Mobile Recruiting in Krankenhäusern: PDFs sind keine Lösung

Die Gesundheitsbranche und die Krankenhauswirtschaft stellen das Recruiting vor einige Herausforderungen. Vorletzte Woche haben wir bereits über den teilweise sehr angespannten Arbeitsmarkt in diesen Branchen gesprochen. Recruiting in Krankenhäusern ist auch deshalb eine besondere Herausforderung, weil es ein Bereich voller Gegensätze ist. Da gibt es den Fachkräftemangel in Pflegeberufen direkt neben prestigeträchtigen Positionen in weltberühmten Kliniken, teilweise veraltete Recruiting-Strukturen neben dem schnellen medizin-technischen Fortschritt, Imageprobleme neben dem Ideal des Heilen und des Helfens, öffentliche neben privaten Trägern.

Auch die Pandemie hat den Fokus auf die Missstände in der Krankenhauswirtschaft und in anderen pflegenden Einrichtungen noch einmal geschärft. Trotz allgemein steigender Zahlen von Erwerbslosen zeigt sich in der Gesundheitsbranche keine Entspannung. Umso wichtiger ist es für die Unternehmen, verbleibende altmodische Recruiting-Maßnahmen zu überdenken und besonders den Bewerbungsprozess schlank, komfortabel und zeitgemäß zu gestalten.

Deshalb werfen wir heute einen Blick auf das Recruiting in Krankenhäusern und hier insbesondere auf das Mobile Recruiting. Die Ergebnisse findet Ihr auch in unserer aktuellen Studie Recruiting in der Krankenhauswirtschaft, wo es zusätzlich auch die Infos zum Thema Arbeitsmarkt gibt:

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Recruiting in Krankenhäusern: Ärzteblatt vs. mobile Recruiting

Die Bedeutung von Mobile Recruiting ist nicht zu unterschätzen. In unserer jährlich erscheinenden Online Recruiting Studie untersuchen wir die Karriereseiten und die Mobiloptimierung der Candidate Journey der 160 börsennotierten Unternehmen in Deutschland. Das tun wir, weil sich die Gewohnheiten der Menschen in den letzten Jahren immer stärker weg von stationären PCs und Laptops und hin zum Smartphone entwickeln. Ob auf der Couch oder von unterwegs aus: Wir machen alles mit unseren mobilen Endgeräten. Filme gucken, Nachrichten lesen, mit Freunden und Familie in Kontakt bleiben, shoppen – und eben auch neue Jobs suchen.

Fachkräfte in Mangelbereichen wie der Alten- und Krankenpflege sind prädestiniert dafür, ihre Jobsuche „zwischendurch“ einzuschieben. Auf dem Weg zur Arbeit, zwischen den Schichten und so weiter. Oberärzt*innen und andere Expert*innen höheren Semesters hingegen entscheiden sich bei ihrer Suche vielleicht weiterhin für traditionelle Fachzeitschriften wie das Deutsche Ärzteblatt oder verwandte Print- und Onlineangebote.

Hier ist es für die Krankenhäuser und andere Unternehmen entscheidend, dass sie ihre Zielgruppe aus dem Effeff kennen. Nicht alle Suchenden sind am gleichen Ort zu erreichen. Fest steht aber: die Zielgruppe, die mobil sucht, wird von veralteten Webseiten und nicht mobiloptimierten Karriereangeboten abgeschreckt sein.

Oben hui, unten pfui: Mobiloptimierung nimmt mit zunehmender Tiefe ab

Wie also steht es um das Mobile Recruiting in Krankenhäusern? Um das herauszufinden, haben wir die Karriereseiten von über 100 deutschen Krankenhäusern untersucht. Die Ergebnisse zeigen ein Bild, das wir aus unseren Online Recruiting Studien so ähnlich bereits kennen: Je weiter die Candidate Journey fortschreitet, desto geringer wird der Grad der Mobiloptimierung. Ein großes Problem, da die letzten Schritte, also das Ausfüllen und Absenden von Bewerbungsunterlagen, häufig die entscheidenden sind.

91% der untersuchten Karrierewebseiten waren für mobile Endgeräte optimiert, was ein guter Wert ist. Hier können sich Interessierte einen ersten Eindruck von ihrem potenziellen neuen Unternehmen machen. Ähnlich steht es um die Mobiloptimierung der Jobbörsen.

Bei den Stellenanzeigen zeigt sich jedoch, dass die Mobiloptimierung langsam abnimmt: doch immerhin bieten noch 88% ihren potenziellen Kanditat*innen Stellenanzeigen, die auf dem Smartphone gut les- und nutzbar sind.

Allerdings schleicht sich hier ein ABER ein. Denn ganze 7 % der untersuchten Krankenhäuser bieten ihre Stellenanzeigen lediglich als PDF-Download an. Diese sind nicht nur auf dem Smartphone schlecht nutzbar – schlimmer noch ist, dass dieses Format von Suchmaschinen nicht erfasst und gelistet werden kann. Für (Job-)Suchmaschinen sind sie praktisch unsichtbar.

Das dicke Ende kommt aber noch. Nur 52 % der Bewerbungsformulare sind mobiloptimiert. Das bedeutet, sie auszufüllen ist vom Smartphone aus sehr anstrengend und kostet mehr Nerven, als die meisten Jobsuchenden wohl aufbringen werden. Oder die Bewerbungsformulare sind vom Smartphone aus überhaupt nicht nutzbar. Hier drohen hohe Absprungraten. Im schlimmsten Fall kommen die Interessierten auch nicht über andere Geräte zurück – so gehen potenzielle Kandidat*innen verloren.

Das Bild zeigt Beispiele für ein mobiloptimiertes Bewerbungsformular

Mobiloptimierung nicht als Allheilmittel, aber als ein Anfang

Wir wollen nicht den Eindruck vermitteln, dass sich die Probleme der Krankenhauswirtschaft und der Gesundheitsbranche allein durch Mobile Recruiting lösen lassen können. Einzig eine mobiloptimierte Karriereseite kann gegen das allgemein schlechte Image der Branche, insbesondere im Bereich der Altenpflege, wohl nicht anstinken. Denn das Recruiting in Krankenhäusern steht eben auch vor strukturellen Problemen.

Das heißt aber auch nicht, dass im Umkehrschluss alles egal ist und sich die Unternehmen beruhigt zurücklehnen und die Hände in den Schoß legen können. Im Gegenteil. Individuelle Maßnahmen sind möglich und nötig, um der angespannten Situation überhaupt die Stirn bieten zu können. Dazu zählt auch, dass die Candidate Journey als wichtiger Baustein ganzheitlich mobiloptimiert wird.

Wer am Smartphone von einer mobiloptimierten Stellenanzeige auf ein nicht optimiertes Bewerbungsformular geleitet wird, wird im besten Fall nur genervt von der Inkonsistenz weiter machen. Der vielleicht ursprünglich gute erste Eindruck kann so jedoch bereits deutlich geschmälert werden. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass Kandidat*innen, die ja eigentlich schon am Haken waren, wieder abspringen.

Wenn Ihr Euch für noch mehr Informationen rund um die Themen Arbeitsmarkt und Recruiting in Krankenhäusern und der Gesundheitsbranche interessiert, findet Ihr hier noch viele weitere Informationen zum Thema: Pflegekräfte rekrutieren.

 

Schlechte Candidate Experience mit weitreichenden Folgen

Die Studie Talent Relationship Marketing 2018 von Phenom People wirft, ganz ähnlich wie unsere Online Recruiting Studie, einen Blick auf die Candidate Experience der großen Fortune 500 Unternehmen (die 500 international umsatzstärksten Unternehmen).

Der interessante Ausgangspunkt der Studie zählt gar nicht zu den eigenen Ergebnissen. Der eigentlichen Studie wird eine Infografik vorangestellt, laut der eine negative Erfahrung beim Bewerbungsprozess weitreichende Folgen haben kann:

Auswirkung schlechter Erfahrungen beim Bewerbungsprozess
Quelle: Phenom People – Talent Relationship Marketing 2018

60% der Jobsuchenden haben laut workplacetrends.com schon mal eine negative Candidate Experience gemacht. 72% von diesen teilen ihre Erfahrung öffentlich auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen.

Aber damit nicht genug: der Quelle Talent Board zufolge ändern Kandidaten ihre Meinung bezüglich einer Position oder eines Unternehmens bereits aufgrund einer negativen Erfahrung und – Trommelwirbel – 18% der Kandidaten werden dermaßen vergrault, dass sie sogar aufhören, die Produkte oder den Service eines Unternehmens zu nutzen, wenn sie eine schlechte Candidate Experience gemacht haben!

