels. Wie wir sehen besteht aktuell ein Fachkräfteengpass in 155 Berufsgattungen und ein Fachkräftemangel in 56 Berufsgattungen.
Nach Berufsfeldern aufgeschlüsselt, stellt sich der Fachkräfteengpass wie folgt dar.
Besonders stark betroffen sind die Gesundheits- und Sozialberufe, die Bauindustrie sowie die Elektro- und Metallbranche und die Informationstechnik. Die Top Ten der Engpassberufe mit Berufsausbildung wird dabei von den technischen Berufen angeführt…
…während der größte Mangel in Berufen mit Fortbildungsabschluss bei den Gesundheits- und Sozialberufen verzeichnet wird, allerdings auch hier dicht gefolgt von technischen Handwerksberufen.
Bei den akademischen Berufen bestehen die größten Enpässe an Informatikern und Ingenieuren.
Für Recruiter soweit nichts Neues. Kommen wir zum spannenden Teil, der Aufschlüsselung der Fachkräfteengpässe nach geschlechtertypischen Berufen. Wie wir sehen, sind fast zwei Drittel der unter Fachkräfteengpässen leidenden Berufe geschlechtertypisch. Männertypische Berufe leiden dabei besonders stark unter Fachkräfteengpässen.
Nach Berufsfeldern aufgegliedert stellt sich das Bild so dar:
Die zentrale Erkenntnis für die HR-Branche und die Gesellschaft ist die Tatsache, das das traditionelle geschlechtertypische Berufswahlverhalten uns als Gesellschaft nachhaltig schadet. Hier sind wir gut beraten, auf breiter Front dagegen zu wirken. Die Autoren des IDW äußern aufgrund der straken Tradierung des Berufswahlverhaltens nur eine geringe Hoffnung, dass dies kurz- bis mittelfristig gelingt. Persönlich denke ich, dass die größte Herausforderung darin besteht, das gesellschaftliche Ansehen einer geschlechteruntypischen Berufswahl zu steigern. Das mag zwar dauern, ist aber langfristig der einzige Weg. Einen tollen Ansatz zeigt hier z.B. die “Vielfalt, MANN!” Kampagne der Hamburger Kindertagesstätten, über die Ihr bei Cyquest hier und hier lesen könnt.
Fest steht, dass wir dieses Problem nur lösen können, wenn Politik, Verbände und Unternehmen gemeinsam an einem Strang ziehen und endlich mehr machen, als den Mädchen – ähh Zukunftstag einmal im Jahr. Darüber hinaus müssen wir massiv in eine bessere Kinderbetreuung investieren, um das Arbeitskraftpotenzial von Teilzeitkräften endlich vollständig zu heben, wie die IDW-Studie ebenfalls deutlich macht. Aber das lest selbst nach, hier könnt Ihr die Studie “Fachkräfteengpässe in Unternehmen: Geschlechterunterschiede in Engpassberufen” beim IDW runterladen.