Cultural Fit – Mehr als Kaffeesatzleserei?

Es gibt Neuigkeiten aus der Buzzword-Ecke. In der Studie “Recruiting mit Persönlichkeit” von StepStone geht es um das aktuelle Thema Cultural Fit. Zuletzt haben wir uns mit diesem Thema vor einem Jahr beschäftigt. In dem Artikel Cultural Fit durch Hellsehen haben wir beklagt, dass laut einer Studie viele Befragte damals angaben, mit dem Konzept des Cultural Fit zwar vertraut zu sein, aber die Beurteilung der kulturellen Passung der Kandidaten überwiegend ohne festgelegte Verfahren zu überprüfen (also vermutlich am ehesten anhand des berühmten Bauchgefühls).

###promotional-banner###

Für die neue Studie hat StepStone stolze 25.000 Fach- und Führungskräfte und immerhin 4000 Recruiter und Personalentscheider befragt. Die Ergebnisse fassen wir im heutigen Artikel für Euch zusammen und fragen uns: Cultural Fit – Kaffeesatz lesen oder seriöses Recruiting-Mittel?

Was die Kandidaten zum Cultural Fit sagen

97% der befragten Fachkräfte gaben an, dass ihnen Cultural Fit wichtig ist. Hierbei sind vor allem der Umgang mit Kollegen, Führungsstil, Kommunikationsstil, Personalpolitik und Transparenz für die Befragten relevant. Wirklich identifizieren mit der Unternehmenskultur des aktuellen Arbeitgebers können sich jedoch lediglich ein Drittel der Befragten (35,7%).

Ein erkennbarer Zusammenhang besteht zudem zwischen der Zufriedenheit im Job und dem Cultural Fit:

Cultural Fit und Zufriedenheit im Job
Quelle: StepStone – Recruiting mit Persönlichkeit

Die Grafik zeigt, dass besonders zwischen Unzufriedenheit im Job und einem mangelnden Cultural Fit eine Relation besteht. Da wundert es kaum, dass 56% der Befragten schon mal ihren Job verlassen haben, weil die Unternehmenskultur nicht zu ihnen gepasst hat (oder sie nicht zur Unternehmenskultur?). Ebenso glauben 69%, dass die Mitarbeiter und Teams zufriedener sind, wenn Unternehmen nicht nur den fachlichen Qualitäten hohe Bedeutung beimessen, sondern auch den Persönlichkeiten der Arbeitnehmer.

Für 93% der befragten Fachkräfte ist laut der Studie der Cultural Fit bei der Jobsuche ein wichtiger oder sehr wichtiger Aspekt. Nur 14% der Befragten sind bereit, ihren Anspruch an die Unternehmenskultur völlig zurückzustellen, solange das Gehalt stimmt. Eher kompromissbereit zeigen sich da schon deutlich mehr Kandidaten: 54% nehmen bei einem hohen Gehalt auch Abstriche bei der Unternehmenskultur in Kauf.

Wo wir aber schon bei der Jobsuche sind: Kandidaten suchen gezielt nach Informationen über die Unternehmenskultur, in Stellenanzeigen, auf der Karriere-Webseite oder bei beruflichen Netzwerken. Was sie dort erwartet, lässt allerdings zu wünschen übrig. Denn die meisten Unternehmen halten sich ziemlich bedeckt. Das geht schon bei den Stellenanzeigen los. Eine Untersuchung von Index Anzeigedaten und StepStone aller in Deutschland veröffentlichten Stellenanzeigen zwischen Juli 2016 und Juni 2017 ergab, dass die große Mehrheit der Unternehmen über Themen wie Wertschätzung, Kollegen, Hierarchie, Team und Arbeitsklima so gut wie nichts verrät.

Gewarnt sei auch, wer seine Kandidaten mit Floskeln abspeisen will. Hier ein paar Evergreens:

Wir vereinen hohe Leistungsorientierung und gelebte menschliche Werte

oder

Bei uns bekommen Sie beides: die Vorteile eines Großkonzerns und den Unternehmergeist eines Start-ups

Das kaufen die Kandidaten den Unternehmen nur sehr selten ab. Auch keine gute Idee: sich eine nicht zutreffende Employer Brand aus den Fingern saugen und Kandidaten im Bewerbungsgespräch täuschen. Immerhin 42,3% gaben an, dass ihnen sowas bereits einmal passiert sei – und weiteren 19,9% sogar mehrfach. Eigentlich sollte Recruitern und Personalentscheidern doch bewusst sein, dass sich eine erfundene Unternehmenskultur schon während des Onboardings in Wohlgefallen auflösen dürfte.