Jetzt aber zu den Ergebnissen, die durch die Talent Relationship Marketing Studie ans Licht gebracht worden sind:

Die Studienmacher identifizieren verschiedene Etappen, die ein Kandidat während der Candidate Journey absolvieren muss:

Candidate_Experience_-_Candidate_Journey
Quelle: Phenom People – Talent Relationship Marketing 2018

Unter dem Punkt Attraction werden Aspekte wie die Karriereseite, Landing Pages, die Einbettung sozialer Medien und Mobiloptimierung untersucht. Bei Engagement geht es darum, ob die Unternehmen das anfängliche Interesse, dass durch die Phase der Attraction entfacht wurde, auch halten können, etwa durch personalisierte Inhalte, spannenden Content, die Sprache der Stellenanzeigen und allgemein die Darstellung der Employer Brand. Zuletzt beschäftigt sich die Studie noch mit Kriterien der Bewerbung (Apply).

Candidate Experience: Phase 1 – Attraction

Ganze 3% der untersuchten Unternehmen bieten ihren Kandidaten überhaupt keine Karriereseite. Interessant, denn hier zeigt sich eine Parallele zu den deutschen DAX-Unternehmen aus unserer Studie: Auch bei ihnen gibt es einen kleinen hartnäckigen Kern von Unternehmen, die auf Online-Recruiting anscheinend verzichten möchten.

Die Einbettung von sozialen Medien (international vor allem LinkedIn) in die Candidate Journey scheint sich auch bei den Furtune 500 nur mäßiger Beliebtheit zu erfreuen. 92% der untersuchten Unternehmen bieten ihren Kandidaten keine Möglichkeit, ihre sorgfältig gepflegten Profile zu präsentieren.

Bei der Jobsuche innerhalb der hauseigenen Jobbörse sprechen sich die Studienmacher für die Einbindung von ortsgebundenen Jobempfehlungen aus, also dafür, dass Kandidaten vor allem Jobs in ihrer Nähe angezeigt werden. Dies bieten nur 7% der untersuchten Unternehmen an.

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Candidate Experience: Phase 2 – Engagement

Die Studie ergab, dass den untersuchten Unternehmen in dieser Phase noch einiges an Arbeit bevorsteht. Das geht schon beim Content los: 18% der Unternehmen bieten so gut wie keine spannenden Inhalten, die ihren Kandidaten die Employer Brand näher bringen könnten. Keine Fotos, keine Videos, keine “netten” Texte.

Laut der Studie ist das für die Kandidaten ungefähr so: Sie werden zu einer Dinnerparty eingeladen, aber es gibt kein warmes Willkommen, keine Drinks, keine Hintergrundmusik und keine anregende Konversation. Stattdessen setzten sie sich in vollkommener Stille hin, essen und gehen wieder. Ob sie nach so einem Erlebnis wieder kommen? Fraglich.

Auch bei der Personalisierung hapert es noch. Personalisierung meint in der Studie einen recht umfangreichen Katalog verschiedener Aktionen, die zu einem personalisierten Erlebnis bei den Kandidaten führen sollen. Dazu zählen etwa die Bewerbung via Social Media, die Option, interessante Stellenanzeigen in einer Art HR-Einkaufswagen (nach dem Online-Shop-Vorbild) für später zu speichern, Beschreibungen der Employer Value Proposition, aber auch ein persönlicher herzlicher Kontakt. Die Studie ergab, dass es 84% der Unternehmen an solchen Maßnahmen zur Personalisierung mangelt.

Im Bereich Engagement zeigt sich generell ein Nachholbedarf im Punkt Employer Branding. 59% der Unternehmen bieten ihren Kandidaten keine Inhalte, die ihnen zeigen, wieso das betreffende Unternehmen ein toller Arbeitsplatz ist. Nach dem Motto “Why work with us” rät die Studie zur Implementierung von Content wie Mitarbeiter-Reviews, Benefits, Aufstiegs- und Weiterbildungsprogrammen und dergleichen.

Candidate Experience: Phase 3 – Apply

Nur 30% der untersuchten Unternehmen haben einen “Jetzt Bewerben”-Button, der während des gesamten Bewerbungsprozesses sichtbar ist. Die Studie rät den übrigen Unternehmen nachzuziehen, vor allem, wenn der Bewerbungsprozess zäh und kompliziert ist.

Dies trifft laut der Studie auf die meisten Bewerbungsformulare zu: 84% werden als “nicht intuitiv” eingestuft.

Auch bei der Kommunikation zwischen Bewerber und Recruiting mangelt es an den Basics: nur 2% der untersuchten Unternehmen informieren ihre Bewerber regelmäßig über den Stand der Bewerbung. Angesichts automatisierter Lösungen sollten das eigentlich mehr Unternehmen gelingen.

Die Studie zeigt, dass die Herausforderungen bei der Candidate Jouney weltweit und hierzulande recht ähnlich sind. Der Fokus der Studie liegt dabei jedoch eher auf dem Ranking der 500 Unternehmen, als auf einer ausführlichen Darlegung der Ergebnisse hinsichtlich der drei Etappen Attraction, Engagement und Apply – viele der Key Findings sind etwas wage formuliert. Sollte eine detailliertere Version veröffentlicht werden, würden wir gern noch einen zweiten Blick riskieren!

Candidate Experience Report: Knackpunkt Bewerbungsprozess

Letzte Woche hat Alex über den Vorteil geschrieben, den ein “Später-Bewerben”-Button für die Bewerbungsraten haben kann und wie sich die Candidate Journey via Analytics verfolgen lässt. Heute schieben wir zum Thema Bewerbung und Candidate Experience noch ein paar Zahlen nach, aus dem Talent Board EMEA Candidate Experience Research Report 2016-2017. Der Candidate Experience Report bezieht sich auf Zahlen aus Europa, dem Mittleren Osten und Afrika (daher EMEA), wobei die drei teilnahmestärksten Länder das United Kingdom, die Vereinigten Arabischen Emirate und Deutschland ausmachen. Befragt wurden international 25.000 Jobsuchende und 75 Unternehmen.

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Aufgeteilt ist der Report in die Interessengebiete “Attract”, “Recruit” und “Hire” und deckt damit die drei wichtigsten Hauptstationen der Candidate Journey ab. Wir konzentrieren uns heute auf den Bereich “Recruit”, in dessen Fokus der Bewerbungsprozess steht.

Die Verfasser des Candidate Experience Report werden nicht müde zu betonen, dass eine negative Erfahrung im Recruiting die Kandidaten nicht nur für die Zukunft vergrault und noch dazu eine schlechte Bewertung (öffentlich im Internet oder im engeren Bekanntenkreis) nach sich ziehen kann, sondern auch dem Unternehmen auf monetärer Basis schaden kann:

The global trend continues: candidates who believe they have had a “negative” overall experience say they will take their alliance, product purchases and relationship somewhere else. That means a potential loss of revenue for consumer-based businesses and referral networks for all companies.

Kandidaten können immer auch Kunden sein – und was für schlechten Kundenservice gilt, gilt nach der Studie auch für schlechten “Kandidatenservice”.

Candidate Experience Report: Der Stand des Bewerbungsprozesses

Das größte Problem, das Kandidaten laut der Studie mit Onlinebewerbungen haben, bietet leider keine Überraschung: der Zeitaufwand ist zu groß. Je mehr Zeit ein Bewerbungsprozess frisst – und zwar in seiner Gänze – desto schlechter wird er bewertet. Gleiches gilt für komplizierte Bewerbungen. 35% der Teilnehmer bewerteten Bewerbungsprozesse negativ (mit einem von fünf Sternen), bei denen sie den Prozess kompliziert fanden – gegenüber 48% Teilnehmer, die einen Bewerbungsprozess positiv bewerteten (5/5 Sternen), den sie als einfach empfanden.

Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Immerhin 30% der Teilnehmer gaben an, für eine Bewerbung weniger als 15 Minuten gebraucht zu haben und fast 10% sogar weniger als 5 Minuten (was ein One-Click ähnliches Verfahren vermuten lässt).

Ein weiteres Problem, das sich hartnäckig hält, ist die mangelnde Kommunikation zwischen Unternehmen und den Kandidaten, die sich beworben haben. Nur 32% der Teilnehmer wurden nach dem Einreichen ihrer Bewerbung über weitere Schritte informiert. 28% der Teilnehmer haben zwei bis drei Monate nach der Bewerbung überhaupt nichts von den betreffenden Unternehmen gehört. Die Kandidaten wüssten gerne, woran sie sind. Was beim Online-Shopping Gang und Gebe ist, nämlich, dass der Kunde über den Status und Verlauf seiner Bestellung auf dem Laufenden gehalten wird, ist im Recruiting leider zu großen Teilen noch nicht üblich. Nur 39% der Teilnehmer gaben an, solche Status-Updates ihrer Bewerbung einsehen zu können.

