Arbeitgeberbewertungen und deren Zukunft im Employer Branding

Arbeitgeberbewertungen spielen in Deutschland eine relativ große Rolle, zumindest aus Sicht der Unternehmen. Auch XING scheint das so zu sehen, schließlich kauften die Hamburger den Platzhirsch kununu und planen, Bewertungen fester in die Unternehmensvorstellungen zu integrieren. In der Praxis ist das (noch) etwas anders.

Nutzerbewertungen zählen als eine der großen Errungenschaften der modernen Online-Landschaft.

Produktbewertungen bei Amazon, Artikel in Fachforen und Blogs oder Reviews bei YouTube – die Möglichkeiten, sich Meinungen zu Produkten und Dienstleitungen einzuholen sind zahlreich. Allerdings vermisse ich oft die nötige Distanz und Professionalität bei diesen Ratings. Besonders schön finde ich immer App-Bewertungen in Google Play Store à la:

“Die App ist super, aber eine kleine Funktion (die außer mir kein Mensch braucht) fehlt. Deswegen nur ein Stern.”,

oder das Beispiel, das Gunter Dueck einmal brachte:

“Ich würde dem Buch an sich vier Sterne geben, aber da ihm alle fünf geben, bewerte ich es jetzt mal mit einem, um den Ausgleich zu schaffen”

Ähnlich ist es natürlich bei Arbeitgeberbewertungen: Von ehemaligen oder aktiven Mitarbeitern Objektivität zu erwarten, ist naiv. Dennoch werden sie an Bedeutung gewinnen. Weber Shandwick hat eine Studie veröffentlicht, die mit sich mit dem Wandel der Produktempfehlungen im Technik-Bereich befasst: Waren es früher noch professionelle Tests, sind es heute die Käufer, die empfehlen oder abraten. Auch wenn es hier nicht um Arbeitgeber geht (der Prozess zur “Kaufentscheidung” ist hier ein sehr viel komplexerer), so lässt sich einiges darüber herauslesen, welche unterschiedlichen Eindrücke Nutzerwertungen hinterlassen.

wie Benutzer mit Bewertungen umgehen

Interessant dabei die Überlegungen der Nutzer, aus welchen Gründen einzelnen Bewertungen nicht vertraut werden sollte:

Gründen warum man einzelnen Bewertungen nicht vertraut sollte

Weitere spannende Fakts zu Kundenbewertung:

  • Im Schnitt lesen Käufer elf Bewertungen vor einer Kaufentscheidung.
  • Wenn 33% dieser Bewertungen deutlich negativ sind, nehmen Kunden Abstand von diesem Produkt.
  • 72% der Konsumenten suchen sich Ihre Informationen auf mindestens zwei unterschiedlichen Wegen/Portalen.

Im Bereich der Heimelektronik sind Nutzerbewertungen absolut entscheidend, das Marketing der Unternehmen inzwischen auch klar darauf ausgelegt. Das wird in den nächsten Jahren auch auf Arbeitgeber zukommen, so kritisch man das sehen mag – kununu und meinPraktikum (etc.) sind da erst der Anfang. Sich früh genug mit diesen Dynamiken zu beschäftigen, wird sich lohnen!

Arbeitgeberbewertungen und Gehaltsvergleich mit Companize.com

Im Frühjahr dieses Jahres ging die Arbeitnehmerplattform Companize.com an den Start. Sie ermöglicht Angestellten einen anonymen Austausch über ihre Arbeitgeber. Dabei steht der Gehaltsvergleich im Mittelpunkt, aber auch das Arbeitgeberimage muss sich hier der Nutzerschaft stellen. Imagerelevante Eigenschaften wie Arbeitsklima und Perspektiven werden mit einem Punktesystem von -5 bis +5 von den Mitarbeitern bewertet. Zudem lassen sich einzelne Unternehmensnachrichten und Pressemeldungen von allen Nutzern in positiv und negativ einordnen. Das Ergebnis ist ein duales Ranking der Unternehmen: Der Spitzenreiter in den offenen Bewertungen, die Volkswagen AG, schneidet z.B. in der Mitarbeiterbewertung nicht ganz so gut ab und belegt einen (immer noch respektablen) 16. Platz.

Erklärtes Ziel von Companize.com ist es, für mehr Transparenz in der Arbeitswelt zu sorgen. Für “fairere Jobs, gerechte Bezahlung und faire Firmen.” Um diese Offenheit zu gewährleisten, wurde besonderes Augenmerk auf die geschützte Vernetzung der Arbeitnehmer untereinander gelegt. Diese können sich austauschen und deren (anonyme) Daten füttern einen umfangreichen Gehaltsvergleich. So erfährt man nicht nur Vergleichsgehälter nach Beruf, Branche oder Region, auch die Gehaltsunterschiede zwischen eigenen Kollegen im Unternehmen können so unter die Lupe genommen werden.

Mit diesem Feature unterscheidet sich Companize.com vom Mitbewerber Kununu. Auch die Networking-Optionen sind anders gestaltet. Bei Kununu findet der Austausch über offene Foren statt, während bei Companize.com eher das persönliche Vernetzen der Mitglieder untereinander im Vordergrund steht.

Auch wenn das Portal mit rund 50 Mitgliedern noch ganz am Anfang steht (EDIT: es sind mehr – siehe Kommentar von Jens) , ist die Plattform durchaus einen Blick wert. Die Usability hakt hier und da allerdings noch etwas. Die Anmeldung zickt: “Wählen Sie bitte einen seriösen Nutzernamen der gleichzeitig Ihre Anonymität wahrt” – kostete mich vier Versuche!) und beim Durchstöbern der Seiten wird man laufend aufgefordert, eventuell gemachte Änderungen zu speichern. Aber das sind Kinderkrankheiten. Mit wachsender Zahl an Mitgliedern und Datensätzen, kann man hier sicherlich gute Statistiken abrufen und vergleichen. Ich persönlich finde vor allem die offene Imagebewertung interessant, die sich zudem als RSS-Feed abonnieren lässt.

An dieser Stelle sei auch noch auf die Facebook-Page hingewiesen, auch hier bekommt der Nutzer u.a. Zusammenfassungen von positv und negativ bewerteten Unternehmensnachrichten.

Pic: Bundesarchiv, Bild 183-C0222-0009-003 / Kohls, Ulrich / CC-BY-SA