Dabei sind viele Kandidaten für echte Persönlichkeitstest (und hiermit sind zum Beispiel IT-gestützte Tests gemeint, nicht das Beurteilen des Kandidaten anhand des “aufmerksamen Lesens der Bewerbungsunterlagen” oder des Bauchgefühls) offen. Etwa 44% der Befragten gaben an, so einen Test im Bewerbungsgespräch sogar sehr gern machen zu wollen.

Cultural Fit: Was ist mit den Recruitern, Personalentscheidern und die Unternehmensvertretern?

Tja, die Unternehmensvertreter. Die bestätigen eigentlich im Großen und Ganzen, was wir im Artikel Cultural Fit durch Hellsehen seinerzeit beschrieben haben.

Die Bedeutung von Cultural Fit schätzen die Befragten nämlich hoch ein. 96% finden das Thema generell wichtig und glauben, dass eine gute kulturelle Passung Vorteile für Unternehmen und Mitarbeiter bringt:

Cultural Fit im Employer Branding Vorteile
Quelle: Stepstone – Recruiting mit Persönlichkeit

Darüber hinaus gaben 93% an, dass Cultural Fit im Recruiting eine zentrale Rolle einnimmt – oder zumindest einnehmen könnte. Denn gleichzeitig verfügen nur 6 von 10 der Befragten über eine definierte Unternehmenskultur und lediglich 48% über eine Arbeitgebermarke. Aber immerhin sind diese Missstände bekannt. 4 von 10 Recruitern wünschen sich, dass die Unternehmenskultur besser nach außen kommuniziert wird.

Obwohl also – zumindest theoretisch – fast alle Befragten angaben, dass ihnen Cultural Fit wichtig ist, schlägt sich das in der Praxis nur verhalten nieder. Nur 65% gaben nämlich an, bei Neueinstellung gezielt auf Cultural Fit zu achten. Und die meisten Unternehmen stellen nach wie vor vorrangig nach “Formalqualifikation” ein, wie es in der Studie so schön heißt. Da hat sich doch ein Widerspruch eingeschlichen!

Die mangelnde Transparenz für die Kandidaten wird an diesem jedenfalls kaum etwas ändern. Nur 4 von 10 Unternehmen ermöglichen es ihren Bewerbern, sich vor einem Bewerbungsgespräch über die Unternehmenskultur zu informieren. Nur ein lausiges Viertel verwendet authentisches Fotomaterial bei der Recruiting-Kommunikation – und nur 40% bieten eine Führung durch die Räumlichkeiten des Unternehmens an. Zur Sprache kommt die Unternehmenskultur dann bei etwa 60% der Befragten während des Jobinterviews.

Und da wären wir auch wieder bei der Kaffeesatzleserei und dem Hellsehen angelangt. Auf die Frage, ob der Cultural Fit im Bewerbungsgespräch überprüft wird, antworten 59,3% mit “nein” oder “weiß nicht”. Systematische Verfahren oder Tools zur Überprüfung bleiben eine klare Ausnahme:  nur bei 8,1% der Befragten kommen sie regelmäßig zum Einsatz, bei 7,5% nur in sogenannten “Einzelfällen”.

Kaffeetassen weg, Tools anfordern!

So oder ähnlich könnte zumindest der Schlachtruf derjenigen Befragten lauten, die sich darüber im Klaren sind, dass Handlungsbedarf besteht, wenn sie den Cultural Fit denn tatsächlich so wichtig finden, wie sie angegeben haben. 43% der Befragten, in deren Unternehmen es noch keine geregelte Überprüfung gibt, wünschen sich systematische Tools. In Unternehmen, in denen mehr als die Hälfte der Mitarbeiter unzufrieden sind,  sind es sogar fast 60%.

Die Studie zeigt, dass sowohl die befragten Fach- und Führungskräfte als auch die Recruiter und Personalentscheider großes Interesse an dem Thema haben. Wer Cultural Fit ernsthaft in Recruitingprozesse einbinden möchte, dem sollte daran gelegen sein, seine Kandidaten schon vor dem Bewerbungsgespräch mit authentischen Informationen zu versorgen und sich für eine regelmäßige tool-gestützte Erfassung stark machen – und sich damit von Spekulationen, Hellsehen und Kaffeesatzleserei verabschieden.

