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Über Geld spricht man nicht, darüber scheint man sich hierzulande einig zu sein. Dementsprechend auch lieber nicht über das Gehalt. Das zeigt sich auch in Stellenausschreibungen: Bei fast keiner Vakanz wird direkt angegeben, was Bewerber:innen eigentlich finanziell erwartet – und das, obwohl Geld verdienen, seien wir mal ehrlich, in den meisten Fällen der Hauptantrieb für Erwerbsarbeit ist. Stattdessen wird häufig erwartet, dass der oder die Bewerber:in selbst eine Gehaltsvorstellung nennt. Arbeitnehmer:innen sind also mehr oder weniger auf sich gestellt, den Wert der eigenen Arbeit einzuschätzen.
Aber auch Personalabteilungen müssen, vor allem bei Jobs mit Mangelprofilen, wissen, wie die Konkurrenz zahlt und welche Gehälter üblich sind. Mittlerweile gibt es diverse Onlineportale, um Gehaltsvergleiche anzustellen. Und es gibt Tarifverträge, die offiziell regeln, wer wieviel verdient. Aber der Anteil an Unternehmen und Arbeitnehmer:innen mit Tarifbindung sinkt stetig und ist zudem branchenabhängig.
Was ist also eine faire Bezahlung? Wie wird diese bestimmt? Wo verdient man wieviel und ist es wirklich sinnvoll, in Regionen zu arbeiten, wo zwar die Gehälter hoch, aber die Lebenshaltungskosten noch höher sind? Wir geben einen Überblick in Daten.
WO STEHE ICH IM VERGLEICH ZU ANDEREN?
FAZIT: SO SIEHT EINE FAIRE BEZAHLUNG AUS
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STATUS QUO: WER VERDIENT WAS?
Vollzeit-Beschäftigte in Deutschland verdienen laut Daten der Bundesagentur für Arbeit im Mittel 3.526 Euro in den westdeutschen und 2.827 Euro in den ostdeutschen Bundesländern. Es macht also einen Unterschied, wo man wohnt, wenn es um den Gehaltszettel geht.
Aber noch weitere Faktoren haben Einfluss: Etwa das Anforderungsniveau und das Geschlecht.
Bei Stellen mit Helfer:innen-Profil lag das mittlere monatliche Entgelt im vergangenen Jahr bei 2.334 Euro. Ein:e Expert:in verdient mit 5.566 Euro mehr als das Doppelte. Außerdem spielt das Geschlecht eine Rolle: Frauen verdienten 2019 im Mittel 3.117 Euro, Männer 3.560 Euro.
Aber auch die Branche hat großen Einfluss auf den Betrag im Geldbeutel. So gehören Beschäftigte in der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen mit durchschnittlich knapp 6.700 Euro monatlichem Bruttogehalt zu den Gutverdiener:innen, im Gastgewerbe sind die Gehälter mit nur 2.142 Euro im Durchschnitt sehr viel niedriger.
Allerdings handelt es sich bei diesen Daten vom Statistischen Bundesamt um das arithmetische Mittel, das heißt, aus allen Gehaltsdaten wird die Summe gebildet und durch die Zahl der Beschäftigten geteilt. So „schlucken“ einige wenige sehr hohe Gehälter viele kleine. Die Daten der Bundesagentur für Arbeit geben hingegen den Median wieder, also den Mittelwert. Dabei handelt es sich um das Gehalt, bei dem genauso viele Beschäftigte weniger und genauso viele mehr verdienen, unabhängig von der tatsächlichen Höhe.
Beim Branchenvergleich kommt es natürlich auch auf die darin tätigen Berufe an. Aber selbst bei Berufen, die branchenübergreifend gebraucht werden, etwa Personalleiter:innen, Geschäftsführer:innen oder Systemadmins macht die Branche einen Unterschied und Beschäftigte können von einem Wechsel profitieren – oder eben im Gehalt absteigen, wie eine Untersuchung der Vergütungsplattform Compensation Partners zeigt.
Im Allgemeinen profitieren Beschäftigte außerdem davon, ob in ihrem Betrieb ein Tarifvertrag Anwendung findet. Laut Daten der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung liegen die Löhne und Gehälter mit Tarifbezahlung deutlich über denen ohne Tarif.
Allerdings geht der Trend seit Jahren dahin, dass immer weniger Unternehmen eine Tarifbindung haben. Das liegt auch daran, dass durch die Entwicklungen im Bereich Technologie ganze Branchen neu geschaffen wurden – und diese sind selten einem Tarif verpflichtet, während klassische gewerkschaftlich organisierte Branchen an Bedeutung verlieren.
WIE HOCH IST MEIN BEDARF?
Wenn es um das Einkommen und die damit zu begleichenden Lebenshaltungskosten geht, gibt es verschiedene Faustregeln. Wer zum Beispiel eine Mietwohnung sucht, hat vermutlich schonmal gehört, dass die Kaltmiete nicht mehr als ein Drittel des Nettogehalts ausmachen sollte. An anderer Stelle sind es 40 Prozent des Jahresbruttos.
Eine andere grobe Regel zur Aufteilung des Netto-Einkommens lautet: 50/30/20. Das heißt 50 Prozent des Gehalts sollen für Fixkosten wie Wohnen, Nahrungsmittel und Transportkosten eingerechnet werden. 30 Prozent stehen für die Freizeit zur Verfügung und 20 Prozent werden gespart. Die 50/30/20-Regel wird eigentlich als Faustregel angewendet, wenn Sparer:innen Rücklagen aufbauen möchten. Genauso gut kann man sie aber eben auch andersherum nutzen und sich seinen persönlichen Mindest-Gehaltsbedarf ausrechnen.
