Was bei den Azubi-Recruiting Trends Studien 2017 und 2018 bisher so rumgekommen ist, könnt Ihr bei uns im Blog nachlesen – und hier im Folgenden schon in einige Tipps aus dem Whitepaper reinschnuppern.
Zur Erinnerung: Was sich die Azubis wünschen, was die Azubis sagen:
Bevor es mit den Tipps losgeht, nur ein paar kleine Schmankerl aus den letzten Umfragen.
Bekannt ist: Azubis sind keine einfache Zielgruppe. Je nach Bereich kann sich das Recruiting von Auszubildenden zu einer enormen Herausforderung mausern – zum Beispiel im Handwerk. Doch auch andere Faktoren, wie die zunehmende Akademisierung und der demografische Wandel, spielen eine Rolle.
Und was ist mit den Jugendlichen, für die eine Ausbildung als Zukunftsperspektive in Frage kommt? Die sind auch nicht von gestern, das dürfte klar sein. Einfacher macht das das Recruiting aber nicht.
– Digital ja, aber zwanghaft hip? Lieber nicht! Bei den Recruiting Trends Studien 2017 & 2018 kam unter anderem heraus, dass Azubis sich Ausbildungsbetriebe wünschen, die nicht im letzten Jahrhundert feststecken. Das heißt auf der einen Seite: E-Learning-Angebote werden geschätzt und Berichtshefte würden ca. 40% der Befragten am liebsten komplett digital führen. Auf der anderen Seite aber wünschen sich die Azubi-Teilnehmer etwas Zurückhaltung im Bereich Social Media: Wer in ihre Hoheitsgebiete, sprich Snapchat oder WhatsApp eindringt, muss mit Abstrafung rechnen. Das finden die Teilnehmer nämlich vor allem eins: nicht authentisch.
– Hoch im Kurs stehen auch Praxisangebote: Auch Azubis wissen, dass der erste Eindruck trügen kann. Viele haben sich deshalb Formen von Probearbeit gewünscht: “Es wäre schön, wenn es nicht nur ein Bewerbungsgespräch gibt (wo man sowieso schon sehr aufgeregt ist), sondern vermehrt auch das Angebot (nach Möglichkeit) 1-2 Tage Probe zu arbeiten, um das Umfeld besser kennen zu lernen”, heißt es da zum Beispiel im O-Ton.
– Schulnoten sind nicht alles. Azubi-Teilnehmer (und auch die Macher der Studie) glauben, dass der Charakter und die persönlichen Stärken bei der Wahl der Ausbildungsstelle viel wichtiger sind. Azubi-Teilnehmer-O-Ton dazu: “Nur auf die Noten zu achten bringt kein ausreichend großes Informationsspektrum”.
Was wir aus 6 Jahren Forschung gelernt haben: Auszüge aus dem Whitepaper 20 Erkenntnisse aus der Studie „Azubi-Recruiting Trends”
Die bisherigen Studien haben vor allem gezeigt, dass es für beide Seiten (Azubi-Teilnehmer und Ausbildungsverantwortliche) nicht immer ganz einfach ist, zu einander zu finden. So zeigen die Ausbildungsverantwortlichen nur wenig Verständnis für die Eigenheiten “dieser jungen Leute heutzutage”, während vielen Azubi-Kandidaten schon das große Gähnen (und Grausen) kommt, wenn sie Wörter wie “Anschreiben” oder “Bewerbungsprozess” nur hören.
Was also können Unternehmen, die auf der Suche nach Auszubildenden sind, tun?
Lieber Eltern einbinden, als Influencer!
Gut, es mag sicher auch Jugendliche geben, die wirklich alles tun (und kaufen), was der favorisierte Youtube-Star aktuell so vor der Linse empfiehlt. Wenn es um die Wahl der Ausbildungsstelle geht, bleiben die eigenen Eltern aber die wichtigsten Bezugspersonen. Das ist mittlerweile auch bei den Unternehmen angekommen, zumindest teilweise:
Zeit für einen Abschied: Anforderungsprofile adieu!
