Digitalisierung im Arbeitsleben: Neue Studie gibt Aufschluss über die Ängste der Deutschen

Neue Technologien können eine große Erleichterung sein, wenn es darum geht, unliebsame Tätigkeiten zu übernehmen und den Arbeitsalltag für alle Beteiligten zu erleichtern. Auch in Hochzeiten von Corona waren Unternehmen dankbar, wenn die eigene Digitalisierung im Arbeitsalltag sowie im Recruiting schnell vonstatten ging und Prozesse trotz Abwesenheit der Mitarbeiter:innen ermöglicht wurden. Gleichzeitig sorgen die modernsten Entwicklungen bei Arbeitnehmer:innen für Besorgnis und schüren die Angst, dass viele Positionen über kurz oder lang durch die neusten Technologien ersetzt werden.

In der aktuellen EY-Jobstudie, für die mehr als 1.550 Arbeitnehmer:innen in Deutschland befragt wurden, gab ein Viertel an, dass die Arbeitsbelastung durch die Digitalisierung (vor allem seit Corona) gestiegen sei. Nur 7 Prozent sehen eine Verringerung der eigenen Arbeitsbelastung durch die Digitalisierung.

EY Digitalisierung Recruiting Arbeitsbelastung

Bei diesem Digitalisierungstrend handelt es sich vor allem um Informations- und Kommunikationstechnologien, die sich im Homeoffice, dem Einsatz neuer IT-Anwendungen und verstärktem Arbeiten in virtuellen Teams zeigen. 35 Prozent der Befragten geben an, dass sich die Arbeitsprozesse hierdurch komplexer gestalten als zuvor. 29 Prozent sind hingegen der Ansicht, sie seien einfacher geworden.

Erfreulicherweise konnten 29 Prozent aufgrund der zunehmenden Digitalisierung sogar eine Steigerung der Kommunikation in ihrem Team feststellen.

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Digitalisierung: Mehrheit der Beschäftigten bildet sich regelmäßig fort

Um mit den Digitalisierungs-Trends Schritt zu halten, und ihre Mitarbeiter:innen auf die veränderten Arbeitsbedingungen vorzubereiten, bieten mindestens 45 Prozent der Unternehmen bereits Fortbildungsmaßnahmen an. Die Mehrheit der Beschäftigten scheint dies auch dankend anzunehmen. Die Studienergebnisse zeigen, dass sich 57 Prozent der Befragten regelmäßig fortbilden, um diese Veränderungen nicht zu verpassen und besser vorbereitet zu sein. Am weitesten verbreitet sind Fortbildungen in der Altersgruppe der 45- bis 54-Jährigen. Dieses Ergebnis dürfte nicht überraschen, da es in dieser Altersgruppe häufiger Nachholbedarf gibt als bei den jüngeren Arbeitnehmer:innen, die bereits mit Digitalisierung groß geworden und in den Arbeitsalltag gestartet sind.

Daraus resultiert auch, dass jüngere Beschäftigte wesentlich häufiger angeben, mit den Veränderungen Schritt halten zu können als ältere. Vor allem die unter 24-Jährigen geben an, dass sie sich der Digitalisierung zu 43 Prozent immer und zu 47 Prozent meistens gewachsen fühlen.

Neue Technologien ersetzen Arbeit bei jedem dritten Beschäftigten

Doch wie steht es um die Substitution von Arbeitsinhalten? Ganze 36 Prozent geben an, dass neue Technologien bereits heute Teile ihrer Arbeit entweder in erheblichem Umfang oder geringfügig ersetzt haben. Das ist mehr als jede:r dritte Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin. Davon betroffen ist vor allem die Telekommunikations- und IT-Branche. In diesem Bereich sind es ganze 42 Prozent. Beschäftigte der Gesundheitsbranche hingegen spüren keinerlei Auswirkungen.

Diese Veränderungen gehen natürlich vor allem in den stark betroffenen Branchen nicht spurlos an den Arbeitnehmer:innen vorbei. Insgesamt 12 Prozent der Beschäftigten sehen aufgrund der eben genannten Entwicklung sogar ihren Arbeitsplatz in Gefahr. Das bedeutet, dass jeder achte Beschäftigte in Deutschland fürchtet, aufgrund von Digitalisierung seinen Job zu verlieren. Auch hier ist die Immobilien-, Banken-, und Versicherungsbranche auf Platz 1 – dicht gefolgt von der Automobilindustrie. Telekommunikation und IT hingegen befindet sich hier nur auf dem sechsten Platz.

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Wachstum hoch drei – Tech-Recruiting im Hypergrowth

Wann seid ihr in eurem Arbeitsalltag jemals in der Situation gewesen, zwei oder drei gute Kandidat:innen für eine Stelle zur Auswahl zu haben und zu sagen: „Ach, ich nehm‘ sie einfach alle!“ Noch nie? Dann arbeitet ihr vermutlich nicht in einem Unternehmen, das sich gerade im sogenannten Hypergrowth befindet. Im Rahmen unseres Fachtags für IT-Recruiting haben wir mit Christian Portig gesprochen, er ist Teamlead für Tech-Recruiting im Hypergrowth-Umfeld und verrät, wo dabei die größten Herausforderungen liegen. Ein kleiner Hinweis dazu: Es handelt sich um eine Transkript-Abschrift, eine gewisse Sprachlichkeit im Ton ist also beabsichtigt.