Noch mehr zu diesem Thema gibt es in der Studie “Recruiting mit Persönlichkeit” von StepStone zu lesen, die Ihr hier zum Download findet.

Was HR-Professionals wirklich wollen

Eine neue Studie beschäftigt sich mit der Frage, was HR-Professionals als Kunden von Online-Stellenportalen erwarten. Es werden Antworten auf die Fragen gesucht, “welche konkreten Anforderungen Recruiter an Kanäle zur Verbreitung von Online-Stellenanzeigen” haben und nach welchen Kriterien Anbieter für die Veröffentlichung von Stellenanzeigen ausgewählt werden.

Die Studie “E-Recruiting: Anforderungen und Präferenzen von HR-Professionals” ist ein Gemeinschaftsprojekt der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT und der Universität Bayreuth mit der Unterstützung der Projektpartner der Unternehmensberatung Homburg & Partner sowie XING E-Recruiting. Befragt wurden HR-Professionals aus verschiedenen Bereichen.

Ein besonderes Augenmerk der Studie liegt auf Online-Jobbörsen, also dem “klassischen” E-Recruiting-Kanal zur Verbreitung von Stellenanzeigen. Zwar werden auch andere Kanäle miteinbezogen und Multi-Channel-Lösungen betrachtet, für Jobsuchmaschinen gibt es jedoch bedauerlicherweise keine eigene Kategorie. Zu beachten ist dabei allerdings auch, dass der Erhebungszeitraum der Studie mit Oktober 2015 bis Februar 2016 schon etwas zurück liegt.

###promotional-banner###

Ziele und Zielgruppen von Recruitern

Es dürfte klar sein, dass das primäre Ziel der Veröffentlichung einer Stellenanzeige die Besetzung einer offenen Vakanz ist. Doch es gibt auch noch weitere Kriterien, die die Schaltung einer Stellenanzeige erfüllen soll:

Quelle: Studie “E-Recruiting: Anforderungen und Präferenzen von HR-Professionals”

Dazu zählen für die befragten Recruiter vor allem die Qualität (84% bei Rang 1 und Rang 2) und die Quantität (72% bei Rang 1 und 2) der Bewerbungen. Positiv ist, dass auch eine hohe Reichweite (also hohe Anzahl von Klicks) erreicht werden soll.

Bei den Zielgruppen unterscheiden die meisten Recruiter zwischen aktiven und passiven Bewerbern. Etwa 52% der HR-Professionals zielen mit der Verbreitung von Online-Stellenanzeige primär auf aktive Bewerber ab und immerhin 41% auf passive Bewerber. Nicht zu den üblichen Zielgruppen der Recruiter gehören passive Bewerber ohne konkrete Wechselabsichten, denn bei diesen müsste der Wunsch nach einem Jobwechsel überhaupt erst geweckt werden – eine Herausforderung, der sich nur 7% der Befragten stellen.

Habitus und Habitat von HR-Professionals

In diesem Abschnitt zeigt sich, wie sich Recruiter bei der Schaltung von Stellenanzeigen verhalten und welche Plattformen sie gerne nutzen. Die meisten der befragten Recruiter (82%) schalten “nur” zwischen 1-50 Stellenanzeigen im Jahr. Zu den “Big Playern”, die mehr als 1000 Stellenanzeigen im Jahr schalten, zählen nur 2% der Befragten.

Als “Indikator für die Nutzungsintensität” wurde die altbekannte Laufzeit erhoben:

Quelle: Studie “E-Recruiting: Anforderungen und Präferenzen von HR-Professionals”

Hier zeigen sich die befragten Recruiter konservativ. Beliebt sind Laufzeiten-Modelle, die entweder so lange laufen, bis die Stelle besetzt ist oder vorher festgelegte Laufzeiten mit Pauschalpreisen. Mangelnde Transparenz und die unflexible Form haben dieser Methode mittlerweile die wenig schmeichelhafte, aber zutreffende Bezeichnung „Post & Pray“, zu Deutsch „veröffentlichen und beten“, eingehandelt. In der E-Recruiting-Studie aber spielen moderne Abrechnungsverfahren wie zB. CPC (Cost-per-Click) und Klicks und Views im Allgemeinen nur eine untergeordnete Rolle.