Achtung, hohe Abschreckungsgefahr: Auf ellenlange und vor allem nicht treffende Anforderungsprofile sollten Unternehmen besser verzichten. Doch leider fehlt es den Betrieben in diesem Bereich häufig an Umsicht, denn die Azubi-Teilnehmer nehmen die Anforderungsprofile ernster, als die Unternehmen selbst. Da kann es dann ganz fix passieren, dass sich eigentlich passende Kandidaten gar nicht erst bewerben.
Die eigene Einstellung überprüfen!
Wir verzichten an dieser Stelle mal auf bekannte Zitate von antiken griechischen Philosophen, die schon vor über 2000 Jahren wussten, dass es mit der Jugend steil bergab geht, was etwa die Manieren, die Disziplin oder die Erhaltung der Kultur betrifft. Wenn das mal keine eindrucksvolle Konstante ist! Denn auch heute sind viele Ältere prinzipiell der Meinung, die neueste Generation wäre noch ein bisschen fauler, uneigenständiger, eitler (…) als seinerzeit die eigene. Das spiegelt sich auch in den bisherigen Azubi-Recruiting Studien:
Wer auf der Suche nach einem neuen Job ist, kann sich vor Angeboten kaum retten. Die Bundesagentur für Arbeit listet knapp 800.000 offene Stellen, auf den Jobsuchmaschinen dieses Landes dürften deutlich mehr Anzeigen zu finden sein. Im Wettkampf um die besten (und manchmal einzigen) Bewerber müssen sich Arbeitgeber in 2022 deswegen einiges einfallen lassen. Am wichtigsten dabei ist es, überhaupt bekannt zu machen, dass neue Mitarbeiter gesucht werden, also Reichweite und Klicks für die Stellenanzeigen zu generieren.
Hat dann ein Kandidat auf die eigene Stellenanzeige geklickt, ist es genauso wichtig, Interesse am Job zu wecken und aus dem Besucher einen Bewerber zu machen. Ihn zu konvertieren. Im Online Marketing spricht man dabei von der Conversion Rate. Dieses KPI zeigt das Verhältnis der Besucher einer Webseite zu den Conversions. Conversions sind klassischerweise Käufe in einem Online-Shop, erfolgte Downloads, Anmeldungen zu Newslettern oder jedes andere beliebige Ziel.
Im Personalmarketing ist das Verhältnis von Besuchern einer Stellenanzeige zu abgeschlossenen Bewerbungen mit der Conversion Rate gemeint. Eine Conversion Rate von 2,5% heißt demnach, dass 1000 Klicks auf eine Stellenanzeige zu 25 Bewerbungen geführt haben. Wir können auch von der Bewerbungsrate sprechen.
Die Bewerbungsrate – warum man sie kennen sollte
Die Bewerbungsrate wird errechnet, indem man die Klicks auf eine Stellenanzeige durch die eingegangenen Bewerbungen dividiert. Das setzt voraus, dass man die Klicks und die Bewerbungen tracken kann. Wer das bisher noch nicht macht, dem sei dieser Guide zum Thema Recruiting Analytics ans Herz gelegt. Darin zeigt unser Berater Momme Schritt für Schritt, was man dafür braucht. Die Bewerbungsrate kann dann entweder für alle Job berechnet, auf Quellen oder Berufsgruppen aufgeteilt oder auch auf einzelne Anzeigen herunter gebrochen werden.
Warum ist die Bewerbungsrate überhaupt wichtig? Sie ist eine einfache Möglichkeit zur Erfolgsmessung und Budgetkontrolle der verschiedensten Maßnahmen im Personalmarketing. Außerdem lässt sich an ihr erkennen, wie attraktiv das Unternehmen als Arbeitgeber ist. Stimmt die Employer Brand? Sind meine Stellenanzeigen ansprechend? Ist mein Bewerbungsprozess schlank und nutzerfreundlich?