Und um dem Ganzen die (Dornen-)Krone aufzusetzen, sind nur wenige Unternehmen überhaupt am Feedback ihrer Kandidaten interessiert. Nur 23% der Teilnehmer wurden laut der Studie um Feedback zu Bewerbungsprozessen gebeten. Insgesamt erstaunt es kaum, dass nur 25% der Teilnehmer angaben, dass es “extrem wahrscheinlich” sei, dass sie sich erneut bei dem betreffenden Unternehmen bewerben.

Was Unternehmen für bessere Candidate Experience können

Die Studie empfiehlt, was auch wir häufig vorschlagen: Recruiter sollten neben der lückenlosen Datenerfassung der Candidate Journey auch immer wieder selbst den eigenen Bewerbungsprozess durchspielen, um Schwachstellen zu identifizieren. Die Studie ergab auch, dass die Unternehmen, die mit dem Candidate Experience Award ausgezeichnet wurden (bei denen es also läuft) zu 63% ein ATS-System zum Tracking von Bewerbungen, zu 64% einen mobiloptimierten Bewerbungsprozess und zu 74% Sourcing-Systeme anwenden.

Candidate Experience Report: Beim Bewerbungsprozess hapert es an vielen Stellen
Quelle: Talent Board EMEA Candidate Experience Research Report 2016-2017

Ein weiterer Unterschied zwischen Unternehmen zeigt sich darin, welche Möglichkeiten sie ihren Kandidaten bieten, die eigenen Fähigkeiten zu präsentieren – je vielfältiger diese Möglichkeiten, desto besser werden sie bewertet.

Fazit

Unternehmen sollte daran gelegen sein, den Bewerbungsprozess für ihre Kandidaten so schnell und simpel wie möglich zu gestalten. Das ist bekannt? Dann sollten auch entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Außerdem haben Unternehmen immer noch Nachholbedarf, wenn es um die Kommunikation mit den Kandidaten während des laufenden Evaluierungsprozesses geht. Dabei muss die Lösung gar nicht darin bestehen, dass ein Recruiter die Kandidaten persönlich über den Stand der Dinge informiert – wie soll das auch zeitlich zu bewältigen sein? Automatisierte Statusupdates oder Chat-Bots können hier Abhilfe leisten.

Am Ende scheint der Vergleich zwischen Kunden und Kandidaten gerechtfertigt.

Recruitment Analytics – Bewerbungspfade verstehen und verbessern

Hier sind wir wieder und wollen über das Thema Analytics sprechen. Über Recruitment Analytics. Analytics im HR-Bereich. Genau, das mit den Kennzahlen, dem Messen und dem Auswerten. Wer jetzt die Hände zum Himmel wirft und “Bitte nicht schon wieder!” rufen möchte, der ist sicher längst im Bilde, weiß ganz genau, wie viele Bewerber im letzten Monat die unternehmenseigene Karriere-Webseite besucht haben, aus welcher Quelle diese Besucher stammen und wie hoch der Prozentsatz abgebrochener Bewerbungen ist. Oder?

Für all diejenigen, bei denen Analytics ganz weit oben, irgendwo unten oder überhaupt nicht auf der To-Do-Liste steht, gibt es in diesem Beitrag eine Auffrischung rund um das Thema Recruitment Analytics.

Die fetten Jahre sind vorbei

Recruiting war, auf der einen Seite, schon mal einfacher. Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel sorgen dafür, dass es immer schwieriger und zeitaufwendiger wird offene Stellen zu besetzen. Auf der anderen Seite bietet die Digitalisierung im Recruiting heute Mittel und Wege den Ablauf von Bewerbungsverfahren zu messen und dadurch vor allem auch zu verbessern. Warum es ein Vorteil ist, seine (Analytics-)Zahlen zu kennen und zu verstehen, liegt eigentlich auf der Hand. Bauchgefühl und Intuition gehören nicht abgeschafft, aber in der Welt der Karriere-Webseiten und Online-Bewerbungen gibt es zuverlässigere Werkzeuge. Oder kennt jemand einen Online-Shop, der nach dem Motto “Plattform bieten und hoffen” funktioniert?

Die Karriere-Webseite eines Unternehmens bietet den perfekten Ausgangspunkt einer zielgerichteten Analyse, denn sie ist als strategisch relevanter Touchpoint das Recruiting-Drehkreuz in der Candidate Journey. Wer eine Analytics-Software wie Google Analytics, eTracker o. Ä. implementiert hat, kann genau messen, wo es im Aufbau der Karriereseite und Bewerbungsverfahren noch hakt. Ein Registrierungszwang im Bewerbermanagementsystem kann zum Beispiel zu extrem hohen Abbruchquoten führen – aber bevor gehandelt werden kann, müssen solche Schwachstellen erst einmal ausgemacht werden. Denn was nicht gemessen wird, kann nicht nicht gesteuert werden und was nicht verstanden wird, kann nicht zum Vorteil genutzt werden.

Recruitment Analytics: Bewerbungsprozess erfassen und verstehen

Bevor es mit der Messung der Kennzahlen (KPIs) los gehen kann, sollte Klarheit darüber herrschen, welche Berührungspunkte es online zwischen Kandidat und Unternehmen während der Jobsuche und des Bewerbungsverfahrens gibt. Die Candidate Journey muss so optimiert werden, dass Kandidaten sie möglichst reibungslos hinter sich bringen können.

Recruiting-Trichter im Recruitment Analytics
Quelle: Wollmilchsau GmbH – Recruiting-Trichter

Die Zubringer, oder auch Quellen, markieren den Anfang der Reise. Kandidaten gehen online über verschiedene Kanäle auf Jobsuche und gelangen zu unterschiedlichen Etappen des Bewerbungsverfahrens auf die eigene Karriere-Webseite. Problematisch wird die Messung, wenn Jobbörsen und Bewerbungsmodule extern, also an Drittanbieter, ausgelagert werden. Bewerber wechseln in so einem Fall mitten im Prozess die Webseite und das Tracking bricht ab, falls keine gemeinsame Lösung mit dem externen Anbieter angestrebt wird. Im besten Fall tauchen sie irgendwo im Bewerbungsverfahren wieder auf, im schlimmsten Fall sind sie einfach spurlos verschwunden, ohne, dass nachvollziehbar ist, an welcher Stelle sie abgesprungen sind.

Die einzelnen Etappen der Candidate Journey sind mithilfe von Analytics-Tools messbar und können in übersichtlichen Dashboards, auf denen alle relevanten KPIs dargestellt werden, sichtbar gemacht werden. Der Recruiting-Trichter verdeutlicht, wie im Verlauf der Candidate Journey die Kandidaten gefiltert werden, bis zum Schluss, der Bewerbung, noch eine gewisse Anzahl von Interessenten übrig bleibt. Damit sich aber genügend Kandidaten bewerben, braucht es im ersten Schritt eine entsprechend große Bewerber-Reichweite.

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Unverzichtbare Recruiting KPIs

Analog zum Recruiting-Trichter gibt es also KPIs, die bei der Einrichtung des Recruitment Analytics Tools von hoher Bedeutung für die Messung, Wertung und Verbesserung der Candidate Journey und letztendlich für das Recruitingverfahren sind. Folgende Fragen dürfen dabei nicht unbeantwortet bleiben:

  • Wie viele Bewerber besuchen meine Karriere-Webseite (= Reichweite der Karriereseite, gemessen in Seitenaufrufen)?
  • Wie viele Bewerber besuchen meine Jobbörse, wie viele die Stellenanzeigen (= Reichweite der Jobbörse und Stellenanzeigen, ebenfalls in Seitenaufrufen gemessen)?
  • Aus welchen Quellen stammen die jeweiligen Besucher (= Herkunft der Reichweite)?
  • Wie viele Bewerber beginnen eine Bewerbung, wie viele brechen eine Bewerbung ab?
  • Wie teuer ist eine Bewerbung und eine durchschnittliche Einstellung (Cost-per Application und Cost-per-Hire)?

Darüber hinaus existieren zahlreiche weitere KPIs, die Recruiter im Auge behalten müssen, etwa Time-to-Fill oder Quality-of-Hire.

10 Dinge, die Bewerber an Deiner Karriereseite hassen

Stell Dir vor, Du bist im Supermarkt und willst eine Fertigpizza kaufen. Doch leider kannst Du beim Reinkommen nicht erkennen, wo sich die Tiefkühlprodukte befinden, denn die Schilder sind viel zu klein geschrieben, sodass Du sie erst lesen kannst, wenn Du schon genau davorstehst. Du kämpfst Dich also von einem Regal zum nächsten. Nachdem Du endlich die richtige Abteilung gefunden und die Tiefkühltruhe geöffnet hast, stellst Du fest, dass die Produkte nicht sortiert sind. Du wühlst Dich durch das gesamte Sortiment, bis Du schließlich die richtige Pizza in der Hand hältst. Jetzt bloß noch die Kasse finden. Nach einigen Irrwegen durch das schlecht beschilderte Labyrinth von Regalreihen hast Du es endlich geschafft und stehst in der Schlange.

