Nur schlechtes Image? 3 Gründe, warum es in Versicherungen und Finanzen an Bewerbungen mangelt

Nüchterne Zahlen, windige Geschäftsmodelle, lange Bürotage in Verwaltungsgebäuden und spießige Kleidung – die Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche hat bei vielen nicht den besten Ruf.

Und das macht sich bemerkbar auf dem Arbeitsmarkt: Im Jahr 2020 waren bei der Bundesagentur für Arbeit mehr als 11.000 unbesetzte Stellen gemeldet, gleichzeitig waren knapp 27.000 Beschäftigte arbeitslos, macht eine Arbeitslosen-Stellen-Relation von 2,37. In diesem Jahr verschärfte sich die Situation sogar noch einmal, sodass die Zahl im Mai bei nur noch 1,55 lag. Wo liegen die Schwierigkeiten der Branche?

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1. DIE BRANCHE HAT EIN SCHLECHTES IMAGE

In der Bevölkerung genießen Berufsbilder aus dem Bereich kein gutes Ansehen, wie aus einer jährlichen Umfrage des dbb Beamtenbundes hervorgeht. Vor allem Versicherungsvertreter:innen haben einen schlechten Stand und landen im Ranking von 2021 im Ansehen der Befragten mit nur acht Prozent auf dem letzten Rang.

Bewerbermangel Finanzbranche: Infografik - Berufe und ihr Ansehen

Bankangestellte kommen lediglich auf 23 Prozent, Steuerberater:innen landen bei 36 Prozent. Zum Vergleich: Die am besten angesehenen Berufsgruppen sind Feuerwehrleute mit 93 Prozent und Ärzte und Ärztinnen mit 87 Prozent.

Zudem hat das Ansehen des Finanzsektors durch die Finanzkrise im Jahr 2008 gelitten, was sich bis heute im Vertrauen der Bevölkerung in die Branche niederschlägt. Das Edelman Trust Barometer untersucht jährlich, wie groß das Vertrauen der Menschen weltweit in verschiedene Industriesektoren ist. Die Finanzdienstleistungen schneiden am schlechtesten ab, wie die Grafik zeigt.

Finanzen und Versicherungen - Infografik zum Vertrauen in die Branche

Hinzu kommen auch jüngste Entwicklungen im digitalen Bankenbereich, etwa rund um Finanzdienstleister Wirecard, die für den Ruf der Branche und das entgegengebrachte Vertrauen nicht förderlich sein dürften.

2. DER BRANCHE RENNT DER NACHWUCHS WEG

Der Branche fehlt der Nachwuchs: Der Anteil der unter 25-Jährigen ist in der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche geringer als im gesamten Arbeitsmarkt. Im Gegensatz zu 2016 hat er sich sogar noch einmal verringert (-0,5 Prozentpunkte), während er im gesamten Arbeitsmarkt stabil geblieben ist. Auch der Anteil der 25- bis unter 35-Jährigen fällt geringer aus als im gesamten Arbeitsmarkt, wie die Grafik mit Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigt.

Versicherungen und Finanzen: Infografik - Absolvent:innen der Branche

Insgesamt fehlen vor allem Fachkräfte, also Beschäftigte mit Berufsausbildung. Doch die Zahl der Auszubildenden in der Branche ist in den vergangenen Jahren deutlich zurück gegangen, wie Daten des Bundesinstituts für Berufsausbildungen zeigen. So gab es im Jahr 2000 noch 31.000 Absolvent:innen in Finanzdienstleistungen, Rechnungswesen und Steuerberatung, im Jahr 2019 waren es nur mehr knapp 18.000.

Versicherungen und Finanzen: Infografik: Immer weniger Azubis

3. DIE DIGITALISIERUNG VERÄNDERT DIE BRANCHE

Einerseits schließen immer mehr Menschen online Versicherungen ab, andererseits bietet die Digitalisierung auch neue Versicherungsmöglichkeiten im Bereich Cyberschutz. Die Tätigkeiten werden dadurch komplexer, vielen Beschäftigten fehlen aber die IT-Kenntnisse.