Aber Achtung! Die Bewerbungsrate sollte niemals eine alleinstehende Zahl sein, sondern muss immer im Kontext gesehen werden. Sie wird beeinflusst durch Bewerberquellen, Berufsgruppen, Standort und Branche des Unternehmens etc. Wichtig ist außerdem die Frage, woher der Besucher der Stellenanzeige überhaupt kommt: Von einer Jobbörse oder Jobsuchmaschine? Hat er die Anzeige bei Google gefunden? Kennt der Besucher das Unternehmen bereits oder war die Stellenanzeige der erste Kontaktpunkt?
Außerdem brauchen wir für valide Aussagen eine gewisse Menge an Klicks auf die Stellenanzeigen. Wir erinnern uns an Statistik I in der Uni: Es macht keinen Sinn, eine Bewerbungsrate von 10% als Erfolg zu feiern, wenn die Stellenanzeige erst 10 Klicks generieren konnte. Ebenso kann es manchmal etwas länger dauern, bis die ersten Bewerbungen eintrudeln – also auch, wenn die Conversions erstmal nicht kommen, lohnt es sich, diesen KPI langfristig im Auge zu behalten.
Mit welchen einfachen Tricks lässt sich die Bewerbungsrate relativ schnell erhöhen?
#1 Großer, auffälliger “Jetzt bewerben”-Button
In jedem Online-Marketing-Grundlagen-Seminar wird die Wichtigkeit von auffälligen und klickbaren Call-To-Action-Buttons hervorgehoben. Call To Actions (CTA) sind Handlungsaufforderungen an die Empfänger einer Werbebotschaft und sollen den letzten Impuls geben, ein Produkt zu kaufen oder eine Handlung durchzuführen. Sie helfen dabei, dass die Besucher Eurer Karriereseite den Content, also die Stellenanzeigen, nicht nur wahrnehmen, sondern nach dem Lesen auch in Eurem Interesse handeln. Ihr führt den Bewerber und zeigt ihm, wie es jetzt weitergeht: Mit der Bewerbung. Solche CTA-Buttons sind im Idealfall farblich vom Rest des Contents abgehoben und sind auf jedem Gerät sofort sichtbar, ohne scrollen zu müssen.
Eine andere Möglichkeit, Call To Actions in Stellenanzeigen zu integrieren, sind Funktionen, um Jobs zu speichern oder zu teilen. So können interessierte Kandidaten später unkompliziert zurück zum Job finden, wenn sie die Bewerbungsunterlagen zusammengestellt haben. Jede Interaktion ist besser, als wenn potentielle Bewerber den Browser schließen und nach fünf Minuten vergessen haben, dass sie jemals diese Stellenanzeige gelesen haben. Und das geht nun mal am einfachsten, wenn ihnen eine einfache Möglichkeit dafür geboten wird – in Form von großen “Jetzt bewerben”-Buttons.
#2 Einfache Bewerbung
Je einfacher die Bewerbung, desto weniger Bewerbungsabbrüche, desto höher die Conversion Rate. Ganz klar: Der Job kann noch so interessant sein, wenn vor der Bewerbung ein Account erstellt werden muss und sich der Bewerber durch ein seitenlanges Formular kämpfen muss, ist es sehr wahrscheinlich, dass die angefangene Bewerbung nicht abgeschlossen wird und der Kandidat nie wieder kommt.
Am Besten funktionieren One-Click-Bewerbungen. Kurze Formulare direkt unter der Anzeige, bei denen nur der Name, eine E-Mail-Adresse und evtl. der Link zum XING-Profil angegeben werden müssen, können Wunder wirken. Mittlerweile verbringen wir mehrere Stunden pro Tag am Smartphone, suchen Wohnungen und Autos, buchen Flüge und Hotels, und schauen in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit, ob es bessere Jobs gibt. Es ist nicht mehr zeitgemäß, von Bewerbern zu fordern, dass sie unbedingt das Abiturzeugnis und ein Anschreiben mitschicken.
