Ist das Web jetzt tot oder nicht?

Da Krakenorakel Paul mit seinen seherischen Fähigkeiten große Erfolge feiert, sehen sich auch die anderen Vertreter düsterer Zukunftsprognosen wieder im Aufwind. Nachdem Fachautorität Prince schon das Internet für tot erklärte, schien nun Trendforscher Matthias Horx davon überzeugt, dass in fünf bis sechs Jahren kein Mensch mehr von Facebook reden wird.

Merkwürdig radikale, fast beleidigende Zitate, tauchten da von Horx auf unterschiedlichsten, österreichischen Newsseiten auf, auch bei der ORF Futurezone:

“Nur soziale Verlierer verbleiben im Sozialen Netzwerk – diejenigen, die nichts Wichtigeres zu tun haben, als sich ständig gegenseitig die Unterhosen zu zeigen.”

“Von Facebook wird in fünf bis sechs Jahren kein Mensch mehr reden”

etc…

Die Facebook-Wette hätten wir gerne angenommen. Die bei über 30° eh schon erhitzen Gemüter wurden vom Ventilator notdürftig unter Kontrolle gehalten, während sie einen Artikel schrieben, in dem jene Zitate auf- und angegriffen wurden. Kurz vor dem Klick auf den Publish-Button, hatte sich aber auf Horx’ Website etwas getan: Ein Artikel aus dessen Future Blog war auf der Startseite präsentiert: “Meine wirklichen Thesen zum Internet” bezieht sich auf die angeblichen Horx-Zitate der ORF-Website:

Willkürlich verbogene Sätze aus einem längeren Gespräch, das ich mit einem Journalisten geführt habe, dem offensichtlich egal ist, was wahr und richtig ist.

Dann folgen die wirklichen Thesen zum Internet, durchaus lesenswert und überlegt. Auch hier hätte ich einiges auszusetzen, aber da müsste ich mir zunächst so manches Statement von anderen vornehmen! Immer schön der Reihe nach! 😉

Wir wollen hoffen, dass Horx’ Blogartikel genauso die Runde macht, wie es seine “Zitate” schafften. Schließlich gilt es, die Ehre des Webs als ultimatives, dynamisches Informationsmedium zu verteidigen!

Pic: mikebaird

Täglich 800 Millionen Suchanfragen bei Twitter

YouTube wurde lange als “die zweitgrößte Suchmaschine” nach Google gehandelt, wenn es darum ging, die Macht des Web 2.0 darzustellen. Noch in der Neuauflage des “Social Media Revolution”-Clips im Mai 2010 wurde dieser Fakt herausgestellt, basierend auf den comScore-Studien zur Verteilung der Suchanfragen aus den USA.

“YouTube not only had 50% more searches than Yahoo web search (3.918B vs 2.629B) and 180% more searches than Bing (3.918B vs 1.399B), but the number of searches at the online video giant made up almost 28% (27.95) of the total searches on Google sites for Dec. 2009.”

Twitter-Mitbegründer Biz Stone, verkündete jetzt, dass an sein Social Network Informationsnetzwerk täglich 800 Mio. Suchanfragen gestellt würden, das sind 24 Milliarden pro Monat.  Damit schiebt sich Twitter – vorbei an Bing (4.1 Mrd) und Yahoo! (9.4 Mrd) auf Platz zwei des Rankings. Auf dem Spitzenplatz thront natürlich nach wie vor Google mit unerreichten 88 Milliarden Suchen im Monat.

Und wo ist YouTube in dieser Rechnung abgeblieben? Im einem aktuellen Nielsen Ranking (hier wieder für den US-Markt) ist YouTube nicht aufgeführt. Twitter genau so wenig, denn hier werden nur jene Anbieter berücksichtigt, die das ‘komplette’ Netz scannen, und nicht nur die eigenen Inhalte… Kategorienfehler ahoi!

Ab wann ist eine Suchmaschine eine Suchmaschine?

Wir wollen die 800 Millionen Suchanfragen einfach mal für sich nehmen und erkennen: Twitter wird genutzt und zwar so, dass Menschen dort nicht nur Informationen und Inhalte teilen, sondern auch nach diesen suchen. Anscheinend sehr erfolgreich, denn ein Wachstum der Anfragen von 33% gegenüber April 2010 ist nicht mit steigenden Nutzerzahlen zu erklären, sondern nur damit, dass die Aktivität auf dem Netzwerk zunimmt. Und eine derartig intensive Nutzung einer On-Site Suche würde nicht stattfinden, wenn sie nicht die erwünschten Ergebnisse liefern würde – sei es eine API-Anfrage oder ein Mensch.

