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Recruiting für Chemie und Pharmazie

Auf dem Arbeitsmarkt sieht es für Chemie- und Pharmazieunternehmen gut aus. Sie können sich ihre Kandidat:innen scheinbar ohne große Not aussuchen. Aber was auf dem Papier gut klingt, hat nicht unbedingt nur Vorteile, wie sich vor allem an der digitalen Candidate Journey zeigt.

Chemiker sind die neuen Biologen, las ich irgendwo während meiner Recherche für diesen Artikel. Warum? Weil offenbar sehr viele Biologen arbeitslos sind. Studieren auf Taxischein nannte man das früher bei uns in der Germanistik.

Ein Blick in unsere Studie zu Arbeitsmarktdaten und Online Recruiting für Chemie und Pharmazie verrät: Richtig – die Chancen, als Spezialist:in im Bereich Chemie einen Job zu finden sind nicht allzu rosig. Auf 100 offene Stellen kommen 869 Arbeitslose, womit wir uns weit im Bereich eines Fachkräfteüberschusses bewegen.Auf dem Anforderungsniveau der Fachkraft sieht es etwas besser aus, hier streitet man immerhin nur mit durchschnittlich 4,19 Konkurrent:innen um die nächste freie Position. Kein Wunder also, dass Unternehmen es meist binnen drei Monaten oder weniger schaffen, ihre Vakanzen zu besetzen.

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Im Bereich der pharmazeutischen Berufe ist die Lage aus Unternehmenssicht etwas angespannter, hier finden wir immerhin schon einen leichten Fachkräfteengpass vor. Die Arbeitsagentur schätzt die Chance für Bewerber:innen, eine Beschäftigung zu finden dennoch als hoch ein. In Zahlen ausgedrückt: Auf jede offene Stelle für Pharmazeutisch-technische Assistent:innen kommen 2,51 Arbeitslose. Auf Expertenniveau (z.B. Pharmazeut:in oder Regulatory Affairs Manager:in) sind es 2,41 Arbeitslose.

Es scheint ganz so, als ob Unternehmen aus den Bereichen Chemie und Pharmazie offenbar wirklich GAR KEINE Not haben, passende Bewerber:innen zu finden, denn anders lassen sich die Ergebnisse im Online Recruiting-Abschnitt unserer Studie kaum erklären.

Generation Z will sich mobil bewerben

Wir wissen, dass mittlerweile rund die Hälfte aller Zugriffe auf Stellenanzeigen über mobile Endgeräte stattfinden. Das wird sich in den nächsten Jahren voraussichtlich noch verstärken, schließlich sind die ersten Geburtenjahrgänge der Generation Z (ab 1997) bereits auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unterwegs. Diese präferieren laut einer Studie zu 53,5 Prozent die mobile Bewerbung gegenüber der traditionellen Bewerbung vom Desktop-Rechner aus. Zum Vergleich: In der Generation Y fällt das Verhältnis bei 38,1 zu 61,9 Prozent zugunsten der traditionellen Bewerbung aus.

Wir sehen bei unserer Untersuchung der Online Candidate Journey, dass zwar fast alle der über 100 untersuchten Unternehmen eine mobiloptimierte Karriereseite haben, 91 Prozent auch noch eine mobiloptimierte Stellenbörse, dass aber bei nur noch mageren 41 Prozent auch das Bewerbungsformular mobiloptimiert ist.

Pharma & Chemie Recruiting Mobiloptimierung
Quelle: Wollmilchsaustudie – Arbeitsmarkt und Recruiting in der Chemie- & Pharmaindustrie

Ein echter Conversion-Killer, denn sobald die Bedienung dem User zu lästig wird, bricht dieser den Prozess häufig ab. In die gleiche Kategorie fällt der Login-Zwang, bei dem die Branchen ebenfalls einen Negativrekord von 45 Prozent vorweisen können. Diese Erkenntnis ist aus zwei Gründen schade:

  1. Ganz offensichtlich wird hier ein dringend notwendiger Schritt der Digitalisierung verpasst, der vielen Unternehmen eventuell in nicht allzu ferner Zukunft auf die Füße fällt.
  2. Eine derart unternehmenszentrierte Sicht zeugt davon, dass sich knapp die Hälfte der Unternehmen in ihrem Arbeitgebermarkt so sicher fühlt, dass sie es nicht für notwendig hält, einen Blick auf potenzielle Arbeitnehmer:innen zu werfen und eine möglichst nutzerfreundliche Candidate Journey zu gestalten.

Recruiting für Chemie & Pharma: Angst vor zu vielen Bewerbungen?

Vielleicht sind diese Hürden aber auch bewusst gesetzt, falls sich in vielen Personalabteilungen Post & Pray eher darauf bezieht, nicht ZU VIELE Bewerbungen zu erhalten. Allerdings gibt es auch hierfür Maßnahmen, die keine Bewerbervermeidung darstellen, sondern darauf abzielen, Profile und Jobtitel zu schärfen und gezielt passende Kandidat:innen anzusprechen.

Tatsächlich kommt das großer ABER auch erst jetzt zum Schluss: Wirft man mithilfe unseres Jobspreader Marktdaten Checkers einen Blick auf die Arbeitsmarktdaten der jüngeren Vergangenheit, zeichnet sich ein anderes Bild. Die Quoten in den übergeordneten Berufsgruppen sehen gut aus. Auf der Ebene der Fachkräfte – also der breiten Masse der Gesuchten – zeigen sich aber sehr wohl Engpass- und Mangelprofile. Bei Chemielaborant:innen bewegte sich die Arbeitslosen-Stellen-Relation in den vergangenen sechs Monaten beständig unter der Marke von 2,5, bei Pharmazeutisch-technischen Assistent:innen durchgehend unter 3. Umso schlimmer sind vor diesem Hintergrund die Ergebnisse der Online Recruiting Studie.

Also: Auch wenn es auf dem aktuellen Arbeitsmarkt für Pharmazie und Chemie (noch) wenig Mangel an potenziellen Bewerber:innen gibt, sollten Unternehmen aktuelle Entwicklungen nicht ignorieren. Vielmehr sollten sie den Zeitpunkt nutzen, ihr Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting anzupassen, um sich für einen möglichen War for Talents zu wappnen. Denn aktuell – auch das zeigen die Marktdaten – scheint sich die Branche zu erholen und wieder vermehrt Stellen auszuschreiben. Und die müssen dann auch besetzt werden!

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Veröffentlicht am 04.05.2021

Asif Shaikh

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