Vielmehr sollten sich Recruiter auf den Wandel in der Nutzung von Medien einstellen und Kurzbewerbungen per Smartphone als das akzeptieren, was sie sind: Ein ernsthaftes Interesse an dem Job und eine gute Möglichkeit, mehr Bewerbungen zu generieren.
#3 Gute Benefits
Es gibt eine Menge leere Worthülsen und Nicht-Benefits, mit denen Unternehmen Arbeitskräfte locken und die Employer Brand stärken wollen. Ein attraktives Arbeitsumfeld, kollegiales Miteinander, eine offene Unternehmenskultur und spannende Projekte – schön und gut, aber wo sind jetzt die Benefits? Es gibt regelmäßig Studien, die untersuchen, welche Benefits tatsächlich attraktiv sind und welche eher nicht. Ganz oben landen natürlich solche, die die Work-Life-Balance fördern. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, aber auch der Hund im Büro.
Benefits machen häufig den Unterschied aus. Eine schnelle Suche auf Joblift nach Jobs mit dem Stichwort “Talent Acquisition” in Hamburg ergibt 125 Treffer. Die Aufgabenbereiche dürften sich ähneln – also wird ein Recruiter auf Jobsuche Ausschau halten nach starken Arbeitgebermarken und nach starken Benefits: Kostenlose Getränke und Snacks, 7 Wochen Urlaub (gibt’s das überhaupt?), Sabbaticals, Überdurchschnittliches Gehalt, kostenloses Bahnticket, Geburtstag und Brückentage frei (gibt’s hier).
#4 Attraktive Aufgaben
Stellenanzeigen müssen gut geschrieben sein. In der Vergangenheit hat sich aber ein furchtbarer Stil etabliert, der sich quer durch alle Branchen und Berufsgruppen zieht. Da trifft der Nominalstil auf Fachkauderwelsch und heraus kommen Texte, die nicht mal die Hiring Manager selbst verstehen – aber sie klingen unglaublich professionell. 2016 hat eine Studie zu Floskeln in Stellenanzeigen herausgefunden, dass “unter anderem” auf Platz 1 der meist gebrauchten Wörter stand. Das heißt: Aufgaben werden nicht genau beschrieben. Und wenn doch, dann werden vorzugsweise Begriffe wie Identifizierung, Steuerung, Erbringung oder andere -ung-Ungetüme.
Die Bewerbungsrate lässt sich aber relativ einfach erhöhen, wenn die Aufgaben attraktiver und verständlich beschrieben werden. Der Verbalstil wirkt gleich viel ansprechender und lebendiger, häufig ist er auch einfacher zu verstehen. Warum nicht einfach mal in der Stellenanzeige beschreiben, wie ein typischer Tagesablauf im Job aussieht? Es ist wie mit jeder anderen Werbung auch: Bewerber ziehen anhand der Stellenanzeige Rückschlüsse auf das Unternehmen und der Text spielt dabei eine große Rolle.
#5 Emotionale Ansprache
Bilder in Stellenanzeigen funktionieren sehr gut als emotionaler Aufhänger. Man kann Produkte präsentieren, ein authentisches Foto von den zukünftigen Kollegen zeigen, die tolle Aussicht aus dem 13. Stock oder Eindrücke aus dem Büro. Wichtig dabei ist aber, dass die Bilder echt sind und keine Stock-Fotos im Business-Stil. Bilder und kurze Texte zu den Ansprechpartnern senken bei Kandidaten zusätzlich die Hemmschwelle zur Bewerbung. Seien wir mal ehrlich: Von Bewerbern wird erwartet, dass sie die Hose runterlassen, Arbeitszeugnisse präsentieren und eigene Stärken hervorheben. Als Hiring Manager oder Recruiter in Vorleistung zu gehen und ein wenig Persönlichkeit zu zeigen, erleichtert es Kandidaten das Gleiche zu tun.