Die sehr viel spannendere Frage stellt Marek Hoffmann bei basicthinking: Wonach wird dort eigentlich gesucht? Wir suchen dort natürlich nach Arbeitnehmern und Arbeitgebern, nicht umsonst kam in den atena Labs damals die Idee einer Echtzeit-Jobsuchmaschine auf. Diese nutzt unter Anderem auch die Twitter-API und ist demnach selbstverständlich für so einige Suchanfragen verantwortlich.

Aber darüber hinaus nutze ich Twitter als Reader, als Bookmarkservice und Real-Time Aggregator. Und selbstverständlich suche ich dann auch nach alten Infos oder neuen Ergänzungen zu einem Thema. Die Twitter-Suche ist bei mir als Bookmark in der Browserzeile und wird auch mehrmals täglich geklickt. Kein Vergleich zu Google, aber ich nutze Twitter zur Suche häufiger als Bing oder gar Yahoo!. Und YouTube? Wenn wir schon mal alles in einen Topf werfen: Ich finde Google durchsucht YouTube mit sehr viel relevanteren Ergebnissen als YouTube selbst – demnach nutze ich die YouTube-Suche kaum noch.

EDIT (16.07.2010): SEO-Tool Entwickler Sistrix hat zu dem Thema noch einen guten Post verfasst.

LinkedIn wächst mit dem Vertrauen in Social Networks

Mit aktuell 70 Millionen Nutzern liefert LinkedIn beeindruckende Zahlen ab. Als “reines Businessnetzwerk” verstanden sammelte LinkedIn in den vergangenen Jahren Nutzer in über 200 Ländern weltweit. Vier von zehn Nutzern suchen auf LinkedIn aktiv B2B-Kontakte und Personal. Das Netzwerk befindet sich weiter auf Wachstumskurs: Und das im Sekundentakt, wie eine aktuelle Infografik von Hubspot bei Penn Olson schön darstellt:

Auch wenn LinkedIn nicht unbedingt als klassisches Social Network bezeichnet wird (dazu überwiegt der Netzwerk-Charakter zu deutlich vor dem Sozialen), so muss es sich in Sachen Reichweite und Interaktion nicht hinter den Platzhirschen im Web 2.0 verstecken. Auch wenn der Vergleich mit Facebook müßig ist, in Bezug auf den gesellschaftlichen Impact ist er doch erlaubt:

LinkedIn schafft es, genau wie Facebook, Menschen an deren neuralgischen Punkten zu fassen. Ist es bei Facebook die komplexe Welt der persönlichen Beziehungen (gebündelt in einem Facebook-Profil), ist es bei LinkedIn die Arbeitswelt des Nutzers: Der aktuelle Arbeitgeber, die vergangenen und möglicherweise auch alle anderen geschäftlichen Kontakte. Und doch, genau da, wo man dem Internet als “unkontrollierbare Datenkrake” nicht vertraut, gelingt es, das nötige Vertrauen zu schaffen und zu beweisen, dass Business-Networking online auf ein neues Level gehoben werden kann. Effektivität, Spontanität und Reichweite gehen dabei nicht zulasten der Seriosität – ganz im Gegenteil: Es wird heute eher derjenige nach dem Warum gefragt, der noch keinen Account bei LinkedIn oder Xing hat, als derjenige, der noch in keinem Business-Netzwerk zu finden ist.

Und das auch immer mehr in einer Generation, die dem “frienden” und “liken” per Mausklick noch recht kritisch gegenüber steht. Die Gruppe der über 55jährigen ist seit Monaten die am schnellsten wachsende bei Facebook –  und dieser Trend wird zumindest in Deutschland noch ein wenig anhalten, dem demographischen Wandel sei Dank.

Die Pew-Studie “The Future of Online Socializing” zeigt große Zuversicht in soziale Netzwerke und darin, dass diese unser soziales Zusammenleben nachhaltig positiv beeinflussen werden. Die Gruppe der Befragten (Onliner, darunter auch eine Expertengruppe) sollte sich zu einem der folgenden Statements bekennen:

Die Zustimmung zu einer dieser Aussagen erfolgte oft unter verschiedensten (durchaus lesenswerten) Vorbehalten. Den vollständigen Report gibt es hier zum Download.

Seine sozialen und geschäftlichen Verbindungen online zu leben, wird – aller Sorgen zum Trotz – gesellschaftlicher Konsens werden. In diesem Sinne:

Unternehmens-Seiten für Facebook-Neulinge

Facebook schlägt seinen Nutzern nicht nur neue Freunde vor, sondern lädt auch dazu ein, einzelne Pages zu ‘liken’. Diese Auswahl orientiert sich bis jetzt hauptsächlich an den Fanpages im eigenen Netzwerk. Also nach dem Prinzip: “Viele Deiner Freunde mögen das Festival “Rock am Ring” – Du doch bestimmt auch!?”

