Active Sourcing ist mittlerweile fest als Recruiting-Instrument verankert. In größeren Unternehmen gibt es eigene Active-Sourcing-Rollen, während Personaldienstleister und -berater schon seit Jahrzehnten auf die aktive Ansprache der besten Talente setzen. Die gestiegene Beliebtheit des Sourcings birgt allerdings auch Probleme: Die Akzeptanz auf Seiten der Kandidat:innen hat in den letzten Jahren nämlich abgenommen!
Zu viele Nachrichten im Postfach mit zu schlechter Qualität – die Massen an Direktansprachen färben auf die gesamte Recruiting-Maßnahme ab. Das hat zuletzt eine Studie zum Personalmarketing auf Social Media gezeigt. Gefragte Fachkräfte ignorieren die Anschreiben komplett, weil sie zu viele schlechte Erfahrungen mit Active Sourcing gemacht haben. Und da die Antwortraten schlechter werden, werden mehr Nachrichten verschickt, um die gleichen Ergebnisse zu erhalten. Ein Teufelskreis.
Und doch bietet die aktuelle Situation eine Chance, weil richtig gute Nachrichten weiterhin Aufmerksamkeit erhalten. Anstatt die Quantität zu erhöhen und Automatisierungen und Hacks im Active Sourcing zu nutzen, muss zunächst also die Qualität im Active Sourcing gesteigert werden. Wir verraten, was gute Nachrichten im Active Sourcing ausmachen und zeigen reale Beispiele, von denen Du für die Ansprache von passiven Kandidat:innen lernen kannst.
Tipps für die Kandidatenansprache
Stelle eine persönliche Verbindung her!
Wie viel Erklärung brauchen Job und Unternehmen?
Nenn das Unternehmen in der ersten Nachricht!
Nenn das Gehalt in der ersten Nachricht!
Tipps für die Kandidatenansprache
Stelle eine persönliche Verbindung her!
Wie reagierst Du auf ungebetene, telefonische Kaltakquise-Versuche? Freust Du Dich über die Gelegenheit oder willst Du das Gespräch schnell wieder beenden? Viele Kandidat:innen auf XING, LinkedIn und Co. denken genau so über die kalten Recruiting-Ansprachen. Wo jegliche persönliche Beziehung fehlt, ist es wahrscheinlich, dass Du eine Absage kassierst oder komplett ignoriert wirst.
Vielleicht hast Du Glück: Dann kennt die angesprochene Person Dein Unternehmen, nutzt Dein Produkt regelmäßig und ist eigentlich schon Fan. Die persönliche Verbindung ist zufällig entstanden und Du kannst als Recruiter:in einfach daran anknüpfen.
Oder Du machst es Dir einfach: Dann solltest Du Dich in der Nachricht kurz vorstellen, etwas persönliches über Dich verraten und ganz genau erklären, warum Du ausgerechnet diese Person angesprochen hast. Welche Skills sind wertvoll? Warum ist dieser Karriereschritt jetzt richtig? Wie können Erfahrungen im neuen Job eingebracht werden? So zeigst Du, dass Du Dich wirklich mit Deinem Gegenüber beschäftigt hast. Das ist wertschätzend und kommt gut an.
Du kannst auch etwas Vorarbeit leisten: Durch regelmäßiges Posten auf XING, LinkedIn oder der Plattform Deiner Wahl schaffst Du Reichweite für Dich, erweiterst Dein Netzwerk und machst Leute auf Dich aufmerksam, die Dich bisher noch nicht kannten. Deine Personal Brand oder Recruiter Brand gibt ein Stück Persönlichkeit preis, schafft Nähe und Autorität in Deinen Themen. Deine Aktivitäten sollten dabei im Idealfall zur übergeordneten Unternehmenskultur passen und authentisch sein. Lässig-lockere Selfies vom Strand posten während Du über offene Positionen sinnierst? Das könnte für Irritationen sorgen, wenn Du im traditionellen Industrie-Konzern mit Siez-Kultur arbeitest. Deine Personal Brand wird aber auch abfärben auf Deinen Arbeitgeber. Wirst Du als kompetent und sympathisch wahrgenommen, dann übertragen sich diese Eigenschaften auch auf Dein Unternehmen.
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Talent Engagement steigert so Deinen Erfolg im Active Sourcing: Du bist bekannt und sympathisch, vielleicht haben die für Dich interessanten Talente schon mal ein Like oder Kommentar unter Deinen Posts gelassen – eine Antwort auf Deine Kandidatenansprache ist so viel wahrscheinlicher geworden.