Christian, Du arbeitest bei einem Unternehmen mit dem etwas sperrigen Namen Just Eat Takeaway.com. Berichte doch mal, wer Ihr seid und wie Du dort gelandet bist.

In Deutschland kennt Ihr uns wahrscheinlich eher als Lieferando – das ist der lokale Markenname. Ich selbst arbeite jetzt seit fast zwei Jahren hier in der Nähe von Amsterdam und leite ein Team, das sich auf unser Headquarter in Amsterdam und unser Techhub in Enschede fokussiert. Dort liegt der Schwerpunkt dann wiederum auf Engineering und Product Hiring.

Insgesamt bin ich jetzt seit ungefähr zehn Jahren im Bereich Talent Acquisition unterwegs. In den letzten vier bis fünf Jahren als Teamlead oder Manager mit einem starken Fokus auf Tech- und Product-Rollen. Vorher war ich bei der P3-Group tätig und habe dort das Thema Sourcing und das dazugehörige Team intern aufgebaut.

Ihr seid gerade in einer starken Wachstumsphase, die in der Tech-Szene gerne als „Hypergrowth“ bezeichnet wird. Was bedeutet denn Hypergrowth in Zahlen?

Auf der theoretischen Seite spricht man ab einem jährlichen Wachstum von 40 Prozent aufwärts von Hypergrowth. Alles was darunter ist, wird bis 20 Prozent als Rapid growth bezeichnet. Ganz konkret bedeutet es für uns, dass wir uns jedes Jahr im Hinblick auf den Headcount mindestens verdoppeln oder verdreifachen. Ende diesen Jahres werden wir 2.000 Engineers und Product Mitarbeiter sein. Das ist eine Zahl, die ich mir selbst auch manchmal auf der Zunge zergehen lassen muss. Um es etwas zu relativieren: Es handelt sich dabei um globale Zahlen aus aktuell 24 Ländern und wir zählen auch Mergers damit hinein. Heißt also, wir sind nicht nur organisch auf diese Größe gewachsen.

Welche Auswirkungen hat denn dieses Wachstum auf Eure Prozesse?

Das ist zuallererst Chaos für die gesamte Organisation. Man muss klarerweise sagen, dass man diesen Zustand nicht für immer aufrechterhalten kann. Es funktioniert eine gewisse Zeit lang, wenn wirklich alle an einem Strang ziehen und es auch wirklich gelebt wird. Jeder muss sagen: Okay, das ist unser Fokus und wir müssen dieses Jahr verdoppeln.

Diese Order kommt dann auch top-down vom CTO an alle Hiring Manager, dass ein Großteil der Zeit für Recruiting und Onboarding und alles, was damit einhergeht aufgewendet wird.

Wie schätzt du den Einfluss von Hypergrowth im Hinblick auf die Candidate Experience ein?Tech-Recruiting Zitat Christian PortigProzessseitig ist es ein schmaler Grat, auf dem man sich bewegt. Grundsätzlich wissen wir schon im Voraus, dass wir bestimmte Skills oder Erfahrungen rekrutieren müssen. Das heißt, dass die Kandidaten solche Situationen und Aufgaben im Idealfall bereits in ihrer Karriere erlebt haben und damit umgehen können. Das darf niemand sein, der in seinem Arbeitsumfeld ganz viel Stabilität benötigt. Intern nennen wir das „Changereadiness“.

Wer zu uns kommt, muss bereit sein, wirklich mit diesen häufig stattfindenden und sehr schnellen Veränderungen umzugehen. Wenn wir diesen Prozess gut begleitet und durchgeführt haben, wissen die Kollegen und Kolleginnen dann bereits in etwa, was im Onboarding auf sie zukommt: Es wird kein regulärer 9 to 5 Job mit perfektem Onboarding und einem Manager, der Dich erwartet. Vielleicht ist der Manager schon gar nicht mehr da oder hat schon wieder eine andere Rolle. Das ist natürlich eine große Herausforderung für die Unternehmenskultur. […] Und die Candidate Experience ist uns sehr wichtig ist. Trotzdem oder auch gerade weil wir so große Massen bewegen.

Was bedeuten denn diese Massen in Profilen oder Clustern für den Tech-Bereich? In welchen Schwerpunkten stellt ihr ein?

Tatsächlich haben wir in der Regel ein bestimmtes Schema, das sich immer wieder wiederholt. Ein einfaches Beispiel: Wir hiren einen Produktmanager. Dann wissen wir, dass auf der Engineering-Seite ein Team von fünf Leuten steht, die ebenfalls eingestellt werden müssen. Dieses Team setzt sich immer gleich zusammen, aus UX/UI, QA und Developern. Ohne einen Developer kann ein Produktmanager nicht arbeiten, andersherum funktioniert es genauso wenig. So wiederholt sich das immer und immer wieder. Das Workflowplanning und das Capacityplanning richten sich danach aus, wie die Teams aufgestellt sein sollen.

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Die meisten Recruiter:innen bekommen schon Kopfschmerzen, wenn sie nur eine oder zwei dieser Stellen besetzen müssen. Wie könnt Ihr denn nachts eigentlich noch schlafen bei diesen Mengen?