Dieses System ist natürlich erst dann wirklich sinnvoll, wenn man auf Facebook schon gut vernetzt ist. Wer hingegen gerade neu registriert wurde, kann davon nicht profitieren. Um dem frischen Nutzer  ebenfalls den vollen Funktionsumfang des Social Networks zu bieten, bekommt dieser jetzt schon im Anmeldeprozess die ersten Seiten vorgeschlagen, basierend auf seinen demografischen Daten.

Facebook will den Social Graph-Gedanken fest in die tägliche Nutzung integrieren und das beinhaltet die Nutzung von (Community-) Pages, Gruppen und den Like-Buttons außerhalb des Netzwerks. Viele Facebook-Mitglieder nutzen Pages kaum bis gar nicht. Beim Vergleich einzelner Profile fällt auf, dass viele nur einen kleinen Bruchteil dessen an Seiten liken, was sie an persönlichen Kontakten haben. Diesen Überhang auszugleichen, liegt im Interesse Facebooks: Nutzer beziehen von Seiten zusätzliche Informationen, sie beteiligen sich dort an weiteren Diskussionen und verbreiten Inhalte innerhalb des eigenen Netzwerkes. Kurz: Pages generieren Aktivität auf der Plattform und schaffen neue Vernetzungen. Und genau das will Facebook.

Interessant ist der technische Ansatz: Facebook stellt Seiten anhand angegebener Interessen und demographischer Daten zur Verfügung. Der Algorithmus ist zusätzlich gekoppelt an die Nutzer-Aktivität auf der Seite selbst, dadurch soll eine gewisse Grundqualität der Vorschläge gewährleistet sein. Facebook verzichtet darüber hinaus darauf, sich diese Platzierung sponsern zu lassen und lässt damit wohl so manchen Taler auf dem Tisch liegen. Gerade für Unternehmenspages wäre dieser Platz äußerst begehrenswert.

Nun sind diese gefordert durch attraktive Inhalte zu überzeugen, was andererseits auch deren einzige Chance ist, auf dem Portal zu bestehen. Facebook-Nutzer haben eine sehr geringe Geduldsspanne was Unternehmenskommunikation in der eigenen Timeline angeht – für manche grundsätzlich “Werbung”, wenn nicht gleich “Spam”. Von Facebook im Registrierungsprozess vorgeschlagen, kann eine Unternehmenspage einen gewissen Vertrauensvorsprung bekommen. Mit diesem hat sie die Möglichkeit dem neuen Fan mit überzeugender und unterhaltender Interaktion einen Mehrwert zu bieten, den er irgendwann nicht mehr missen möchte. So wird die Corporate-Page nicht nur Botschafterin ihres Unternehmens, sondern auch Missionarin für einen gelungenen Unternehmensauftritt bei Facebook. Diese Chance sollte genutzt werden.

Pic: majorvols

Ausbreitung von Mobile Apps explodiert

Die Nutzung von mobilem Internet nimmt rasant zu. Nicht zuletzt dank der Fülle mobiler Applikationen für alle Lebenslagen steigt der mobile Datenverkehr in einem Ausmaß, dass die ersten Telefonanbieter bereits überlegen, wie sie die versprochen Flatrates wieder limitieren können. Der Analyst Comscore hat in einer neuen Studie die Ausbreitung von Mobile Apps in den Vereinigten Staaten im Laufe des vergangenen Jahres unter die Lupe genommen.

Demnach hat die Nutzung von Mobile Apps im vergangenen Jahr insgesamt um 28% zugenommen. Die Nutzung von Apps für Informationsaustausch und-beschaffung stieg um rund 100% und  Social Media Apps sogar um 240%, 14,5 Millionen US-Amerikaner nutzen inzwischen Social Networking Apps:

Gafik: eMarketer

Insgesamt verwenden fast 70 Millionen US-Bürger mobile Applikationen. Mit Blick auf die aktuellen Wachstumszahlen der iPhone-Version unserer Jobsuchmaschine jobtweet, können wir den Trend zur Nutzung mobiler Online-Apps auch für Deutschland und für den Bereich der Jobsuche bestätigen:

Wer sie noch nicht hat, findet sie (und ihr Android-Pendant) hier.

