[HTTP301] Personalwerbung im Facebook-Messenger?

Wer von Euch nutzt den Facebook-Messenger? Das ist die App, mit der man mit seinen Facebook-Kontakten chatten kann. Weltweit soll ja Facebook von ca. 2 Mrd. Menschen verwendet werden. Den Facebook-Messenger nutzen dabei 1.2 Mrd. Wie groß oder klein die Schnittmenge der beiden Nutzer-Gruppen ausfällt, ist leider nicht wirklich bekannt.

Wie auch immer. Der Facebook-Messenger war bis heute das letzte Refugium, in dem man als Facebook-Nutzer sicher vor etwaiger Werbung war. Das war’s. Facebook hat gestern angekündigt, dass nun auch im Facebook-Messenger Werbung eingeblendet wird. Damit wagt sich der Facebook-Messenger als erste der mir bekannten Chat-Apps an das Thema Monetarisierung.

Die Werbung wird übrigens (noch?) nicht im Chat-Verlauf, sondern auf dem Home-Screen eingeblendet. In der Liste der Konversationen. Da kann dann so aussehen.

Quelle: Facebook

Für Werber, zu denen wir und ihr, liebe Personalmarketer auch gehören, ist das auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Denn Facebook und die Presse stellen wie gesagt 1.2 Mrd. weltweite Nutzer in Aussicht. Schauen wir uns mit Hilfe des Ads Managers die konkreten Zahlen für den DACH Raum an, kommen für Deutschland 15 Mio., für die Schweiz 1.7 Mio. und  für Österreich 1.8 Mio zusammen. Zum Vergleich – das sind jeweils so ca. 50% der eigentlichen erreichbaren Facebook-Zielgruppe.

Wie viele tatsächlich völlig neue Nutzer, die wir nicht bereits über Facebook erreichen können, darunter sind, ist eine sehr wichtige Information, die ich bisher nirgendwo entdecken konnte. Es ist tatsächlich möglich, den Facebook-Messenger auch ohne ein Facebook-Konto zu nutzen. Warum man dies tun sollte, ist mir nicht ganz klar. Es wird nicht die Mehrheit sein. Damit will ich sagen, dass wir uns von den 1.2 Mrd. Reichweite nicht so schnell beeindrucken lassen sollten.

Was wir offenbar tatsächlich erhalten, ist ein weiterer unverbrauchter Kontaktpunkt mit den (bereits bekannten) Nutzern, um ihnen ein weiteres Mal unsere Werbebotschaft präsentieren zu können. Für diejenigen, die sich jetzt auf diesen Kanal auch mit Personalwerbung stürzen wollen, sehe ich auf der Pro-Seite sicherlich den “first mover advantage”. Die Facebook-Nutzer haben sich an die Werbung im Desktop- und Mobile-Feed gewöhnt. Werbung in der Chat-App wird evtl. für eine Weile für einen Überraschungseffekt sorgen und vielleicht sogar mit höheren Interaktionsraten belohnt. Vermutlich wird man hier kurzfristig auch einen Kostenvorteil erzielen können.

Es ist aber wichtig zu verstehen, dass die Monetarisierung einer Chat-App ein absolutes Novum ist. Facebook weiß nicht, was davon zu erwarten ist. Wie werden die Nutzer darauf reagieren? Klicken Sie auf die Werbung oder löschen sie eher die App?

Diese anfängliche Unsicherheit spiegelt sich meiner Meinung nach auch darin wieder, dass Facebook als Kampagnen-Ziel für den Messenger lediglich “Impressions” (also Einblendungen) zulässt. Bezahlt wir auf CPM-Basis, also Betrag X für 1000 Einblendungen. Klicks auf Anzeigen als Ziel und Bezahlung auf Cost-Per-Click Basis kann sich Facebook hier noch gar nicht leisten. Es fehlen jegliche Richtwerte, um Wahrscheinlichkeiten von Klicks und somit Klick-Preise korrekt zu berechnen.

