[HTTP410] Wie Smartphones unsere Gesellschaft verändern

Merret, unsere neue Community Managerin, hat uns während ihrer Einarbeitungsphase Fragebögen vorgelegt. Eine der Fragen: “Was ist dein Lieblingsgadget”. Ich musste kurz überlegen, da ich nun gar nicht so der Gadget-Typ bin. Das einzige Gadget, das ich besitze und wirklich nutze ist mein Smartphone. Ich habe zur Seite geblickt und es dort liegen sehen. Sollte ich das nehmen? Irgendwie langweilig. Doch dann habe ich in meinem Kopf eine kleine Liste gemacht, wie mich das Ding durch den Tag begleitet:

  1. Es ist mein Wecker. Ein normaler und ein Schlafphasenwecker versuchen, mich in unterschiedlichen Intensitäten und Lautstärken wach zu kriegen.
  2. Mein erster Blick: News. Was ist wo in die Luft geflogen, während ich schlief?
  3. Mein zweiter Blick: Mails. Ich sichte und beantworte ggf. alle wichtigen Mails und Nachrichten gleich aus dem Bett – macht meinen Weg unter die Dusche und zur Arbeit entspannter.
  4. Auf diesem Weg ist das Smartphone meine Uhr und mein MP3-Player. Und je nach Laune zusätzlich Spielekonsole oder Reader in der U-Bahn.
  5. Im Büro liegt das Telefon neben mir und lässt mich private Facebook-Nachrichten und dergleichen erledigen, ohne dass ich groß Browserfenster öffnen und schließen müsste.
  6. In Meetings habe ich über das Smartphone alles was “draußen” passiert im Blick, auf Außer-Haus-Terminen bin ich – schon fast nebensächlich – zusätzlich telefonisch erreichbar.
  7. Feierabend naht. In meiner Freizeit nutze ich das Smartphone als Navigationshilfe, als Sporthilfe, als Spielgerät, als Second Screen beim Fernsehen, als First Screen zum Faktencheck in Diskussionen, als Chat-Tool, als Fotoapparat. Wenn ich Apple-Geräte hätte, wäre es zusätzlich noch Fernbedienung für alle anderen technischen Geräte in meinem Haus. Und wenn ich keine Lust mehr auf Gesellschaft habe, hole ich mir Taxi und bezahle es über mein Smartphone.

Ich habe dann “Mein Telefon” eingetragen, mit voller Überzeugung! Daran musste ich gerade denken, als ich auf Bit Rebels diese Infografik gesehen habe “The Impressive Effects Of Smartphones On Society”. Weitere Gedanken zum Smartphone als “Extended Mind” hier.

Smartphones und ihr Einfluss auf die Gesellschaft

Extended Mind und unser Smartphone: Die Rolle von Interfaces in der Zukunft

Manche sagen, was den Menschen im Gegensatz zu anderen Tieren so weit gebracht habe, sei die Fähigkeit, Werkzeuge und Geräte zu nutzen, selbst herzustellen und weiter zu entwickeln. Das umfasst sowohl abstrakte Werkzeuge wie unsere Sprache (als Kommunikationsmittel), aber auch handfeste Gerätschaften vom Faustkeil bis zum Smartphone. Mit deren Hilfe können wir unsere physischen Gegebenheiten und Einschränkungen überwinden und uns Lebensräume erobern, für die wir langsamen, klapprig-schwachen Zweibeiner nicht wirklich geschaffen sind.

Diese Entwicklung hat immer dann einen entscheidenden Schub bekommen, als wir unser wohl komplexestes Werkzeug Sprache mit technischen Fortschritten kombinieren und erweitern konnten: Die Entwicklung von Schrift, der Buchdruck und zuletzt unsere modernen Kommunikationsmittel waren die größten Innovationsbooster der Geschichte und haben unser sogenanntes Informationszeitalter ermöglicht.

Die Technologien, die uns heute zur Verfügung stehen, verändern natürlich nicht nur unseren Alltag, sie verändern unser grundsätzliches Verhalten als Mensch, ja sie verändern den Menschen. Die Theorie des Extended Mind lässt sich (wie ich finde) hervorragend auf unser Smartphone anwenden: Ich muss mir keine Kontaktdaten mehr merken, sie sind alle nur ein paar Fingerbewegungen entfernt. Ebenso all jene Daten, die ich jederzeit über Wikipedia abrufen kann. Ich muss mir nur Begriffe und Zusammenhänge merken und wissen, wie ich die Informationen bei Bedarf abfragen kann. Idealerweise bekomme ich so meinen Kopf frei für wichtigere Dinge.

Interfaces sind dabei die Schnittstelle zwischen uns und unserer geschaffenen Infrastruktur. Diese Interfaces zu gestalten, ist eine der größten Herausforderungen für uns Menschen – und somit auch für Unternehmen, Dienstleiter und Agenturen. Hier liegt der Schlüssel zu deren Leistungsfähigkeit: in der nahtlosen Integration in unseren Alltag. Dazu ein paar Menschen, die sich den ganzen Tag diese Gedanken machen: Interaction- und Usability-Designer.

In vielen älteren Science-Fiction-Filmen und Zukunftsvisionen sehen wir Technologien, die wir inzwischen lange überholt haben. Ein schönes Beispiel sind die beliebten riesigen Touchscreens, auf denen Benutzer mit großen Bewegungen Inhalte hin und her schieben müssen. Schrecklich unübersichtlich, ganz abgesehen von der körperlichen Anstrengung. Lächerlich in unsren Augen, die wir unser Pocketdevice mit ein bis zwei Fingern bedienen. Aber ein Zeichen dafür, dass man solche Entwicklungen denen überlassen sollte, die die Menschen verstehen, nicht nur denen, die die Technik verstehen.