Webinar mit Jan Kirchner vom 22.11.2018: Programmatic Job Advertising – Personalmarketing auf Speed
Monat: November 2018
Schlechte Candidate Experience mit weitreichenden Folgen
Die Studie Talent Relationship Marketing 2018 von Phenom People wirft, ganz ähnlich wie unsere Online Recruiting Studie, einen Blick auf die Candidate Experience der großen Fortune 500 Unternehmen (die 500 international umsatzstärksten Unternehmen).
Der interessante Ausgangspunkt der Studie zählt gar nicht zu den eigenen Ergebnissen. Der eigentlichen Studie wird eine Infografik vorangestellt, laut der eine negative Erfahrung beim Bewerbungsprozess weitreichende Folgen haben kann:
60% der Jobsuchenden haben laut workplacetrends.com schon mal eine negative Candidate Experience gemacht. 72% von diesen teilen ihre Erfahrung öffentlich auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen.
Aber damit nicht genug: der Quelle Talent Board zufolge ändern Kandidaten ihre Meinung bezüglich einer Position oder eines Unternehmens bereits aufgrund einer negativen Erfahrung und – Trommelwirbel – 18% der Kandidaten werden dermaßen vergrault, dass sie sogar aufhören, die Produkte oder den Service eines Unternehmens zu nutzen, wenn sie eine schlechte Candidate Experience gemacht haben!
Jetzt aber zu den Ergebnissen, die durch die Talent Relationship Marketing Studie ans Licht gebracht worden sind:
Die Studienmacher identifizieren verschiedene Etappen, die ein Kandidat während der Candidate Journey absolvieren muss:
Unter dem Punkt Attraction werden Aspekte wie die Karriereseite, Landing Pages, die Einbettung sozialer Medien und Mobiloptimierung untersucht. Bei Engagement geht es darum, ob die Unternehmen das anfängliche Interesse, dass durch die Phase der Attraction entfacht wurde, auch halten können, etwa durch personalisierte Inhalte, spannenden Content, die Sprache der Stellenanzeigen und allgemein die Darstellung der Employer Brand. Zuletzt beschäftigt sich die Studie noch mit Kriterien der Bewerbung (Apply).
Candidate Experience: Phase 1 – Attraction
Ganze 3% der untersuchten Unternehmen bieten ihren Kandidaten überhaupt keine Karriereseite. Interessant, denn hier zeigt sich eine Parallele zu den deutschen DAX-Unternehmen aus unserer Studie: Auch bei ihnen gibt es einen kleinen hartnäckigen Kern von Unternehmen, die auf Online-Recruiting anscheinend verzichten möchten.
Die Einbettung von sozialen Medien (international vor allem LinkedIn) in die Candidate Journey scheint sich auch bei den Furtune 500 nur mäßiger Beliebtheit zu erfreuen. 92% der untersuchten Unternehmen bieten ihren Kandidaten keine Möglichkeit, ihre sorgfältig gepflegten Profile zu präsentieren.
Bei der Jobsuche innerhalb der hauseigenen Jobbörse sprechen sich die Studienmacher für die Einbindung von ortsgebundenen Jobempfehlungen aus, also dafür, dass Kandidaten vor allem Jobs in ihrer Nähe angezeigt werden. Dies bieten nur 7% der untersuchten Unternehmen an.
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Candidate Experience: Phase 2 – Engagement
Die Studie ergab, dass den untersuchten Unternehmen in dieser Phase noch einiges an Arbeit bevorsteht. Das geht schon beim Content los: 18% der Unternehmen bieten so gut wie keine spannenden Inhalten, die ihren Kandidaten die Employer Brand näher bringen könnten. Keine Fotos, keine Videos, keine “netten” Texte.
Laut der Studie ist das für die Kandidaten ungefähr so: Sie werden zu einer Dinnerparty eingeladen, aber es gibt kein warmes Willkommen, keine Drinks, keine Hintergrundmusik und keine anregende Konversation. Stattdessen setzten sie sich in vollkommener Stille hin, essen und gehen wieder. Ob sie nach so einem Erlebnis wieder kommen? Fraglich.
Auch bei der Personalisierung hapert es noch. Personalisierung meint in der Studie einen recht umfangreichen Katalog verschiedener Aktionen, die zu einem personalisierten Erlebnis bei den Kandidaten führen sollen. Dazu zählen etwa die Bewerbung via Social Media, die Option, interessante Stellenanzeigen in einer Art HR-Einkaufswagen (nach dem Online-Shop-Vorbild) für später zu speichern, Beschreibungen der Employer Value Proposition, aber auch ein persönlicher herzlicher Kontakt. Die Studie ergab, dass es 84% der Unternehmen an solchen Maßnahmen zur Personalisierung mangelt.
