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Mit Apfel im Mund zum Therapeuten? Welche Benefits für die Gesundheit am Arbeitsplatz wirklich wichtig sind.

Die Pandemie hat an der Maslowschen Bedürfnispyramide gerüttelt, wie der Zeigefinger am Pflaumenbaum beim berühmten Kinderspiel. Von Monat zu Monat purzelten immer mehr Menschen die Stufen hinunter – einige schneller und weiter als andere. Bis sogar in Deutschland einige Menschen ihre Grund- und Existenzbedürfnisse nicht mehr decken konnten. Und das in der westlichen Welt, die […]

Die Pandemie hat an der Maslowschen Bedürfnispyramide gerüttelt, wie der Zeigefinger am Pflaumenbaum beim berühmten Kinderspiel. Von Monat zu Monat purzelten immer mehr Menschen die Stufen hinunter – einige schneller und weiter als andere. Bis sogar in Deutschland einige Menschen ihre Grund- und Existenzbedürfnisse nicht mehr decken konnten. Und das in der westlichen Welt, die für die meisten aus Sicherheit und Überfluss bestand.  Soziale Bedürfnisse konnten eine lange Zeit nicht befriedigt werden, die Individualbedürfnisse rückten für viele ebenfalls in den Hintergrund und den meisten wurde spätestens jetzt klar: Gesundheit ist alles.

Im Zuge dieser Entwicklung sind sich viele Unternehmen der Bedeutung des Wohlbefindens und der physischen wie psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen noch stärker bewusst geworden. In den Personalabteilungen musste zwangsläufig „Human“ wieder größer geschrieben werden als „Resources“ und die Bedürfnisse der Individuen vors Kapital gestellt werden.

Die Entwicklung des Gesundheitsmanagements

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ – mit dieser Aussage wurde ich bei Unzufriedenheit am Ausbildungsplatz so manches Mal vertröstet. Im weiteren Verlauf ging es weiter mit „Das Leben ist kein Ponyhof“ oder „Du verdienst doch gutes Geld“.

Die 60er Generation (und älter) vertritt häufig immer noch die Auffassung, dass Arbeit vor allem eins sein muss: Sicher. Ein sicherer Arbeitsplatz und pünktliches Gehalt auf dem Konto gilt für die Generation meiner Eltern und Großeltern als einzige Kredos für einen guten Arbeitgeber. Natürlich gelten diese Punkte weiterhin als das Grundgerüst eines guten Jobs, den man lange ausüben möchte. Doch um Mitarbeiter:innen für sich zu gewinnen und langfristig an sich zu binden, bedarf es mittlerweile mehr Weitblick.

Erst seit den 80er Jahren ist das betriebliche Gesundheitsmanagement in Deutschland überhaupt ein Thema. Dieser sperrige Begriff bedeutet nichts anderes, als das Arbeitsumfeld sowie Strukturen und Prozesse eines Unternehmens gesundheitsförderlich zu gestalten. Die Gesundheit zu erhalten, ist zwar vor allem die Aufgabe eines jeden Einzelnen und doch sollten Unternehmen diese Verantwortung mittragen – denn immerhin arbeiten wir rund ein Drittel unserer kompletten Lebenszeit.

Zu dieser Verantwortung zählt nicht nur sowas wie das Angebot von Sportmöglichkeiten, ein Obstkorb oder die betriebliche Altersvorsorge, sondern immer häufiger sogenannte “Soft Skills”. Dazu gehören beispielsweise eine gute Atmosphäre am Arbeitsplatz, flache Hierarchien und faire Vorgesetzte, gute Kommunikation, eine Balance zwischen Arbeitszeit und Freizeit sowie Flexibilität der Arbeitszeit und des Arbeitsortes. Was nach einer Selbstverständlichkeit klingt, ist nur selten tatsächlich gegeben. Diese “Skills” im Unternehmen sollten nicht nur ein Köder für die Generation Y und X sein, sondern auch eine Investition in die schon vorhandenen Mitarbeiter:innen.

Also was bedeutet Gesundheit am Arbeitsplatz heute eigentlich? Ein Obstkorb und eine kostenlose Mitgliedschaft im Fitnesscenter sind natürlich super, aber sind Benefits dieser Art noch entscheidend?