Das ist tatsächlich Teil dieser Kultur und wir müssen in der Realität immer damit rechnen, dass man selbst ein Quartal für abgeschlossen hält und dann vom Head of Product nochmal die Anfrage kommt, ein Team zu verdoppeln.

Für mich als Teamlead bedeutet dieses Wissen, dass ich mein Team nicht ständig auf maximale Kapazität auslaste und uns damit einen gewissen Spielraum nach oben hin freihalte. In den Spitzen der Auslastung haben wir aber auch auf Recruitment Process Outsourcing (RPO), Freelancer und Agenturunterstützung zurückgegriffen. Mein Team kann deshalb noch gut schlafen, weil mir und uns die Work-Life-Balance wichtig ist und wir darauf achten, dass sie nicht verloren geht. Abgesehen davon brauchen wir alle auch unseren Schlaf, denn tatsächlich befinden wir uns in einem Marathon, nicht in einem Sprint: Im Idealfall geht dieses Wachstum noch zwei bis drei Jahre so weiter.

Wirklich unglaublich finde ich zu sehen, wie sehr sich die Recruiter für die Hiring Manager reinhängen und mit welcher Hingabe sie teilweise arbeiten. Das geht zum Teil weit über Recruiting hinaus, Richtung Onboarding oder Teamaufstellungen. Es liegt dann in den Händen der erfahreneren Recruitern oder mir als Teamlead, in solchen Situationen auch Grenzen zu ziehen oder gemeinsam an der Priorisierung von Aufgaben zu arbeiten.

Du hast die Fachabteilungen vorhin bereits erwähnt. Wie positioniert und organisiert Ihr Euch in der Zusammenarbeit?

Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit relativ frei, auch wenn es natürlich Instrumente und Hebel gibt, und die Teams auch dazu angehalten sind, diese zu nutzen. Je besser die Zusammenarbeit zwischen Talent Acquisition und Business ist, desto erfolgreicher bist du im Recruiting – das steht für mich außer Frage.Tech-Recruiting Zitat Christian PortigAber ganz konkret: Empfehlungen sind ein sehr wichtiges Instrument, um im Marketgrowth überhaupt zu überleben. Neben dem Sourcing schalten wir auch gezielt Kampagnen und Ads. Wir haben bei uns eine sehr gute Partnerschaft mit dem Business und bekommen auch ohne aktive Nachfrage häufig Empfehlungen für mögliche Kandidaten. Darüber hinaus haben wir auch gemeinsame Sourcing-Sessions, in denen wir den Hiring-Managern „Shortlists“ von Kandidaten erstellen, die wir bisher noch nicht angesprochen haben.

Nach dem Check durch den Hiring-Manager beginnen wir dann erst mit dem Engagement der ausgewählten Kandidaten. Und je besser diese Ausrichtung aufeinander grundsätzlich funktioniert, umso schneller können wir agieren. Und umso enger wir zusammenarbeiten, Fachbereiche und Business beraten und wirklichen Mehrwert liefern können, desto besser ist es für beide Seiten: Wir können dann dem Business Zeit zurückgeben und die können sich wieder auf das fokussieren, was sie eigentlich machen sollten, nämlich unsere App zu verbessern, unsere Logistik-Services zu optimieren und unsere Datenbanken zu verbessern. Das ist das Ziel.

Wie behält man denn den Überblick, wenn man in solchen Größenordnungen sourced wie Ihr?

Gute Frage! Wir sind aktuell dabei, ein CRM zu implementieren, um unsere Prozesse noch sauberer nachvollziehen zu können und beispielsweise auch Zweitplatzierte im Rennen um eine Stelle zu einem späteren Zeitpunkt nochmal ansprechen zu können. Hier liegt aber wiederum auch ein ganz klarer Vorteil des Hypergrowth: In der Regel haben wir eh zwei oder drei Positionen, die wir besetzen müssen. Konkret heißt das, dass wir uns manchmal gar nicht zwischen zwei sehr guten Kandidaten entscheiden müssen, sondern zwei einstellen, wenn zwei da sind oder sogar drei, bei denen es wehtun würde abzusagen.

Was ist dein Learning aus den letzten zwei Jahren und dieser Phase im Unternehmen? Gibt es etwas, was Du besonders hervorheben kannst?

Da gibt es auf jeden Fall einige Dinge, die ich gelernt und sicher auch schon deutlich gemacht habe: Hypergrowth ist etwas ganz spezielles und nicht vergleichbar mit anderen Unternehmen oder Lebenszyklen von Unternehmen. Ein großer Unterschied ist auf jeden Fall, dass personell wirklich Ressourcen da sind, die beim Recruiting unterstützen und dass auch das Budget keine ganz so vordergründige Rolle spielt. Auch (schriftliche) Planung wird nicht mehr so ernst genommen, wenn man sehr agil sein muss. Das sind klarerweise die größten Unterschiede zu allem, was man sonst so erlebt.

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Pendlerströme – ungenutztes Potential fürs HR?