Als Du schließlich drankommst, fängt der Kassierer an zu fragen: „Würden Sie mir bitte Ihre Postleitzahl nennen?“ „Darf es zu der Tiefkühlpizza noch ein Kaltgetränk sein?“ „Möchten Sie einen Pfandbon einlösen?“ „Besitzen Sie schon eine Bonuscard?“  „Sammeln Sie Treuepunkte?“ Nein, Du möchtest einfach nur bezahlen. Doch leider gibt es an dieser Kasse gerade kein Kartenlesegerät und Du hast kein Bargeld dabei. Also sollst Du dich an der Kasse nebenan nochmal anstellen. Da wird es Dir zu bunt. Du lässt die Tiefkühlpizza an der Kasse liegen und machst Dich aus dem Staub. Doch keiner nimmt Notiz von Deiner Odyssee. Alle machen einfach so weiter wie bisher. Würdest Du in diesem Supermarkt freiwillig nochmal einkaufen?

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Genauso ergeht es zahlreichen Bewerbern auf deutschen Karriereseiten tagtäglich. Ihr Geduldsfaden wird durch eine schlechte Lesbarkeit der Inhalte, benutzerunfreundliche Strukturen und die Langwierigkeit der Bewerbungsprozesse auf eine harte Zerreißprobe gestellt. Wer in Zeiten des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels nicht riskieren möchte, wertvolle Kandidaten noch vor dem erfolgreichen Bewerbungseingang zu verlieren, sollte ein paar grundlegende Regeln beachten. Nutz die Gelegenheit und nimm Deine Karriereseite genau unter die Lupe, denn diese 10 Dinge, hassen potenzielle Bewerber:

#1: Gar nichts, denn sie wissen nicht einmal, dass Deine Karriereseite existiert

Traurig, aber wahr. Da geben sich Unternehmen (zumindest manchmal) so viel Mühe, eine ansprechend gestaltete und informative Karriereseite auf die Beine zu stellen. Nach zahllosen Agenturgesprächen, Feedbackschleifen und Korrekturrunden ist er dann endlich da: der liebevoll durchdachte Karrierebereich. Bloß leider nimmt niemand davon Notiz. Denn die Webseite kann sich in der Online-Suche nicht gegen die großen Jobbörsen durchsetzen und die dort teuer geschalteten Anzeigen lotsen die potenziellen Bewerber an der Karriereseite vorbei direkt ins – oftmals auch noch extern verwaltete – Bewerbermanagementsystem.

Das Resultat sind nach Ergebnissen unserer aktuellen Online Recruiting Studie im Schnitt schlappe 78 Besucher pro Stellenanzeige. Das heißt: auf nimmer Wiedersehen Return on Investment! Tschüss Employer Brand und goodbye Cultural Fit!

#2: Das Mobilgerät zeigt eine verkleinerte Version der Desktop-Ansicht

Wie lange ist „Mobilegeddon“ nun schon her? Der sagenumwobene und von Panik begleitete Tag, an dem Google ein Algorithmus-Update durchführte, das nicht mobiloptimierte Webseiten in der organischen Suche zukünftig abstrafen würde. Das war der 21. April 2015. Sechs Jahre später hat scheinbar jedes vierte DAX-Unternehmen darin noch immer keinen Handlungsbedarf für die eigene Karriereseite erkannt. Anstelle einer vertikal ausgerichteten und gut lesbaren Mobilansicht des Karriereangebots bekommt der potenzielle Bewerber (wenn überhaupt) eine verkleinerte Desktop-Version vorgesetzt.

Jetzt mal ehrlich: Wer zoomt auf dem Handy gerne ständig rein und raus, klickt unbeholfen immer wieder die falschen Links und scrollt zum Lesen unentwegt von links nach rechts? Niemand! Bei durchschnittlich einem Drittel mobiler Zugriffe auf die Karriereseite, tut eine versäumte Mobiloptimierung nicht nur der Personalabteilung mächtig weh.

Desktop vs Mobilversion einer Karriereseite

#3: Die Jobbörse auf der Karriereseite ist schlecht oder gar nicht filterbar

So ein Flohmarkt-Bummel ist was Feines – wenn man gerade nichts Bestimmtes sucht. Denn man muss sich oft durch Unmengen von Krams wühlen, bis man in all dem Trödel etwas Brauchbares gefunden hat. Eine Jobsuche ist jedoch kein Flohmarktbummel. Die meisten wissen bereits, was sie suchen und haben keine Lust, sich durch die gesamte Jobbörse zu quälen, nur um vielleicht dieses eine passende Jobangebot zu finden. Darum ist eine Kategorisierung der Jobbörse unumgänglich. Dabei kann man sich zunächst mal an den typischen W-Fragen orientieren. Was (z.B. Tätigkeitsfeld)? Wo (z.B. Standort)? Wie (z.B. Karrierelevel)? Wann (z.B. Einstiegstermin)? Natürlich sollten die Filter auch auf dem mobilen Gerät gut bedienbar sein.

#4: Die Stellenanzeige wird automatisch als PDF runtergeladen

Da stöbert man am Montagmorgen in der Bahn auf dem Smartphone gerade nach einer vielversprechenden Stellenausschreibung, klickt nichtsahnend auf einen wohlklingenden Jobtitel und plötzlich – bäääm – der Download wurde gestartet. Wieso, weshalb, warum? Da stand doch „Junior Manager Logistik (m/w)“ und nicht „Jetzt die Stellenbeschreibung herunterladen“.

Das mobile Internetvolumen wird strapaziert, Speicherplatz wird in Anspruch genommen und viel schlimmer noch – niemand weiß, was jetzt mit der Stellenanzeige überhaupt passiert. Wird sie geöffnet und angeschaut oder ist der potenzielle Bewerber schon jetzt einfach nur maximal genervt? Wie oft wird die Anzeige aus dem Speicher aufgerufen? Entschließt sich der Kandidat schlussendlich zur Bewerbung? Das wird für immer sein Geheimnis bleiben. Denn PDF-Dateien lassen keine Nutzerdatenanalyse zu.

#5: In der Stellenanzeige gibt es keinen „Bewerben“-Button oder er funktioniert nicht

Großartig, die Stellenausschreibung klingt spannend. Der Kandidat ist überzeugt. Jetzt nur noch die Bewerbungsunterlagen einreichen. Aber wie? Diese Frage darf sich der Besucher der Anzeige auf keinen Fall stellen müssen. Im besten Fall weist ein auffällig gestalteter und gut sichtbar platzierter Button den direkten Weg ins Bewerbungsformular. Der nächste Schritt im Prozess muss jederzeit ersichtlich und nie mehr als einen Mausklick entfernt sein. Das gehört zur guten Nutzerführung auf der Karriereseite. Fehlende, versteckte oder nicht funktionierende Klickflächen lassen die Absprungrate an dieser kritischen Stelle der Candidate Journey unvermittelt in die Höhe schießen und sorgen für schlechte Bewerbungsquoten.

Aufmerksamkeitsstarker Call-to-Action
Der Handlungsaufruf zur Bewerbung sollte auffällig formatiert und prominent platziert sein und muss natürlich auch funktionieren.

#6: Nach „Jetzt Bewerben“ folgt ein umständlicher Login-Prozess

Nun geht es endlich ans Eingemachte, denkt der Bewerber. Pustekuchen. Jetzt muss erstmal ein Bewerber-Account erstellt werden. Unendlich scheinende Datenschutzerklärungen, unzählige Formularfelder und undurchsichtige Passwortvorgaben erwarten den in Schockstarre verfallenen Kandidaten hier. Natürlich müssen alle wichtigen Daten zur Sicherheit zweimal eingegeben werden. Und vielleicht gibt es oben drauf sogar noch eine dieser lustigen Captcha-Abfragen.

Ob Ihr alle richtig steht, seht ihr wenn’s nicht weitergeht. Mehr als ein Viertel der DAX-Unternehmen erzwingt von seinen potenziellen Bewerbern einen der Bewerbung vorgeschalteten Login. Das ist zeitaufwendig, frustrierend und unnötig. Wer sich unbedingt registrieren will, kann das auf freiwilliger Basis tun und eine Einwilligung zur Poolspeicherung ist auch ohne Login möglich. Am Ende zählt die eingegangene Bewerbung und der Weg dahin sollte dem Kandidaten so einfach wie möglich gemacht werden.

