Kontrolle ist gut – Vertrauen ist besser: Soll ich meinen Mitarbeitern das Home-Office erlauben?

Es klingt verlockend: Die Wege zum und vom Büro entfallen, die eigene Küche schont Magen und Portemonnaie und in der selbst gestalteten Wohlfühlatmosphäre der eigenen vier Wände lässt es sich sowieso viel besser arbeiten. Umso praktischer zudem, falls die Kinder mal krank sind, die Handwerker kommen oder der sommerliche Garten lockt. Mit Leichtigkeit erledigt sich die Arbeit vom eigenen Schreibtisch, den Segnungen des modernen Internets sei Dank? Im Wunsch nach einer vernünftigen Balance zwischen Berufs- und Privatleben scheint das Home-Office auf den ersten Blick eine praktikable Lösung zu sein.

Der Teufel steckt dabei im Detail: Kann ich mich selbst ausreichend disziplinieren? Wenn ich um 8:54 aufstehe, weil ich um 9:00 am Tisch sitzen muss, wie lange dauert es, bis ich effektiv arbeiten kann? Wie sehr stören die privaten Anrufe und die klingelnden Postboten? Und wie produktiv ist die Zusammenarbeit mit den Kollegen, wenn all die Kleinigkeiten und Feinheiten verloren gehen, die sich über Chat und Mail nun mal nicht vermitteln lassen? Auch gibt es Berichte, dass der fehlende Flurfunk dem Menschen als soziales Wesen doch weit mehr zusetzt als man zunächst glauben könnte.

Doch selbst wenn der Arbeitnehmer die Herausforderungen des Home-Office gemeistert bekommt, so liegt die Entscheidung letztendlich immer noch beim Arbeitgeber. Und der hat dabei natürlich nochmal eine ganz andere Sorge: Kontrollverlust. Bei der Entscheidung, ob sie ihren Angestellten die Arbeit von zuhause aus nun erlauben sollten oder nicht, können sich die Verantwortlichen an dieser Infografik von Mindflash entlanghangeln. Mein Tipp: Wenn es allein am Vertrauen scheitert, dann liegt im Arbeitsverhältnis selbst schon etwas gehörig schief – zumindest ab einer bestimmten Verantwortungsebene des Angestellten.

Pic: Mr. Juninho (CC BY 2.0)

Zuckerbrot und Peitsche: Mitarbeiterführung bei Google

Diese Woche wurde bekannt, dass Google all seinen Mitarbeitern eine Gehaltserhöhung von 10% zum Jahreswechsel gönnt – weltweit. Und obendrauf soll es noch einen Weihnachtsbonus von 1000 Dollar geben. Google wolle damit “die besten Mitarbeiter der Welt adäquat entlohnen und sicherstellen, dass sie dem Unternehmen auch erhalten bleiben”. Immerhin sind laut Wall Street Journal rund 15% der heutigen Facebook-Mitarbeiter ehemalige Angestellte von Google. Auf Nachfrage zeigte sich Google etwas zurückhaltend: “Während wir üblicherweise keine Stellung zu internen Angelegenheiten nehmen, glauben wir, dass eine wettbewerbsfähige Bezahlung wichtig für die Zukunft des Unternehmens ist”.

Die Sorgen sind berechtigt: YouTube Mitgründer Chad Hurley und Admob-Mitgründer Hamoui verließen Google in den letzten Wochen. Lars Rasmusssen, Entwickler von Google Wave und Google Maps wechselte zu Facebook und auch Alex entschied sich, bei uns zu bleiben. Mir stellt sich da die Frage, ob es wirklich eine Frage des Gehalts ist. Schließlich dürfte das beim Top-Management und den Chef-Entwicklern nicht unbedingt den Ausschlag geben, Google zu verlassen. So meinte Rasmussen in Nachhinein, die Größe des Unternehmens behindere Mitarbeiter inzwischen darin, Dinge zu Ende zu bringen. Ob er da unter Anderem vom überraschenden Ende von Google Wave sprach, sei dahingestellt.

Mitarbeiterführung bei Google

Dazu irgendwie passend folgte diese Meldung: Der Mitarbeiter der dieses als vertraulich gekennzeichnete Papier an die Presse weitergab sei “binnen weniger Stunden” gefunden und entlassen worden. Na, das schafft doch gleich Vertrauen! Natürlich, das Weiterleiten von internen Dokumenten ist ein schweres Vergehen und auch nicht vergleichbar mit dem Einlösen von herrenlosen Pfandbons. Dennoch: Ist eine Entlassung in diesem Fall wirklich unumgänglich? Schließlich ist es alles andere als eine schlechte Nachricht. Sie ist nicht geschäftsschädigend und wäre spätestens 24 Stunden später über den Familien- und Freundeskreis an die Öffentlichkeit gelangt. Und vor allen Dingen: Ist es notwendig, die Mitarbeiter davon in einem weiteren Memo zu informieren? Das riecht doch etwas mittelalterlich nach einem Exempel.

Google hat inzwischen fast 25.000 Mitarbeiter, da ist es natürlich schwieriger, für eine gute Stimmung unter dem Personal zu sorgen. Die Bemühungen sind bekannt, und im Vergleich zu manch anderen Unternehmen mögen einem die Google Standorte wir kleine Theme-Parks für Nerds vorkommen. Aber das gleicht nicht den Schaden aus, den mangelndes Vertrauen unter der Belegschaft anrichtet.

EDIT: Hier ein Artikel des Wall Street Journals, der aufzeigt, wo Googles Schwächen im Vergleich zu den “StartUps” der Branche liegen.