Im Bereich Engagement zeigt sich generell ein Nachholbedarf im Punkt Employer Branding. 59% der Unternehmen bieten ihren Kandidaten keine Inhalte, die ihnen zeigen, wieso das betreffende Unternehmen ein toller Arbeitsplatz ist. Nach dem Motto “Why work with us” rät die Studie zur Implementierung von Content wie Mitarbeiter-Reviews, Benefits, Aufstiegs- und Weiterbildungsprogrammen und dergleichen.
Candidate Experience: Phase 3 – Apply
Nur 30% der untersuchten Unternehmen haben einen “Jetzt Bewerben”-Button, der während des gesamten Bewerbungsprozesses sichtbar ist. Die Studie rät den übrigen Unternehmen nachzuziehen, vor allem, wenn der Bewerbungsprozess zäh und kompliziert ist.
Dies trifft laut der Studie auf die meisten Bewerbungsformulare zu: 84% werden als “nicht intuitiv” eingestuft.
Auch bei der Kommunikation zwischen Bewerber und Recruiting mangelt es an den Basics: nur 2% der untersuchten Unternehmen informieren ihre Bewerber regelmäßig über den Stand der Bewerbung. Angesichts automatisierter Lösungen sollten das eigentlich mehr Unternehmen gelingen.
Die Studie zeigt, dass die Herausforderungen bei der Candidate Jouney weltweit und hierzulande recht ähnlich sind. Der Fokus der Studie liegt dabei jedoch eher auf dem Ranking der 500 Unternehmen, als auf einer ausführlichen Darlegung der Ergebnisse hinsichtlich der drei Etappen Attraction, Engagement und Apply – viele der Key Findings sind etwas wage formuliert. Sollte eine detailliertere Version veröffentlicht werden, würden wir gern noch einen zweiten Blick riskieren!
Recruiter Experience Studie 2018: Ein Blick auf die andere Seite
Vielleicht erinnert sich der ein oder andere Leser noch an die Candidate Journey Studie von meta HR und Prof. Dr. Peter M. Wald (von der HTWK Leipzig) aus dem letzten Jahr. Bei der diesjährigen Recruiter Experience Studie gibt es einen Perspektivenwechsel: wie der Name verrät, stehen zur Abwechslung die Erfahrungen der Recruiter im Fokus. Wir fassen einige der Ergebnisse für Euch zusammen.
Die Studie beginnt mit einer Selbsteinschätzung der 312 befragten Recruiter, bei der u.a. herausgekommen ist: Die Recruiter finden ihren Job überwiegend gut, haben zu 80% einen akademischen Hintergrund, arbeiten im Unternehmen in eher kleinen Teams und finden, dass Empathie, Aufgeschlossenheit und Verlässlichkeit die wichtigsten Eigenschaften für ihren Beruf sind. So weit, so gut!
Recruiter Experience: die erfolgreichsten Recruiting-Kanäle
Welche Recruiting-Kanäle funktionieren für die Teilnehmer der Studie am besten? Die Antwort: die zwei großen Klassiker, nämlich die eigene Karriere-Webseite und die großen Jobbörsen.
An dritter Stelle folgt das aufwendige Active Sourcing, danach Mitarbeiterempfehlungen und Business-Netzwerke wie XING oder LinkedIn. Weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen dümpeln Print-Stellenanzeigen und Google Adwords vor sich hin. Fraglich ist hier natürlich, wie viele Recruiter welche Kanäle überhaupt einsetzten. Ist z.B. Google Adwords nicht gut geeignet oder wird es nur selten (oder falsch) eingesetzt? Das gibt die Fragestellung leider nicht her.
Naheliegend sind Ergebnisse, die dafür sprechen, dass der Erfolg der einzelnen Recruiting-Kanäle auch von der Größe des Unternehmens und der Ausrichtung der Recruiting-Abteilungen abhängt. Konzerne (mit mehr als 5.000 Mitarbeitern) sind mit ihrer eigenen Karriere-Webseiten deutlich erfolgreicher als kleine und mittlere Unternehmen (mit weniger als 250 Mitarbeitern) oder IT-Recruiter – hier spielen natürlich auch Faktoren wie Bekanntheit und Image eine Rolle.
