Vor etwa mehr als einem Monat habe ich hier auf dem Blog einige Fragen zu Euren Bewerbermanagement Systemen (im Folgenden nutze ich die geläufige Abkürzung ATS) und der Nutzung von Recruitment Analytics gestellt.
Beinahe 50 Unternehmen haben sich bereit erklärt meine – zugegebenermaßen komisch anmutenden – Fragen zu beantworten. Jetzt stellst Du Dir wiederum die berechtigte Frage: Wozu das Ganze? Dazu müsste ich kurz ausholen:
Der Heilige Gral im Personalmarketing: Cost-per-Application
Eine der wichtigsten Fragen für das Personalmarketing ist sicherlich: „Welche Investition muss getätigt werden, um eine Bewerbung zu generieren?“. Schön und gut könnte man meinen und einfach das aufgewendete Budget durch die Zahl der Bewerber teilen. Was aber, wenn man unterschiedliche Maßnahmen – z.B. Monster, Active Sourcing und die Programmatic Job Advertising Software Jobspreader – parallel laufen hat? Dann brauchen wir eine Möglichkeit Bewerber den Maßnahmen zuzuordnen, denn nur so können wir abschließende Entscheidungen treffen, welche Maßnahmen wirklich erfolgreich sind. Ansonsten müssen wir uns immer noch auf unser Bauchgefühl verlassen. Leider ist dieses oftmals trügerisch.
Diese Kennzahl nennt sich Cost-per-Application (kurz CPA) und ist meiner Ansicht nach der Heilige Gral im Personalmarketing.
CPA = BUDGET : BEWERBERANZAHL
Genau an dieser Stelle kommt ein gutes HR Analytics ins Spiel: Zumindest was Internetquellen angeht, kann eine Software erkennen, von welcher Quelle ein Nutzer auf Eure Homepage gelangt ist und sich dann auch bewirbt. Gibst Du nun jeweils 10.000€ für Stepstone und Indeed aus, kann die jeweilige Bewerberanzahl darauf deuten, was für Dich funktioniert. Somit könntest Du quasi einen Preisleistungs-Gewinner bestimmen.
Stepstone: 10.000€ : 20 Bewerber = CPA von 500€
Indeed: 10.000€ : 100 Bewerber = CPA von 100€
Jetzt mal Butter bei die Fische, wer kann diese Rechnung aufstellen?
Die notwendigen Daten erhälst Du entweder von einer Analytics Software (allen voran Google Analytics oder die vielen Alternativen) oder das ATS bringt eine hauseigene Lösung mit.
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Cloudbasierte ATS Systeme erschweren CPA Berechnung
Fast jeder HRler nutzt wohl ein ATS, um einen besseren Überblick über die Stellen, Kandidaten und den Bewerbungsprozess zu erlangen. Während einige Systeme sich auf die Phase der Personalauswahl konzentrieren (z.B. Prescreen, Softgarden oder d.vinci), decken andere Softwarepakete den gesamten Employee Life Cycle ab (z.B. SAP Successfactors, rexx oder umantis).
Jetzt kommen wir zum Knackpunkt: Viele ATS sind cloudbasiert und führen den Bewerber von Eurer Karriereseite weg. Wenn der Kandidat sich jetzt auf einer fremden Webseite bewegt, kannst Du mit einer eigenen Analytics Software keine Daten mehr erfassen, denn die Informationen entstehen ja auf der Seite des ATS-Herstellers. Das bedeutet, dass Du abhängig von einer guten Recruitment Analytics Lösung des ATS-Herstellers bist.
Du weißt nicht ob das bei Dir der Fall ist? Klick Dich mal durch Deine Karriere Website. Wenn sich in der Browserzeile ab einem bestimmten Punkt der Candidate Journey die Adresse ändert, ist das ein ziemlich sicheres Zeichen, dass Du Dich ab jetzt auf der Website des ATS-Anbieters bewegst.
