Das Vorstellungsgespräch

Vorstellungsgespräch. Wer kennt das nicht? Warten in der Lobby, Herzklopfen, ein letzter kurzer Blick auf die Notizen. Gegenüber sitzt ein anderer Kandidat, der versucht seine Schnappatmung mit einem Meditationshörbuch zu bekämpfen. Genau in dieser Situation begegnen wir in dem Kurzfilm „Das Vorstellungsgespräch“ dem Protagonisten Thomas Howell. Das Hemd sitzt, die Krawatte auch. Dass sich das Werk des australischen Regisseurs Genevieve Clay-Smith nicht um irgendein x-beliebiges Vorstellungsgespräch dreht, erfahren wir, als Howell dann von seinem Interviewpartner James Dexter abgeholt wird. Gemeinsam mit dem nervösen Bewerber erleben wir eine erste Überraschung. Denn James Dexter, der den überrumpelten Kandidaten zum Gespräch in sein Büro bittet, hat das Down-Syndrom. Der Film erzählt von Toleranz und der Bedeutung des berühmt-berüchtigten ersten Eindrucks. James Dexter aber erzählt dem sichtlich irritierten Howell erstmal von seiner Liebe zu Star Wars und Harry Potter, für bunte Krawatten und dass er ohne Zweifel Cola gegenüber Wasser vorzieht – also nicht gerade das typische Jobinterview, auf das man sich bei einer renommierten Anwaltskanzlei vorbereitet hat. Howell sitzt umgeben von Spielzeugfiguren da und ist so unangenehm berührt und überfordert, dass er kurz davor ist, das Bewerbungsgespräch abzubrechen. Erst das Erscheinen von Mr. Dexter Senior bringt etwas Licht ins Dunkel. Dieser ist überhaupt nicht glücklich, dass sein Sohn (scheinbar ein Wiederholungstäter) sich einen seiner Interviewpartner zum Plaudern entliehen hat. Aber kurz darauf ist auch er von dem Gespräch überrascht, das sich nach anfänglichen Berührungsängsten zwischen James und Thomas entwickelt hat. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, denn es lohnt sich, das Video selbst gesehen zu haben. Nicht nur, weil der Regisseur das Kunststück fertig bringt, genau die richtigen Töne zwischen bitter und süß, ernst und witzig anzuschlagen, sondern auch, weil er seine Botschaft ohne den moralisch erhobenen Zeigefinger vermittelt. Hinter engsitzenden Krawatten und Hornbrillen vergisst man ab und an, dass der erste Eindruck doch täuschen kann. Kurz vor Weihnachten lohnt sich der Blick auf eine schwerelose Lektion in Sachen Toleranz. Und Toleranz bedeutet eben auch, dass wir uns hin und wieder in Erinnerung rufen müssen, das der erste (und vielleicht ja sogar der zweite) Anschein trügerisch sein kann. Auch im Falle eines Vorstellungsgespräches. Andernfalls hätte Howell wohl direkt Reißaus genommen und James‘ Potenzial läge weiterhin im Verborgenen. Aber seht selbst!

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Wir wünschen Euch frohe Weihnachten. Kommt gut ins neue Jahr. 2015 wird super! pic: Screenshot

[HTTP410] Escape the City: Der Traum vom perfekten Job?!

Euer Job nervt mal wieder? Ihr seid frustriert, desillusioniert, seht keinen echten Sinn, in dem was Ihr da gerade tut? Ach, wäre das nicht toll, aus dem Hamsterrad auszusteigen? Wäre es nicht toll, den langweiligen Büroalltag hinter sich zu lassen und sich z.B. einer wissenschaftlichen Antarktis-Expedition anzuschließen oder die Leitung eines kleinen Safari-Hotels in Uganda zu übernehmen?

Escape the City findet für dich den perfekten Job als Safari Lodge Manager in Uganda

Zu schön um wahr zu sein? Nicht ganz. Der Erfüllung solcher Lebens-Träume haben sich die Betreiber der Plattform “Escape the City” verschrieben. Dort treffen müde Hamsterrad-Läufer, Entschleuniger, Sinnsucher und in den Konventionen gefangene Abenteurer auf ihre vermeintlichen Traumberufe und eine große Community von über 170.000 Gleichgesinnten. Man unterstützt sich quasi gegenseitig bei dem Entschluss zum “Ausstieg” auf dem Weg zur Bestimmung. Ganz nebenbei treffen Unternehmen dort auf Kandidaten für ungewöhnliche Jobs, die über die üblichen Kanäle wahrscheinlich schwer zu besetzen sind. Dafür müssen sie logischerweise zahlen. Soweit ein tolles Konzept. Alle sind happy.

Escape Your Job - Die neue Job-Plattform rückt den Traumjob in greifbare Nähe.

Es gibt auch eine “Aussteiger-Schule” mit vielen begleitenden Materialien und sogar Offline-Events, die auf das neue und bessere Leben vorbereiten. Für ein paar Hundert Pfund kann man sich offline ausbilden lassen zu Themen wie z.B.: “Start a Business from Scratch”, “Build a Website in a Weekend”, “Start a Social Enteprise”, “Raise Money for your Business”.

Hier wird es mir persönlich ein klein wenig zu viel. In meiner bösen Mr. Hyde Fantasie stelle ich mir einen frustrierten McKinsey Berater vor, der auf seinem Weg zu Rocket Internet eine kurze Zwischenstation bei “Escape the City” macht, um dort ein bisschen Geld für die Sehnsucht nach der einfachen Selbständigkeit und der vollkommenen Freiheit zu lassen. Tut ja nicht weh. Geschäftlich macht das absolut Sinn.