Psychische Erkrankungen so hoch wie nie

Laut der DAK lag bereits im Jahr 2020 die Diagnose “Psychische Erkrankung” auf Platz 2 der Gründe für Fehltage. Nur Muskel-Skelett-Erkrankungen waren noch häufiger ein Grund, nicht arbeiten zu können. Darunter zählen auch Rückenschmerzen, die ebenfalls in einigen Fällen psychisch bedingt sein können. Die Dunkelziffer dürfte also noch etwas höher liegen als 17 Prozent. Die Entwicklung seit 2010 ist erschreckend: Die die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle im Jahr 2019 lag um 30,6 Prozent höher als noch im Jahr 2010.

Das mag zum einen daran liegen, dass psychische Erkrankungen mittlerweile besser diagnostiziert werden, Betroffene sich eher behandeln lassen und das Thema weniger stigmatisiert wird.

Neben zahlreichen anderen Faktoren führt auch eine erhöhte Arbeitsbelastung, die sich nicht mit dem Privatleben kombinieren lässt, immer häufiger zu Ausfällen. Karriere, Familienplanung und sogar die Pflege von Angehörigen fällt immer öfter in dieselbe Lebensphase.

Im Durchschnitt lag 2019 die durchschnittliche Krankheitsdauer aufgrund von psychischen Erkrankungen bei 35,4 Tagen. Natürlich wurzeln die Ursachen psychischer Erkrankungen nur selten in der Arbeit selber, es lässt sich jedoch auch als Arbeitgeber so einiges tun, um den Mitarbeiter:innen den Spagat zwischen Privat- und Arbeitsleben erheblich zu erleichtern.

(HIER STUDIE BKK – PENDELN IST KACKE FÜR PSYCHE)

Mitarbeitergesundheit während und nach einer Pandemie

Um Mitarbeiter:innen vor dem Virus zu schützen, wurden Maßnahmen ergriffen, die für Bürojobs in erster Linie Homeoffice bedeuteten. Immerhin arbeiten laut dem Industrieverband Büro und Arbeitswelt inzwischen zumindest zeitweise 71 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland an einem Bildschirm- und Büroarbeitsplatz.

Das führte dazu, dass im April 2020 27 Prozent der Beschäftigten in Deutschland von zu Hause arbeiteten, während der Anteil vor der Corona-Krise lediglich bei 4 Prozent lag. Im Januar 2021 waren es immerhin noch 24 Prozent.

Diese einschneidende Veränderung im Arbeitsalltag haben positive sowie negative Auswirkungen. Für einige bedeutet das flexible Arbeiten mehr Zeit mit ihrer Familie, weniger Reisezeit und sogar mehr Effektivität. Andere hingegen vermissen den Austausch, den normalen Arbeitsalltag und fühlen sich durchaus einsam und ausgegrenzt an ihrem privaten Arbeitslatz. Die aktuelle Krankenstands-Analyse der DAK zeigt allerdings deutlich, dass vor allem in digitalisierten Berufen, die in vielen Fällen die Möglichkeit zum Homeoffice und digitalem Arbeiten hatten, die Krankheitstage unterdurchschnittlich ausfielen.

Homeoffice und Flexibilität als Tool zur Mitarbeiterbindung

Einige Top-Unternehmen setzen bereits vieles daran, um die potenziellen emotionalen Auswirkungen der langen Homeoffice Periode, wie beispielsweise Einsamkeit und Ängste, zu erkennen und zu minimieren. Dabei ist die wichtigste Frage, die man den eigenen Mitarbeitern jetzt stellen kann: Wie möchtest Du arbeiten?
In einer Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey & Company wurde deutlich, dass sich Mitarbeiter:innen aktuell vor allem darüber Sorgen machen, wie es in Zukunft mit ihrem Arbeitsplatz und der Flexibilität weitergeht. Müssen sie fünfmal die Woche zurück ins Büro? Wird es Homeoffice-Tage geben? Oder können sie entscheiden, wie sie in Zukunft arbeiten wollen?

40 Prozent der Befragten gaben an, noch keinerlei Informationen von ihrem Arbeitgeber bezüglich der nächsten Schritte bekommen zu haben. 28 Prozent beschrieben die Informationen als vage. Das Ausbleiben einer klaren Kommunikation seitens des Arbeitgebers und die damit verbundene Unsicherheit führte bei 47 Prozent der befragten Arbeitnehmer:innen zu Ängsten am Arbeitsplatz.

Wer hätte gedacht, dass bereits klare Kommunikation so große Auswirkungen auf die Zufriedenheit und mentale Gesundheit der Mitarbeiter:innen hat?

 

Veröffentlicht am 17.05.2024