Wie gravierend der potenzielle Datenverlust ist, kommt darauf an, an welcher Stelle der Kandidat umgeleitet wird. In der Umfrage habe ich genau auf diese Frage abgezielt:
Wird der Nutzer durch Dein ATS von Eurer Karriereseite weggeleitet. Wenn ja, an welchem Punkt?
Hier sieht man, dass 82% der Unternehmen die Kandidaten auf die ATS-Seite umleiten. Das ist problematisch, denn wenn schon die Stellenbörse auf der ATS-Seite liegt, herrscht der totale Analytics-Blindflug. Immerhin 40% können die Candidate Journey bis zum Bewerbungsformular nachvollziehen. Ob die Bewerbung dann aber wirklich auch abgeschickt wurde – das kann man in diesem Fall jedoch auch nicht mit einer externen Analytics Software messen. Übrigens: Wusstest Du wie viele Menschen in dem Bewerbungsformular abspringen und niemals die Bewerbung abschicken? Spoiler Alarm: Wirklich viele! Die Langfassung gibt es dann in zwei Wochen…
Fassen wir zusammen: Ein anständiges Recruitment Analytics wird erschwert, da wir durch die Umleitung auf die Webseite der ATS Systeme mit externen Analytics Programmen nicht mehr herausfinden können, von welchen Quellen die Bewerber kommen.
Recruitment Analytics im Bewerbermanagementsystem
Moment, sagst Du jetzt, diese Daten liefert doch bestimmt das ATS – dann braucht man gar keine Analytics Software und es wäre somit egal, wo die Daten entstehen.
Nun ja, leider scheinen viele ATS Systeme diese erweiterten Möglichkeiten des Trackings gar nicht mitzubringen. Dies bestätigen auch die Antworten auf die folgenden Frage:
Wie umfassend sind die Analyse Möglichkeiten Deiner ATS-Software bezüglich Eurer Stellenanzeigen und Karriereseite?
Etwas mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen können in ihrem ATS Bewerber bestimmten Quellen zuordnen. Die restlichen 65% gucken da in die Röhre und müssen sich auf externe Analytics Tools verlassen. Wie oben erklärt, kann das jedoch schwierig werden, wenn man aufgrund der Cloud-Installation des ATS Systems keinen Zugang zu aussagekräftigen Daten hat. Eine klassische Zwickmühle.
Wie viele der Umfrageteilnehmer nutzen überhaupt eine externe Analytics Software?
Knapp die Hälfte nutzt zwar ein externes Analytics Tool, aber nur 25% können auch die Quellen der Bewerber nachvollziehen. Das ist wirklich wenig – ein weiterer Beweis, dass das Zeitalter von Post & Pray noch lange nicht vorüber ist. Auch wenn ich mich wiederhole: Wir benötigen diese Kennzahl für die Berechnung des CPA – einer der wichtigsten Kennwerte im Recruitment.
Was können wir aus der Umfrage lernen?
Das Ergebnis hat mich wenig überrascht: Einem effektiven Recruitment Analytics werden allein schon systembedingt viele Steine in den Weg gelegt. Sind wir mal ehrlich, Analytics steckt im Recruiting immer noch in den Kinderschuhen. Wir beschäftigen uns momentan mit Problemen, die die Kollegen aus dem E-Commerce schon lange hinter sich haben. Gerade aus diesem Grund sollten besonders die ATS-Hersteller die Verantwortung dafür übernehmen, diesen Weg so leicht wie möglich zu gestalten. Wir möchten Euch bei dieser Reise unterstützen. Im Laufe der nächsten Wochen werde ich immer tiefer auf die Herausforderungen aber auch Lösungen in dem Recrutiment Analytics eingehen.
Was passieren kann, wenn man keine Kennzahlen erhebt, werdet Ihr schon in zwei Wochen in dem zweiten Teil dieser Reihe erfahren!