Es ist in der Regel eine sehr schwierige Aufgabe, herauszufinden, was man möchte und wie man am besten dahin kommt, unbeeindruckt von Hypes und sonstigen externen Einflüssen.

Perfekter Job dank Escape The City? Es gibt Menschen, die an diesem Konzept zweifeln.
SPON, 10.09.2014 Kommentar zu “Das Leben ist kurz. Kündigen Sie.

Insgesamt ist die Plattform doch eine feine Sache, wie ich finde. Heute morgen wurde das Konzept in aller Ausführlichkeit vom Team-Mitglied Stefan Ritter beim Radiosender meines Vertrauens ego.fm erläutert und diskutiert. Hört’s Euch gerne an.

https://soundcloud.com/egofm/ltefan-escape-the-city-interview-mit-egofm-2014

Besucht dann mal die Seite. Vielleicht ist ja gleich der passende Job für Euch dabei und das neue Leben nur wenige Klicks entfernt. Ich bin natürlich auf Eure Meinungen gespannt. Wie findet Ihr die Idee und die Umsetzung von “Escape the City”? Ist das eine wunderbare und weitreichende Idee oder vielleicht doch eine weitere klassische Jobbörse, die gekonnt einen Gesellschaftstrend nutzt?

#SMRC 2014 in Hamburg: Expandiert Facebook in die Arbeitswelt?

smrc

Die Gerüchte, dass sich Facebook nicht mehr unbedingt als rein privates Netzwerk versteht, machen schon länger die Runde. Nicht nur, dass in deren Unternehmenskommunikation seit Jahren davon gesprochen wird, wie sich die Trennung von Berufs- und Privatleben nach und nach aufheben wird – ein ganz konkreter Projektname geistert seit diesem Sommer auch durchs Netz: FB@Work. Ein Artikel auf Techcrunch hat die Geschichte nochmals befeuert, als eine anonyme “Quelle” die Arbeit an diesem Projekt bestätigte und auch den Namen FB@Work in Umlauf brachte.

Man darf gespannt sein, was sich hinter dem Titel verbirgt. Manche vermuten eine Facebook-Version die auf die wesentlichen Kommunikations-Features beschränkt ist und so durch weniger Ablenkung auch am Arbeitsplatz eingesetzt werden kann/darf. Halte ich persönlich für eher unwahrscheinlich, zumal sich dieses Problem mit dem Smartphone in der Tasche schon länger “gelöst” hat. Viel plausibler wirkt hier die Vision, dass Facebook ein Tool anbietet, das als firmeninterne kollaborative Plattform funktioniert. Viele Unternehmen nutzen heute schon private Facebook-Gruppen. Oft entstehen diese Gruppen auch unter den Mitarbeitern, ohne dass es wirklich eine entsprechende Weisung oder Erlaubnis gegeben hätte. Das wiederum führt zu diversen Problemen: Darf der Chef dann in diese Gruppe? Was ist mit dem einen Kollegen, der kein Facebook-Profil hat und will? Hier könnte durch eine separate Lösung viel Spannung herausgenommen werden und Gutes entstehen.

Wir sind gespannt! Und wir freuen uns, auf der Social Media Recruiting Conference 2014 in Hamburg zum ersten Mal einen Vertreter von Facebook begrüßen zu dürfen. Stefan Schmidt-Grell kennen viele noch als Vice President Marketing des Business-Netzwerks XING, heute hilft er als Head of Marketing Nothern Europe dem (noch) privaten Netzwerk Facebook bei der Positionierung. Und vielleicht hat er ja auch zu diesem Thema die ein oder andere Information dabei…?

Wer ihn persönlich fragen möchte, was sich hinter FB@Work verbirgt, der sollte sich fix anmelden und mit dem Aktionscode “smrc_wollmilchsau” gleich noch 10% sparen. 🙂

Natürlich ist auch der Rest des Programms wie immer eine Reise nach Hamburg wert:

  • Liegt die Zukunft des Social Recruitings in mobilen Lösungen?
  • Welche Rolle spielt Big Data im Recruiting?
  • Wie integriert /involviert man die nächsten Generationen am besten in Recruiting-Prozesse?
  • Welchen coolen Kampagnen gibt es ? Wo kann ich mir etwas abschauen?
  • Wie werden sich Recruiter & Co zukünftig positionieren?
  • Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind bei alldem zu beachten?

Die Eröffnungs-Keynote hält traditionell unser Jan. Er geht der Frage nach, wie Roboter, Big Data und Algorithmen die Arbeitswelt und das Recruiting automatisieren werden. Es lohnt sich!

Pic: Steve Davidson (CC BY 2.0)

WhoWorks.at: praktisches LinkedIn Tool

whoworksat_linkedin_plugin

“Kenne ich eigentlich jemanden, der für die Firma bzw. Organisation arbeitet, auf deren Webseite ich mich gerade befinde?!” Es ist durchaus denkbar, dass sich diese Frage jemand stellen könnte, der z.B. als Recruiter/Sourcer, Journalist, Vertriebler, Investor,… Detektiv oder einfach neugierige Person im Netz unterwegs ist.

Für die schnelle und einfache Beantwortung eben dieser Frage wurde eine ganze Weile her im Jahr 2011 ein LinkedIn-Plugin namens WhoWorks.at für den Web-Browser Chrome  vorgestellt. Es überrascht nicht, dass der kleine Helfer damals fast keine Beachtung fand und schnell in Vergessenheit geraten ist. Denn in 2011  a) lag der Marktanteil von Google-Chrome gerade mal bei 10% b) hatte LinkedIn bei Weitem noch nicht die heutige Verbreitung im DACH Raum erreicht und c) hielt sich die Begeisterung für Active-Sourcing noch in Grenzen.

