Personalberatung ist mehr als Datenbankrecherche

In diesem Blogpost leisten wir Aufklärungsarbeit in eigener Sache und hinterfragen den Mehrwert von Profil-Datenbanken einzelner Personalberatungen. Eine große Zahl von Personalberatern wirbt in Ermangelung echter Alleinstellungsmerkmale mit dem Umfang der unternehmenseigenen Datenbank. Die Anzahl der darin angeblich enthaltenen Kandidaten variiert in diesem Zusammenhang meist zwischen 5.000 und 50.000 Profilen. Diese Zahlen sollen den Anschein erwecken, alles was einen guten Personalberater ausmacht, sei eine prall gefüllte Datenbank mit Kandidatenprofilen.

Die Werbemail eines bekannten Stellenportals von letzter Woche soll uns helfen, diese Zahlen in vernünftige Relationen zu setzen. Der Anbieter bot uns den Zugang zu seiner Profildatenbank mit etwa 170.000 Kandidaten im Bereich IT und Ingenieurwesen an. Dutzende auf die Sammlung von Profilen spezialisierte Portale bieten Personalberatern und anderen Unternehmen den Zugang zu ähnlich großen Profildatenbanken für alle erdenklichen Branchen an. Mittels einer relativ kleinen Investition kann sich somit jeder einen Kandidaten-Pool von externen Spezialisten einkaufen. Letztendlich führt das dazu, dass jede gut organisierte Ein-Mann-Personalberatung nahezu über dieselbe Datenbasis verfügen kann, wie ein internationaler Konzern.

Ein weiteres Problem in Bezug auf Profil-Datenbanken ist die Aktualität der Inhalte, sprich der Kandidatenprofile. Das Argument, die Datenbanken der Personalberater würden besser gepflegt als die Datenbanken der spezialisierten Profilportale und daher Mehrwert bringen, kann man nicht pauschal stehen lassen. Eine kleine Datenbank mit einigen hundert ausgesuchten Top-Kandidaten läßt sich mit Aushilfskräften zeitlich gerade noch so aktuell halten. Aber Datenbanken mit mehreren Tausend Kandidaten…naja.

Eine Personalberatung muß ihren Kunden vor allem einen Mehrwert bieten, der die Honorare i.H.v 20% bis 35% des Bruttojahresgehaltes des neuen Mitarbeiters rechtfertigt. Dieser Mehrwert darf sich nicht ausschließlich in einer Datenbank mit Profilen, dem Abgleich der Qualifikationen der Kandidaten aus eben dieser Datenbank und Koordination von Terminen erschöpfen. Das ist kein Mehrwert! Denn so eine “Lösung” ließe sich inzwischen ziemlich gut mit den oben erwähnten externen Datenbanken (Profilportalen) und einer studentischen Aushilfskraft für einen Bruchteil des Beraterhonorars herbeiführen.

Die (eigene?) Kandidatendatenbank als Alleinstellungsmerkmal hinzustellen, kann und darf sich folglich keine echte Personalberatung leisten. Ein guter Personalberater verdient sein Honorar mit der Fähigkeit, passive und aktive Kandidaten abseits von Profil-Datenbanken zu lokalisieren und auf adäquate Art und Weise anzusprechen. Er prüft ihre fachliche Eignung und ihre persönliche Motivation und begeistert sie anschließend für die Vakanz seines Kunden. Dieser Prozess wird als Direktansprache bezeichnet. Eine Datenbanksuche kann hierbei höchstens als Teilelement der Lösung dienen. Als DER Kern der Dienstleistung einer Personalberatung kann und darf sie heute nicht mehr herhalten. Wer sich trotzdem auf einen Kandidatenpool als Alleinstellungsmerkmal beruft, hat offensichtlich den Anschluss an die Gegenwart verpasst, und lebt von der Unwissenheit und dem Vertrauensvorschuss seiner Bestandskunden.

Die Zukunft und das öffentliche Bild unserer Branche in Deutschland wird stark von der Bereitschaft der Personalberater abhängen, die eigenen Arbeitsmethoden transparent und somit für die Kunden nachvollziehbar und vergleichbar zu machen. Diejenigen, die sich weigern ihre Methoden offen zu legen und daran festhalten, die Arbeit als Personalberater zu mystifizieren, werden mit zunehmender Aufklärung Probleme bekommen, ihre Honorare den Kunden gegenüber zu rechtfertigen.