Der Zappos Post von letzter Woche hat für einigen Diskussionsstoff, Kommentare und Zukunftsvisionen gesorgt. Stellenanzeigen abschaffen, Netzwerke schaffen. Einfach falsch, verrückt oder langfristig vielleicht doch der einzig richtige Weg?
Auf der Seite der eher skeptischeren Stimmen fand ich gerade Meinungen mit quantitativen Argumenten besonders interessant. So z.B. die Einschätzungen des Bewerbungs- bzw. des Auswahlprozesses. Der Netzwerk- /Beziehungsaufbau mit potentiellen Kandidaten würde im Vergleich zur Bewerbung per Stellenanzeige wesentlich mehr Zeitaufwand auf beiden Seiten erfordern. Weiterhin kam des Öfteren das Argument, dass die verhältnismäßige (kleinere) Größe eines Unternehmens in den allermeisten Fällen den Verzicht auf Stellenanzeigen zugunsten von aktiven Netzwerk-/Beziehungspflege unmöglich bzw. unsinnig machen würde.
Gefühlt haben beide Argumentationen ihre Daseinsberechtigung. Ohne diese per se anzuzweifeln, stelle ich mir jedoch automatisch die Frage, woher wir/sie das alles so genau wissen. Wie viele Unternehmen (nicht nur Konzerne) da draußen können heute ad-hoc grundlegende Werte nachvollziehen:
- Wie ist die demographische Zusammensetzung des Personals?
- Lässt sich Fluktuation anhand der Quelle der Einstellung bzw. dem beruflichen Hintergrund prognostizieren?
- Wie lange dauern Ausschreibungs- und Auswahlprozesse im Durchschnitt?
- Wie viele Kontakte gibt es im Durchschnitt zwischen Recruiter und Bewerber?
- Wie erfolgen diese (Telefon, Mail, Soziale Netzwerke, usw.) und welche sind effektiver?
- Wie viele Bewerbungen gab es in diesem im Vergleich zum letzten Jahr?
- Wie viele Anzeigen wurden wo für wie viel Geld geschaltet und wie war die Reichweite (Bewerber-Traffic)?
- Woher kamen die (guten) Bewerber?
- Welche Maßnahmen haben funktioniert?
- Wer besucht die Karriereseite?
- Welche Infos werden dort am meisten nachgefragt?
- …
Ich denke, dass die Beantwortung dieser und einiger weiterer Fragen notwendig ist, um die Entscheidung von Zappos (auch im Vergleich zur eigenen Situation) realistisch einschätzen zu können bzw. diese zu befürworten oder gänzlich abzulehnen. Ich bin mir nicht sicher, wie strategische Entscheidungen bei Zappos genau getroffen werden. Ich vermute jedoch stark, dass Zappos über mehr als nur einen Business-Intelligence-Analysten verfügt. Die obigen Fragen wurden mit Sicherheit beantwortet.
Ich denke weiterhin, dass in vielen (auch weniger innovativen) Unternehmen zumindest in Ansätzen Daten zur Beantwortung von relevanten Fragen im Bereich HR vorhanden sind. Wenn auch in Form von schlecht formatierten Excel-Tabellen. Sie zusammenzutragen und auswertbar zu machen, würde die Arbeit, Entscheidungen und Einschätzung von eben solchen visionären (?) Methoden um einiges vereinfachen.
Dieser Post soll daher ein weiterer Aufruf sein, sich mit dem leidigen Thema der Zahlenerhebung im HR zu beschäftigen. Ja, es ist nervig. Aber das, was sich heute hinter dem Begriff Business Intelligence versteckt, ist vielleicht zugänglicher als viele von Euch glauben. Tools wie Tableu, QlikView, Microstrategy, Palo usw. lassen Euch heute ohne IT-Kenntnisse (und teilweise kostenlos) Datenbruchstücke (z.B. Excel-Tabellen, Google-Analytics) zusammentragen und mit wenigen Klicks einfache und verständliche Visualisierungen und Auswertungen vornehmen. Euer eigenes, flexibles HR-Dashboard. Das wär doch was.
Ich behaupte nicht, dass das kein Aufwand ist. Allerdings bin ich mir sicher, dass es für viele da draußen möglich ist, bessere Entscheidungen mit Hilfe der bereits vorhandenen Daten zu treffen. Wenn man sich nur trauen würde, diese anzuschauen. Es würde mich wirklich interessieren, wer von Euch tatsächlich alle obigen Fragen beantworten kann und vor allem, wie Ihr das bei Euch macht. Ist da draußen jemand? Wir können gerne über einen Best-Practice-Gastpost sprechen.