#7: Im Bewerbungsformular werden unnötig viele Daten abgefragt

„Lieber Freund, entschuldige meinen langen Brief, für einen kurzen hatte ich keine Zeit.“ Ob Goethe, Voltaire oder Marc Twain, von wem auch immer das Zitat sein mag – Fakt ist, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, die Dinge auf den Punkt zu bringen. Bewerbungsformulare sind oftmals ein gutes Beispiel für dieses überaus lästige Phänomen. Man kann sich nicht entscheiden, was wirklich wichtig ist, also fragt man einfach alles ab. Frei nach dem Motto: Haben ist besser als brauchen.

Ähm, ja, aber wer hinterher auch lieber Bewerber hat, als braucht, der sollte sich hier kurzfassen und nicht die wertvolle Zeit der Kandidaten verplempern. Wird die Postanschrift des Bewerbers wirklich als Pflichtfeld benötigt? Ist das der richtige Zeitpunkt, mögliche Einsatzorte abzufragen? Und die Pflichtfrage danach, wie der Bewerber auf das Stellenangebot aufmerksam geworden ist, legt nahe, dass die Personalmarketing-Maßnahmen nicht ausreichend durchdacht und messbar gemacht wurden. Sonst könnte sich die Personalabteilung diese Frage in vielen Fällen selbst beantworten.

#8: Die Labels und Fehlermeldungen sind unverständlich oder unvollständig

Gehaltsvorstellung ist ein breiter Begriff. Netto oder brutto? Monatsgehalt oder Jahresgehalt? Auch das Feld „Frühestmöglicher Eintrittstermin bzw. Kündigungsfrist“ wirft Fragen auf. Soll jetzt ein Datum oder ein Zeitraum eingegeben werden? Oder beides? Unvollständige oder unklare Bezeichnungen der Formularfelder können zu Missverständnissen führen und den Bewerbungsfortschritt behindern.

Dasselbe gilt für kryptische oder gänzlich ausbleibende Fehlermeldungen des Systems. Auch der unspezifizierte Hinweis „Fehler“ ist nicht wirklich hilfreich. Es sollte klar formuliert werden, wo der Fehler liegt und wie er schnellstmöglich behoben werden kann. Außerdem sollten Pflichtfelder von Vornherein als solche gekennzeichnet werden, damit es beim Absenden der Bewerbung nicht zu bösen Überraschungen kommt.

Labels und Fehlermeldungen im Bewerbungsformular
Eine klare Fehlermeldung vermeidet Missverständnisse und erleichert den Bewerbungsprozess.

#9: Die Dateneingabe auf der Karriereseite konnte nicht richtig gespeichert werden

Hoppla, ein Fehler ist aufgetreten. Ihre Daten konnten leider nicht korrekt gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt nochmal – wohl kaum. Wer seine Bewerber beim Klick auf den „Absenden“-Button mit einer derartigen Fehlermeldung begrüßt, sagt seinem Kandidaten damit in den meisten Fällen Lebewohl. Schonmal ein Dokument verfasst, das kurz vorm Abspeichern abgestürzt ist, sodass die Datei irreversibel verschwunden war?

Time-Outs bei der Dateneingabe und Fehler in der Prozessverarbeitung sind ein ebenso großes Fiasko. Und machen ebenso gute Laune wie das zuvor beschriebene Szenario. Wer sich nach ausgiebigen Flüchen, Verwünschungen und Wutausbrüchen tatsächlich zu einem zweiten Anlauf durchringen kann, wird sich mindestens bei Freunden und Familie über den unprofessionellen Auftritt des Unternehmens auslassen.

#10: Trotz klarer Nutzersignale wird der Recruiting-Prozess einfach nicht besser

Leider hat die Geschichte meist kein Happy End. Obwohl zahlreiche Bewerber ihre Tiefkühlpizza an der Kasse liegen lassen aka. den Bewerbungsprozess mittendrin abbrechen, führt das nur selten zu Verbesserungen. Das liegt häufig vor allem daran, dass die Recruiter es schlichtweg nicht mitbekommen. Zwar klagen sie über die ausbleibenden Bewerbungen, doch die Mehrheit kann nicht vollständig nachvollziehen, wo und woran es im Bewerbungsprozess scheitert.

Fast die Hälfte aller DAX-Unternehmen macht die Messbarkeit und damit die datenbasierte Identifikation von Handlungsbedarf durch iframes, Popups, PDF-Dateien und externe Bewerbermanagementsysteme zunichte. Die Konsequenz: Unglückliche Bewerber und unglückliche Recruiter.

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Cultural Fit – Mehr als Kaffeesatzleserei?

Es gibt Neuigkeiten aus der Buzzword-Ecke. In der Studie “Recruiting mit Persönlichkeit” von StepStone geht es um das aktuelle Thema Cultural Fit. Zuletzt haben wir uns mit diesem Thema vor einem Jahr beschäftigt. In dem Artikel Cultural Fit durch Hellsehen haben wir beklagt, dass laut einer Studie viele Befragte damals angaben, mit dem Konzept des Cultural Fit zwar vertraut zu sein, aber die Beurteilung der kulturellen Passung der Kandidaten überwiegend ohne festgelegte Verfahren zu überprüfen (also vermutlich am ehesten anhand des berühmten Bauchgefühls).

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Für die neue Studie hat StepStone stolze 25.000 Fach- und Führungskräfte und immerhin 4000 Recruiter und Personalentscheider befragt. Die Ergebnisse fassen wir im heutigen Artikel für Euch zusammen und fragen uns: Cultural Fit – Kaffeesatz lesen oder seriöses Recruiting-Mittel?

Was die Kandidaten zum Cultural Fit sagen

97% der befragten Fachkräfte gaben an, dass ihnen Cultural Fit wichtig ist. Hierbei sind vor allem der Umgang mit Kollegen, Führungsstil, Kommunikationsstil, Personalpolitik und Transparenz für die Befragten relevant. Wirklich identifizieren mit der Unternehmenskultur des aktuellen Arbeitgebers können sich jedoch lediglich ein Drittel der Befragten (35,7%).

Ein erkennbarer Zusammenhang besteht zudem zwischen der Zufriedenheit im Job und dem Cultural Fit:

Cultural Fit und Zufriedenheit im Job
Quelle: StepStone – Recruiting mit Persönlichkeit

Die Grafik zeigt, dass besonders zwischen Unzufriedenheit im Job und einem mangelnden Cultural Fit eine Relation besteht. Da wundert es kaum, dass 56% der Befragten schon mal ihren Job verlassen haben, weil die Unternehmenskultur nicht zu ihnen gepasst hat (oder sie nicht zur Unternehmenskultur?). Ebenso glauben 69%, dass die Mitarbeiter und Teams zufriedener sind, wenn Unternehmen nicht nur den fachlichen Qualitäten hohe Bedeutung beimessen, sondern auch den Persönlichkeiten der Arbeitnehmer.

Für 93% der befragten Fachkräfte ist laut der Studie der Cultural Fit bei der Jobsuche ein wichtiger oder sehr wichtiger Aspekt. Nur 14% der Befragten sind bereit, ihren Anspruch an die Unternehmenskultur völlig zurückzustellen, solange das Gehalt stimmt. Eher kompromissbereit zeigen sich da schon deutlich mehr Kandidaten: 54% nehmen bei einem hohen Gehalt auch Abstriche bei der Unternehmenskultur in Kauf.

Wo wir aber schon bei der Jobsuche sind: Kandidaten suchen gezielt nach Informationen über die Unternehmenskultur, in Stellenanzeigen, auf der Karriere-Webseite oder bei beruflichen Netzwerken. Was sie dort erwartet, lässt allerdings zu wünschen übrig. Denn die meisten Unternehmen halten sich ziemlich bedeckt. Das geht schon bei den Stellenanzeigen los. Eine Untersuchung von Index Anzeigedaten und StepStone aller in Deutschland veröffentlichten Stellenanzeigen zwischen Juli 2016 und Juni 2017 ergab, dass die große Mehrheit der Unternehmen über Themen wie Wertschätzung, Kollegen, Hierarchie, Team und Arbeitsklima so gut wie nichts verrät.

Gewarnt sei auch, wer seine Kandidaten mit Floskeln abspeisen will. Hier ein paar Evergreens:

Wir vereinen hohe Leistungsorientierung und gelebte menschliche Werte

oder

Bei uns bekommen Sie beides: die Vorteile eines Großkonzerns und den Unternehmergeist eines Start-ups

Das kaufen die Kandidaten den Unternehmen nur sehr selten ab. Auch keine gute Idee: sich eine nicht zutreffende Employer Brand aus den Fingern saugen und Kandidaten im Bewerbungsgespräch täuschen. Immerhin 42,3% gaben an, dass ihnen sowas bereits einmal passiert sei – und weiteren 19,9% sogar mehrfach. Eigentlich sollte Recruitern und Personalentscheidern doch bewusst sein, dass sich eine erfundene Unternehmenskultur schon während des Onboardings in Wohlgefallen auflösen dürfte.

