In Island sind knapp 200.000 Menschen berufstätig. Mehr als 2.500 von ihnen, also über ein Prozent, nahmen seit 2015 an einer mehrteiligen Studie teil: Verkürzte Arbeitszeit bei gleichem Gehalt. Die Teilnehmer:innen reduzierten ihre Wochenarbeitszeit von 40 auf 36 oder 35 Stunden und arbeiteten eine Vier-Tage-Woche.
Eine erste Auswertung des Experiments fällt durchweg positiv aus – die Leistung und Produktivität blieb gleich oder hat sich sogar verbessert. Vor allem stieg aber das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen, sie hatten mehr Zeit für ihr Privatleben, waren weniger gestresst und erkrankten seltener an einem Burnout. Die Ergebnisse der Studie hatten bereits Folgen: 86 Prozent der Isländer:innen haben durch Verhandlungen der Gewerkschaften und Verbände mit Arbeitgebern zwischen 2019 und 2021 nun das Recht auf dauerhaft verkürzte Arbeitszeiten.
Wie sieht es hierzulande aus? Wie viel arbeiten die Beschäftigten in Deutschland? Wie viel wollen sie arbeiten? Und wer soll das alles bezahlen?
1. IST-Zustand: Wie viel arbeiten wir?
2. Wunsch und Wirklichkeit von Arbeitszeit
3. Was kürzere Arbeitszeiten bringen
4. Welche Modelle gibt es?
5. Arbeitszeitreduzierung: Wer soll das alles bezahlen?
6. Fazit
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IST-Zustand: Wie viel arbeiten wir?
John Maynard Keynes, der berühmte britische Ökonom, sagte eine Zukunft voraus, in der der Wohlstand so groß ist, dass wir nur mehr 15 Stunden pro Woche arbeiten müssten. Das war im Jahr 1930. Knapp 100 Jahre später sind wir davon noch weit entfernt. Die Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten im Durchschnitt 34,8 Stunden pro Woche – im europäischen Vergleich ist das zumindest auf dem Papier unterdurchschnittlich. Allerdings fließen in diese Zahl von Eurostat auch alle Beschäftigten ab 15 Jahren mit ein, die mindestens eine Stunde pro Woche gegen Lohn oder Entgelt arbeiten.
Dass die Deutschen also unterdurchschnittlich abschneiden, liegt an Mini- und Teilzeitjobs und nicht daran, dass man sich hierzulande schon mehrheitlich von der 40-Stunden-Woche verabschiedet hätte. Geringer sind die Werte etwa in Dänemark oder den Niederlanden, wo ebenfalls die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten sehr hoch ist.
Das Gesamtarbeitsvolumen steigt hierzulande dagegen seit Jahren, wie aus Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervorgeht.
In einer Studie des Europäischen Gewerkschaftsinstitut heißt es: „Es lässt sich bisher festhalten, dass die Arbeitszeit in Europa in erster Linie aufgrund des steigenden Anteils der Teilzeitbeschäftigung kürzer wird. Diese Teilzeitbeschäftigung ist zuallererst frauendominiert, in den unteren Bereichen der Karriereleiter angesiedelt, hat wenige berufliche Aufstiegsmöglichkeiten und zeigt einen überproportionalen Anteil an flexiblen Arbeitsverträgen.“
Zwar arbeiten Frauen also heute mehrheitlich, allerdings ist jede zweite in Teilzeit tätig, bei den Männern ist es nur rund jeder neunte. Damit sind die Frauen dem keynesianischen Traum zwar zeitlich näher – nur der Wohlstand stimmt eben nicht.
Wer in Vollzeit tätig ist, arbeitet als Mann im Durchschnitt 41,5 Stunden, bei Frauen sind es 39,9 Stunden – im Vergleich zum Jahr 1991 hat sich also kaum etwas getan in punkto Arbeitszeit, wie die Grafik zeigt.