#6 Passende Jobtitel
Wahrscheinlich Bewerbungsraten-Booster Nr. 1. Der Jobtitel ist immer der erste Kontaktpunkt, den ein Kandidat mit der Stelle hat. Durch den Klick auf den Jobtitel in einer Liste wird grundsätzliches Interesse an den dahinterstehenden Inhalten kundgetan. Und der Kandidat kommt mit einer bestimmten Erwartungshaltung an die Aufgaben und Anforderungen. Wenn diese Erwartungen erfüllt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Bewerbung. Werden diese Erwartungen nicht erfüllt, wird sich der Kandidat nicht bewerben.
Als Beispiel: Lautet der Jobtitel “Active Sourcer (m/w)” ist ziemlich klar, welche Aufgaben und Anforderungen in der Stellenanzeige beschrieben sind (zumindest für Menschen aus der HR-Branche). Lautet der Jobtitel allerdings “Personalreferent (m/w)” sind die Aufgabenbereiche nicht klar, und ich kann erst nach dem Lesen der Anzeige entscheiden, ob die Aufgaben für mich interessant sind.
Man kann davon ausgehen, dass bei einem A/B-Test die Conversion Rate bei ersterem Jobtitel höher ist, als beim zweiten Jobtitel, wenn die Anzeige ansonsten identisch ist. Und bei diesem Praxisbeispiel wird auch klar, warum die Bewerbungsrate oder Conversion Rate ein wichtiger KPI im Personalmarketing ist. Wenn ich zwei identische Anzeigen schalte, die sich nur im Jobtitel unterscheiden, und dafür ein Budget von je 500€ einsetze, ist der Return on Investment bei dem Titel “Active Sourcer (m/w)” deutlich höher.
Das Gleiche gilt für “Frontend Developer (m/w)” und “Frontend Developer (m/w) vue.js”, weil die Technologien, mit denen Entwickler arbeiten am wichtigsten für die Auswahl eines Jobs sind.
Das Gleiche gilt auch für andere generische Bezeichnungen (Projektmanager, Berater, Mitarbeiter, Sachbearbeiter etc.). Ein spezifischer Jobtitel hilft bei der Vorqualifizierung der Kandidaten. Nur diejenigen, die sich im Stellentitel wiederfinden, klicken auf die Stellenanzeige.
Ihr seid nicht allein!
Alle KPIs im Blick zu haben, macht viel Arbeit, das verstehen wir schon. Dafür gibt es aber Tools und Programme, die im Personalmarketing helfen. Überlasst die Schaltung der Stellenanzeigen doch einfach einer Software, die das Budget optimal einsetzt und Anzeigen immer dort schaltet, wo sich gerade Bewerber aufhalten. So holt Ihr das Maximum an Reichweite auf Eure Karriereseite, automatisiert aufwändige Prozesse und könnt Eure Zeit mit dem verbringen, was wirklich Spaß macht.
Übrigens: Jeder Kunde des Jobspreaders, unserer Lösung für Programmatic Job Advertising, kann eine kostenlose, persönliche Beratung zu Analytics in Anspruch nehmen – sei es zu der Installation, Grundlagen oder tiefgehende Kennzahlen-Analyse.
Das neue Jahr ist noch taufrisch und man kann sich kaum retten vor den zahllosen guten Vorsätzen, den Diät-Tipps und den waghalsigen Trendanalysen für 2019. Wir dachten, da üben wir uns dieses Jahr (vorerst) mal in Zurückhaltung. Statt mit guten Vorsätzen starten wir mit einem kleinen Report zum Thema Ausbildung im Handwerk ins neue Jahr. Im BIBB Report erschienen im Oktober des gerade vergangenen Jahres die Ergebnisse einer Befragung von Schülern und Ausbildungsverantwortlichen und widmet sich der Frage was eine Ausbildung im Handwerk attraktiv macht.