Dabei sind viele Kandidaten für echte Persönlichkeitstest (und hiermit sind zum Beispiel IT-gestützte Tests gemeint, nicht das Beurteilen des Kandidaten anhand des “aufmerksamen Lesens der Bewerbungsunterlagen” oder des Bauchgefühls) offen. Etwa 44% der Befragten gaben an, so einen Test im Bewerbungsgespräch sogar sehr gern machen zu wollen.

Cultural Fit: Was ist mit den Recruitern, Personalentscheidern und die Unternehmensvertretern?

Tja, die Unternehmensvertreter. Die bestätigen eigentlich im Großen und Ganzen, was wir im Artikel Cultural Fit durch Hellsehen seinerzeit beschrieben haben.

Die Bedeutung von Cultural Fit schätzen die Befragten nämlich hoch ein. 96% finden das Thema generell wichtig und glauben, dass eine gute kulturelle Passung Vorteile für Unternehmen und Mitarbeiter bringt:

Cultural Fit im Employer Branding Vorteile
Quelle: Stepstone – Recruiting mit Persönlichkeit

Darüber hinaus gaben 93% an, dass Cultural Fit im Recruiting eine zentrale Rolle einnimmt – oder zumindest einnehmen könnte. Denn gleichzeitig verfügen nur 6 von 10 der Befragten über eine definierte Unternehmenskultur und lediglich 48% über eine Arbeitgebermarke. Aber immerhin sind diese Missstände bekannt. 4 von 10 Recruitern wünschen sich, dass die Unternehmenskultur besser nach außen kommuniziert wird.

Obwohl also – zumindest theoretisch – fast alle Befragten angaben, dass ihnen Cultural Fit wichtig ist, schlägt sich das in der Praxis nur verhalten nieder. Nur 65% gaben nämlich an, bei Neueinstellung gezielt auf Cultural Fit zu achten. Und die meisten Unternehmen stellen nach wie vor vorrangig nach “Formalqualifikation” ein, wie es in der Studie so schön heißt. Da hat sich doch ein Widerspruch eingeschlichen!

Die mangelnde Transparenz für die Kandidaten wird an diesem jedenfalls kaum etwas ändern. Nur 4 von 10 Unternehmen ermöglichen es ihren Bewerbern, sich vor einem Bewerbungsgespräch über die Unternehmenskultur zu informieren. Nur ein lausiges Viertel verwendet authentisches Fotomaterial bei der Recruiting-Kommunikation – und nur 40% bieten eine Führung durch die Räumlichkeiten des Unternehmens an. Zur Sprache kommt die Unternehmenskultur dann bei etwa 60% der Befragten während des Jobinterviews.

Und da wären wir auch wieder bei der Kaffeesatzleserei und dem Hellsehen angelangt. Auf die Frage, ob der Cultural Fit im Bewerbungsgespräch überprüft wird, antworten 59,3% mit “nein” oder “weiß nicht”. Systematische Verfahren oder Tools zur Überprüfung bleiben eine klare Ausnahme:  nur bei 8,1% der Befragten kommen sie regelmäßig zum Einsatz, bei 7,5% nur in sogenannten “Einzelfällen”.

Kaffeetassen weg, Tools anfordern!

So oder ähnlich könnte zumindest der Schlachtruf derjenigen Befragten lauten, die sich darüber im Klaren sind, dass Handlungsbedarf besteht, wenn sie den Cultural Fit denn tatsächlich so wichtig finden, wie sie angegeben haben. 43% der Befragten, in deren Unternehmen es noch keine geregelte Überprüfung gibt, wünschen sich systematische Tools. In Unternehmen, in denen mehr als die Hälfte der Mitarbeiter unzufrieden sind,  sind es sogar fast 60%.

Die Studie zeigt, dass sowohl die befragten Fach- und Führungskräfte als auch die Recruiter und Personalentscheider großes Interesse an dem Thema haben. Wer Cultural Fit ernsthaft in Recruitingprozesse einbinden möchte, dem sollte daran gelegen sein, seine Kandidaten schon vor dem Bewerbungsgespräch mit authentischen Informationen zu versorgen und sich für eine regelmäßige tool-gestützte Erfassung stark machen – und sich damit von Spekulationen, Hellsehen und Kaffeesatzleserei verabschieden.

Noch mehr zu diesem Thema gibt es in der Studie “Recruiting mit Persönlichkeit” von StepStone zu lesen, die Ihr hier zum Download findet.

Talent Relationship Marketing Studie – auch Top-Unternehmen aus den USA müssen noch an sich arbeiten

Vor drei Wochen ging es in unserem Artikel bereits um die Candidate Journey. Darin haben wir eine Studie über Personen, die kürzlich (gute und schlechte) Erfahrungen mit Bewerbungen gemacht haben, besprochen. Heute haben wir eine Studie ausgegraben, die das Ganze von der anderen Seite beleuchtet: die Studie “2016 – The State Of Talent Relationship Marketing” hat anhand eines Audit-Verfahrens 600 große Unternehmen in den USA untersucht. Natürlich sind Erhebungen aus den USA nicht direkt mit Daten aus Deutschland vergleichbar – nichtsdestotrotz glauben wir aber, dass sie ein guter Indikator für die aktuellen Entwicklungen sind (und wenn es um Digitales geht, ist Deutschland ja auch nicht unbedingt für seine Vorreiter-Rolle bekannt).

Phenom People, ein Unternehmen, das in den USA selbst Software und Services rund um das Thema Talent Relationship Marketing anbietet, hat für den Report ein Audit-Verfahren kreiert, dass Bewerbungsprozesse standardisiert untersucht. Die Schlüsselbereiche, die hierbei unter die Lupe genommen werden, sind (nicht unähnlich zur Candidate Jouney Studie):

  1. Attraktivität: misst, wie effektiv Unternehmen in der Lage sind, Bewerber auf ihrer Karriereseite zu bringen und bewertet die Karriere-Webseite außerdem allgemein.
  2. Verbindung/Anbindung: untersucht, wie erfolgreich Unternehmen mit ihren potenziellen Kandidaten und Bewerbern anhand von Content und Personalisierung kommunizieren.
  3. Abwicklung der Bewerbung: umfasst den gesamten Ablauf des Bewerbungsprozesses.
Talent Relationship Marketing: Auch amer. Firmen müssen an sich arbeiten - Grafik 1
Quelle: Phenom People Inc.: 2016 – The State Of Talent Relationship Marketing

Wir sehen also, dass auch in dieser Studie ähnliche Faktoren von Bedeutung sind wie die, die wir zuletzt aus Kandidaten-Sicht besprochen haben. Und der Report bestätigt, was sich viele Befragte aus der Candidate Journey Studie an Verbesserungen gewünscht haben. Auch in den USA ist noch längst nicht alles in Butter.

Diskrepanzen beim Talent Relationship Marketing

Die Unternehmen, deren Karriere-Webseiten und Bewerbungsprozesse hier untersucht wurden, sind keine kleinen Nummern. Sie alle stehen auf der “Fortune 1000”- Liste, einer Liste, auf der das amerikanische Businessmagazin “Fortune” die 1000 erfolgreichsten Unternehmen (nach Einnahmen) der USA aufführt. Ähnlich wie bei unseren Mobile Recruiting Studien, in denen wir regelmäßig DAX-Unternehmen untersuchen, zeigt sich allerdings, dass Größe und Bedeutung eines Unternehmen nicht zwangsläufig in die HR-Abteilungen ausstrahlen.

  • 96% der untersuchten Karriere-Webseiten bieten keinen “relevanten” oder “personalisierten” Content. Leider erfahren wir aus der Studie nicht, woraus “relevanter” Content bestünde – aber es ist davon auszugehen, dass hier statt “großartigem Content” so etwas wie 08/15-Inhalte gemeint sind, die allgemein und gefällig, eben ohne scharfes Profil daherkommen.
  • 75% der Unternehmen schaffen es nicht, Kandidaten, die sich bereits beworben haben, über den Status ihrer Bewerbung auf dem Laufenden zu halten. Hier lässt sich wieder die Brücke zur Candidate Journey Studie schlagen: In Deutschland gaben 62% der Befragten an, dass ihnen aktuelle Infos zum Status ihrer Bewerbung wichtig sind. Wieso sollte das bei den Amerikanern anders sein?

 

Talent Relationship Marketing: Auch amer. Firmen müssen an sich arbeiten - Grafik 2
Quelle: Phenom People Inc.: 2016 – The State Of Talent Relationship Marketing

Im Westen nichts Neues?

