Reformation im Netz? Die Tage der Thesen

Glücklicherweise müssen Thesen heute nicht mehr an Kirchentore geschlagen werden, es hätte in diesen Tagen auch ein großes Gedränge gegeben: Es wurden Thesen formuliert wohin man auch nur geschaut hat. Das Netz wurde neu konstitutioniert, konstruiert und kommentiert. Dass “das Netz” in Bewegung ist, das spüren wir alle. Und weil auch die enormen Kräfte dahinter immer deutlicher werden, ist ein verständlicher Impuls, diese Strömungen kontrollieren bzw. kanalisieren zu wollen.

Den Aufschlag hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière bereits letzten Monat: Er formulierte 14 Thesen zu den Grundlagen einer gemeinsamen Netzpolitik der Zukunft. Ein wenig welt- bzw. netzfremd, aber gut gemeint.

Der CCC (Chaos Computer Club), traditioneller Gegenpol und allseits anerkannte Größe, stellte seinen Standpunkt zum Thema am 19. Juli  in 11 Thesen zur Netzpolitik dar.

Die Piratenpartei versteht sich ebenfalls als Institution, die Netzpolitik in Deutschland entscheidend mitgestalten will – verständlich, dass auch sie an dieser Diskussion teilnehmen wollte musste: Am 21. Juli stellte Christopher Lauer, politischer Geschäftsführer der Piraten, die folgenden 10 Thesen zur Netzpolitik vor.

Dabei wäre das eigentlich nicht mehr nötig gewesen, denn einen Tag vorher, am 20. Juli hatte bereits Marcel-André Casasola Merkle, besser bekannt als @zeitweise, die Diskussion mit ganzen 42 finalen Thesen zum Internet beendet und alle offenen Fragen geklärt! Zumindest fast…

Spaß beiseite: Auch wenn wir jetzt viele Aussagen zu diskutieren haben; es ist notwendig, dass darüber gesprochen wird, welche Wege eingeschlagen werden sollen. Wer aber glaubt, einer einfachen Behauptung mehr Gewicht dadurch verleihen zu können, indem er sie als These bezeichnet und in eine Gruppe anderer Behauptungen stellt, der täuscht sich. Dialog ist wichtig. Wenn daraus ein echter Diskurs entsteht, ist das umso besser. Genau das ist bei der Veröffentlichung der Thesenpapiere gut gelaufen: Einzelne Punkte zu unterstützen oder anzugreifen ist eine Sache, was aber (immer noch) viel zu selten passiert, ist die Formulierung eines eigenen Gedankens – auch wenn man dadurch angreifbarer wird.

Pics: Wikimedia: Immanuel Giel (gemeinfrei) und Melchior Lotter d.j (gemeinfrei)