Winter 2017, ich auf dem Weg zu meinem ersten Job nach fünf Jahren Studium. Der Drill war wie folgt: Aufstehen 4:30 Uhr und fertig machen, 5 Uhr das Haus verlassen und Richtung S-Bahn Haltestelle. 5:15 Uhr Richtung Ulm Hauptbahnhof, 6:00 Uhr in den IC nach Stuttgart und beten um Pünktlichkeit. Ankunft um 7:05 Uhr. Warten und letzte Weiterfahrt um 7:18 Uhr. Beginn des Arbeitstages um 7:30 Uhr. Am frühen Abend das ganze Spiel nochmal für die Rückfahrt. Pendelzeit für den Hinweg 2,5 Stunden; Hin- und Rückweg 5 Stunden. Wahrlich eine hohe Pendelbereitschaft.

Damit gehörte ich zu rund 12,5 Millionen Menschen in Deutschland die täglich zur Arbeit pendeln. Das sind etwa 38 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, deren Wohn- und Arbeitsort in unterschiedlichen Gemeinden liegen.

Bei einem so großen Anteil lohnt es sich genauer hinzuschauen, denn für das Recruiting tun sich hier relevante Fragen auf: Bietet der lokale Arbeitsmarkt genug Bewerber:innen? Was sind mögliche Anreize, um Kandidat:innen aus anderen Gemeinden an den gewünschten Standort zu ziehen? Wie ist die zu erwartende Pendelbereitschaft? Und am wichtigsten für uns: Wo ergibt es am meisten Sinn, Stellenanzeigen auszuspielen?

Wir haben uns für euch die täglichen Pendlerverflechtungsdaten der Bundesagentur für Arbeit für alle deutschen Landkreise und kreisfreien Städte angeschaut, um Entscheidungshilfen für genau solche Fragen zu geben.

Große Stadt = Mehr Pendler? Pendlerströme im Vergleich

Dass Menschen vom Land in die Stadt pendeln, ist kein Geheimnis. Man könnte deshalb meinen, dass große, also bevölkerungsreiche, Städte mehr Pendelnde anziehen als kleine. Oder? Betrachten wir dafür zuerst die Zahl an Ein- und Auspendelnden pro Gemeinde im Streudiagram.

Für einen besseren Überblick sind Kreise entsprechend ihrem Pendlersaldo, also der Differenz aus Ein- und Auspendelnden im Verhältnis zur Bevölkerung, eingefärbt und skaliert um die Größe der Tagesbevölkerung. Wir sehen zum Beispiel, dass im Rhein-Sieg-Kreis doppelt so viele Beschäftigte aus- wie einpendeln.

München hat ein 2 zu 1-Verhältnis, Duisburg ein 1 zu 1-Verhältnis von Ein- zu Auspendelnden und nach Schweinfurt pendeln, trotz einer Tagesbevölkerung von nur 53.000 Menschen, 5-mal so viele Menschen rein wie raus. Im Fall Wolfsburg, mit einer Tagesbevölkerung von 192.000, sind es sogar 8-mal so viele!

Wir schlussfolgern: Die Größe einer Stadt ist nicht zwingend ein Indiz für hohe Pendlerströme. Aber was dann? Schließlich haben nur 30 Prozent der Kreise ein positives Pendlersaldo. Anders ausgedrückt: aus 70 Prozent der deutschen Landkreise (278 an der Zahl) wird vorwiegend hinausgependelt, wie folgende Choroplethenkarte verdeutlicht.

Wenn es nicht auf die Größe ankommt, worauf dann?

Der Arbeitsmarkt für Data Scientisten sah 2017 eher mau aus in Ulm. Das Berufsfeld selbst war noch dabei sich zu etablieren und als Einsteiger, mit dem akademischen Knowhow des praxisfernen Elfenbeinturms, hatte ich generell schlechte Karten. Außerhalb zu arbeiten, um eine Karriere in diesem Gebiet einzuschlagen, war eine Notwendigkeit. Nicht umziehen wollen und folglich zu pendeln, eine Wahl: Die richtigen Anreize sind hier entscheidend.

Betrachten wir obige Choroplethenkarte erneut, wird ersichtlich,  warum Menschen tendenziell eher vom Land in die (kreisfreie) Stadt pendeln: Der Arbeitsort muss wirtschaftlich lukrativ sein, um Beschäftigte anzulocken. Deutlich wird das bei den beiden Extremen: Die kreisfreie Stadt Schweinfurt, mit einem relativen Pendlerzufluss von 60 Prozent hat ein pro Kopf BIP von 99.000 Euro und ist damit deutschlandweit auf Platz 6.

Das mag überraschen, aber Schweinfurt ist ein nennenswerter Standort der Großindustrie: Die zwei größten Wälzlagerhersteller der Welt sind hier ansässig, Svenska Kullagerfabriken und die ZF Friedrichshafen. Mit von der Partie ist der Automobilzulieferer Schaeffler, der hier seinen weltweit größten Konzern-Standort hat. Dem Ganzen steht der Rhein-Pfalz-Kreis mit einem Pendlerabfluss von -23 Prozent und einem Pro-Kopf-BIP von 20.000 Euro gegenüber (das entspricht dem drittletzten Platz).

Der Zusammenhang scheint umso ersichtlicher, stellt man das BIP pro Kopf ins Verhältnis zum relativen Pendlersaldo.