Klar, wenn ein Auftraggeber wie Phenom People eine solche Studie durchführt, kommt am Ende dabei heraus, dass die hauseigene TRM-Software/Plattform die Missstände beheben könnte. Aber wieso auch nicht, denn die weiteren Ergebnisse des Audits werfen auch sonst kein besonders gutes Licht auf die Bewerbungsprozesse der untersuchten amerikanischen Unternehmen. Wirklich neu sind davon die wenigsten Erkenntnisse. Jedem, der sich in der HR-Szene bewegt, dürfte klar sein: Verbesserungen, vor allem die digitalen, setzen sich nur zäh durch. Dass wir uns deshalb manchmal vorkommen wie eine hängengebliebene Schallplatte, ist aber ein anderes Thema. Wenigstens können wir uns von den weiteren Ergebnissen des Audits bestätigt fühlen:

  • 85% der Unternehmen bieten entweder keine oder nur eine in Teilen automatisierte Bewerbung via Social Media (in den USA also vor allem via LinkedIn) an. Keine Überraschung, vor allem weil 96% der Unternehmen kein regelmäßiges Feedback zu ihren Bewerbungsprozessen einholen. Da wundert es auch nicht weiter, dass sich Analytics im HR-Bereich auch in den USA noch nicht weiter als auf 14% der untersuchten Unternehmen ausgebreitet haben. Ach, und eine beständige Recruiting-Strategie für die Social-Media-Auftritte? Bei 77% der Unternehmen Fehlanzeige!
  • Außerdem bescheinigt die Studie den Unternehmen mangelnde Transparenz: 97% der Unternehmen gehen nicht offen mit Rezensionen im Internet um, die z. B. auf Plattformen wie Glassdoor veröffentlicht werden.
  • Aber hey, einen positiven Ausreißer präsentiert der Report dann doch noch: Bei den Job-Beschreibungen in den Stellenanzeigen stellen sich 85% der Unternehmen “die meiste Zeit” ganz gut an. Whoop Whoop!

Empfehlungen, die (leider) auch hierzulande relevant sind

Phenom People schließt die Studie mit der Feststellung ab, dass die meisten Unternehmen noch einen langen Weg vor sich hätten. Stimmt. Hier auch. Vier Empfehlung gibt es dann auch noch:

Talent Relationship Marketing: Auch amer. Firmen müssen an sich arbeiten - Grafik 3
Quelle: Phenom People Inc.: 2016 – The State Of Talent Relationship Marketing

Content personalisieren, besser mit Kandidaten und Bewerbern kommunizieren, Bewerbungsverfahren messbar machen und schlussendlich für mehr Transparenz sorgen. Macht Sinn.

Das Talent Realtionship Marketing nimmt sich das Costumer Relationship Marketing zum Vorbild. Beim Costumer Relationship Marketing steht eine langfristige und positive Beziehung zwischen Unternehmen/Marke und dem Kunden im Fokus – ein ganzheitlicher Ansatz, den Firmen wie Phenom People auch auf die Beziehungen zwischen Unternehmen und potentiellen Kandidaten, Bewerbern und nicht zuletzt Mitarbeitern übertragen wollen. Verwendung von CRM-Softwares, die zur Optimierung der Beziehungen Kundendaten analysieren, gibt es bereits zuhauf. Glaubt Ihr, dass sich der verwandte Talent-Relationship-Marketing-Ansatz bei uns durchsetzen kann? Oder sollen die hiesigen Unternehmen besser kleine Brötchen backen und erst mal die Basics in Ordnung bringen?

Es scheint, als plage man sich auch jenseits des großen Teichs mit ähnlichen Problemen wie bei uns. Interessant ist auch immer wieder, dass es bei weitem nicht nur die oft als “traditionell” belächelten mittelständischen Unternehmen sind, die bei der Digitalisierung des Recruitings vielleicht nicht ganz auf der Höhe sind. Gerade die weniger dynamischen Großkonzerne bewegen sich in dieser Hinsicht zu träge.

Wir hoffen sehr, dass das Tempo, mit dem Unternehmen auf die Bedürfnisse ihrer potentiellen Kandidaten, Bewerber und Mitarbeiter eingehen, 2017 endlich anzieht!

Neue Personalsoftware: Algorithmus soll Vorurteile bekämpfen

Eine Personalsoftware, die subjektive Vorurteile bei der Besetzung neuer Stellen ausmerzen und so für mehr Heterogenität in der Zusammensetzung von Teams sorgen soll, hat der Softwarekonzern SAP nun auf den Markt gebracht.

Schon früher haben wir darüber gesprochen, wie Computer basierte Tools Personalentscheidern bei der Besetzung offener Stellen helfen können. Auch, ob anonyme Bewerbungen den Auswahlprozess gerechter gestalten können, war bereits Thema bei uns.

Letze Woche war nun in einem Artikel der FAZ zu lesen, dass SAP eine Software entwickelt hat, die mit einem Algorithmus Personaler bei der Suche nach Talenten unterstützen soll. Successfactor heißt sie und wird bei SAP schon seit einem Jahr intern genutzt. Die Aufgabe der Software besteht vor allem darin, objektive Entscheidungen zu fördern. Personaler sollen so weniger durch ihre persönlichen Vorurteile (z.B. hinsichtlich Geschlecht, Alter oder Herkunft) geleitet werden.

Personalvorstand Stefan Ries sagt dazu:

“Der Einsatz der Software soll sicherstellen, dass Aspekte, die nicht relevant für den Job sind, nicht in die Entscheidung einfließen.”

Objektive Vorschläge vs. subjektive Überzeugungen

Der Algorithmus scannt Lebensläufe und auch freigegebene Profile in sozialen Netzwerken anhand von Kriterien, die für den Job wichtig sind (und die der Personaler filtern kann). Anschließend schlägt die Software passende Kandidaten vor. Die Software kann auch intern eingesetzt werden: hier kann sie durch Messungen ermitteln, welche Mitarbeiter durch Schulungen oder Weiterbildungen noch gefördert werden können.

Hinter der Entwicklung der Personalsoftware steckt aber nicht der noble Anspruch, die HR-Welt zu einem besseren und gerechteren Ort zu machen, sondern der Wunsch von SAP-Kunden nach einem Programm, das ihnen dabei helfen kann, häufige demographische Vorurteile zu umgehen und so für mehr Vielfalt innerhalb der Mitarbeiterzusammensetzung zu sorgen.

Schon vor Jahren konnten Studien belegen, dass heterogene Teams zahlreiche Vorteile haben. Sie sind von sich aus innovativer und kreativer, bieten durch unterschiedliche Ansichten und Ansätze mehr Chancen auf neuen Märkten und tragen international zu einem besseren Image bei.

Über Diskriminierung im Bewerbungsprozess gibt es viel zu berichten. Anonymisierte Bewerbungen zum Beispiel, die durch nackte Fakten und ohne Fotos der Kandidaten mehr Chancengleichheit versprechen, werden hierzulande überwiegend abgelehnt. Erst kürzlich ergab eine aktuelle Studie von Indeed, dass 87% der deutschen Personaler sie nicht akzeptieren. Unternehmen, die Successfactor nutzen, könnten so also einen Schritt hin zu Prozessen gehen, in denen Effekte der Subjektivität ihrer Personaler abgeschwächt werden.

Mensch vs. Maschine

Wie immer, wenn es um Themen der Digitalisierung geht, wird aber auch schnell die Frage laut, ob die Software in Zukunft den Menschen, der sie bedient, überflüssig macht. SAP Personalvorstand Ries verneint, die Software solle lediglich die Qualität der Entscheidung verbessern, Personaler aber keinen Falls ersetzen. Dafür begrüßt er, dass Personalverantwortliche unter stärkerem Rechtfertigungsdruck stehen könnten, wenn sie sich gegen die Vorschläge des Algorithmus entscheiden, weil, so Ries, das eine Diskussionskultur fördern könnte.

Und was ist mit Bauchgefühl und der viel beschworenen Menschenkenntnis? Viele Personaler vertrauen ihrer Intuition. Aber diese ist nicht unfehlbar und direkt mit dem eventuell vorbelasteten Unterbewusstsein verknüpft. Und auch ein Algorithmus kann nicht sowas wie eine “Garantie” leisten, wenn es um Personalentscheidung geht. Vielleicht ist es also ein guter Weg, beide Faktoren nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten zu lassen.

Habt Ihr bereits Erfahrungen gesammelt, wenn es um Personalsoftware geht, die fakten-basierte Kandidatenvorschläge macht?

Ist die Expressbewerbung die Zukunft des Mobile Recruiting?