An dieser Stelle wird schon deutlich, dass nicht nur die Höhe des Gehalts eine Rolle spielt, sondern eben auch die weiteren Stellschrauben: Wenn der Preis für Wohnraum dort, wo ich lebe, besonders hoch ist, übersteigen meine Fixkosten schnell die 50 Prozent. Wie viel kann ich mir also noch leisten, wenn das lebensnotwendige abgezogen ist?
Eine Untersuchung der Onlineplattform Stepstone zeigt: Am Ende sind die Gewinner:innen beim Gehalt nicht unbedingt die, die viel verdienen, sondern diejenigen, die das beste Verhältnis bei den genannten Kriterien haben. Denn ein Gehaltszettel in zum Beispiel Hamburg oder München überzeugt zwar auf den ersten Blick, aber die hohen Lebenshaltungskosten sorgen dafür, dass Beschäftigten am Ende nicht viel bleibt, während andere Regionen zwar auf den ersten Blick nicht mit dem großen Geld winken, am Ende aber ein deutlich gefüllteres Sparschwein bieten.
WO STEHE ICH IM VERGLEICH ZU ANDEREN?
Bei fairer Bezahlung geht es aber nicht nur um den eigenen Bedarf, sondern auch um den Vergleich zu anderen. Da hierzulande in den meisten Fällen Bewerber:innen Gehaltsvorstellungen angeben, anstatt dass Unternehmen sagen, was sie zahlen wollen, bietet sich eine Vorrecherche auf beiden Seiten an. Das kann auch sinnvoll sein, wenn es in bestehenden Arbeitsverhältnissen um Gehaltserhöhungen geht. Dafür gibt es mittlerweile eine Fülle von Portalen, wir zeigen eine Auswahl:
– Einen guten Überblick zur Einschätzung einer spezifischen Stelle bietet der Gehaltsrechner des Statistischen Bundesamts (nicht-kommerziell).
– Das Portal „Berufe auf einen Blick“ der Bundesagentur für Arbeit gibt einen Überblick zum gesamten Arbeitsmarkt mit der Möglichkeit zur Spezifizierung nach Branche und Berufsbild (nicht-kommerziell).
– Das Portal lohnspiegel.de der Hans-Böckler-Stiftung bietet verschiedene Informationen und Gehaltsvergleiche. Allerdings sind hier an manchen Stellen die Daten schon älter und darum nur bedingt vergleichbar mit dem aktuellen Gehalt. Beim Gehaltsvergleich mit eigenen Angaben zu Stelle und Stelleninhaber:in kommt allerdings eine fortlaufende Umfrage zum Einsatz. Als Teilnehmer:in werden die Angaben mit denen der anderen verglichen. Hier kann man auch prüfen, was zum Beispiel das Alter, Geschlecht oder der Wechsel in ein kleineres/größeres Unternehmen durchschnittlich für Auswirkungen hätte (nicht-kommerziell).
– Gehalt.de ist eine Onlineplattform rund um alle Gehaltsthemen. Hier kann man sein Gehalt vergleichen (unter Angabe einer E-Mail-Adresse), bekommt aber auch eine Schätzung zur Höhe des Gehalts zu aktuell ausgeschriebenen Stellen (kommerziell).
FAZIT: SO SIEHT EINE FAIRE BEZAHLUNG AUS
Generell kann man sagen: Ein faires Gehalt ist ein angemessenes Gehalt und ein angemessenes Gehalt ist eines, das die Arbeitsbelastung und -leistung widerspiegelt, Ausbildung, Berufserfahrung und Spezialisierung mit einbezieht und die Lebenshaltungskosten und den weiteren Bedarf eines Beschäftigten abdeckt.
In der Praxis kommen weitere Faktoren hinzu, etwa das generelle Gehaltslevel in einer Branche oder in einer Region, Alter und Geschlecht. Diese Faktoren sind objektiv betrachtet nicht unbedingt fair, resultieren aber aus gewachsenen Strukturen und bilden zum Beispiel ab, wieviel Kapital in einer Branche steckt, wie Angebot und Nachfrage aussehen und welche Kriterien zur Bewertung einer Stelle herangezogen werden und nicht unbedingt nur die eigentliche Arbeitsbelastung oder -leistung der Berufe.
Grundsätzlich sind Gehaltsmodelle fairer, die nachvollziehbar sind, denn sie geben dem oder der Einzelnen die Möglichkeit einzuschätzen, was nötig ist, um das eigene Gehalt zu steigern, also ob es etwa sinnvoll ist, eine Weiterbildung zu machen, ob das Gehalt mit der Länge der Unternehmenszugehörigkeit steigt oder ob ein Wechsel nötig ist.
Um all das einschätzen zu können, sind Informationen unerlässlich, denn nur dann können Vergleiche angestellt werden, um einschätzen zu können: Werde ich fair bezahlt? Gleichzeitig ist es für Unternehmen wichtig zu wissen, wie Bewerber:innen und Beschäftigte im Vergleich verdienen. Der Jobspreader bietet dazu seit kurzem einen eigenen Gehaltschecker, um einschätzen zu können: Wie bezahlen wir im Vergleich?
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