Dasselbe zeigt sich bei den Finanzdienstleistungen. So gab es im Jahr 2019 laut einer Studie des Ifo-Instituts hierzulande 694 FinTechs – ein Anstieg von 60 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015. Als FinTech definiert werden in dem Zusammenhang Unternehmen, die „technologiegetriebene Finanzinnovationen verfolgen, die zu neuen Geschäftsmodellen, Anwendungen, Prozessen oder Produkten führen können, die wiederum wesentliche Auswirkungen auf Finanzmärkte und Finanzinstitute sowie die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen haben“.

Mit 147 boten die meisten der untersuchten Unternehmen Dienstleistungen rund um Zahlungsverkehr an. 59 wurden dem Bereich Versicherungen zugeordnet (InsurTechs).
Zeitgleich zu diesen Entwicklungen schließen immer mehr Banken Filialstandorte. Im Jahr 2004 gab es hierzulande noch knapp 48.000 Bankfilialen. 2019 lag die Zahl nur noch bei gut 28.000. Laut Schätzung der Unternehmensberatung Oliver Wyman wird die Zahl der Filialen in Deutschland weiter bis auf 15.800 im Jahr 2030 schrumpfen.

Versicherungen und Finanzen: Infografik - Filialsterben in Deutschland

Damit fällt den Berufen der direkte Kundenkontakt weg, was ihren trockenen Ruf verstärken könnte. Außerdem werden die Berufe dadurch digitaler, was wiederum mehr technologische Skills bei Bewerber:innen erfordert.
Diese digitalen Geschäftsmodelle sind nötig, um die Branche zu modernisieren, gleichzeitig verschärfen sie den Fachkräftemangel, denn IT-Personal wird hierzulande ebenfalls händeringend gesucht, wie unsere Branchenstudien der vergangenen Monate und unser Branchenschwerpunkt zeigen.

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WAS KÖNNEN UNTERNEHMEN TUN?

Insgesamt hängen die drei aufgezeigten Probleme in Versicherungen und Finanzdienstleistungen zusammen und bedingen sich: Ein schlechtes Image hält den Nachwuchs fern, der wiederum die dringend benötigten technischen Fähigkeiten mitbringen würde, um die Branche weiterzuentwickeln und so das angestaubte Image zu überwinden, um wiederum mehr Nachwuchs anzulocken.

Eine Umfrage des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherer zeigt allerdings auch: So abgeneigt sind diese jungen Leute Jobs in Versicherungen und Co. gar nicht. So gaben acht Prozent der Befragten zwischen 18 und 30 Jahren im Februar dieses Jahres an, sich eine Versicherungskarriere vorstellen zu können, für 33 Prozent wäre es prinzipiell denkbar, aber nicht die erste Wahl – potenziell ließen sie sich also überzeugen, was die Wichtigkeit einer guten Arbeitgeberpositionierung unterstreicht.

Eine verbesserte Ansprache und Zusammenführung von Unternehmen und künftigen Azubis könnte also Abhilfe schaffen. Außerdem müssen die Ausbildungen und Studiengänge digitaler werden und so die Technologisierung der Branche abbilden.

Wo ohnehin ein Mangel herrscht, sollten interessierte Bewerber:innen außerdem nicht auch noch von einer wenig überzeugenden Unternehmenspräsentation abgeschreckt werden. Vor allem in der Versicherungs- und Finanzbranche gilt es, die richtige Mischung aus seriös und nahbar zu finden und die Vorteile der Jobs herauszustellen.

Am Ende geht es aber auch darum, den Bewerbungsprozess möglichst schlank und unkompliziert zu halten und die richtigen Kandidat:innen auf den richtigen Kanälen anzusprechen. Wie unsere aktuelle Studie zum Recruiting in Versicherungen- und Finanzdienstleitungen zeigt, klappt das aktuell eher durchwachsen.