Doch während also die wöchentliche Arbeitszeit bei vollem Gehalt etwa gleich bleibt, wird unser Arbeitsleben laut Eurostat immer länger. Eine 15-jährige Person hatte im Jahr 2011 durchschnittlich 37,4 Jahre Arbeit vor sich. Im Jahr 2020 sind es bereits 39,1 Jahre ihres Lebens, die sie der Arbeit widmen wird – Tendenz steigend. Denn wir werden immer älter, während die Zahl der Jüngeren abnimmt, die den Ruheständler:innen ihren Lebensabend finanzieren könnten.
WUNSCH UND WIRKLICHKEIT VON ARBEITSZEIT
Wir arbeiten also viel und perspektivisch müssen wir das auch immer länger, weil wir älter werden. Den Acht-Stunden-Arbeitstag gibt es seit etwas mehr als 100 Jahren, allerdings lange an sechs Tagen pro Woche. Der Deutsche Gewerkschaftsbund warb ab 1956 mit dem Slogan „Samstags gehört Vati mir“ für die Einführung der Fünf-Tage- bzw. 40-Stundenwoche, also in einer Zeit, als ein Hauptverdiener für eine ganze Familie arbeitete.
In der klassischen Kleinfamilie sind heute meist beide Elternteile berufstätig und müssen es finanziell auch sein. Je Familie wird also neben Haus- und Fürsorgearbeit mehr Erwerbsarbeit geleistet, statt sich sowohl die 40-Stunden-Arbeitswoche als auch die Zuhause anfallende Arbeit aufzuteilen. Und dieses Mehr an Arbeit zeigt sich womöglich auch in der Zunahme von Stress und psychischen und körperlichen Erkrankungen der Erwerbstätigen.
In einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) gibt jede:r zweite Befragte:r an, die Arbeitszeit gerne verkürzen zu wollen, trotz Gehaltseinbußen. Im Durchschnitt möchten die Befragten neun Stunden pro Woche weniger arbeiten. Weitere 39 Prozent sind zufrieden und 12 Prozent wollen verlängern, durchschnittlich um acht Stunden. Gefragt nach ihrer favorisierten Arbeitszeit gibt fast jede zweite Frau an, zwischen 20 und 34 Stunden arbeiten zu wollen. Bei den Männern sind es 40 bis 47 Stunden, gefolgt von 35 bis 39 Stunden. Auch hier spiegelt sich also die hohe Teilzeitquote der Frauen und die Vollzeittätigkeit von Männern wider.
Wer angibt, mehr arbeiten zu wollen, will im Grunde mehr Geld verdienen und nicht unbedingt mehr Zeit mit Erwerbsarbeit verbringen. So sind es vor allem Beschäftigte im Niedriglohnbereich, die diesem Wunsch zustimmen. Wer finanziell abgesichert ist, hat eher den Wunsch, seine Arbeit zu verringern, wie eine andere Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd) zeigt. Demnach sind unter denjenigen mit Wunsch nach Arbeitszeitverlängerung überdurchschnittlich viele Frauen und der Bruttostundenlohn liegt deutlich unter dem der Befragten mit Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung.
Was kürzere Arbeitszeiten bringen
Eine Abkehr von der 40-Stundennorm hat einige deutliche Vorteile: Es stellt eine Möglichkeit dar, sich an gesellschaftliche Veränderungen anzupassen, etwa den demografischen Wandel, ist aber auch ein Instrument für mehr Gerechtigkeit.
KÜRZERE ARBEITSZEITEN ALS BEITRAG ZUR GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT
Nach wie vor verbringen Frauen mehr Zeit mit Fürsorge- und Hausarbeit – Zeit, die ihnen fehlt, um Erwerbsarbeit zu leisten, weshalb der Frauenanteil in Teilzeitjobs hoch ist. Eine Absenkung der Arbeitszeit hin zu einem Modell mit 30 oder 35 Wochenstunden als Vollzeit würde also die Erwerbsarbeit von Frauen aufwerten und zumindest theoretisch mehr Lebenszeit von Männern für Fürsorge- und Hausarbeit zur Verfügung stellen. Außerdem würde sich die Schere bei der Altersarmut verringern, weil Frauen mehr in die Rentenkasse einzahlen könnten. Wer den Gender Pay Gap angehen will, kommt an dieser Stellschraube kaum vorbei.