Wir schließen daraus: Hohe Pendlerströme gehen einher mit einer hohen Wirtschaftlichkeit, nicht mit der Größe einer Stadt.

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Deutschland, ein Pendlernetzwerk

Betrachten wir folgende Situation: Wir sehen uns mit der Aufgabe konfrontiert, Stellenausschreibungen für unseren Standort auszustellen. Wir haben uns die Pendlerströme angeschaut und können unseren Standort im deutschlandweiten Vergleich einordnen. Dabei stellen wir fest, dass wir in einer (wirtschaftlich schwachen) Gegend angesiedelt sind, in der mehr Menschen aus- als einpendeln.

Wie gehen wir also am besten vor? Reine Pendlerströme helfen uns hier nicht weiter, denn wir wissen nicht von wo einzelne Pendelnde kommen und wohin sie gehen. Wir müssten die Pendleranzahl für jede mögliche Strecke zwischen allen Wohnorten und Arbeitsstätten analysieren und – in Anbetracht der schieren Masse an Daten – intelligent visualisieren. Kommen wir damit zum Pendlernetzwerk.

pendler statistik für deutschland

Jeder Kreis Deutschlands wird durch einen Knotenpunkt repräsentiert, Pendelströme zwischen den Kreisen durch gerichtete Kanten (Pfeile, die vom Wohn- zum Arbeitsort zeigen). Je kürzer und dicker die Kanten sind, desto mehr Menschen pendeln diese Route und umso näher liegen die jeweiligen Kreise (in dieser Darstellung) beisammen. Zugegeben, abstrakt ist dieses Netzwerk, aber somit zeigt es Bereiche auf, die aus miteinander vernetzten Knotenpunkten bestehen – mit geografisch korrekter Darstellung weniger ersichtlich. Effektiv haben wir damit Regionen mit hohen wechselseitigen Pendlerströmen identifiziert.

Schön und gut – dass zwischen Dresden und Leipzig viel gependelt wird und sich hier ein Cluster ergibt, wird die wenigsten überraschen. Ebenso wenig verwunderlich, dass NRW, das bevölkerungsreichste Bundesland, als Ganzes Pendlerverflechtungen aufweist. Was hingegen überrascht ist die Anordnung der Cluster relativ zueinander; das gibt Aufschluss über Langstreckenpendelnde. So ist z.B. die Bereitschaft aus NRW nach Berlin, Dresden oder Hamburg zu pendeln größer als nach Stuttgart oder München, denn in unserer Darstellung ist der NRW-Cluster von letzteren weiter entfernt.

Wer wissen möchte, wie gut sein Standort angebunden ist, kann sich hier ein Bild vom Netzwerk im Detail machen.

Wie weit würdest du pendeln?

Jede:r hat seinen Preis und sind die Anreize gut genug, fährt man auch entsprechend weit zur Arbeitsstätte. Allgemein lassen sich aber klare Tendenzen erkennen: die Pendelbereitschaft nimmt mit der Distanz ab. Sind dabei kürzere Strecken immer zu bevorzugen? Werfen wir einen Blick auf die Daten und versuchen wir eine Faustregel abzuleiten.

Wir haben uns für alle Verbindungsstrecken die Distanz (als Luftlinie, also die kürzeste Verbindungsstrecke) zwischen den Kreisen berechnet und ins Verhältnis gesetzt zur Anzahl an Beschäftigten, die diese Route pendeln. Normiert um die Gesamtzahl aller Pendelnden erhalten wir die Pendelbereitschaft als Wahrscheinlichkeitswert. Diese Messgröße gibt an, wie wahrscheinlich es ist, dass jemand gewillt ist, von seiner Gemeinde in eine andere zu fahren, um zur Arbeit zu gelangen; abhängig davon wie weit diese vom Wohnort entfernt ist.

Pendlerstrecke in km

Was bei der Grafik überrascht, ist die hohe Bereitschaft zwischen 10 und 40 Kilometern zu pendeln. Wir würden erwarten, dass die Bereitschaft konsequent mit der Distanz zum Wohnort abnimmt und damit am höchsten für 0 bis 10 Kilometer ist. Wir merken an: Der Sprung nach oben bei 100 Kilometern ist künstlich. Der Übersicht halber haben wir ab einer Distanz von 100 km die Intervalle von 10 auf 50 Kilometer erhöht.

Wie sich unser Pendlernetzwerk ändert, wenn man nur die Verbindungen mit der höchsten Bereitschaft übriglässt, könnt ihr hier erkunden. Ob und wie sich die Pendelbereitschaft zwischen Männern und Frauen unterscheidet, erfahrt ihr im nächsten Abschnitt. An dieser Stelle halten wir fest: Die höchste Pendelbereitschaft erzielt man zwischen 10 und 40 km.

Unterschiedliches Pendelverhalten zwischen Mann und Frau?

Zum Abschluss ein kurzer Blick auf Geschlechterverteilungen. 54 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland sind Männer, 46 Prozent Frauen. Bei den Pendlerzahlen ist das Verhältnis etwas ungleicher: 58 Prozent Männer, 42 Prozent Frauen. Schaut man sich den Anteil von Pendlern an den Beschäftigten an, sieht man gleichermaßen, dass von den 38 Prozent Pendelnden 22 Prozent Männer und 16 Prozent Frauen ausmachen. Können wir folgern, dass die Bereitschaft von Männern, zu Pendeln, höher ist als bei Frauen?