Nur 63 Prozent der Unternehmen haben ihre Karrierewebseite gut sichtbar auf der Startseite verlinkt. 51 Prozent verfügen nicht über ein mobiloptimiertes Bewerbungsformular und das, wo im Grunde kaum noch über Desktops gesurft wird. Außerdem ist bei rund jedem dritten Unternehmen eine Bewerbung nur mit Login-Zwang möglich.

Reichweite – das Gold des 21. Jahrhunderts

Reichweite ist das Gold des 21. Jahrhunderts. Wer heute mit seinem Medium, seiner Stimme oder seiner Werbebotschaft eine bestimmte Anzahl von Personen erreicht, hat einen hohen Wert. Dieser Wert steigt proportional mit der Reichweite. Das gilt ganz besonders für Werbefiguren in sozialen Netzwerken wie Instagram, Twitter oder YouTube. In Zeiten von Fachkräftemangel und beruflichen Mangelprofilen wird Reichweite aber nicht nur für die Marketing-, sondern auch für die Personalabteilung immer wichtiger. Um einen fähigen und gleichzeitig zum Unternehmen passenden Mitarbeiter zu finden, brauchst Du in den meisten Fällen erst einmal eine gewisse Auswahl an Bewerbern. Ein Schuss, ein Treffer – natürlich ist das möglich. Leider aber nicht die Regel.

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Im Internet ohne Influencer Reichweite schaffen

Werbeagenturen und große Unternehmen haben sich in den letzten Jahren die digitale Reichweite zahlreicher Influencer zu Nutzen gemacht. Um die Produktbekanntheit zu steigern, reicht es manchmal schon, eine Tafel Schokolade plump auf den Rand einer Badewanne zu legen und den Influencer “Lecker!” sagen zu lassen. Was für Verbrauchs- und Konsumgüter sinnvoll sein kann, lässt sich auf Jobs nur schwer übertragen. Wie bekommt man als Unternehmen Reichweite für ein Angebot, das sich nicht essen, tragen oder schminken lässt?

Hinzu kommt natürlich, dass die Suche nach einem ganz spezifischen Jobprofil wesentlich schwieriger ist, als die Suche nach Schokoladen-Konsumenten. Schaltest Du Deine Jobanzeigen wahllos, sind die Streuverluste so hoch wie die Kosten (hoch). Um eine gewisse Anzahl an Jobkandidaten zu erreichen, brauchst Du die richtige Anzahl und Auswahl an Kanälen. Doch wie viele potenzielle Kandidaten müssen Deine Stellenanzeige überhaupt im Durchschnitt sehen, damit eine angemessene Zahl an Bewerbungen bei Dir eintrudelt?

Wie viele Bewerber brauchst Du und wie viele Kandidaten musst Du dafür erreichen?

Die meisten Recruiter wünschen sich im Schnitt 10-20 Bewerbungen pro offener Stelle. Siehst Du das ähnlich? Unsere grobe Faustregel für die benötigten Bewerber-Zugriffe pro Bewerbung liegt bei 2%. In der Theorie bedeutet das also, egal, ob durch Jobbörsen, die eigene Karriereseite, Facebook-Kampagnen oder sonstige Online-Kanäle: Ein Unternehmen benötigt im Durchschnitt 50 Bewerber-Zugriffe auf eine Stellenanzeige, um eine Bewerbung zu generieren.

Folglich ca. 500 – 1.000, um eine Stelle erfolgreich zu besetzen. Diese Schätzung ergab sich teils aus einigen persönlichen Gesprächen mit Menschen, die Zugang zu solchen Daten haben und teils aus eigenen Experimenten und Beobachtungen. Natürlich ist dieser Wert sehr grob; er unterscheidet weder nach Kanälen, begleitenden Maßnahmen, Qualität der Anzeigen, noch nach Branchen, geschweige denn nach der Qualität der Bewerber. Aber es ist ein Wert, der als Benchmark für uns und für Dich hilfreich sein kann.

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