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Aus der Sicht von Facebook besteht die Gefahr, dass eine Anzeige vielfach ausgeliefert, jedoch (von den genervten Nutzern) nie geklickt wird. Mit Pay per Impression als einzige Option überträgt Facebook das Risiko des Experiments an die Kunden, also an Euch. Nach dem Motto: “Falls es schief läuft, haben wir wenigstens Geld verdient”. Falls es gut läuft, sowieso.

Das ist an sich ok. Gerade für reine Branding-Kampagnen ist das ein faires Spiel, würde man meinen. Nur eines dürfen wir dabei nicht vergessen. Auf der Contra-Seite eines frühen Einstiegs in die Messenger-Werbung steht die mögliche negative Reaktion der Nutzer, die im ersten Augenblick Werbung direkt in der Liste ihrer privaten Chats als einen frechen Eingriff in die Privatsphäre empfinden. Woher weiß der Nutzer, dass seine Chats-Inhalte bei diesem Setting !nicht! zu Targeting-Zwecken ausgewertet werden?!

Hier muss man sich als Werber und auch als Personalmarketer zunächst die Frage stellen, ob eine solche Assoziation der Marke gut tut. In manchen Fällen kann die Antwort “ist mir egal” sein. Gerade in Sachen Personalwerbung bzw. Employer Branding Kampagnen würde ich mir das genau überlegen.

Ich bin sonst nun wirklich nicht zurückhaltend was das Loben neuer Technologien, Kanäle und Möglichkeiten angeht. Und über unseren Jobspreader werden Eure Anzeigen (auf expliziten Wunsch) natürlich auch im Facebook-Messenger landen können. Dennoch neige ich in diesem Fall tatsächlich dazu, zunächst die ersten Reaktionen der Nutzer auf dieses neuen Werbeformat abzuwarten. Mag sein, dass es laut Facebook in Australien und Thailand gut angekommen ist. Aber wir hier sind ja bekanntlich ein anderer Schnack, oder nicht?! 🙂

Was haltet Ihr von Werbung in Eurer Chat-Liste? Würdet Ihr dort präsentierte Personalwerbung begrüßen? Glaubt Ihr als Arbeitgeber und Personalmarketer, dass meine Zurückhaltung übertrieben ist?

Corporate Branding und Arbeitgebermarke – ein tolles Team?

Ich bin ein großer Freund der Vorstellung, dass Marketing und Personalmarketing (bzw. Branding und Employer Branding) in Unternehmen mehr und mehr (bewusst) verschmelzen. Beide können voneinander lernen, einander helfen und vor allem einander (positiv oder negativ) verstärken.

Ein Unternehmen, dass in Bezug auf die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen ein eher negatives öffentliches Image hat, wird es verhältnismäßig schwerer haben, eine positive Arbeitgebermarke aufzubauen und gute Mitarbeiter anzusprechen. Ein Unternehmen mit den tollsten Produkten und Dienstleistungen, das auf der anderen Seite für schlechte Arbeitsbedingungen bekannt ist, wird womöglich unnötigerweise Kunden-Vertrauen verlieren. Aktuelle Beispiele werden an dieser Stelle wohl jedem einfallen.

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Mit anderen Worten, ein Ungleichgewicht zwischen Brand und Employer Brand ist nachteilig und führt zu Kostensteigerung. Ein positives Gleichgewicht der beiden Faktoren dagegen ist vorteilhaft für das Unternehmen als Ganzes und kann Kostenreduzierung führen. (Das mit den Kosten liegt an fehlenden oder eben vorhanden Synergien).

Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse einer LinkedIn Umfrage unter 7000 “Professionals” ergab einen starken Zusammenhang zwischen der Bekanntheit der Marke und der Bekanntheit der Arbeitgebermarke. Je mehr Leute wissen, was für ein toller Arbeitgeber Ihr seid, desto mehr Leute werden auch Eure Produkte und Dienstleistungen kennen.