Wie viel Erklärung braucht der Job und das Unternehmen?
Je kürzer die Nachricht, desto besser. Die meisten Nachrichten werden am Smartphone gelesen – unabhängig vom Active Sourcing Kanal. Und dort liegt die Würze in der Kürze. Überlege Dir also gut, welche Informationen unbedingt in der ersten Nachricht stehen müssen, welche weggelassen werden können – und welche sowieso klar sind.
Wenn Du jemanden für eine Stelle im Recruiting anschreibst, kannst Du davon ausgehen, dass die Aufgaben klar sind. Die paar Details, die die Stelle von anderen Recruiting-Positionen unterscheidet, kannst Du später im Telefonat klären. Im Vertrieb kannst Du in einem Nebensatz erwähnen, ob Kaltakquise Teil der Aufgaben ist. Beim Performance Marketing kannst Du erwähnen, welche Kanäle bespielt werden. In der Software-Entwicklung spielt der Tech Stack eine Rolle. Im Grunde kannst und solltest Du für solche klassischen Jobs die Aufgabenbeschreibung aber auf das absolute Minimum reduzieren.
Eine genaue Beschreibung der Aufgaben ist nur dann wichtig, wenn sie für den Job ungewöhnlich und besonders sind oder Kandidat:innen aus einem anderen Feld kommen.
Das gleiche gilt für das Unternehmen. Bekannte Unternehmen brauchen keine große Erklärung in der Ansprache von Talenten. Kleine Unternehmen? Erklärungsbedürftige Produkte? Start-Up mit Finanzierung? Je nach Job sollte das Unternehmen und sein Produkt genauer vorgestellt werden – wenn es wichtig ist. Für Positionen im Office Management reicht “Software Unternehmen” aus. Für Positionen im Produktmanagement ist es wichtig, die Software schon in der ersten Nachricht vorzustellen.
Nenn das Unternehmen in der ersten Nachricht!
Gilt nur für Leute, die in der Dienstleistung arbeiten: Mit einem Job bei einem “führenden Unternehmen in der Kunststoff-Branche im Großraum Hamburg” wirst Du niemanden überzeugen. Was bei solchen Nachrichten passiert, ist folgendes: Die Angesprochenen überlegen, welches Unternehmen gemeint sein könnten. Sie recherchieren auf Google und Indeed und suchen nach den entsprechenden Jobs. Wenn sie die Stelle gefunden haben, sind sie schon auf der Karriereseite des ach so geheimen Unternehmens – und Dein Mandat ist gefährdet. Oder die zweite Möglichkeit: Sie ignorieren Deine Nachricht, weil der Informationsgehalt gegen Null geht.
Das Unternehmen, die Employer Brand und die Produkte des Unternehmens haben im Recruiting einen extrem großen Einfluss. Sie nicht zu nennen, ist schlicht Bad Practice und wirft ein schlechtes Licht auf die gesamte Branche.
Nenn das Gehalt in der ersten Nachricht!
Ein Jobwechsel ist immer auch ein Risiko. Vielleicht haben Kandidat:innen einen unbefristeten Arbeitsvertrag in einem stabilen Unternehmen? Um in so einer Situation ernsthaft über einen Wechsel nachzudenken und einen neuen Arbeitsvertrag, inklusive sechsmonatiger Probezeit, einzugehen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Ein wichtiger Teil davon ist das Gehalt. Niemand wechselt den Job, um danach weniger Geld auf dem Konto zu haben. Selbst wenn die Aufgaben zunächst spannender sind – langfristig führt ein monetärer Rückschritt zu Unzufriedenheit.
Um Dir und Deinen Kandidat:innen Zeit zu sparen, solltest Du deswegen das Gehalt schon in der ersten Nachricht nennen. Als Recruiter:in solltest Du ja ungefähr wissen, wie hoch das Gehalt ausfallen wird. Eine Range von zum Beispiel 53.000 bis 56.000 Euro lässt genügend Spielraum für spätere Verhandlung. Die Kandidat:innen können so aber sehr schnell einschätzen, ob der Job interessant ist – oder eben nicht.
Zusätzlich wird sich die Transparenz positiv auf die Brand von Dir und Deines Unternehmens auswirken. Genau wie die Nennung des Unternehmens für Dienstleister. Oder hast Du etwas zu verbergen?