Pic: William Hook

Die Belegschaft der Zukunft: Erwartungen an Arbeitsplatz und Arbeitgeber

Flache Hierarchien, dynamische Zeitmodelle und Raum für Persönlichkeit und eigene Kreativität. Sieht so der Arbeitsplatz der Zukunft aus? In vielen jungen Firmen ist das schon heute Realität – sie wurden gegründet von Gleichdenkenden, und deren Ideale wurden dort verwirklicht. Aber wie lange brauchen Traditionsbetriebe um sich umzustellen? Ist das eine Frage des Generationenwechsels an Führungspositionen und somit nur eine Sache der Zeit? Oder ist es vielmehr eine Frage der Unternehmensstrukturen und der gefestigten Abwicklungen?

So unterschiedlich die einzelnen Ansichten in den Unternehmen selbst, so unterschiedlich auch die Auffassungen und Erwartungen der einzelnen Mitarbeiter. Eine us-amerikanische Studie von Spherion erkennt deutliche Unterschiede zwischen dem traditionellen Arbeitsumfeld und dem kommenden, neuen Firmenmilieu.

Deutlich wird, dass sich die Prioritäten der Arbeitnehmer radikal wandeln: Weg vom “Erfüllen” gegen Lohntüte, hin zu engagierter und persönlicher Teilhabe an der gemeinschaftlichen Fortentwicklung des Unternehmens – auch zum eigenen Vorteil. Wenn man die Beweggründe vergleicht, die traditionelle und moderne Arbeitnehmer zu den jeweiligen Stichworten des Arbeitsalltags angeben, sind zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen an den eigenen Job erkennbar:

Während bei kommenden Arbeitnehmern eine offensive, selbstbewusste Einstellung auszumachen ist, spielen bei den traditionellen Zurückhaltung, Unterordnung und Angst eine große Rolle, wenn es um Entscheidungen und Motive geht.

Auch die Ansprüche an den eigenen Arbeitsplatz weichen stark voneinander ab. Während im herkömmlichen Anstellungsverhältnis ein passiver Umgang mit Vorgesetzten und Strukturen vorherrscht, ist die Erwartung junger Arbeitnehmer geprägt von aktiver Beteiligung an der strategischen Planung und flexible Gestaltung der Arbeit:

Was wird sich durchsetzen? In modernen, jungen Firmen ist das nicht wirklich die Frage. Aber wie sieht es zum Beispiel bei konventionellen KMUs aus? Wie können diese junge Talente halten oder gar dazu bewegen, ihre Arbeitskraft bei ihnen zu investieren? Wer sich initiativ engagiert, nicht nur die Nine-To-Five absitzt und unter Umständen selbst noch am Wochenende erreichbar ist, der lässt sich nicht mit einem Obstkorb im Büro zufrieden stellen. Wo liegen also die Präferenzen?

Während Arbeitgeber noch davon ausgehen, dass Management-Klima und das Verhältnis zu Vorgesetzten die wichtigsten Faktoren zu Zufriedenheit am Arbeitsplatz seien, stehen diese bei den Angestellten an hinterer Stelle – sie fordern in erster Linie eine Anerkennung und Wertschätzung im Job und dementsprechend eine angemessene Vergütung.

Pics: mudpig und Spherion

Die Diktatur der Einfachheit – 20 Jahre Online

Sie werden es vermutlich nicht glauben. Was wir heute im Internet erleben und als so neu und spannend empfinden, gab es schon vor knapp 20 Jahren. User Generated Content, Echtzeit-Kommunikation und Social-Media-ähnliche Strukturen prägten schon zu Beginn der 90er Jahre das noch fast strukturlose junge Online Universum. Ich rede z.B. von einer Vielzahl der BBS (Bulletin Board System oder auch Mailbox genannt), in die man sich in fast jeder Stadt mit seinem 14.4 Modem zum Ortstarif einwählen konnte, um Shareware, Midi-Musik und Bilder mit den anderen paar oder paar hunderten Mitnutzern zu tauschen. Es gab das sogenannte FidoNet zum weltweiten Austausch von Nachrichten zu allen möglichen Themen, die man abonnieren konnte, ähnlich wie Blogs heute mit einem RSS Reader abonniert werden. Es gab IRC-Netzwerke, wo man als Chatter tatsächlich in Echtzeit kommuniziert hat und schon damals wichtige und unwichtige Nachrichten in Windeseile erfahren konnte. Und es gab die Online Dienste Compuserve, AOL und BTX (in Deutschland). Jedes für sich ein “Mini-Internet” mit eigenen Konzepten, Strukturen, Regeln und Inhalten, durchaus vergleichbar mit den heutigen Riesen unter den Sozialen Netzwerken. Und genau wie sie bemühte sich jedes der “Mini-Internets” natürlich um eine dominierende Stellung.