Schauen wir dafür auf die Geschlechterverteilung pro gependelter Strecke, bei der die Anzahl an pendelnden Männern ins Verhältnis gesetzt wird zur Gesamtzahl. Die Folge: eine Geschlechterverteilung von über 50 Prozent spricht dafür, dass eine Strecke vorwiegend von Männern gefahren wird, eine Verteilung von unter 50 Prozent vorwiegend von Frauen. Im Histogramm über alle Strecken wird klar, dass im Schnitt 67 Prozent aller Pendlerstrecken von Männern befahren werden.

Anteil an männlichen Berufspendlern

Interessant ist der Ausschlag bei 100 Prozent, also Strecken die ausschließlich von Männern gependelt werden. Schaut man sich diese genauer an, fällt auf, dass es sich um schwach befahrene Routen handelt (mit maximal 40 Pendlern pro Strecke) und sie einen Anteil von lediglich 4 Prozent am gesamten Pendelvolumen ausmachen. Filtern wir diese Strecken, so sind es im Mittel immer noch 64 Prozent aller Strecken, die von Männern gependelt werden.

Die Grafik sagt jedoch nichts über die zurückgelegten Distanzen aus. Kurze Strecken mit wenigen Pendlern erscheinen genauso relevant wie längere Strecken mit vergleichsweise vielen Pendlern. Es lohnt sich deshalb einen Blick auf die Pendelbereitschaft, berechnet für beide Geschlechter, zu werfen.

Pendlerstrecke nach Geschlecht

Männer sind eher bereit, längere Strecke zu pendeln. Das zeigt die Pendelbereitschaft, die ab einem Grenzwert von 30 km für Männer höher ist als für Frauen. Der Effekt ist allerdings marginal. So pendeln 48 Prozent aller beschäftigten Männer bis zu 30 km und 52 Prozent mehr. Bei den beschäftigten Frauen sind es 54 Prozent die bis zu 30km und 46 Prozent, die mehr pendeln.

Was nehmen wir mit?

Halten wir abschließend fest, welchen Einblick uns unsere Daten geben konnten:

  1. Die Größe eines Landkreises/einer kreisfreien Stadt ist nicht ausschlaggebend für Pendlerströme.
  2. Ein positives Pendlersaldo geht einher mit hoher wirtschaftlicher Aktivität.
  3. Wir haben Pendlerverflechtungen im Netzwerk visualisiert und dabei Clusterbildungen beobachtet.
  4. Die Pendelbereitschaft ist zwischen 10 und 40 km am höchsten.
  5. Die Bereitschaft von Männern, längere Strecken zu pendeln, ist geringfügig höher als die von Frauen.

Menschen werden auch in Zukunft weiterhin pendeln. Bereits 2016 errechnete das Institut für Wirtschaftsforschung die pro Tag von Pendelnden gefahrene Strecke auf etwa 701 Millionen Kilometer. Ebenso nahm die mittlere Pendeldistanz zwischen 2000 und 2014 um 21 Prozent zu, so das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Ob mit weiterem Zuwachs zu rechnen ist, bleibt abzuwarten, denn neben Faktoren wie den steigenden Immobilen- und Wohnpreisen, steigt auch die Akzeptanz des mobilen Arbeitens durch die gegenwärtige Pandemie in vielen Unternehmen.

Persönlich ist für mich klar: Langstreckenpendeln, nein danke. Inzwischen ist mein Arbeitsweg deutlich kürzer und ich darf mich zu den 62 Prozent der Beschäftigten zählen, die ihre Gemeinde nicht verlassen müssen für den täglichen Weg zur Arbeit.

Anmerkungen zur Auswertung

Alle Daten liegen bei der Statistik BA und dem Statistikportal des Bundes vor (Schlagwort Pendleratlas). Genutzt wurden tägliche Pendlerverflechtungsdaten, Beschäftigungszahlen und Daten aus dem Gemeindeverzeichnis zum Stichtag 30 Juni 2020. Pendlerdaten für das Jahr 2021 lagen zum Zeitpunkt der Auswertung noch nicht vor, um es einheitlich zu halten wurden alle Quellen für 2020 ausgewertet. Weiterhin in die Analyse aufgenommen wurden Zahlen zum BIP pro Kopf auf Kreisebene (letzter Stand 2019).

Anschließend wurden die verschiedenen Datentöpfe über die fünfstellige Kennziffer der Gemeinden, dem Kreisschlüssel, zusammengeführt. Zum einen wurden Kenngrößen für alle Gemeinden, wie der Summe aller Ein- und Auspendelnden, der Bevölkerung und Beschäftigungszahlen erhoben. Zum anderen wurde die Anzahl an Pendelnden pro Tag, für jede der 43.000 Pendlerstrecken (in beide Richtungen) aus den Daten errechnet.

Die Aufbereitung und Auswertung der Daten fanden in der Programmiersprache Python statt. Interaktive Grafiken wurden mit Datawrapper, statische Grafiken in Python erstellt. Die Pendlernetzwerke wurden im Softwarepaket Gephi modelliert.