Company Brand vs. Talent Brand

Leider oder zum Glück lässt sich Employer Branding aus diesem Zusammenhang nicht entfernen. Ich mache tolles Marketing, also brauche ich gar kein Employer Branding, wird nicht so gut funktionieren. Denn kennt man Eure Marke, hat aber noch nie was von Euch als Arbeitgeber gehört, sinken die Chancen einer Bewerbung. Verrückte Welt.

Nachgewiesenermaßen hat die Arbeitgebermarke Einfluss auf die Bewerbungsquote

Also, man braucht beides. Und es kann, wie gesagt, sehr wohl Sinn ergeben, sich in Richtung ganzheitlicher Konzepte zu bewegen, anstatt Marketing und Kommunikation separat von Arbeitgebermarketing zu betrachten. Man kann nur gewinnen.

Ist es in der Praxis vielleicht möglich, ein gutes Produkt und eine besonders gute Atmosphäre in einem einzigen  Werbe-Video zu vermitteln? Employer Branding zur Prime-Time? Das wäre doch was. Oder Mitarbeiter, die so gut drauf sind, dass Sie sich fürs Produkt-Marketing voll ins Zeug legen. So wie z. B. in Russland, wo sich engagierte Mitarbeiter in letzte Zeit gerne für Werbemittel der Arbeitgeber nackig machen. Hier nur eins der vielen Beispiele. Abgebildet sind Sergej, Olga, Anstasija und Talina aus dem technischen Support-Team des Telekom-Unternehmens “Maxima”. Der Slogan lautet “ein echtes Team ist zum erfolgreich sein verdammt”.

Mitarbeiterkalender

 

Spaß bei Seite (wobei das gar kein Spaß war). Die Hamburger Sparkasse setzt mit “meine Bank heißt…” den gleichen Ansatz auf eine etwas ernstere Art und Weise um.

Die HASPA setzt im Produktmarketing auf Zugänglichkeit, Flexibilität und Individualismus.

Spaß-Quiz: Wo herrscht glaubhaft gute Atmosphäre?

Die ganzheitliche Sichtweise ist noch jung und braucht seine Zeit, um in den Unternehmen mit klassischer Denkweise anzukommen und um durchgehend brauchbare Ergebnisse zu erzielen. Nicht alle Versuche werden von Anfang an erfolgreich sein. Viele werden tolle Kandidaten für die goldene Runkelrübe. Ich aber bin der Meinung, dass es früher oder später richtig gut funktionieren wird. Was meint Ihr?

Arbeitgebermarke messen: Der “Employer Brand Value Score”

Wer würde sich nicht wünschen, Employer Branding messen zu können? Das Trendence Institut hat nun zusammen mit der Ruhr-Universität und dem Chemiekonzern evonik ein Modell entworfen, das den Wert einer Arbeitgebermarke ermitteln will. “Wert” ist hier wörtlich zu nehmen. Der “Employer Brand Value Score” wird nämlich tatsächlich in Geld gemessen: Wie viel muss Unternehmen X auf mein erwartetes Mindestgehalt aufschlagen, damit ich dort arbeiten würde.

Employer Branding messen mit dem “Employer Brand Value Score”:

Um diesen Score zu ermitteln, wurden 1108 Studenten gebeten, 800 Unternehmen zu bewerten. So wurde ein “minimaler Gehaltserwartungswert” von 40.383€ p.a. ermittelt – also das Mindestgehalt, zu welchem die Absolventen bei ihrem Traumarbeitgeber anfangen würden. Je höher nun dieser mittlere Wert beim einzelnen Unternehmen liegt, desto höher der Score, desto schlechter seine Arbeitgebermarke. Das Ziel dieser Rechnung liegt auf der Hand: Vergleichbarkeit. Sollte ich nicht bei meinem Wunscharbeitgeber X für 40k arbeiten können, müsste Unternehmen Y schon 45k für mich abbuchen, Unternehmen Z gar 50k. Damit hat Unternehmen Y die bessere Arbeitgebermarke als Unternehmen Z, beide liegen jedoch fünf- bzw. zehntausend €-Punkte hinter dem Wunscharbeitgeber X.