Heute ist alles anders. Daher macht es Sinn WhoWorks.at aus der Mottenkiste herauszukramen. Das kostenlose Tool kann nämlich Zeit bei Euren Recherchen sparen. Kostenlos im Google Web Store heruntergeladen und aktiviert, ist es sofort einsatzbereit.

Einsatz-Szenario: Ich bin auf irgendeiner Seite und möchte wissen, wen ich da direkt kenne, oder ob ich jemanden kenne, der jemanden kennt…

who_works_at

Ein Klick auf das Plugin-Icon und Ihr habt die Liste mit Personen, die Euch bei Eurem Vorhaben weiterbringen könnten. Ein Klick auf den Link “employees in your network” bringt Euch zur Liste alle Beschäftigten des Unternehmens, dem die Seite gehört, auf der Ihr gerade seid.

Schnell und praktisch. Viel Spaß!

Pic: CC (BY) 2.0 by Jun

Facebook-Suche: 90 Befehle

Heute mal etwas Sommerliches, jedoch nicht minder nützliches. Wer von Euch kann von sich behaupten, die Facebook Suche tatsächlich zu beherrschen und zumindest ab und an sinnvoll zu nutzen? Ich rede dabei natürlich von der vielseitigen Facebook Graph Search, die nur im englischen (US) Interface verfügbar ist. Hier mal die optische Gegenüberstellung Deutsch (l.) vs. English (r.).

Facebook Graph Search bietet viele Möglichkeiten zum Sourcen und Netzwerken.

Falls Ihr bis heute ausschließlich das “deutsche” Facebook nutzt und keinen Zugang zu der Personensuchmaschine habt, verzichtet Ihr freiwillig auf die tollen Möglichkeiten der beruflichen und/oder privaten Datengewinnung. Sei es nun zum Sourcen, Netzwerken, Stalken, Flirten oder Ego-Puschen – je nachdem, wo Eure Interessen und Bedürfnisse gerade liegen.

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Diese Lücke muss geschlossen werden. Glücklicherweise habe ich gestern die vermutlich ausführlichste Liste mit Facebook Graph Search Suchbefehlen gefunden. Diese folgt nun für Euch mit einigen Anpassungen und Erweiterungen von meiner Seite. Viel Spaß beim Spielen. Es lohnt sich wirklich!

1. Menschen finden

  • People who work nearby
  • People who are [Profession Name] (like Doctors, Programmers, etc.)
  • People who live in [Place]
  • People who are named [Full or Partial Name]
  • People who are [Gender] and live in [City] and [Relationship Status]
  • People who believe in [Religion Name]
  • People who are N years old
  • People who are older than X and younger than Y years
  • People who were born in [Year]
  • People who work at [Company A] and previously worked at [Company B]

Bitte bedenkt an dieser Stelle, dass sich diese Befehle zur Verbesserung der Ergebnisse auch kombinieren lassen.
Also zum Beispiel:

  • People who live in [Place] and work at [Comapny A]
  • People who were born in [Year] and live in [Place] and work at [Comapny A]
  • People who are my friends and work at [Company A]

2. Netzwerk ausbauen

  • People I may know
  • People who live nearby and like [Interest Topic]
  • People who have seen [Movie]
  • People who have read [Book]
  • People who speak [Language]
  • People with similar interests to my friends
  • People who work at [Company] in [Year]
  • People who are not my friends and went to work at [Company] in [Year]
  • People who are friends of my friends
  • People who graduated from [College Name] in [Year]
  • People who studied [Subject] at [College] in [Year]
  • People who are not my friends and went to [School] in [Year]
  • People who liked my liked pages
  • Friends of people who liked my liked pages
  • People who liked pages my friends liked

3. Eigene Facebook Aktivitäten

  • My favorite pages
  • My favorite music
  • My favorite activities
  • Books I like
  • Photos I have liked
  • Videos I have liked
  • Photos I have like that are recent
  • Places visited by me
  • Places nearby I visited
  • Games I like

4. Bilder, Bilder, Bilder

  • Photos of my friends
  • Photos of my friends of friends taken in [Place]
  • Photos of people named [Name]
  • Photos of (or uploaded by) [Name]
  • Photos of [Name] in (or before or after) [Year]
  • Photos commented on by [Name]
  • Photos liked by [Name]
  • Photos of [Person A] liked by [Person B]
  • Photos of [Person A] AND [Person B]

5. Videos, Videos, Videos

  • Videos of my friends
  • Videos of my friends of friends taken in [Place]
  • Videos of people named [Name]
  • Videos of (or uploaded by) [Name]
  • Videos of [Name] in (or before or after) [Year]
  • Videos commented on by [Name]
  • Videos liked by [Name]
  • Videos of [Person A] liked by [Person B]
  • Videos of [Person A] AND [Person B]

6. Was könnte mir gefallen

  • Music (or Games or Movies) I may like
  • Books liked by people who like [Author Name]
  • Favorite Books (or Movies or TV Shows or Restaurants) of my friends
  • Movies liked by people who have interests similar to me
  • Musicians liked by people who listened to [Band Name]
  • Apps used by my friends
  • Apps people who live nearby use

7. Wer interessiert sich für mich

  • People who follow me
  • People who follow me and like [Page Name]
  • People who follow me and live in [City]
  • People who follow me and work at [Company]
  • People who follow me and were born in [Year]
  • Friends of friends who follow me
  • People who liked my Photos
  • People who liked my Videos

