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Mindestens 300.000 Vollzeit-Pflegekräfte stünden der Pflege in Deutschland zusätzlich zur Verfügung, wenn sich die Arbeitsbedingungen verbessern würden. Das ist eine verrückt hohe Zahl, oder? Und das alleine durch Aufstockung der Arbeitszeit oder Rückkehr in den Beruf. Das zeigt zumindest die Studie „Ich pflege wieder, wenn…“ aus dem Jahr 2022.
Ähnlich dürften die Zahlen bei Erzieher:innen aussehen, denn auch hier fehlen schätzungsweise bundesweit ca. 100.000. Viele von ihnen dürften aufgrund der bestehenden Bedingungen gewechselt haben – nicht, weil sie den Beruf per se nicht mehr mochten.
Auch wenn diese Berufsfelder aufgrund der vergleichsweise schlechten Bezahlung in Anbetracht ihrer Belastung extremere Beispiele sind, so gibt es auch in anderen Bereichen eine gewisse Anzahl an ausgebildeten Fachkräften, die ihrem gelernten Job den Rücken gekehrt haben. Vor allem im Zuge der Pandemie haben viele Fachkräfte ihren Job gekündigt, verloren oder die komplette Branche gewechselt. Betroffen waren insbesondere das Veranstaltungs-, Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Dienstleister im Allgemeinen.
Doch egal, aus welchem Grund Arbeitnehmer:innen nicht mehr für einen bestimmten Arbeitgeber arbeiten: Im besten Fall ist die Tür nicht verschlossen. Im allerbesten Fall ist die Tür sogar noch einen Spalt geöffnet und es besteht eine Chance, dass beide Parteien im Laufe der Zeit doch nochmal auf professioneller Ebene zueinanderfinden. Diesen Prozess nennt man Rehiring.
Vor- und Nachteile des Rehiring-Prozesses
Faktoren und Tipps, um Mitarbeitende zurückzugewinnen
Was genau ist Rehiring?
Rehiring bedeutet, wie der Name schon vermuten lässt, eine Wiedereinstellung von ehemaligen Mitarbeiter:innen. Bekannt ist diese Art der Einstellung auch unter dem Begriff Boomerang Hiring.
Warum Kolleg:innen ein Unternehmen verlassen (müssen), kann viele verschiedene Gründe haben: Seien es die Arbeitsbedingungen, ein besseres Angebot, Neugierde oder einfach der Wunsch nach einem Tapetenwechsel.
Doch nicht selten ist das Gras auf der anderen Seite gar nicht so viel grüner als gedacht. Vielleicht entwickeln sich in der verlassenen Position zusätzlich sogar noch Gehälter und Arbeitsbedingungen in die richtige Richtung. Wieder im selben Unternehmen zu starten bzw. Mitarbeiter:innen zurückzugewinnen kann für beide Parteien Vorteile sowie Nachteile haben.
Vor- und Nachteile des Rehiring-Prozesses
Vorteile des Boomerang Hiring für das Unternehmen
1. Schnellere Einarbeitung: Viele Unternehmen bevorzugen das Rehiring von ehemaligen Mitarbeitenden, da diese bereits mit der Kultur, den Prozessen und der Arbeitsweise des Unternehmens vertraut sind. Wenn das nicht gerade der Grund war, weswegen der Kollege oder die Kollegin das Unternehmen verlassen hat, spart man sich hier das Ausloten des Cultural fit. Auch die Arbeit an sich sowie die Prozesse im kompletten Unternehmen sind im besten Fall noch vertraut und können schneller wieder erlernt werden, als wenn Mitarbeiter:innen ganz von vorne beginnen müssen.
2. Einsparungen: Es werden Zeit und Kosten gespart. Insbesondere, wenn nicht einmal eine Stellenausschreibung erstellt und gepostet und der komplette Einstellungsprozess durchgeführt werden muss.