Das Online Universum von damals bot insgesamt eine unheimliche Vielfalt. Aufgrund der Zersplitterung, der fehlenden Möglichkeiten des Datentransfers zwischen den oben erwähnten Systemen und anderen, z.B. technischen, Barrieren, war die sinnvolle Nutzung einer Minderheit (von nicht wirkliche coolen Leuten) vorbehalten.

Dann kam der Urknall. Das WWW war plötzlich da, sog innerhalb kürzester Zeit einige brauchbare Teile des ursprünglichen Online Universums auf, pressete sie in das Fenster des Netscape Navigator Browsers, und begrub unter sich, alles was nicht anpassbar war. Die Nutzung, des ab da “Internets”, wurde aufgrund des neuen Standards und der neuen nachvollziehbaren Struktur einfacher und zugänglicher. Während AOL, Compuserve und BTX in ihrer ursprünglichen Form entweder den langsamen Tod starben oder zu Internet Providern mutierten, und die BBS, der Usprung des User Generated Content und der sozialen Online-Kommunikation in der nutzerzahlenmäßigen Bedeutungslosigkeit versanken, wartete das junge (WWW) Internet mit einer nicht enden wollenden Überschwemmung von in vielen Fällen nutzlosen und häßlichen Webseiten zu jedem möglichen Thema auf.

Erstellung und Betrieb eigener Webseiten war gerade für Privatleute durch Hosting und Kits von Anbietern wie GeoCities, Tripod (Lycos) usw. relativ einfach, zumindest verglichen mit dem Aufsetzen einer BBS oder eines Fido Nodes auf dem heimischen PC. Viel mehr Menschen konnten plötzlich an der Entwicklung aktiv teilnehmen. Und das haben sie auch – mit Leidenschaft. Von den Klassennerds hatte zumindest einer plötzlich eine eigene Webpage und erzählte den anderen davon nicht ohne Stolz auf dem Pausenhof: “Wenn Du auch eine bauen willst, komm zu GeoCities! Meine Seite findest Du auf dem ‘SunSetStrip’…”.

Für die überwältigende Masse der Erdbevölkerung war dieses Internet jedoch weiterhin zu undurchsichtig. Als Nicht-Internet-Webseiten-Erbauer konnte man zwar wesentlich einfacher von http- zu http-Adresse springen, als ein paar Jahre davor zwischen BBS, AOL, IRC und Fido, was das Ganze soll, und wie man sich auch in der neuen Struktur als Leihe zurecht findet, war den meisten weiterhin ein Rätsel. Wahrscheinlich auch mit ein Grund für die Fernsehberichte Mitte der 90er, Internet mache krank und abhängig 🙂

Die Kommerzialisierung, die ihren ersten traurigen Höhepunkt in der New Economy Krise fand, und die Indexierung des Internets durch Suchmaschinen, wie Yahoo und Google haben die Nutzung für noch mehr Menschen sinnvoll und praktikabel gemacht. Und dennoch, bleibt das Internet bis Anfang 2000 für immer noch sehr viele Menschen ein undurchsichtiger und einsamer Ort. Als Durchschnittsnutzer springt man mit Google von Seite zur Seite, macht vielleicht sogar Online-Banking, vergleicht Flüge, bestellt Bücher und hofft, dass man nicht zu einem dieser Internet-Betrugsopfer aus Akte 2X/200Y wird.

Aber…man ist irgendwie doch alleine auf der Datenautobahn unterwegs und fährt nur dann raus, wenn man auch wirklich muss. Irgendwas fehlt – das Gemeinschaftsgefühl, das für die meisten Menschen so wichtig ist, um sich wohlzufühlen. Das was sich einige Onliner der ersten Stunde und ihre geistigen Nachkommen auf den immer noch laufenden IRC- und USENET-Servern dieser Welt aus der Vor-WWW-Zeit in die heutige Zeit versucht haben hinüberzuretten. Doch das ist digitaler Underground. Zu kompliziert, zu unpraktisch, zu altmodisch, zu trist, als das man darauf die bunte Zukunft des Internets und das stetige Nutzerwachstum aufbauen könnte.