8. Was geht ab

  • Events nearby
  • Local events this weekend
  • Events near [Place] today
  • Events attended by my friends that are tomorrow
  • Local events attended by my friends that are today

9. Orte, Interessen und Sachen entdecken

  • Music (or Games or Movies) I may like
  • Books liked by people who like [Author Name]
  • Favorite Books (or Movies or TV Shows or Restaurants) of my friends
  • Movies liked by people who have interests similar to me
  • Musicians liked by people who listened to [Band Name]
  • Apps used by my friends
  • Apps people who live nearby use

10. Partner entdecken (folgende Beispiele funktionieren auch für “Males”)

  • Females who are my friends and are single
  • Females who are friends of my friends and are single
  • Females who are friends of my friends and are single and like wollmilchsau
  • Females who are friends of my friends and are single and liked my photos
  • Local Evenets attended by Females who are single
  • Local events this weekend attended by friends of my friends who are females and who are single

Die Logik müsste inzwischen klar sein. Die Möglichkeiten für Kombinationen sind schier unbegrenzt. Einfach ausprobieren und staunen, was da so alles drin ist in diesem Facebook. Beim Schreiben des Posts bin ich über mich selbst etwas verwundert, warum ich diese Möglichkeiten kaum nutze. Ich hoffe, Ihr findet diese Liste nützlich.

Warum Facebook noch immer funktioniert

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Über die Zukunft Facebooks zu sprechen, scheint heute schon fast so fremd wie die VZ-Netzwerke oder ICQ. Die riesige Welle um das Netzwerk brach spätestens im letzten Jahr und rollte über all diejenigen, die darin das neue Internetzeitalter sahen. Dennoch möchte ich heute für Facebook werben: Das Netzwerk ist das größte weltweit aktive. Keines hat eine so heterogene Nutzermischung und bei keinem anderen kann man so viele Menschen so günstig erreichen. Völlig egal, ob die unbezahlte Reichweite der Pages heute geringer ist oder ob sich das Nutzerverhalten grundlegend ändert. Drei Thesen, warum Facebook nach wie vor eine großartige Werbeplattform bietet:

1. Facebook bleibt. Erstmal.

Die Prophezeiung, dass Facebook nun seinem baldigen Tod entgegen sehe, begann schon im Jahr 2012. Damals flachten die Wachstumskurven vereinzelt ab. Die ersten Fachpublikationen titelten “Das Wachstum geht zurück”, woraus schnell die Botschaft “Facebook schrumpft” wurde. Das ist so natürlich – damals wie heute – völliger Unsinn, zumindest in Hinblick auf die Bewertung als Werbenetzwerk. Es mag heute sogar der Fall sein, dass die Anzahl aktiver Nutzer regional auch mal nach unten schwankt, aber bei einer aktiven Nutzerschaft von derzeit etwa 1,3 Milliarden Menschen spielt das eine untergeordnete Rolle. Der Hype ist vorbei, Facebook noch da.

2. Auch Teens nutzen Facebook.

Nur anders. Ja, sie posten weniger Fotos, weil sie das inzwischen bei Instagram oder Snapchat tun. Sie unterhalten sich nicht mehr auf ihren Pinnwänden, allenfalls nutzen sie den Messenger, sofern sie nicht gleich ganz “drüben” bei Whatsapp sind. Ja, Facebook ist auch bei Weitem nicht mehr so cool, jetzt wo ihre Eltern, Großeltern und Lehrer auch dort sind. Dennoch nutzen sie Facebook: Als Newsquelle, als Veranstaltungskalender, als Mailprogramm und als öffentliches Forum. Und solange sie das tun, solange wird man sie dort auch erreichen können.

3. “Social Media” ist nicht Facebook

Social Media mit Facebook gleichzusetzen ist ein alter Fehler. Den machten jene, die vor ein paar Jahren allem und jedem eine Facebook-Page als sichere Bank für die Zukunft verkaufen wollten. Den gleichen Fehler machen aber auch heute jene, die meinen mit dem Ende des Facebook-Booms sei das Thema Soziale Medien ebenfalls beendet. In jeder Website der großen Autobauer oder Medienkonzerne steckt heute mehr Social Media, als es sich die optimistischsten Berater von damals hätten ausdenken können. Die soziale Komponente hat die Web-Landschaft in den letzten Jahren grundlegend verändert, genau wie es Facebook tat und noch heute tut.

Wir wissen, dass sich bei und mit Facebook noch immer viel erreichen lässt. Die Kunst ist es, die richtigen Hebel zu finden und an den richtigen Stellen anzusetzen. Die Lösung: Kreativität und Know-How.

Pic: Roger Schüeber (CC BY 2.0)

HR BarCamp – Ein Event zum Verlieben

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Es wurde bereits viel, schön und ausführlich über das diesjährige HR BarCamp in Berlin berichtet. Die meisten Bilder, sowie Links zu den weiterführenden Posts mit zum Teil detaillierten Zusammenfassungen der Themen und Vorträge gibt es im Meta HR Blog (oder bei Hans Steup). Dennoch möchte ich auch gerne mein ganz persönliches kurzes Feedback abgeben. Es war immerhin mein erster Besuch eines HR Barcamps.