“Mobile First“ ist ja mittlerweile nicht mehr neu. Das belegen nun auch die Media Consumption Forecasts, eine Studie von Zenith Optimedia. 71 Prozent der weltweiten Internetnutzung geht von Mobilgeräten aus. Damit übersteigt die mobile die stationäre Nutzung deutlich – und hat Einfluss auf das Mobile Recruiting.

Was bedeutet mobile Optimierung eigentlich?

Bei den Zahlen wundert es nicht, dass nun sämtliche Unternehmen ihre Webauftritte mobiloptimieren. Aber nur die wenigsten haben verstanden, dass es dabei nicht ausschließlich um die technischen Aspekte geht. Mindestens genauso wichtig ist es, auch den Bewerbungsprozess „mobile friendly“ zu machen, in erster Linie zu vereinfachen und zu verschlanken.

Es bringt überhaupt nichts, den schon bestehenden Prozess mobil abzubilden. Ihr könnt von einem Kandidaten doch nicht allen Ernstes erwarten, dass er auf dem Smartphone seinen Lebenslauf, ein Anschreiben und seine Referenzen griffbereit hat bzw. diese auch in ein System hochladen will! Habt ihr selbst euren Bewerbungsprozess mal getestet und aus der Sicht eines Kandidaten betrachtet?

Wenn der Bewerbungsablauf der gleiche ist, wie bisher, dann hat die Mobiloptimierung nichts gebracht, außer Kosten. Was bringt es euch außerdem, dass zwar die mobile Startseite hübsch und ansprechend ist, wenn ich mich dann aber in die Stellenbörse oder sogar das Bewerbungsformular klicke, dann ist diese Ansicht alles außer responsive. Und an der Stelle steige ich als Bewerber aus.

Electrolux führt Expressbewerbung ein

Das Unternehmen Electrolux führt nun die Expressbewerbung ein. Angeblich konnten so neue Elektriker bereits nach sieben Tagen eingestellt werden.

Und so sieht der Prozess aus: Der Kandidat signalisiert per Finger-Tipp auf eine Stellenanzeige (z.B. auf Facebook) sein Interesse, damit wird der Bewerbungsprozess gestartet. Es folgt ein Fragebogen aus fünf bis zehn vom Unternehmen definierte Fragen nach Qualifikationen und Kompetenzen, die der Bewerber per Kurznachricht beantwortet. Der Recruiter erhält die Antworten unmittelbar und kann direkt entscheiden. Bei Electrolux wurden so Elektriker innerhalb von nur sieben Tagen eingestellt.

Ob das die Zukunft des mobilen Recruitings ist, weiß ich nicht. Bei den komplexeren Jobs, die ein hohes Qualifikationsniveau erfordern, wird das so nicht klappen, da braucht es ein bisschen mehr Komplexität. Aber es ist zumindest eine interessante Option.

Was glaubt ihr? Oder habt ihr sogar eine Lösung entwickelt? Dann her damit!

Wir predigen hier ja schon seit längerer Zeit, dass die mobile Optimierung der Karriereseiten sehr zu wünschen übrig lässt. In Kürze erscheint die Neuauflage der Mobile Recruiting Studie, bei der wir erneut den Stand der Umsetzung mobiler Recruiting-Strategien von 160 börsennotierten Unternehmen untersucht haben. So viel sei an dieser Stelle verraten: es hat mich erschreckt, dass noch immer eine mobile Strategie bei den meisten Unternehmen nicht erkennbar ist.

[HTTP410] Alles nicht so schlimm: Bewerbungsprozesse aus Personalersicht

Vor kurzem haben wir angesichts der in der Candidate Experience Studie 2014 geschilderten Zustände mehr Liebe für Bewerber eingefordert. Zur Erinnerung: 70 Prozent der Arbeitnehmer ziehen eine Bewerbung via Email vor. Das allseits angebotene Bewerbungsformular war dabei sogar noch unbeliebter als die Print-Bewerbung. Da Anbieter und Nachfrager sich ja gerade im Rollen-Tausch befinden, stellt sich die Frage, wie es zu derartigem Marktversagen kommen kann?

Einen möglichen Erklärungsansatz liefert uns nun eine neue Befragung zur Candidate Experience, in der Textkernel 48 Personaler vorwiegend großer Unternehmen zur Kandidatenerfahrung beim eigenen Unternehmen befragt hat. Der Großteil gab an, dass das Thema zukünftig eine wichtigere Rolle in der HR-Arbeit spielen und man sich um Prozessverbesserungen kümmern werde.

Grafik – 77% sagten Candidate Experience eines meiner Top-Themen?

Soweit keine Widersprüche. Auch bei der Ansicht, dass eine positive Candidate Experience mehr und bessere Bewerber anzieht, und die eigene Arbeitgebermarke positiv beeinflusst, herrscht weitgehend Einigkeit.

Grafik – Positive Candidate Experience = positive Arbeitgebermarke

Interessant wird es erst bei der Selbsteinschätzung der Qualität des eigenen Bewerbungsprozesses. Den bewerten nämlich 57 Prozent als durchaus positiv oder sogar als gut bzw. sehr gut (48 Prozent).
Wie gut ist Ihr Bewerbungsprozess?

Hier offenbart sich die Ursache des Auseinanderklaffens zwischen den Wünschen der Bewerber und auf Unternehmensseite vorherrschenden Angebot. Denn offensichtlich empfinden viele Personaler das langwierigen Ausfüllen der Formulare und die schwierige bis unmögliche Interaktion mit ihren Karriereseiten über mobile Endgeräte gar nicht als Problem. Zumindest hinsichtlich der Formulare gibt es dafür eine gute Erklärung. Denn ein Großteil der Befragten schätzt den Zeitaufwand, den das Ausfüllen ihres Bewerbungsformulars benötigt als gar nicht so hoch ein.

Grafik – Dauer fürs Bewerbungsformular

 

Hier liegt meiner Meinung nach der Hase im Pfeffer. Ich hatte dieses Jahr im Freundes- und Bekanntenkreis mehrfach das Vergnügen, dem Bewerbungsprozess beizuwohnen. Und  keine der Bewerbungen nahm nur eine Viertelstunde in Anspruch. Mal mussten die mühsam in einem einzigen PDF Dokument vereinten Zeugnisse und Zertifikate wieder auseinander geschnitten werden, weil das Formular mit der im einstelligen Megabyte-Bereich liegenden Größe des PDFs überfordert war. Ein anderes Mal musste es getrennt werden, weil das Formular vorsah, dass Lebenslauf und Zeugnisse getrennt hochgeladen werden und beide Uploadfelder verpflichtend waren. Und in einem dritten Fall musste ein zusätzliches Anschreiben formuliert werden, obwohl der PDF-Lebenslauf bereits ein Anschreiben enthielt. Das wollte der Kandidat aber nicht einfach reinkopieren, denn schließlich lag ihm ja was an der Stelle.

Alle diese Fälle machten schon die Bewerbung via PC oder Laptop nicht zu einer positiven Kandidatenerfahrung. Betrachtet man nun, wie sich die Lage bei der Bewerbung über mobile Geräte darstellt, zeigt sich das ganze Ausmaß des Problems. Hier gaben 31 Prozent der Befragten an, eine mobile One-Click-Bewerbung mittels Xing- oder LinkedIn zu ermöglichen. Im Frühjar, als wir in unserer Mobile Recruiting Studie die 160 Unternehmen aus DAX, TecDAX, MDAX und SDAX untersucht haben, lag diese Zahl bei gerade einmal 6 Prozent. Entweder ging seitdem ein mobiler Ruck durch Deutschlands Bewerbungsformulare (was ich nicht glaube) oder aber es herrschen noch immer sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber was ein mobiloptimierter Bewerbungsprozess ist (was meinen täglichen Erfahrungen deutlich eher entspricht). Diese Interpretation der fehlenden Auseinandersetzung mit dem Thema Candidate Experience stützt auch die Folgefrage nach der Höhe der Abbruchrate im Bewerbungsprozess. Denn die können 65 Prozent (!) der Unternehmen nicht beantworten. Hier splittet sich die Ursache i.d.R. in mangelndes Bewußtsein oder mangelnde technische Trackingmöglichkeiten auf. Beides ist gleichermaßen tragisch. Denn da wo Zahlen vorhanden sind, lassen sich nicht selten Abbruchraten bis zu 50 Prozent messen. Da bis zum Ausstiegszeitpunkt bereits viel Geld in das Vorhaben geflossen ist,den Kandidaten bis hierher zu bringen, ist der wirtschaftliche Verlust, den schlechte Prozesse verursachen immens. Angesichts der in vielen HR-Abteilungen ohnehin schon relativ knappen Budgets ist das nicht nur schade, sondern geradezu fatal.