Anmerkungen zum Pendlernetzwerk

Das Pendlernetzwerk ist die visuelle Darstellung eines Knoten-Kanten-Netzwerkes. Hier werden Landkreise und kreisfreie Städte durch Knotenpunkte dargestellt und Pendelnde durch gerichtete Kanten (einseitige Verbindungspfeile, deren Pfeilspitzen die Richtung der Pendlerströme aufzeigen). Doch wir haben mehr Gestaltungsspielraum.

  1. Wir können die Größe der Knotenpunkte anpassen, entsprechend der Tagesbevölkerung. Wir wissen, dass es sich bei kreisfreien Städten um Orte großer Bevölkerung handelt; mit dieser Wahl legen wir einen Fokus auf kreisfreie Städte statt auf Landkreise.
  2. Wir können die Farbe der Knotenpunkte wie in unserer Choroplethenkarte wählen, um Gemeinden mit positiven/negativen Pendlersaldos zu kennzeichnen.
  3. Wir können die gerichteten Kanten entsprechend der Pendlerzahlen anpassen: Je kürzer und je dicker eine Kante ist, desto mehr Pendler gibt es zwischen Wohn- und Arbeitsort. Damit wird es zur Clusterbildung kommen und wir werden Pendlerverflechtungen sehen.

Anmerkungen zur Pendelbereitschaft

Zur Bestimmung der Pendeldistanz haben wir einen simplen Ansatz gewählt: über das Gemeindeverzeichnis des statistischen Bundeamtes kommt man an die geografischen Mittelpunktkoordinaten für jede Gemeinde. Darüber lässt sich für jede Pendlerstrecke, für die wir Pendlerzahlen haben, die kürzeste Verbindungsstrecke, die Luftlinie, errechnen.

Ist das nicht eine starke Vereinfachung? Ist es, denn zum einen nehmen wir an, dass alle Pendelnden von Gemeindemittelpunkt zu Gemeindemittelpunkt fahren. Zum anderen orientieren sich Fahrtstrecken an der vorhandenen Infrastruktur. Reale Distanzen sind somit immer länger als Luftlinien und nicht eindeutig. Das Problem mit den Distanzen lässt sich z.B. über die Google Maps Distance Matrix API lösen, erfordert jedoch eine Lizenz und ist damit kostenpflichtig. Unser Ansatz ist simpel, aber Luftlinien und Mittelpunktkoordinaten genügen beim Verständnis allgemeiner Zusammenhänge.

Testen wir den Ansatz auf Plausibilität: Für 2016 errechnete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung die pro Tag von Pendelnden gefahrene Strecke auf etwa 701 Millionen Kilometer. Mit unserer Schätzung von 699 Millionen Kilometern sind wir überraschend präzise. Die offizielle Rechnung ist allerdings für 2016. Außerdem sollten wir höhere Zahlen erhalten, da wir mit Luftlinien gerechnet haben welche Distanzen deutlich unterschätzen.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung veröffentlichte 2018 eine Studie, in der ein Zuwachs in der mittleren Pendlerdistanz von 21 Prozent verzeichnet wurde (im Zeitraum 2000 bis 2014). Ausgehend von einer Fortführung des Trends ist das ein weiteres Argument für unsere Schätzung.

Wie schaut der Zusammenhang zwischen Pendlern und zurückgelegter Strecke aus?

Länge der Pendlerstrecke in Deutschland

Im Streudiaramm sehen wir deutlich: Je größer die Entfernung zum Arbeitsort ist, desto weniger Pendelnde finden sich dafür. Den beigefügten Histogrammen entnehmen wir weiterhin:

  1. Die meisten Kombinationen aus Wohn- und Arbeitsort werden von wenigen Leuten gependelt. Das erklärt den hohen Ausschlag in der Verteilung über die Anzahl an Pendelnden. Darunter finden sich Raritäten wie die Pendlerstrecke vom Ostallgäu nach Flensburg. Mit einer Pendlerzahl von 18 Personen. Und einer Strecke von über 900 km.
  2. Die meisten Pendlerstrecken haben eine Luftlinie von 100 km. Aber Vorsicht: Es wird nichts darüber gesagt, von wie vielen Menschen diese Strecke befahren wird (siehe Ostallgäu-Flensburg). Warum bei 100 km und nicht geringer? Man erwartet doch, dass die meisten Beschäftigten (62 Prozent genaugenommen) innerhalb derselben Gemeinde wohnen und arbeiten. Dabei handelt es sich allerdings um Binnenpendler, die in unseren Daten nicht erfasst werden. Wir sollten genauer sein und unsere Aussagen immer vor dem Hintergrund treffen, dass von einer Gemeinde in eine andere gependelt wird.

Die eigentliche Frage lautet aber doch: Wie stark nimmt die Pendelbereitschaft mit der Distanz ab? Machen wir den Begriff greifbar.

Jeder Strecke ist inzwischen neben der Anzahl an Pendlern eine Distanz zugeordnet. Lasst uns nun jeder Distanz die gesamte Anzahl an Pendlern zuordnen. Beispiel: Von Lübeck nach Neumünster pendeln 167 Beschäftigte, von Braunschweig nach Celle sind es 210. Beide Strecken betragen 50 km. Damit erhöht sich die Anzahl an Beschäftigten, die bereit sind 50 km zu pendeln, um 377. Spielt man diese Logik für alle Strecken durch und normiert um die Summe aller Pendelnden, erhält man die Pendelbereitschaft, wie sie im Text aufgeführt ist.