ALTERSGERECHTES ARBEITSLEBEN
Wer immer länger arbeitsfähig bleiben soll, muss frühzeitig dafür sorgen, dass er oder sie das auch möglichst lange bleibt. Wenn ein Arbeitsleben immer länger dauert, sollten also die Rahmenbedingungen der Erwerbstätigkeit so gestaltet sein, dass Körper und Geist möglichst gesund bleiben. Dafür sind kürzere Arbeitszeiten unerlässlich. Ohne eine umfassende Neugestaltung der Arbeitszeit ist eine Ausdehnung der Lebensarbeitszeit nicht wirklich möglich, so eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung.
AUFWERTUNG VON TÄTIGKEITEN
Eine Arbeitszeitreduzierung bei gleichem Gehalt in gutbezahlten Akademikerjobs würde auch schlechter bezahlte Teilzeitjobs aufwerten, weil sie näher an Vollzeitjobs rücken würden. Insofern ist Arbeitszeitreduzierung ein wichtiges politisches Instrument für mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem stellt die Arbeitszeitverkürzung (bei gleichem Gehalt) eine Möglichkeit dar, die zunehmend ungleich verteilten Unternehmensgewinne weiterzugeben – in Freizeit, nicht in Geld.
KLIMASCHUTZ DURCH ARBEITSZEITREDUZIERUNG?
Die Klimakrise zeigt einmal mehr, dass das grenzenlose Wachstum unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems nicht möglich ist. Eine Reduzierung der Arbeitszeit und damit eine Fokusverschiebung von maximaler Produktivität hin zu mehr Freizeit, kann Klima und Ressourcen schonen, indem Menschen anders konsumieren, weil sie mehr Zeit haben und der Ressourcenverbrauch durch Arbeit gedrosselt wird. Wer mehr Zeit hat, kann zum Beispiel anders reisen, anders Nahrung zubereiten, mehr Zeit aufwenden, um Dinge zu reparieren, statt neu zu kaufen und mehr Zeit in demokratische Diskurse oder gesellschaftliches Engagement investieren. Das setzt aber einen anderen Fokus im Denken aller voraus.
VIER-TAGE-WOCHE, FÜNF-STUNDEN-TAG: WELCHE MODELLE GIBT ES?
Grundsätzlich kann sich eine geringere Arbeitszeit auf unterschiedliche Zeiträume beziehen:
Kürzerer Arbeitstag: Zum Beispiel Sechs- oder sogar nur Fünf-Stunden-Tage. Das eine wurde in einem Pilotprojekt in einem schwedischen Krankenhaus getestet, das andere von einer Bielefelder Agentur.
Kürzere Arbeitswoche: Der eingangs erwähnte Versuch in Island hatte eine Vier-Tage-Woche als Ergebnis, mit vier längeren Arbeitstagen und einem zusätzlichen Tag Wochenende. Dieses Modell eignet sich besonders, wenn nur wenig Zeit reduziert wird, aber das Pensum etwa gleich bleibt.
Kürzerer Arbeitsmonat: z.B. drei Wochen Arbeitszeit an je sechs Tagen, dann eine Woche frei oder ähnliche Konstrukte, bei denen sich jeweils Arbeit und freie Zeit in Intervallen abwechseln.
Kürzeres Arbeitsjahr oder anders gesagt: Mehr Urlaubstage zur freien Verfügung, was für längere Erholungsphasen sorgt, aber auch Familien mit Kindern eine bessere Betreuung in den Ferien ermöglicht.
Kürzeres Arbeitsleben: Wird erreicht durch früheren Rentenbeginn oder berufliche Auszeiten wie z.B. Sabbaticals. Aufgrund steigender Lebenserwartung scheint dieses Konzept eher nicht geeignet, weil der Trend dahingeht, dass wir länger arbeiten müssen.