Grundsätzlich ist dieser Ansatz nicht uninteressant und dem Brand-Equity-Modell aus dem Konsumgütermarketing entlehnt. Auch hier heißt es (stark vereinfacht): Die Zahnbürste von Oral B müsste schon einen ganzen Euro billiger sein, damit ich meine geliebte Dr.Best im Regal liegen lasse. Die Frage ist, inwiefern sich eine solche Kaufentscheidung mit der Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber gleichsetzen lässt. Denkt man dieses Modell weiter, könnte die Botschaft für Unternehmen auch lauten: Einfach eine Schippe Extrageld auf das Jahresgehalt und schon sind die Mängel an der eigenen Unternehmensmarke ausgeglichen. Und auch wenn dieses Vorgehen noch oft der Praxis entspricht, sollte dies weder Weg noch Ziel von nachhaltigem Employer Branding sein. Insofern ist dieser Score sicherlich einen interessierten Blick wert, in der Bewertung aber mit Vorsicht zu genießen.

Wie seht Ihr das?

[HTTP410] Die 100 besten Arbeitgeber: Beim Fortune Magazine mehr als nur ein Ranking

Es gibt kaum wirkungsvolleres Employer Branding als zufriedene Mitarbeiter in Kombination mit einem reichweitenstarken Medium. Das Fortune Magazine hat eben diese Reichweite und rankt jedes Jahr 100 Firmen mit den zufriedensten Mitarbeitern in den USA. Das Ergebnis ist eine ausführliche Cover-Story, die mit einem tollen Online-Angebot ergänzt wird.

Hier kann man neben dem eigentlichen Ranking, sortiert nach unterschiedlichen Gesichtspunkten, wie Gehalt, Region oder Benefits, auch interaktive Grafiken abrufen. Der Perkfinder listet zum Beispiel diverse Vergünstigungen und Anreize auf. Diese lassen sich frei kombinieren und helfen so, den passenden Arbeitgeber zu finden. Lege ich zum Beispiel Wert auf Kinderbetreuung und ein Fitnessstudio auf dem Firmengelände, kommen für mich nur noch 26 der Top 100 Arbeitgeber in Frage.

Eine andere dynamische Grafik ist die “What employees say”- Word-Cloud. Hier können zu einzelnen Unternehmen Tag-Clouds abgerufen werden, die dann wiederum Begriffe und Zitate aus den Befragungen der Angestellten zeigen. Der umgekehrte Weg ruft über Erwähnungen bestimmter Themen die Zitate zu den Unternehmen auf.

Neben einigen anderen Features stellt Fortune ausgewählte Firmen mit einem Arbeitgeber-Video vor. Hier erklärt John Mackey, CEO und Mitgründer von Whole Foods, wie sich seine Angestellten in Teams selbst organisieren und warum es, entgegen der Branchenpraxis, bei Whole Foods keine Gewerkschaften gibt:

Schon die Startseite zeigt die Komplexität und den Blick fürs Detail, mit dem die Ergebnisse aufbereitet werden. In Deutschland kursiert zwar auch die ein oder andere Liste an Top-Arbeitgebern (in manche kann man sich einkaufen, bessere werden anhand von Studienergebnissen in Zusammenarbeit mit Universitäten entwickelt), aber die Präsentation und insbesondere der langfristige Mehrwert für den Arbeitnehmer lassen noch viel Raum nach oben.  Zugegeben, ein solches Issue bedeutet großen Aufwand und schluckt einiges an Ressourcen, aber für ein großes deutsches Wirtschaftsmagazin sollte das doch zu stemmen sein, oder? Also Ihr Handelsblätter, FTDs, WiWos oder Capitals – wie wärs?

Pics: Fortune Magazine und Knipsermann