Es gibt in meinem Alltag Augenblicke, wo ich mir bzw. meinen Kollegen die Frage stelle, warum wir uns das eigentlich antun. Diesen dichten, feuchten, giftigen “HR-Personaler-Recruiting-Sourcer-Bewerber-Dschungel”, in dem man gefühlt Jahre braucht, um einen Meter weiter zu kommen. In dem die Technik-Affinität gegen Null läuft, in dem man es lieber doch noch ein mal mehr mit den bloßen Händen probiert, anstatt zur Machete zu greifen. “Äh, diese Machete in meiner Hand funktioniert irgendwie… nicht! Muss ich da etwa irgendwas tun, damit sie funktioniert??”.

In solchen Augenblicken neigt man zwangsläufig dazu zu glauben, dass das Gras jenseits des Zauns vielleicht doch grüner ist. Zum Beispiel Online-Marketing oder Werbung oder so – viel hipper, viel fortschrittlicher, viel technologie-affiner, Lichtjahre voraus. Supergeile Apps, supergeile Spots, super geile Ads, supergelier Supermarkt… . Ach, wäre das nicht schön, wenn das bei uns auch alles genau so wäre?! Dann wären auch bei uns alle supergeil, könnten sich supergeil auf die Schulter klopfen und auf supergeilen Parties über supergeile Performance und supergeile Budgets plaudern.

Stattdessen landest Du auf diesem HR BarCamp und triffst drei Tage lange normale, natürliche, interessante Menschen, die sich alle samt ernsthaft und intensiv Gedanken machen, wie man etwas für andere Menschen verbessern kann. Und zwar nicht nur die durchschnittliche Größe Ihres Einkaufskorbs, sondern ihren “Weg” zum passenden Arbeitsplatz und ihren Aufenthalt dort.

Ob Einzelkämpfer aus den Unternehmen, Berater oder Dienstleister – es herrscht ein sehr motivierendes Gemeinschaftsgefühl. Ja, es haben nicht alle die gleichen Visionen. Ja, es haben nicht alle das gleiche technische Verständnis. Ja, es empfinden nicht mal alle exakt die gleichen Probleme. Aber alle zusammen wollen, dass die Distanz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig verkürzt und vereinfacht wird. Und sei es mit Hilfe von Technologie, mehr Frechmut, besserer Candidate-Experience, Diagnostik-Verfahren, besseren Feedbackgesprächen oder mehr Rechtsbewußtsein auf beiden Seiten.

Und plötzlich macht es wieder richtig Spaß, ein Teil dieser Szene zu sein. Es macht Spaß zu verstehen, dass wir uns, wenn auch langsam, aber dennoch vorwärts bewegen. Es macht Spaß zu sehen, wie viel Motivation, Interesse, Ideen und Ausdauer die “unscheinbare” Personaler-Szene an den Tag legt und wie bodenständig und nüchtern sie mit den Fortschritten umgeht. #HRBC 14 ist ein Event zum Verlieben – zum Verlieben in die HR-Szene und ihre Arbeit.

Dafür danke ich im Namen der Wollmilchsau den Veranstaltern Jannis Tsalikis und Christoph Athanas, allen Teilnehmern, Speakern, unseren zahlreichen Gesprächspartnern sowie alten und neuen Freunden, die wir treffen durften.

Zum Schluss noch meine persönlichen Highlights aus den Gesprächen:  #Zukunft des Multi-Postings, #Übertragung von Real-Time-Advertising Ansätzen auf das Personalmarketing, #Automatisierte Otimierung von Stellenanzeigen.

Bis zum nächsten Jahr!

 

Pic: (CC) BY 2.0 by cliff1066™

 

[HTTP410] Tablet-Nutzung in Deutschland

Ich habe heute mal für mich selbst nach den aktuellsten Zahlen zum Thema Tablet-Nutzung in Deutschland recherchiert und hoffe, dass Ihr mit den folgenden Daten und Infos auch etwas anfangen könnt.

Wusstet Ihr, dass sich die Zahl der Tablet-Nutzer in Deutschland seid 2012 fast verdoppelt hat? BITKOM hatte vor wenigen Tagen entsprechende Ergebnisse veröffentlicht. Demnach ist die Zahl der Nutzer über 14 Jahren in nur einem Jahr von 9.1 Mio. auf 18 Mio gestiegen. eMarketer übernahm diese Zahlen in einem gestern veröffentlichten Artikel und fügte eine eigene Prognose im Bezug auf die Gesamtbevölkerung hinzu, nach der bis Ende des Jahres die Zahl der Tablet-Nutzer in Deutschland die Marke von 25 Mio. passiert haben wird. Nicht schlecht!

Tablet-Nutzung in Deutschland in 2012 & 2014

Ein Gegencheck bei Statista belegt, dass zumindest alle in etwa gleich gut die Statistiken gefälscht haben. Dort geht man von 26 Mio. zum Jahresende und von 37 Mil. bis Ende 2016, also in etwas mehr als zwei Jahren, aus. Allerdings wurden hier offenbar wiederum Daten von eMarketer verwendet. Schreiben die alle gegenseitig ab?

anzahl der Tablet-Nutzung in Deutschland von 2010 bis 2012 und Prognose bis 2017Aber es findet sich bei Statista doch noch eine weitere bemerkenswerte, exklusive Information. Und zwar, dass der Absatz von Tablets im letzten Quartal 2013 den Absatz von Notebooks überholt hat.

Absatz von Tablets und Notebooks in Deutschland

Nun, das ist alles schön und gut. Frei nach dem Motto, glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast, habe ich mir mal unsere eigenen Zahlen angeschaut, um zu sehen, wie weit die Theorie und Praxis auseinander liegen.