Bei der Untersuchung der verschiedenen Plattformen, die die Befragten zur Schaltung ihrer Online-Stellenanzeigen nutzen, werden leider nur Jobbörsen und Soziale Netzwerke als eigene Kategorien erfasst – alles darüber hinaus fällt in die nichtssagende Kategorie “Andere”:

Quelle: Studie “E-Recruiting: Anforderungen und Präferenzen von HR-Professionals”

Das Ergebnis ist: Der Klassiker, die gute alte Jobbörse, hat (oder hatte zwischen Oktober 2015 und Februar 2016) klar die Nase vorn (84%). Aber auch Social Media (74%) und “andere” Kanäle (51%) werden genutzt. Die grauen Balken in der Grafik zeigen, welche Kombinationen bei den Recruitern gefragt sind. Immerhin 79% der Befragten setzten auf Multi-Channel-Lösungen, bei denen Stellenanzeigen auf mehreren Kanälen zugleich ausgespielt werden.

Natürlich gibt es neben Jobbörsen, Sozialen Netzwerken und den mysteriösen “Anderen” noch weitere Recruiting-Kanäle, die auch abseits der Onlinewelt existieren. Dazu zählen Messen und Print-Anzeigen oder interne Maßnahmen. Online sind wiederum Unternehmensprofile in Netzwerken oder auch auf Plattformen mit Online-Stellenanzeigen für die Befragten interessant. Immerhin 54% setzten auf Headhunter oder Personalvermittler.

Beim Design der Stellenanzeige bevorzugen die meisten Befragten eine Kombination der Elemente Text, Bild und Corporate Design (77%). Lediglich 13% der Befragten sind für eine Gestaltung ohne Corporate Design offen und auch Designs, die ein Video miteinbeziehen, sind nur für 10% der Teilnehmer wichtig.

Auch zum Thema Zahlungsbereitschaft wurden Daten erhoben. Dabei kam heraus, dass etwa 57% der Teilnehmer bereit sind, monatlich zwischen 300€ und 1000€ für eine Online-Stellenanzeige zu zahlen. Immerhin 15% wollen jedoch nicht mehr als 150€ ausgeben.

Da geht noch was: Verbesserungspotenziale und Wünsche aus Recruiter-Sicht

Recruiter haben im Alltag ihre ganz eigenen Kämpfe mit der Usability von Plattformen zur Schaltung von Online-Anzeigen auszutragen. Die Teilnehmer der Studie konnten die Frage nach Verbesserungen und Wünschen ohne Vorgabe in einem freien Feld beantworten. Herausgekommen sind dabei beispielsweise Wünsche nach:

  • flexibleren (auch nachträglichen) Möglichkeiten zur Bearbeitung von Online-Stellenanzeigen, sowie einer erhöhten Funktionsvielfalt beim Erstellen der Online-Stellenanzeigen (etwa durch Videos, Chats, Regionalisierung oder Design-Möglichkeiten)
  • Vereinfachung der Bewerbungsprozesse (zB. durch One-Klick)
  • Verbesserung bei der Mobiloptimierung
  • dynamischen Preismodellen, wie z.B. “erfolgsbasierte Preismodelle”
  • Verbesserung bei der Transparenz und der Möglichkeit zur Nutzung von (eigenen) Analytics

So zeigt sich etwa, dass die überholten Pauschalpreise, die Jobbörsen häufig verlangen, mehr und mehr an Zustimmung verlieren. 67% der Teilnehmer gaben an, an erfolgsbasierten Preismodellen “sehr interessiert” oder “interessiert” zu sein. Nur 14% der Befragten wollen von flexiblen Preismodellen nichts wissen.

Noch ein Wort zu den mysteriösen “Anderen”

Es muss den Machern der Studie zu Gute gehalten werden, dass sie zwar nur zwei Kategorien (Stellenbörsen und Soziale Netzwerke) für die Schaltung von Stellenanzeigen konkretisiert haben, dafür aber den Teilnehmern die Möglichkeit gegeben haben, die mysteriösen “Anderen” näher zu beschreiben. Dabei wurde zwischen allgemeinen Bezeichnungen für Kanäle (z.B. “Branchen-Plattformen” oder “eigene Webseite”) und Einzelnennungen für bestimmte Anbieter (zB. Truffls oder Jobspreader) unterschieden.