Grenzen der Auswertung

  1. Wir haben Pendlerströme aus dem und in das Ausland unterschlagen und uns bewusst auf Pendelnde fokussiert, die in Deutschland arbeiten.
  2. Die Pendlerdefinition der BA berücksichtigt nicht mobiles Arbeiten und Homeoffice. Allgemein kann keine Aussage über die Art des Transportmittels (Zug, Auto, Fahrrad,…) getroffen werden.
  3. Die Analyse fand für das Jahr 2020 statt. Bei einer Betrachtung zum Stichtag werden keine Veränderungen über die Zeit erfasst. Die Auswirkungen der Pandemie können erst im kommenden Datensatz für das Jahr 2021 ausgewertet werden.

Verkehr und Logistik: Zwischen Massenarbeitslosigkeit und Fachkräftemangel

Großbritannien kämpft mit einem Mangel an LKW-Fahrer:innen, in Deutschland bekommt jede:r Bundesbürger:in im Durchschnitt 50 Pakete pro Jahr und die hiesigen Lokführer:innen verdienen künftig zwei Prozent mehr Gehalt. Drei Nachrichten aus der vergangenen Woche, die auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun haben. Auf den zweiten Blick aber schon: Sie zeigen, mit welchen Problemen die Verkehrs- und Logistikbranche kämpft.

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Die Mangelberufe in Verkehr und Logistik

Auf der einen Seite herrscht in einigen Berufen extremer Fachkräftemangel und der Nachwuchs fehlt, auf der anderen Seite stehen viele Arbeitslose Stellen gegenüber, die sich mit ihnen wegen mangelnder Qualifikation nicht besetzen lassen. Im Bereich Verkehr und Logistik (ohne Führung von Fahrzeugen) kommen auf eine ausgeschriebene Stelle ganze 14,75 Arbeitslose. Bei den Führer:innen von Fahrzeug- und Transportgeräten sind es über alle Jobs hinweg 6,75. Und trotzdem gibt es in der Branche einen starken Fachkräftemangel, der sich zeigt, wenn man die einzelnen Jobs genauer unter die Lupe nimmt.

Fachkräftemangel in Verkehr & Logistik

So zeigt sich etwa bei den Lokführer:innen, dass rein rechnerisch nicht einmal jede zweite Stelle besetzt werden kann. Ebenfalls große Mängel zeigen sich bei den Kaufleuten und LKW-Fahrer:innen.

Das Anforderungsniveau steigt

Digitalisierung sei Dank lassen sich viele Bereiche in Verkehr und Logistik mittlerweile automatisieren. Heute hat die Branche noch einen hohen Anteil an Hilfskräften. Dieser sinkt allerdings kontinuierlich und sorgt für hohe Arbeitslosenzahlen, denn die Jobs für Geringqualifizierte werden weniger.

Verkehr und Logistik Infografik: Weniger Hilfskräfte

In nur drei Jahren hat die Zahl der Beschäftigten auf Helfer:innenniveau um 2,7 Prozent in Verkehr und Logistik abgenommen, während alle anderen Anforderungsniveaus deutlich zunahmen. Im Bereich Führung von Fahrzeug- und Transportgeräten sank der Helfer:innenanteil gar um 6,5 Prozent. Allerdings nahm hier auch der Anteil der Expert:innenstellen deutlich ab.

Was die Beschäftigten wollen

Die geringe Zahl an verfügbaren Fachkräften führt zu einem großen passiven Arbeitsmarkt, Fachkräfte werden also aus bestehenden Arbeitsverhältnissen abgeworben. Arbeitgeber, die da mithalten wollen, müssen ihren Mitarbeiter:innen deshalb die gewünschten Bedingungen bieten, um sie zu halten.
Der Fachkräftereport der Onlineplattform meinestadt.de ergab in diesem Jahr, dass die Beschäftigten in Verkehr und Logistik von ihren Arbeitgebern gar keine weltbewegenden Dinge wollen: 77,5 Prozent der 373 Befragten in der Logistik gaben an, dass ihnen ein sicherer Arbeitsplatz wichtig ist. Mit 79,1 Prozent wünschen sich noch etwas mehr eine pünktliche Gehaltszahlung. Außerdem wichtig ist eine gute Unternehmenskultur mit der Anerkennung der eigenen Leistung durch Vorgesetzte (51,7 Prozent) und einem guten Verhältnis zu den Kolleg:innen (54,2 Prozent).

Wie sich Arbeitgeber positionieren

Wenn es darum geht, herauszufinden, ob es sich bei einem potenziellen Arbeitgeber um ein gutes Unternehmen handelt, sagen knapp 70 Prozent der Befragten, sie würden dessen Karriere-Webseite checken. Wir haben darum untersucht, wie es um das Arbeitgeber-Branding von knapp 140 Unternehmen aus der Branche steht. Finden potenzielle Bewerber:innen leicht, was sie suchen? Wie können Sie sich bewerben? Sind die Seiten mobil optimiert? Unsere Branchenstudie zum Recruiting in Verkehr und Logistik gibt Auskunft.

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