Wie Ihr sehen könnt, scheinen die echten Zahlen der Tablet-Nutzer unter den Besuchern der Wollmilchsau-Page die Statistik zu stützen. Zwischen 2012 und 2013 hat sich die relative und absolute Zahl fast verdoppelt. Im laufenden Jahr wird sich zumindest die absolute Zahl allem Anschein nach wieder verdoppeln. Wir erwarten 15.000 Tablet-Nutzer bis Ende 2014. (Die Nutzer unserer mobilen Blog-App sind hier nicht enthalten. Darunter sind Tablet-Nutzer sehr gut vertreten.)

Wie sieht es bei den Wollmilchsau-Lesern mit der Tablet-Nutzung aus?

Warum freue ich mich über diese Ergebnisse? Z.B. weil wir uns ein wenig selbst auf die Schulter klopfen können, da wir bereits in 2012 auf mobile Optimierung gesetzt haben und jeweils eine eigene Version der Seite für Telefone und für Tablets entwickelt haben. Anfang 2013 kam die mobile App noch oben drauf. Jetzt können wir abwarten und Tee trinken. Bzw. unsere wachsenden mobilen Besucherströme beobachten und sie, bei Bedarf, jeweils passend ansprechen. Es soll hier keine Angeberei sein. Lediglich ein Hinweis, dass es schöner ist, darüber nachzudenken, wie man einen bedeutenden Teil seiner Nutzer immer besser entlang der Inhalte steuert, anstatt sich einzugestehen, dass man diesen bedeutenden Teil einfach vernachlässigt/drauf verzichtet.

Apropos laufende Verbesserung. Wenn Ihr schon an einer mobilen Version für Eure Webseite bzw. Karrierepage dran seid, habe ich eine sehr schöne aktuelle Checkliste von moz.com für Euch. Sie berücksichtigt alle wichtigen Bereiche der mobilen Optimierung von Performance der mobilen Page über Navigation bis zur Anpassung des Contents an die Geräte. Sehr nützlich, wenn Ihr Eure Webpräsenz intern betreut oder aber Eurer Agentur auf die Finger schauen wollt, ohne sehr tief in der Materie zu sein.

Wie auch immer, Ihr solltet Euch mit dem Thema beschäftigen. Natürlich stehen wir als Agentur bei Fragen und Problemen gerne zur Verfügung. Ansonsten würde ich mich über ein paar Kommentare aus der Nutzer-Perspektive freuen. Habt Ihr positive oder negative Beispiele in Sachen Tablet-Optimierung für mich? Wie können wir unsere Wollmilchsau-Seiten für Euch verbessern?

Millennials 2014: Freelance oder Festanstellung?

Das spannende an der GenY ist, ja dass sie älter wird, während man sich mit ihr beschäftigt und versucht, sie wie Socken in Schubladen zu pressen. So waren die nach 1980 geborenen vor fünf Jahren eben noch diese fünf Jahre jünger. Vor wenigen Tagen hatte ich das erste ernstzunehmende Briefing auf dem Tisch, das ausdrücklich eine Berücksichtigung von Generation X, Y und Z wünschte. Merkt man auch wunderbar, wenn man sich z.B. die aktuelle Millennial Survey 2014 von Deloitte ansieht: Plötzlich sind sie gar noch mehr so gegen die Festanstellung, sehen Unternehmen vor NGOs in der Verantwortung positive Veränderungen einzuleiten und sie wollen plötzlich sogar wieder Autos – besitzen!?

gx-dttl-2014-millennial-survey-infographic

Ich kann mich noch gut an das Buch von Holm Friebe und Sascha Lobo erinnern: Wir nennen es Arbeit. Darin wurde das Modell des starren Unternehmens mit dem Konzept festangestellter Mitarbeiter als Auslaufmodell beschrieben, zumindest für viele Branchen. Und heute?

  • Während man international mit 38% noch recht bescheiden ist, wollen 54% der Deutschen Millennials wieder Personal führen..
  • …allerdings nicht als Freelancer oder Gründer: International wollen noch 70% am liebsten frei arbeiten, in Deutschland nur noch 55%

Wo ist die neue unabhängige, agile Freelance-Projektkultur geblieben? Ist sie bei den alternden Millennials einer neuen Realität gewichen? Oder haben diese Ansichten nach und nach Einzug in die Wirtschaft gefunden, so dass auch im Unternehmen Selbstverwirklichung für Post-80er möglich ist? Ich würde mich über eine kurze Darstellung Eurer Sicht in den Kommentaren sehr freuen.

Pics: Norm Clark (CC BY 2.0) and Deloitte

[HTTP410] (M)ein Weg von vielen – Berufsorientierung aus persönlicher Sicht

berufsorientierung

Jo hat zu einer Blogparade aufgerufen. Thema: Berufsorientierung. Eine schöne Idee! Dazu hat natürlich jeder aus der HR-Suppe einiges an Fachlichem zu sagen – und hat es auch schon getan. (Siehe Liste unter Jos Artikel.) Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um aus der ganz persönlichen “Gegenperspektive” zu erzählen. Mein Weg an die Tastatur, an der ich heute diesen Text schreibe, glich nämlich eher einer Schnitzeljagd als einer aktiven Orientierung. Dass ich heute Konzepte für digitale Arbeitgeberkommunikation gestalte, mag ironisch scheinen – vielleicht ist es aber auch einfach das logische Ende dieser Entwicklung.

In welchen Phasen hätte meine Berufsorientierung stattfinden können? Woran ist das jeweils gescheitert und was hätte mir damals eventuell geholfen?