Bekannt ist, dass viele Ausbildungsplätze hierzulande unbesetzt bleiben. Davon bleibt das Handwerk nicht unberührt – sogar das Gegenteil ist der Fall. Laut der Studie hat sich die Anzahl der unbesetzten Handwerksstellen zwischen 2009 und 2017 verdreifacht, in manchen Region blieben 20 bis 30 Prozent der Stellen offen. Welche Ursachen die Studienmacher vermuten, welche gesellschaftlichen und sozialen Faktoren die Ausbildungswahl beeinflussen und was Betriebe unternehmen können, um diesen Umständen entgegen zu wirken, fassen wir im heutigen Artikel für Euch zusammen.
Woran liegt’s? Ursachen für unbesetzte Azubi-Stellen im Handwerk
Die Gründe dafür, dass viele Stellen im Handwerk unbesetzt bleiben, sind selbstverständlich vielschichtig. Auch ist Handwerk nicht gleich Handwerk, unterschiedliche Berufe haben zum Teil sehr unterschiedliche Nachfragen an Ausbildungsstellen:
Grundsätzlich sind die demografische Entwicklung und eine allgemein sinkende Nachfrage nach Ausbildungsstellen Faktoren auf der Makroebene. Hinzu kommen aber auch regionale Eigenheiten: je stärker die Konkurrenz zwischen einzelnen Wirtschaftszweigen vor Ort ist, desto schlechter stehen die Chancen für Handwerksbetriebe, Auszubildende zu finden. Industrie und Handel sind hier etwa besser aufgestellt.
Zudem zeigt sich seit Jahren ein starker Trend zur Akademisierung: immer mehr Schüler machen einen Abschluss, der sie dazu berechtigt, eine Hochschule zu besuchen, während gleichzeitig immer mehr Bundesländer die Hauptschule abschaffen, die laut der Studie traditionell die Hauptklientel des Handwerks bildet(e).
Schön und gut. Aber wieso gehen besonders den Handwerksbetrieben die Auszubildenden aus? Die Studie glaubt, es liegt zum einen an der mangelhaften Attraktivität der Berufe für Jugendliche. Fast genau so entscheidend sind aber zum anderen die soziale Herkunft der Schüler und die Bildungserwartungen der Eltern.
Faktoren der sozialen Herkunft, Identität und Bildungserwartungen: Eltern und Kinder mit persönlichen Bezug zum Handwerk offener gegenüber einer Ausbildung im Handwerk
Obwohl die Befragungen ergab, dass sich die Jugendlichen gute Chancen ausrechnen einen Ausbildungsplatz im Handwerk zu finden, konnten sich lediglich 17% der Schüler (darunter 27% der männlichen und nur 7% der weiblichen) vorstellen, später eine Ausbildung im Handwerk zu machen. 47% lehnten diesen Karriereweg ab, immerhin 35% reagierten mit “vielleicht”.
Ein Zusammenhang besteht laut den Studienmachern vor allem zwischen den Berührungspunkten der Familie mit dem Handwerk und der Neigung der Schüler, eine Ausbildung im Handwerk für sich selbst in Betracht zu ziehen. Sind die Eltern selbst handwerklich tätig und/oder gibt es viele Handwerker im näheren Verwandten- und Bekanntenkreis, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Kinder das Handwerk als positive Berufsperspektive wahrnehmen. Zusätzlich spielen auch die Bildungserwartungen eine Rolle: wünschen sich die Eltern, dass ihre Kinder die Abiturprüfungen ablegen und ein Studium aufnehmen, sinkt die Affinität zum Handwerk.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Suche nach einer individuellen Identität bei den Jugendlichen. Naturgemäß wünschen sich viele Jugendliche Anerkennung und Identitätsstiftung im Zusammenhang mit ihrem späteren Job. Das Handwerk strahlt hier jedoch nur wenig Anziehungskraft aus. So werden das gesellschaftliche Ansehen und auch die Gehaltschancen von den befragten Jugendlichen als eher mäßig eingeschätzt.