Welche Form der Arbeitszeitverkürzung geeignet ist, ist von individuellen Lebenssituationen, aber auch von der Branche und Art der Arbeit abhängig und die Modelle haben ihre jeweils eigenen Vor- und Nachteile. So sind zusätzliche Urlaubstage für Familien mit schulpflichtigen Kindern möglicherweise sinnvoll, während Menschen mit Fernbeziehung das lange Wochenende vorziehen und wieder andere lieber früh in Rente gehen wollen. Kürzere Arbeitstage wiederum schaffen mehr Zeit für den Alltag mit Haus- und Sorgearbeit und Freizeit.
ARBEITSZEITREDUZIERUNG: WER SOLL DAS BEZAHLEN?
Weniger arbeiten ist schön und gut, allerdings muss eine Reduzierung der Arbeitszeit finanziert werden. Dabei gibt es drei Akteure, die direkt am Arbeitsverhältnis beteiligt sind. Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in sind die beiden direkten Vertragspartner:innen, der dritte Akteur ist der Staat. Dementsprechend können die Kosten im Grunde an diese drei Stellen adressiert werden – oder an niemanden.
DIE ARBEITNEHMER:INNEN ZAHLEN
Im simpelsten Fall tragen allein die Arbeitnehmer:innen die Kosten für die Verkürzung der Zeit, indem ihre Gehälter im Verhältnis zur Arbeitszeit sinken. Das ist aktuell der Fall bei Teilzeitarbeit und kann zu erheblicher finanzieller Belastung führen, vor allem im Niedriglohnbereich.
Ein anderer Fall ist die Verkürzung der Arbeitszeit ohne Gehaltsverlust, aber mit Verdichtung der Arbeitszeit, was zu gesundheitlichen Belastungen führen kann. Eine weitere Variante, die ebenfalls zulasten der Gesundheit der Erwerbstätigen gehen kann, ist die Verkürzung mit gleichzeitiger Flexibilisierung der Arbeitszeit, also etwa wenn die Laufzeiten von Maschinen ausgeweitet oder Öffnungszeiten angepasst werden. Dadurch wird weder Produktivität noch Gewinn von Unternehmen angetastet und für die Arbeitnehmer:innen sinkt die Zeit, die für Erwerbsarbeit aufgewendet wird, etwa auf 6-Stundenschichten. Allerdings rutschen Beschäftigte eben in eine Art Schichtarbeit, die die Vereinbarkeit von Freizeit und Familie mit der Arbeit beeinflussen und ebenfalls zu gesundheitlicher Belastung führen kann.
Eine weitere Variante ist die Vereinbarung eines Lohnstopps, Gehälter werden also über einen bestimmten längeren Zeitraum eingefroren und nicht weiter angepasst, während die Arbeitszeit aber sinkt.
DIE ARBEITGEBER ZAHLEN
Zahlen Arbeitgeber die Zeitverkürzung, bleiben die Gehälter konstant, obwohl weniger Zeit für die Erwerbsarbeit aufgewendet wird. Das kann zu niedrigeren Gewinnen oder niedrigerer Produktion oder aber zu höheren Preisen führen. Je preissensibler ein Markt ist, desto gravierender die Folgen. Sinkt die Wettbewerbsfähigkeit zu stark, kann es etwa zu Verlagerung des Produktionsstandorts oder einer Begrenzung künftiger Investitionen kommen.
DER STAAT ZAHLT FÜR VERKÜRZTE ARBEITSZEITEN
Wenn sich der Staat an der Arbeitszeitverkürzung beteiligt, kann das in Form von niedrigeren Sozialbeiträgen für die Arbeitnehmer:innen sein, sodass zwar der vom Arbeitgeber gezahlte Bruttolohn sinkt, bei den Erwerbstätigen aber derselbe Nettolohn ankommt. Oder die Sozialbeiträge für Arbeitgeber sinken, sodass die Nettolöhne gleichbleiben. Bei dieser Variante würde auch die Wahrscheinlichkeit von Neueinstellungen steigen. Wenn diese nicht im ausreichenden Maß erfolgen, sinkt allerdings die finanzielle Basis der Sozialversicherung.
UND WENN NIEMAND ZAHLEN MUSS?