3. Erhöhte Mitarbeiterbindung: Rehiring kann die Loyalität der Mitarbeiter:innen erhöhen. Um erfolgreich wieder ins Unternehmen eingegliedert zu werden, sollte gut kommuniziert werden:
- – Warum haben wir uns voneinander getrennt?
- – Welche Erfahrungen haben wir gemacht und wie
- – können wir das verbessern?
- – Welche Erfahrungen wurden vielleicht sogar in der Zwischenzeit gemacht?
Diese Offenheit kann durchaus die Mitarbeiterbindung erhöhen.
Vorteile des Boomerang Hiring für Mitarbeitende
1. Bekannte Arbeitsumgebung: Ehemalige Mitarbeiter:innen kennen natürlich die Arbeitsumgebung, ihre Kolleg:innen, Prozesse sowie die Kultur des Unternehmens und müssen sich nicht erst wieder komplett neu auf alles einstellen.
2. Geringeres Risiko: Ehemalige Kolleg:innen wissen, worauf sie sich einlassen: Im negativen wie auch im positiven Sinne. Sie wissen, was sie erwartet, welche Probleme es gibt, und können eventuell gemachten Fehlern nun anders gegenüber treten.
3. Verbesserte Arbeitssituation: Wenn aus bestimmten Gründen gekündigt wurde, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sich entweder die Situation geändert hat oder der Blick darauf. Eine Wiedereinstellung bietet die Chance, in eine verbesserte Arbeitssituation zurückzukehren.
Nachteile von Rehiring für Unternehmen
1. Fehlende Vielfalt: Wenn ein Unternehmen sich schwerpunktmäßig auf ehemalige Mitarbeiter:innen konzentriert, kann es schwieriger sein, neue Perspektiven und Erfahrungen in das Unternehmen zu bringen.
2. Negative Auswirkungen auf das Team: Es sollte das ganze Team im Blick behalten werden. Wenn ehemalige Mitarbeitende in das gleiche Unternehmen, aber in eine höhere Position zurückkehren und durch Wiedereinstellung eine Beförderung erhalten, könnte das anderen Teammitgliedern eventuell übel aufstoßen. Schaut immer, dass die Teams auch mit Boomerang Hiring fair aufgestellt sind.
3. Risiko von wiederkehrenden Problemen: Wenn das Ursprungsproblem, das zur Kündigung führte, nicht behoben wurde, besteht das Risiko, dass das ganze Spiel nochmal von vorne losgeht. Es sollte also dringend sichergestellt werden, dass die Probleme aus der Welt geräumt sind und offen kommuniziert wurde. Die Erwartungshaltung beider Seiten muss jedem klar sein.
Nachteile Rehiring für Mitarbeitende
1. Geringerer Spielraum für Verhandlungen: Der Verhandlungsspielraum im alten Unternehmen ist möglicherweise geringer, als er in einer neuen Firma wäre.
2. Weniger Karriereoptionen: Möglicherweise haben Mitarbeiter:innen, die wieder ins Unternehmen einsteigen, geringere Chancen auf einen Karrieresprung, als Neueinsteiger:innen, da sie sich in bereits bestehende Positionen oder Strukturen wiedereingliedern.
3. Mögliche Auswirkungen auf den Ruf: Wenn Mitarbeitende das Unternehmen aus bestimmten Gründen verlassen, kann die Rückkehr für Gesprächsstoff sorgen.
Faktoren und Tipps, um Mitarbeitende zurückzugewinnen
Damit man aber auch trotz Kündigung (egal von welcher Partei) als positiver Arbeitgeber in Erinnerung bleibt, sollten ein paar Instrumente zum Einsatz kommen. Wichtig ist, dass die Weichen für einen möglichen Wiedereinstieg bereits früh gestellt werden. Dazu gehören:
Ein gutes Offboarding: Offboarding ist das Gegenteil von Onboarding und meint somit das erfolgreiche und koordinierte Ausscheiden von Mitarbeiter:innen aus dem Unternehmen. Neben vielen anderen Aspekten trägt ein gutes Offboarding dazu bei, eine positive Beziehung zu ehemaligen Mitarbeiter:innen aufrechtzuerhalten.