Web 2.0 heißt nun seit einigen Jahren die laufende Phase der Internetentwicklung. Wirklich 2.0? Ich weiss nicht, ich finde eher die Reinkarnation eines 20 Jahre alten Konzepts der BBS, IRC und FidoNet – verschmolzen und massentauglich gemacht dank den verbesserten technischen Standards. Und das auch nur auf einigen Inseln im weiterhin webeinsnulligen Internet. Wie auch immer, Bezeichnungen spielen keine Rolle. Tatsache ist, User Generated Content und Social Media kann heute jeder und nicht mehr nur die Jungs, die keine Freundin haben. Und das ist auf den ersten Blick gut. Das Internet, oder besser ein Teil davon, wird immer einfacher. Kommt mir das nur so vor, oder hat das Online-Medium in der Tat schon immer die Tür gewählt, durch die sich die höchst mögliche Zahl der Nutzer durchpressen (mitnehmen) läßt?!

Aber wozu der Geschichtsvortrag und diese ganzen Überlegungen?! Nun, ich habe den starken Eindruck, dass die Internetlandschaft heute der Online Landschaft Anfang der 90er erstaunlich ähnelt: Eine Vielzahl an bedeutenden kleineren und größeren Netzwerken mit zum Teil unterschiedlichen Konzepten, eine astronomische Zahl von trotz Suchmaschinen nicht immer einfach zu finden und in vielen Fällen verzichtbaren Webseiten. Klar, alles etwas besser strukturiert, standardisiert, aber dennoch irgendwie zu viel. Wo gehe ich hin, wo sind meine Freunde, wo werden sie tatsächlich bleiben, wo ist mein Video, wo ist mein RSS – Feed, wo ist meine Musik, wo sind meine Spiele, wo sind meine PDFs? Der Durchschnittsnutzer möchte auf diese und viele weiteren Fragen am liebsten nur eine einzige Antwort geben müssen. In den vergangenen Jahren haben sich die meisten Menschen nach und nach mit der Antwort – “im Internet” arrangiert. Aber die ist eigentlich heute schon zu allgemein.

Ähnlich wie Mitte der 90er Jahre stehen wir vor der nächsten Konsolidierung. Es wird ein neuer Standard entstehen, der Ordnung in das Informations-Chaos bringen wird. Die Frage ist, wie könnte so etwas aussehen?! Nun ich denke da an die Entstehung eines “neuen Internets im Rahmen des alten Internets”. Das “neue Internet” wird alles Brauchbare, wie Standards, Formate, Funktionen und Inhalte aufsaugen, in den eigenen Rahmen pressen und das alte Internet völlig überflüssig machen und langsam aussterben lassen, so wie damals in den 90ern. Voraussetzung dafür ist, dass die Nutzung des neuen Internets absolut idiotensicher ist, was man vom heutigem Internet nicht wirklich behaupten kann.

Idiotensicher heißt für mich, Tante Emma, Hänschen Klein und Albert Einstein können die selben Sachen machen. Sie kommunizieren, vernetzen sich, tauschen Bilder, Videos, Musik, Nachrichten, spielen Spiele, bearbeiten Dokumente, verabreden sich, Suchen nach irgendwas, und von mir aus erstellen sie auch eigene unwichtige Seiten, wenn sie nichts besseres zu tun haben. Und das alles ohne Vorkenntnisse. Ein tolles Internet wäre das, oder?!

Mensch, aber das kann man doch schon alles…mit Facebook. Das soll jetzt bitte nicht als Verschwörungstheorie ausgelegt werden, es ist eine technische Tatsache. Schon erstaunlich, dass sich die ganze Welt auf Google wegen Datenschutz Bedenken stürzt, während ein anderes schlaues Unternehmen an der Umgestaltung des ganzen Mediums (Internet Monopol) werkelt. Google hat es in all den Jahren nicht geschafft, ein Gefühlt der wirklichen Vertrautheit zu schaffen und bleibt nachwievor eine Suchmaschine.

Facebook ist viel mehr als das. Für viele Tante Emmas und Hänschen Kleins dieser Welt ist Facebook das erste wirkliche digitale Zuhause geworden, wo sie sich heimisch, wohl und handlungsfähig fühlen. Und sie werden einen Teufel tun, dieses bequeme Häuschen jemals wieder zu verlassen. Eher werden sie die ganze Sippschaft einladen. Und Facebook macht alles, um den Aufenthalt möglichst angenehm zu gestalten. Nach der Einführung der Facebookseiten für jeden im Rahmen des Netzwerks auftauchenden Begriff stellt sich für mich wirklich die Frage, warum ein neuer oder ein bequemer alter Internetnutzer facebook.com in Zukunft überhaupt noch verlassen sollte. Es ist doch alles da.