Auffällig bei den allgemeinen Bezeichnungen waren zum Beispiel die vielfältige Nutzung eigener Ressourcen (Karriere-Webseiten), die Nutzung von zielgruppenspezifischen Plattformen (regionale Portale oder Branchen-Plattformen) oder die Nutzung von Mobile-Recruiting-Lösungen. Auch Multiposting-Systeme werden genannt. Bei den Einzelnennungen gehören Google AdWords, ebay-Kleinanzeigen, Indeed und Stackoverflow zu den Gewinnern.

E-Recruiting, das steht natürlich fest, geht im Jahre 2017 schon lange über die Dichotomie “Jobbörsen & Social Media” hinaus. “Andere”, flexible Modelle sind als fester Bestandteil von Multi-Channel-Lösungen nicht zu unterschätzen.

Die Studie zeigt, wo es bei den klassischen Kanälen hakt. Fixe und wenig transparente (Preis-)Modelle werden für HR-Professionals zunehmend unattraktiver. Dank wachsender Konkurrenz am Markt ist auch die Reichweite der großen Jobbörsen kein Selbstläufer mehr. Recruiter, die nicht nur auf ein Pferd setzten, sind mit Sicherheit am besten beraten.

Die gesamte Studie findet Ihr hier als PDF zum Download.

Decken sich die Ergebnisse mit Euren Erfahrungen?

Von Hard Skills und Soft Skills: Zukunftsaussichten

Es wird schon länger gemunkelt, aber jetzt ist es amtlich: Die Bedeutung von Soft Skills im Berufsleben wird in Zukunft weiter steigen – das zumindest ist die Quintessenz einer neuen repräsentativen Studie von LinkedIn zum Thema Hard Skills und Soft Skills.

LinkedIn hat 305 Personalentscheider und Vorstände in Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern in Deutschland befragt, welche Hard Skills und welche Soft Skills sie heute und in der nahen Zukunft (nämlich in zehn Jahren) für relevant halten – und welche Skills womöglich die wichtigeren sein werden.

###promotional-banner###

Hard Skills

Zur Erinnerung: Wer von Hard Skills spricht, meint allgemein die beruflichen Fähigkeiten, die erlernt und nachweisbar sind. Zum Beispiel durch hübsche Zertifikate aller Art, Urkunden, Universitätsabschlüsse oder einen Meisterbrief. Sozusagen harte Fakten auf Papier, wenn man so möchte.

Weder Hard noch Soft Skills bleiben von der Digitalisierung unberührt. Und auch wenn sich gerade im digitalen Bereich die nützlichen Fähigkeiten schnell wandeln können, gibt es gewisse Fixpunkte, die auch in zehn Jahren noch wichtig sein werden. Für die Befragten zählen aktuell Datenanalyse/Dateninterpretationsfähigkeit und das Wissensmanagement zu den wichtigsten Hard Skills. Knapp 88% der Teilnehmer gaben an die Datenanalyse und -interpretationsfähigkeit als „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“ zu bewerten. Wissensmanagement finden zur Zeit immerhin 82% der Teilnehmer “sehr wichtig” oder “eher wichtig”. Daran ändert sich auch in naher Zukunft wenig, abgesehen davon, dass das Wissensmanagement die Datenanalyse und -interpretationsfähigkeit an Bedeutung sogar noch übertrifft.

Hard-Skills-heute-und-in-Zukunft
Quelle: LinkedIn-Studie – Soft Skills dominieren die Berufswelt der Zukunft

Auch anderen Hard Skills werden für die Zukunft mehr Bedeutung zu gewiesen. So steigt für die Teilnehmer die Bedeutung der Unternehmensführung von 50% auf 73%. Ebenfalls positiv entwickelt sich die allgemeine Digitalkompetenz: finden diese zur Zeit nur 53% (!) “sehr wichtig” oder “eher wichtig”, sind es in Zukunft immerhin fast 70%. Auch Kenntnisse im Bereich Programmierung werden beliebter, sie steigen von 32% auf 48%.

So viel zu den Fähigkeiten, die als mess- und nachweisbar gelten.

Soft Skills

Soft Skills, das hat man ja häufiger schon mal irgendwo gehört, sind für die Karriere super wichtig. Mit Soft Skills sind alle Fähigkeiten eines Menschen gemeint, die im Bereich der Sozialkompetenz verortet werden, zum Beispiel Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Empathie und eigentlich auch alles andere, was einen angenehmen Mitmenschen und Mitarbeiter so ausmacht.