Good Practice Active Sourcing Beispiele
Diese Nachricht besticht durch die persönliche Verbindung. Es gab in der Vergangenheit schon mal eine lose Zusammenarbeit, auf die Jahre später zurückgegriffen werden kann. Halte Kontakt zu Deinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, zu Bewerber:innen, die Dich überzeugen konnten und zu anderen Kontakten aus der Branche. Um so eine Nachricht schreiben zu können, muss übrigens keine direkte Zusammenarbeit bestanden haben. Auch gleiche Interessen, ein ähnliches Lieblingsthema auf LinkedIn oder andere Schnittstellen können Dir dabei helfen, richtig persönliche Nachrichten zu verfassen.
Mutige, kreative Nachricht. Die Recruiterin, die diese Nachricht geschrieben hat, hat mir darin zwar nicht erklärt, warum ausgerechnet ich auf diese Position passe. Geantwortet habe ich ihr trotzdem mit einer freundlichen Absage. Sie hat es nämlich geschafft, auf sehr sympathische und authentische Art und Weise aufzufallen und zeigt durch den Witz am Anfang, dass sie durchaus weiß, was mich als Recruiter beschäftigt. Als Muster und Vorlage würde ich diese Nachricht nur eingeschränkt empfehlen, denn der Erfolg ist stark abhängig von der Person, die diese Ansprache erhält.
Diese Nachricht ist nicht sonderlich gut geschrieben und überhaupt nicht persönlich. Sie kommt von einem Personalberater, der nicht mal den Namen des Unternehmens genannt hat. Er weiß aber ganz genau, warum der Job interessant ist und scheut sich nicht, das auf den Punkt zu kommunizieren: Das Gehalt. Die Aufgaben sind im Recruiting sowieso klar, mein Profil passend. Der Personalberater kann in einer super kurzen Nachricht Interesse erzeugen. Versuch das gleiche mit Deinen Kandidat:innen, wenn Du ähnlich krasse Benefits, Rahmenbedingungen oder Gehaltsbänder anbieten kannst.
Bei dieser Stelle geht es darum, den Aufbau eines neuen Standortes von Anfang an zu begleiten und dabei in ein bestehendes, internationales Team eingebunden zu sein. Die Aufgabe könnte groß wirken und erstmal verunsichern – immerhin ein kleiner Sonderfall in der Recruiting-Welt. Der Active Sourcer weiß das und kann diese Bedenken sofort entkräften: Durch eine genaue Beschreibung der Aufgabe und die persönliche Video-Vorstellung des aktuellen Recruiting-Teams. Sehr clever ist außerdem, dass das LinkedIn-Profil des NRW-Recruiters mitgeschickt wird. So können Kandidat:innen Erfahrungen und Skills abgleichen und bewerten, ob sie der Aufgabe gewachsen sind.
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Bad Practice Active Sourcing Beispiele
Bei dieser Nachricht gibt es so viele Punkte, die besser gemacht werden können, das ich nur auf einen Teil davon eingehen möchte. Content Design ist wichtig: Im Internet, gerade am Smartphone, hat niemand Lust, so einen langen Absatz zu lesen. Die Unternehmensvorstellung des Mandanten ist extrem unattraktiv. Als jemand, der sich in der Branche nicht auskennt, kann ich nur raten, worum es bei dem Kürzel “F&B” geht und was das Unternehmen wohl macht. Dass die Büroräume in “attraktiver Lage” sind, ist schön. Aber für mich ist Billbrook und Steinwerder attraktiv, für andere vielleicht Blankenese.
Diese Ansprache wirkt lieblos und unpersönlich. Warum ich? Warum Teamleiter-Position? Welches Unternehmen? Wen kann man mit Gleitzeit noch locken? Im Gegensatz zu den kurzen Nachricht mit Gehaltsangabe von oben habe ich auf diese Nachricht nicht geantwortet. Ich bin mir nämlich sicher, dass sie genauso an zig andere Recruiting-Profis aus Hamburg verschickt wurde.
In meinen Profilen auf XING und LinkedIn steht zwar, dass ich neben Recruiting auch Aufgaben im Marketing übernehme – doch wer sich nur 2 Minuten mit mir beschäftigt, sollte merken, dass der Fokus doch auf Recruiting, Talent Acquisition, Active Sourcing etc. liegt. Dass die Recruiterin diese Problematik nicht thematisiert hat, macht die Nachricht unpersönlich und uninteressant. Hätte sie die kritischen Punkte angesprochen, wäre die Nachricht viel besser: Der Standort in Bremen, obwohl ich in Hamburg wohne und meine aktuelle Misch-Position aus Recruiting und Marketing. So – leider ein Bad Practice Beispiel.