Ist es denkbar, dass Facebook der Vorgeschmack auf das Internet der Zukunft ist? Facebook als eine Art universelles Betriebssystem für das Internet – wie WINDOWS für unsere PCs. Ein PC ist natürlich auch ohne ein WINDOWS Betriebssystem nutzbar. Z.B. mit einem anderen Betriebssystem, wie Linux, oder auch einem ganz alten wie DOS, jedoch sehr eingeschränkt und unter der Voraussetzung, dass Sie wissen, wie man mit der Kiste auch ohne Bunte Fenster kommunizieren kann. Aber die Mehrheit mag es nun mal verständlicherweise einfach und standardisiert. Warum also nicht auch im Internet?!

Internet Geschichte

Wenn Internet der PC ist und Facebook das nächste Betriebssystem, dann sollten sich Unternehmen Gedanken machen, was das für sie langfristig bedeuten kann.

Was denken Sie?!

(Voraschaubild: “1995 Flatland BBS Menu Screen”)

Facebook-Deutschland atmet auf? Von Snake Oil und Selbstüberschätzung

Diese Woche verkündete Mark Zuckerberg die aktualisierten Privatsphäre-Einstellungen für Facebook. Deutschlands Reaktionen schwanken zwischen Erleichterung und Misstrauen, gewürzt mit einer guten Portion Hybris.

Die Politik verbucht den “Kniefall Zuckerbergs” als ihren Erfolg und sieht darin zumindest “einen Schritt in die richtige Richtung” (Ilse Aigner). Zwei Dinge werden deutlich: Zum Einen wird der Einfluss deutscher Politik auf weltweite Netzwerke ein wenig überschätzt. Zum Anderen wurde Facebook nach wie vor nicht wirklich verstanden.

Zusammengefasst kann man die Datenschutzeinstellungen jetzt leichter bedienen – mit drei tollen Knöpfen. Das hat Facebook wohl von der legendären Vodafone-Kampagne gelernt.

“Zu viele Knöpfe sind nicht gut, da gibt es für mich zu viele Möglichkeiten, versehentlich an ein Knöpfchen zu kommen.”

Also nun bitte Knöpfe, mit denen man ganz viele Knöpfe auf einmal bedienen kann? Damit soll nun dem Wunsch nach mehr Kontrolle entsprochen worden sein? Zumindest ist Facebook einem Kritikpunkt begegnet: Die Kontrolle der eigenen Privatsphäre-Einstellungen wurde vereinfacht. Dass sich jeder Nutzer, der sich selbstverantwortlich mit seinem Online-Auftritt auseinandersetzt, dies auch schon vorher innerhalb von 5 Minuten erledigt haben konnte, sei dahingestellt.

Die einzige wirklich nennenswerte Umstellung ist die Reduzierung dessen, was als Minimum angezeigt werden muss. So wird das (erst kürzlich abgeschaffte) Verbergen der Freundesliste vor anderen wieder eingeführt. Damit lässt sich z.B. verhindern, dass berufliche Kontakte beim Anblick der böse dreinblickenden Kumpels aus dem Kampfsportverein möglicherweise verschreckt werden. Das schützt allerdings weniger die Privatsphäre, als dass es nun auch die Menschen wieder zu Facebook locken soll, die Sorgen wegen ihres divergenten Bekanntenkreises hatten.

Ich persönliche finde die Tatsache, dass und wie Facebook auf die Kritik der Nutzer reagiert hat, sehr viel spannender, als die einzelnen Änderungen.

Facebook-Deutschland kritisiert nun, dass die Einstellungen bei einer Neuanmeldung nach wie vor sehr offen wären und erst vom Nutzer verschärft werden müssen. Warum? Das System ist nun mal so eingestellt, wie es Facebook gerne hätte; so offen wie möglich. Facebook ist kein öffentlicher Service sondern ein Privatunternehmen. Facebook-Mitgliedschaften sind freiwillig, und auch wenn inzwischen der halbe Freundes- und Bekanntenkreis auf Facebook aktiv ist – Gruppenzwang war noch nie eine gute Entschuldigung. Jede Information, die man hier mit anderen teilt ist freiwillig abgegeben.

Ein Netzwerk basiert per se auf Öffnung und der Bereitschaft, Informationen zu teilen. Ein Eremit braucht in der Tat kein soziales Netzwerk, ihm sei von einer Anmeldung grundsätzlich abgeraten. Und zum sicheren Lagern von Privatfotos, zum Verschicken von Nachrichten und zum heimlichen Verabreden gibt es spezielle Dienste, die dafür weit besser geeignet sind als ein permeables Online-Netzwerk mit einer halben Milliarde Nutzer.

Also im Westen nichts Neues. Und doch orakelt die Berliner Zeitung angesichts der Bekanntgabe der Änderungen via Washington Post:

Wenn es Facebook am 1. Juni noch gibt, ist wohl bewiesen, welche Macht Zeitungen auch im 21. Jahrhundert noch haben.