Frühkindliche Prägung

Eine familiäre Vorbestimmung gab es bei mir weniger. Meine Familie war väterlicherseits eher technisch/mathematisch orientiert, die meiner Mutter war in pädagogischen Berufen. Beides kam für mich nicht in Frage. Als Kind fand ich den klassischen Wissenschaftler spannend, in meiner Vorstellung eine Person zwischen aufregenden Apparaturen im Labor und abenteuerlichen Entdeckungsreisen in der ganzen Welt. So etwas wollte ich sein. Unter dem Eindruck von Museumskatalogen meines Großvaters und der Disney-Version von Indiana Jones habe ich im Kindergarten in irgendein Poesiealbum “Archäologe” (vermutlich falsch geschrieben) als Berufswunsch eingetragen. Lacht nicht, das wird noch mal relevant.

Ich glaube nicht, dass ich hier viel verpasst habe. Ich war ein Kind, hatte dafür vielleicht sogar ein überdurchschnittliches Interesse an Büchern und daran, was ich darin verstehen konnte. Eine gesunde Entwicklung hängt in diesem Alter – so glaube ich – noch nicht mit einer fachlichen Orientierung zusammen. Klar, gewisse Sozialkompetenzen kann man hier schon erlernen, musische Begabungen behutsam fördern, etwas Lesen und Schreiben kann auch vor der ersten Klasse nicht schaden, genau wie erste Fremdsprachenkontakte. Berufliche Orientierung sollte aber freiwillig sein.

Schulzeit

In meiner frühen Schulzeit gab es dann auch wenig Erweckungserlebnisse. In Heimat- und Sachkunde (so hieß das damals) glänzte ich mit großem Fachwissen, in allen anderen Fächern eher durch Ablenkung oder vergessene Hausaufgaben und Turnbeutel. Diesem Engagement Rechnung tragend, bekam ich gegen Ende meiner Grundschulzeit eine (damals verbindliche!) Empfehlung für die Hauptschule – ein Schicksal, das ich durch einen Aufnahmetest für die Realschule abwenden konnte. Eines war mir aber schon damals bewusst: Alle Berufswege, die ich mir grob vorstellen konnte, waren mehr oder weniger akademisch. Und da ich mir zudem alle Möglichkeiten offen halten wollte, gab es nur einen sinnvollen Weg: Abitur. Ich gab mir also ein Jahr wirklich Mühe und konnte zur sechsten Klasse dann auf ein Gymnasium wechseln. Nun war ich dort wo ich sein wollte, hatte mich aber noch lange nicht diszipliniert. Eine Ehrenrunde in der achten Klasse, in Verbindung mit einem Umzug in das schulisch weniger fordernde Hamburg, brachte mich dann entspannt und mit wenig Mühen zum Abitur. Ich genoss die Zeit, wählte meine Fächer aber meist nach dem Prinzip des geringsten Widerstands. Leistungskurs Deutsch und Geschichte liebte ich von Herzen, durch die anderen “Laberfächer” schlängelte ich mich auch noch ganz elegant und alles andere war rückblickend eine ziemliche Katastrophe. Aber ich konnte ja ausgleichen.

Hier würde ich heute dringend ansetzen: Bis auf wenige Ausnahmen wurde in meinen Schulen nach Lehrplan gepaukt. Der Unterricht selbst war zwar meist nicht schlecht, eine Einbettung in die Lebensrealität “da draußen” fand aber kaum statt. Allenfalls mal die schwammige Drohung “Was Ihr jetzt verpasst, müsst Ihr sonst während des Studiums nachholen!”. Da zittert der 16-jährige Tobias natürlich. Es gab dann noch ein Schulpraktikum, und eine Berufsinformationswoche mit Tagesexkursionen in unterschiedliche Betriebe. Danach wusste ich immerhin, wohin ich nicht wollte. Ich habe in der Schule so gut wie gar nichts über konkrete Berufe gelernt, nichts über Unternehmen, deren Funktionsweise, nichts über Dienstleistungen und Produkte – das bisschen Volkswirtschaft nur aus rein systemischer Sicht. Wer hätte es uns auch lehren sollen? Alle Lehrer waren nun mal Lehrer und hatten darüber hinaus keinerlei außerschulische Erfahrung. Dieses Problem besteht bis heute.

berufsorientierung2

Nach der Schule

Nach dem Abitur hatte ich keine Ahnung was ich machen sollte. Ich war froh, dass ich aus der Schule raus war, mit dem Abitur gefühlt “alle Möglichkeiten” hatte und genoss diesen Zustand erst mal ausgiebig. Da ich aufgrund des obligatorischen Knieschadens inkl. Sehschwäche ausgemustert wurde, fehlte mir allerdings auch die Zivildienst-Zeit zum finanzierten Überlegen. Also erst mal arbeiten. “Was Richtiges”, auf die Lieferjobs die ich als Schüler gemacht habe, hatte ich keine Lust mehr. Ich arbeitete dann im Versandlager einer Soft- und Hardwarefirma für Musikproduktion und hatte dort einen Heidenspaß. Ich wurde schnell voll eingesetzt, mit eigenen Verantwortungsbereichen und – darauf war ich damals sehr stolz – einem eigenen Schreibtisch mit Telefon, Computer und Stempeln! Wir waren ein tolles Team, leider wohl nicht kostendeckend genug, so dass die gesamte Abteilung im zweiten Jahr geschlossen und outgesourced wurde. Der Job war weg.