So sind kleine und mittlere Unternehmen auch mit Online-Jobbörsen weniger erfolgreich als die großen Konzerne (55% vs. 83%). Bei den IT-Recruitern funktioniert das Active Sourcing am besten, was ebenfalls angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt den Erwartungen entspricht. Gleich auf ist bei allen drei Gruppen der Erfolg von Mitarbeiterempfehlungen (49%).
Hierdurch dürfte bestätigt werden: Der Personalmarketing-Mix muss zielgruppenspezifisch angepasst werden.
Recruiter Experience vs. Candidate Experience
Befragt wurden die teilnehmenden Recruiter auch zu Bewerbungsprozessen, insbesondere zur Dauer vom Bewerbungseingang bis zur finalen Ergebnismitteilung. Aus den vorangegangenen Candiate Experience/Journey Studien ist bekannt, dass es sich hierbei um einen besonders kritischen Faktor für eine positive Candidate Experience handelt. Dauert der Bewerbungsprozess länger als sechs Wochen, steigt die Wahrscheinlichkeit eines Bewerbungsabbruchs von Seiten der Kandidaten und schlägt sich negativ auf deren Candidate Experience nieder.
Die Recruiter Experience Studie ergab nun, dass nur 8% der Bewerbungsprozesse bis zu zwei Wochen, 20% zwischen zwei und vier Wochen, 27% zwischen vier und sechs Wochen und der Rest (also fast die Hälfte) dementsprechend länger als sechs Wochen dauern. Obwohl den Recruitern die Problematik von überlangen Bewerbungsprozessen bekannt sein dürfte (63% sehen in der Optimierung der Candidate Experience eines der wichtigsten Recruiting-Themen der nächsten 3-5 Jahre), schätzen sie die Candidate Experience der eigenen Bewerber doch recht positiv ein:
Hier dürften die Recruiter ruhig etwas selbstkritischer sein. Zum Vergleich: In der Candidate Experience Studie (2014) wurde der erlebte Bewerbungsprozess von Kandidaten mit durchschnittlich 3,75 Punkten bewertet, während die Recruiter in ihrer Selbsteinschätzung bei durchschnittlich 4,4 liegen.
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Digitales Recruiting
Die Studie ergab, dass, bezogen auf die konkreten Einsatzfelder von digitalen Tools, die Unternehmen recht unterschiedlich aufgestellt sind. Auffällig ist aber, dass es einen Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit und dem vermehrten Einsatz digitaler Lösungen zu geben scheint.
Größere Unternehmen setzen zudem stärker auf digitale Lösungen als kleine und mittlere. Hoch im Kurs stehen sowohl bei den Konzernen als auch den kleinen und mittleren Unternehmen Talent-Pooling-Lösungen, die 38% der Konzerne und 18% der KMUs einführen wollen, sowie Mitarbeiterempfehlungsprogramme bei den Konzernen (31%) und Bewerbermanagement-Systeme bei den kleinen und mittleren Unternehmen (17%).
Nur ein Fünftel der teilnehmenden Recruiter sind mit dem Digitalisierungsgrad in ihrem Unternehmen zufrieden. Ein Viertel gab sogar an “sehr wenig” bis “wenig” zufrieden mit dem aktuellen Stand der Dinge zu sein – hier herrscht also eindeutiger Handlungsbedarf.
Angst, dass die Digitalisierung zu Jobverlusten unter den Recruitern führen könnte, ist nur sporadisch verbreitet: Insgesamt 75% der Befragten halt den Verlust von Arbeitsplätzen in ihrem Bereich durch die Digitalisierung für “nicht realistisch” (29%), “gar nicht realistisch” (26%) oder “eher nicht realistisch” (20%).
Ein Blick in die Zukunft
Zum Abschluss noch ein Blick auf die Fähigkeiten, die die befragten Recruiter künftig für wichtig halten:
Während hier Soft Skills die ersten drei Plätze belegen, folgt auf dem vierten Platz der Umgang mit Analytic Tools (immerhin aber mit 59%), was zwar durchaus verständlich ist, aber auf unserer Wunschliste auf einem der ersten drei Plätze angesiedelt wäre.
In Erwartungen der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung des Recruitings ist es kaum verwunderlich, dass sich die Recruiter auf das Vernetzen mit Talenten und Kollegen und die eigene Recruiter-Marke konzentrieren wollen – wer seine eigenen Kennzahlen dabei im Blick behält, dem dürfte es leichter fallen, die passenden Maßnahmen zu ergreifen. Wir sagen: ein Auge auf dem Dashboard, ein Ohr am Telefon!
Die restliche Studie mit vielen weiteren Ergebnissen findet Ihr hier oder hier zum Download.