Ich fürchte fast, sie meint das ernst…

Pics: Global X und Wikipedia

recruitingblogs.de – Deutschsprachige Recruiting-Blogs auf einen Blick

Seit ein paar Tagen ist unser kleines Projekt “recruitingblogs.de” online. Obwohl bisher nicht offiziell vorgestellt, ist die Page bis jetzt auf gute Resonanz gestoßen.

Wer viele Blogs liest, wird sich über kurz oder lang überlegen, wie er die Flut an Informationen filtern kann. Dabei hat man es meistens mit einem Hauptproblem zu tun: Die Anzahl der Blogs, die man versucht auf dem Schirm zu haben, wächst und wächst – auch bei sorgfältiger Auswahl. Wenn man zunächst versucht, die “tägliche Runde” ohne Hilfsmittel im Kopf zu behalten, stellt man schnell fest, dass dieses Konzept nicht von langer Dauer ist. Dann folgt möglicherweise die Phase, in der man beginnt, Lesezeichen anzulegen. Damit komme ich persönlich nicht gut zurecht. Zumal ich mit unterschiedlichen Rechnern, Browsern und Benutzerkonten arbeite. Spätestens nach dieser Einsicht greift der Vernunftmensch zum RSS-Feed, richtet sich seinen Online Reader ein und bekommt jederzeit und überall die aktuellsten Artikel der abonnierten Blogs.

Warum also eine Übersichtsseite über die  deutschsprachige Recruiting-Blog Szene? recruitingblogs.de soll nicht den eigenen Reader ersetzen, sondern eine klar definierte Themenlandschaft skizzieren. Alle Blogs werden auf einer Seite dargestellt, von jedem Blog wiederum die letzten drei Titel. So spielt es keine Rolle, ob ein Blog pro Woche vier Artikel schreibt, oder eher drei im Monat. Es wird dennoch gleichwertig repräsentiert.

Zudem wollen wir die Seite mit etwas “sozialmedialer Action” würzen, die Share Buttons sind dabei wohl nur der erste Schritt. Wir probieren gerade viel aus und möchten auch jeden einladen, uns Feedback und Input zu geben. Frische Ideen, Vorschläge und natürlich auch Kritik können zum Beispiel über den Feedback Button auf recruitingblogs.de oder hier in den Kommentaren gemacht werden. Wir freuen uns darauf, die Seite gemeinsam mit Euch zu gestalten.

Viel Spaß mit den Recruiting-Blogs!

Web 3.0 – Das semantische Netz

Die Masse an verfügbaren Daten wächst immens, wobei sich die Grenze zwischen online und offline schon kaum mehr ziehen lässt. Feierte man noch vor wenigen Jahren die Informationsgesellschaft, so spricht man heute schon besorgt vom Informationsoverkill. Mit dem, was man als Web 2.0 bezeichnet, öffneten sich sämtliche Schleusen: Während früher das Einspeisen von Daten und das definieren von Information vergleichsweise wenigen Seitenbetreibern und technisch Versierten vorbehalten war, wird nun jeder dazu animiert seine Informationen und Daten ins Netz stellen, zu verlinken und zu teilen.

Und nun? Drohen wir in Informationen zu ersticken oder schaffen wir es deren Wert zu kanalisieren und Relevantes daraus zu filtern? Das Grundverständnis, dass wir vom Internet als reines Netzwerk haben muss dabei um die Idee eines automatisierten “Verstehens” von Information erweitert werden. Eben dieses Sichten und Ein- bzw. Aussortieren kann nicht erst beim Menschen stattfinden, es ist für uns schon heute nicht mehr bewältigbar. Suchmaschinen versuchen dem Menschen dabei zu helfen und trennen mit unterschiedlichen Algorithmen Wichtiges von Unwichtigem. Doch inhaltlich findet auch hier keine Trennung statt. Relevanz wird nach Querverweisen, Keyworddichte und Pagerank ermittelt. Der Gedanke an eine verstehende, also denkende Maschine erscheint gleichsam absurd wie notwendig.

Die Idee, die Datenflut zu ordnen und nutzbar zu machen treibt die Macher dessen an, was man als Web 3.0 bezeichnet. Nach der Öffnung des Internets folgt nun die Urbarmachung dieses von Milliarden von Nutzern geschaffenen Datenuniversums. Kate Ray gibt uns mit ihrer kurzen Doku über das “Semweb” und die Köpfe dahinter einen spannenden Ausblick auf das, was da kommen mag muss.

Web 3.0 from Kate Ray on Vimeo.

Pic: Arenamontanus