Seit dem Aussetzen der Wehrpflicht wird dieses Problem in meinem männlichen Bekanntenkreis noch deutlicher: Die Schule ist vorbei und man “steht auf der Straße”. Natürlich gibt es manche, die schon jetzt genau wissen, dass sie Ophthalmolog_in werden wollen, aber andere wissen es eben nicht. Wenn ich heute mit Schulabgängern spreche, bleibt für die Unentschlossenen die Option FSJ oder Ausland – oder beides. An dieser Stelle lässt sich allerdings wenig am System drehen, hier muss man selbst aktiv werden. Und Unternehmen könnten natürlich auch schon diese Phase nutzen, ihre Arbeitsplätze vorzustellen und entsprechende Berufsbilder zu bewerben.

“Ich muss jetzt was studieren.”

Also klopfte die Frage nach dem Studium wieder an. Ich hatte mich zwischenzeitlich mal bei einer Hamburger Kunstschule für Illustrationsdesign beworben (Ich konnte leidlich zeichnen, und gab da dem Drängen von Freunden und Familie nach) dann aber darauf verzichtet, zur letzten Bewerbungsrunde anzutreten. Ich zeichnete gerne, Designs nach Wunsch auf Abruf zu produzieren fiel mir unglaublich schwer. Und es machte mir keinen Spaß.

Ich grübelte lange. Ich war bestimmt drei oder vier Nachmittage im BIZ und schaute mir dort Berufsvideos auf seltsamen Datenträgern an (Internet als Informationsquelle war damals noch nicht wirklich überzeugend). Ich machte Skill-Tests und hatte sogar ein persönliches Beratungsgespräch. Dabei war es gar nicht so, dass ich keine interessanten Berufe fand, ganz im Gegenteil. Alles schien mir durchaus aushaltbar, selbst meinen Logistikjob hätte ich noch gut weiter machen können. Finanziell hatte ich damals keine großen Ansprüche. Ich war ja eher antikapitalistisch eingestellt und auf ressourcenarme Selbstverwirklichung gepolt. Was mich abschreckte, war der oft ellenlange Weg zum Job. Mich durch Studiengänge zu quälen, die mich schon auf dem Papier langweilten, nur um dann nach durchschnittlich 5 Jahren (Bachelor gab es damals noch nicht) irgendwann tatsächlich ergebnisorientiert zu arbeiten – die Vorstellung war für mich der reine Horror. Eine Ausbildung war mir aber wiederum zu schulisch, dazu war ich viel zu froh, aus der Schule draußen zu sein. Und natürlich muss ich zugeben, dass ich auch einen gewissen akademischen Anspruch an mich selbst hatte. Ja, Eitelkeit und Faulheit sind zwei hässliche Schwestern.

Und so entschloss ich mich das zu tun, was mich 1. schon als Kind interessiert und von dem ich 2. eine recht klare Berufsvorstellung hatte: Ich nahm ein Studium der Vor- und frühgeschichtlichen Archäologie auf. To make a long story short: Ich studierte mit großem persönlichem Interesse, beendete noch mit einigem Elan das Grundstudium. Als es dann jedoch einige Semester später in Richtung Abschluss und Berufsrichtung ging wurde mir klar, dass ich nicht in diesem Bereich arbeiten würde. Zudem hatte ich in diesen Jahren, die Gelegenheit viel “mit Medien” zu arbeiten. Ich habe Musik gemacht und “vermarktet”, wobei ich für Grafik, Text und Rechweite selber sorgen mußte. Bald folgte mein erster Job als Online-Redakteur bei einem Verlag. Ich fühlte mich in diesem Bereich schnell wohl und zu Hause. Ich machte mich selbstständig, arbeitete viel und mein Studium litt darunter zusehends. An einem gewissen Punkt entschloss ich mich, mein Studium abzubrechen und begann ein Praktikum in einer Werbeagentur.

Nun, diese Entwicklung war abzusehen. Es dauerte eben, bis ich “mein Ding” gefunden hatte. Und zwar durch zwei Faktoren: 1. praktische Erfahrung und 2. ein WWW, das mir eine Fülle von Antworten auf meine Fragen lieferte. Das in Kombination hat mich Berufsbilder und Unternehmen verstehen lassen. Und zwar so gut, dass ich mir sicher war, mit dem Studienabbruch keinen schwerwiegenden Fehler zu machen. An dieser Stelle also mein Plädoyer an Unternehmen: Stellt Euch vor, beschreibt was ihr tut, wie Ihr es tut und wie andere dabei mitmachen können! Und dabei reicht es nicht aus, Flyer ans schwarze Brett zu hängen oder hier und da mal auf einer Hochschul-Messe aufzutauchen. Baut Kampagnen und Informationsangebote, die so gut sind, dass sie junge Menschen auf neue Ideen bringen. Ihr müsst nicht auf die fertigen Bewerber in eurer Branche warten, ihr könnt sie euch selbst heranziehen.

berufsorientierung3

Heute

Seit fast vier Jahren arbeite ich hier bei der Wollmilchsau GmbH. Ich liebe Werbung, Unternehmens- und Online-Kommunikation. Und der Themenbereich HR ist mir als Anti-Held dieses Bereichs quasi auf den Leib geschneidert. 😉 Ich habe etwas gefunden, was mir wirklich Spaß macht, in dem ich gute Leistung bringen kann und was dabei sogar meinen Lebensunterhalt sichert. Und genau das ist es, was mich auch an den Erfolg meiner Arbeit glauben lässt. Für dieses ganze Hin-und-Her meiner Berufsorientierung kann ich niemandem die Schuld geben außer mir selbst, hätte ich aber früher Zugang zu besseren oder attraktiveren Informationen bekommen, dann wären die entscheidenden Aha-Erlebnisse vermutlich früher da gewesen.

Pics: Les Haines (CC BY 2.0), Sascha Erni (CC BY 2.0) und Travis Ford ( CC BY 2.0)