Der Ruf des Unternehmens wird gestärkt und die Wahrscheinlichkeit, dass ausscheidende Kolleg:innen sich zu einem späteren Zeitpunkt wieder für das Unternehmen entscheiden, ist wesentlich größer. Dazu gehören auch Exit-Interviews, um Feedback zu Gründen und Verbesserungsmöglichkeiten zu bekommen.
Wenn man nicht sowieso schon vernetzt war (zum Beispiel auf LinkedIn), kann man das spätestens jetzt nachholen.
Mehr zum Thema Offboarding könnt ihr in unserem Glossar lesen.
Das Pflegen eines Talent-Pools: Ein Talent-Pool wird meistens für Bewerber:innen genutzt, für die zum Zeitpunkt der Bewerbung entweder keine geeignete Position vorhanden ist oder die für eine ausgeschriebene Stelle nicht genommen wurden.
Warum aber nicht auch nutzen, um ehemalige Bewerber:innen, mit denen man im Guten auseinandergegangen ist, ebenfalls in einen Talent-Pool aufnehmen?
Alumni-Programme etablieren: Alumni-Programme geben ehemaligen Mitarbeitenden die Möglichkeit, mit dem Unternehmen verbunden zu bleiben und andersherum. Die Firma kann auch im Anschluss noch zu Veranstaltungen einladen, wichtige Unternehmens-News teilen und berufliche Unterstützung oder Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten.
Häufige Fehler
Bevor ehemalige Kolleg:innen wieder eingestellt werden, sollten natürlich die Gründe des Ausscheidens überprüft und geklärt worden sein. Es wäre für alle ein Reinfall, wenn genau die gleichen Probleme zu wiederholten Missverständnissen, Komplikationen oder sogar der Kündigung führen würden.
Vor allem, wenn Mitarbeiter:innen in der gleichen oder etwas höheren Position wieder einsteigen, sollte bedacht werden, dass der- oder diejenige sich in der Zwischenzeit mit großer Wahrscheinlichkeit weiterentwickelt hat. Es ist wichtig, neu gesammelte Erfahrungen und Fähigkeiten aus anderen Unternehmen oder sogar Branchen zu sehen und zu berücksichtigen, um die Kolleg:innen angemessen einzusetzen und die Stärken zu nutzen.
Nur weil Mitarbeiter:innen bereits im Unternehmen tätig waren, bedeutet das übrigens nicht, dass kein Onboarding stattfinden muss. Auch bei einer Wiedereinstellung sollten sowohl das Unternehmen als auch die Mitarbeiter:innen klare Erwartungen und Vereinbarungen kommunizieren. Unklarheiten über Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Vergütung oder andere wichtige Aspekte können zu Missverständnissen und Unzufriedenheit führen.
Zu guter Letzt noch ein wichtiger Tipp: Nervt eure ehemaligen Mitarbeiter:innen nicht! Boomerang Hiring kann Kosten sparen und viele Vorteile mit sich bringen, aber versteift euch als Chef oder Recruiter:in bitte nicht darauf und schreibt oder telefoniert guten Talenten regelmäßig hinterher. Nach Absprache können Informationen über das Unternehmen oder offene Positionen geteilt werden, vor allem über die angesprochenen Alumni-Programme oder Mails für den Talentpool.
Was vermieden werden sollte, ist aufdringliches Hinterhertelefonieren oder sogar das Schlechtmachen des neuen Arbeitgebers. Vertraut euch und eurem Unternehmen, haltet eure ausgeschiedenen Talente ab und zu auf dem Laufenden und seid offen für alles.
Grundsätzlich gibt es viele Ups und Downs beim Thema Rehiring. Fest steht allerdings, dass eure Kultur, eure Kommunikation und euer Offboarding immer so aufgebaut sein sollten, dass ein Boomerang Hiring von ehemaligen Mitarbeiter:innen jederzeit eine Option ist.