Der beste Fall wäre, dass niemand zahlt und auch das ist möglich. Etwa, wenn durch die Verringerung der Arbeitszeit die Erholungszeiten der Arbeitnehmer:innen verlängert werden und diese produktiver und ausgeruhter sind, sodass Fehlerquoten und Unfallrisiko sinken. Außerdem fallen Fehlzeiten, Stress und Krankheit geringer aus. Weniger Arbeitszeit bedeutet außerdem nicht zwangsläufig weniger geleistete Arbeit, wenn zeitgleich Prozesse angepasst und effizienter gearbeitet werden kann.
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FAZIT
Arbeitszeitverkürzung ist ein wichtiges politisches Instrument für die Verteilung von Arbeit innerhalb einer Volkswirtschaft. Aber sie ist auch mit Vorsicht zu genießen und für Beschäftigte nur dann sinnvoll, wenn sie durch zusätzliches Personal und Zeitsouveränität der Beschäftigten ausgeglichen wird und für den Arbeitsmarkt nützlich, wenn sie Arbeitsplätze schafft. Kurze Arbeitszeiten bringen wenig, wenn sie nicht planbar sind oder aber sich die Arbeit so sehr verdichtet, dass zusätzlicher Stress entsteht. Das erhöht für Unternehmen nur Krankenstand und Fehlerquote.
UNTERNEHMEN KÖNNEN PROFITIEREN
Auf Unternehmensebene lassen sich Arbeitszeitverkürzungen realisieren, wenn gemeinsam mit den Beschäftigten Modelle ausgehandelt werden, die der Vereinbarkeit von Freizeit und Familie mit Erwerbsarbeit dienen. Gleichzeitig können Kompromisse für die Gehälter ausgehandelt werden. Aber selbst ohne Anpassung der Gehälter können Unternehmen von einer Verkürzung profitieren: Erholte Mitarbeiter:innen sind seltener krank, machen weniger Fehler und sind motivierter. Außerdem können sich Unternehmen vor allem bei den jetzt auf den Arbeitsmarkt drängenden Generationen positionieren, indem das Schlagwort „Work-Life-Balance“ wirklich ernst genommen wird und nicht bloß die Möglichkeit meint, die Mittagspause variabel zu legen.
WAS HAT CORONA VERÄNDERT?
In Anbetracht dessen, dass durch Corona viele Beschäftigte ihrem Arbeitgeber durch Home Office Platz in ihrem Zuhause einräumen und während ihrer Arbeitszeit anfallende Nebenkosten zahlen, während gleichzeitig das regelmäßige Socializen mit Kolleg:innen wegfällt, wäre Arbeitszeitverkürzung eine logische Konsequenz.
Auf staatlicher Ebene ist eine Orientierung hin zu kürzeren Arbeitszeiten ein wichtiger Schritt, um die Weichen zu stellen für mehr Gleichberechtigung und um mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Die Kurzarbeit während Corona hat gezeigt, dass kürzere Arbeitszeiten Jobs erhalten können, warum sollten auf einem ähnlichen Weg nicht auch neue Arbeitsverhältnisse geschaffen werden.
ZEIT FÜR VERÄNDERUNG
Seit gut 50 Jahren arbeiten wir in der Regel 40 Stunden an fünf Tagen die Woche. Mittlerweile sind Frauen in nahezu gleicher Zahl wie Männer auf dem Arbeitsmarkt vertreten, die insgesamt geleistete Arbeitszeit steigt. Mit der Erfindung des Computers und dem Aufkommen des Internets haben wir eine neue Kulturtechnik gelernt und in unser Arbeitsleben integriert, Informationen sind viel schneller verfügbar, müssen aber auch in viel größerer Masse von uns verarbeitet werden. Wir haben eine Pandemie durchlebt, die die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt hat und wir wissen, dass unser Wirtschaftssystem eine Gefahr für unser Ökosystem und künftige Generationen ist. Vielleicht ist es Zeit, mal wieder an den Rahmenbedingungen unserer Arbeit zu schrauben und statt mehr Konsum und Wachstum mehr Freizeit und Zeitsouveränität für die Menschen einzuführen.