Das große Problem an der Sache mit den Soft Skills ist natürlich, dass sie den Menschen oft nicht gleich an der Nasenspitze anzusehen sind – und selbst im ausführlichsten Bewerbungsgespräch gelingt es selten, jemanden wirklich zu durchschauen. Überprüfen lassen sich Soft Skills aber unter anderem in Assessment-Center-Übungen, doch letztendlich ist es eine Frage von längerer und möglichst objektiver Beobachtung, ob bestimmte Fähigkeit aus dem Soft Skill Bereich in der Persönlichkeit eines Menschen verankert sind.

Die Studie von LinkedIn ergab nun folgendes:

  1. Die Soft Skills gewinnen im Vergleich zu den Hard Skills stärker an Bedeutung.
  2. Die Soft Skills, die heute nachgefragt sind und die, die in zehn Jahren von den Befragten als “sehr wichtig” oder “eher wichtig” bewertet werden, verändern sich recht deutlich.
soft-skills-heute-und-in-Zukunft-Grafik
Quelle: LinkedIn-Studie: Soft Skills dominieren die Berufswelt der Zukunft

Ein Blick auf die Grafik zeigt, dass sich die Prioritäten der Befragten enorm verändern werden. Während die Liste aktuell von Kritikfähigkeit (76%), Entscheidungsfähigkeit (74%) und Verhandlungsführung (73%) angeführt sind, verlieren vor allem Kritik- und Entscheidungsfähigkeit ihre Spitzenpositionen. Auf der Überholspur befinden sich laut dieser Studie die funktionsübergreifenden Kompetenzen – von aktuell 67% auf 82% in zehn Jahren. Hat mein Mathe-Lehrer auch immer gesagt: Transfer-Aufgaben sind die wichtigsten.

Die Mitarbeiterführung verzeichnet einen Zuwachs von 70% auf knapp 76% und auch die interkulturelle Kompetenz wird wichtiger, von aktuell 67% auf 75%. Ein großer Verlierer ist die Kreativität, die mit einem Minus von 8% vom Durchschnitt zum Schlusslicht wird.

soft-Skills-Wachstum-Grafik
Bei welchen Fähigkeiten wächst die Nachfrage in den kommenden 10 Jahren prozentual am stärksten? Quelle: LinkedIn-Studie: Soft Skills dominieren die Berufswelt der Zukunft

Insgesamt zeigt sich aber, dass es vor allem kommunikative Fähigkeiten sind, die an Bedeutung zulegen. Gesprächs- und Verhandlungsführung, Mitarbeiterführung, interkulturelle Kompetenz und Präsentieren & öffentliches Sprechen sind allesamt Fähigkeiten, die ohne eine gewisse Stärke im Kommunizieren nur schwer vorstellbar sind. Angesichts der Globalisierung zählen laut der Studie vermehrt auch “interkulturelles Feingefühl” und Kommunikation “über Sprachgrenzen hinweg”.

Der Balanceakt

Die Erkenntnisse aus der Studie sind eigentlich keine bahnbrechenden Neuigkeiten. Darüber, wie wichtig soziale Kompetenz und Kommunikationen sind, vor allem in den Führungsetagen, haben wir schon viele Male gesprochen. Trotzdem bleibt immer ein fader Beigeschmack, wenn über solche Themen gesprochen wird. Alle wissen, dass sie wichtig sind, alle wissen, dass ohne richtige Kommunikation das Berufsleben (und das Privatleben sowieso) nur wenig Freude macht.

Und trotzdem, allein die sprachliche Komponente “weich/soft”, das ist in meinen Ohren negativ konnotiert. Wie Softie eben, Waschlappen, Warmduscher. Aber wisst Ihr was? Lieber im Büro neben jemanden sitzen, der morgens warm geduscht hat, statt neben dem Kollegen, der zwar schon um 6:00 Uhr da war um sein Projekt als erster fertig zu machen und noch dazu den Kaffee leer, aber sich dafür selten die Zähne putzt und nie Bescheid sagt, dass der blöde Kaffee leer ist.

Ihr versteht was ich sagen will. Es ist irgendwie eine banale Erkenntnis, aber das eine ohne das andere ist eben nur eine Hälfte.

Die LinkedIn-Studie: Soft Skills dominieren die Berufswelt der Zukunft erscheint am 13.09.2017. Die vorliegenden Informationen stammen aus einer Pressemitteilung.