Schlüssig ist, dass die Jugendlichen, die bedingt durch ihr soziales Umfeld und die Bildungserwartungen an sie eine hohe Handwerksaffinität zeigen, auch ein insgesamt positiveres Bild dieser Berufe haben und zum Beispiel die Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten in handwerklichen Jobs besonders positiv bewerten.
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Insgesamt zeigt die Befragung hier also zum einen, dass die Herkunft und Beziehung zum Handwerk bei der Erwägung einer Ausbildung in diesem Bereich von großer Bedeutung sind, zum anderen zeigen sich aber auch große Unterschiede bei der Beurteilung einzelner Handwerksberufe. Diese stehen zum Teil im Kontrast mit den “objektiveren” Einschätzungen der Fachleute (also den Ausbildungsverantwortlichen).
Die Jugendlichen sind sich jedoch darüber bewusst, dass ihre Einschätzungen stark subjektiv geprägt sind – vor allem auch davon, wie viel oder wenig sie über die jeweiligen Handwerksberufe zu glauben wissen. Die Befragung zeigt, dass die wahrgenommene Attraktivität der Handwerksberufe steigt, je mehr (subjektive oder “objektive”) Kenntnisse über die Berufe vorhanden sind. Viele Jugendliche neigen dazu, die Berufe an sich und die einhergehenden Merkmale zu unterschätzen:
Besonders erschwerend kommt hinzu, dass die Jugendlichen häufig ein überholtes Bild von den Berufen haben, etwa über technische Innovationen sind die meisten gänzlich uninformiert.
Den befragten Jugendlichen ist bewusst, dass in vielen Berufszweigen im Handwerk händeringend nach Nachwuchs gesucht wird. Eine sichere Stelle macht die Handwerksberufe für sie jedoch nicht automatisch attraktiv. Wenn noch Faktoren der sozialen Herkunft und die Bildungserwartungen der Eltern hinzukommen, scheint es auf den ersten Blick, als wären viele Jugendliche für Handwerksbetriebe nicht erreichbar.
Doch die Studie ergab eben auch, dass es teilweise an den mangelnden Kenntnissen über die einzelnen Ausbildungsberufe liegt, dass Jugendliche diese Berufswege unterschätzen. Was können Betriebe also tun, um auf Jugendliche attraktiver zu wirken?
Die Antwort scheint zuerst simpel: Informieren. Vor allem darüber, wie sich die Berufe in jüngerer Zeit weiterentwickelt haben. Allerdings auch viel umfassender, laut der Studie nämlich “identitätspsychologisch”. Solche Maßnahmen binden nicht nur Jugendliche, sondern auch notwendiger Weise das soziale Umfeld mit ein. Hier geht es darum, dass Bild von handwerklichen Berufen (vor allem gegenüber akademischen) gesellschaftlich aufzuwerten – was kleine Betriebe allein wohl kaum stemmen können.
Die Studienmacher führen verschiedene Vorgehensweisen an, die dazu beitragen könnten, das Image des Handwerks grundlegend zu verbessern, zum Beispiel indem gestalterisch-handwerkliche Fächer in weiterführenden Schulen unterrichtet werden oder die Aufhebung der strikten Trennung von Studierenden und Azubis, etwa durch gemeinsame Wohnheime.
Als konkreter Handlungsansatz nennen die Verfasser der Studie den verstärkten Einsatz von “Ausbildungsbotschafter/-innen”, die Schülern, vor allem auch solchen mit Abitur, als positive Identifikationsfiguren dienen sollen. Dem Handwerk, so vermittelt es die Studie, steht keine leichte Zukunft bevor – zumindest nicht im Bezug auf Azubi-Recruiting.
Die Studie mit noch mehr Informationen gibt es bei BIBB.de zum Download.